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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 121 - Nr. 130 (28. Mai - 8. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48727#0140
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Die Lage im Reich.
Dollar und Arbeitrmartt.
W« früher jeder» neue Mar-Wurz mit einer we-
sentlichen Besserung der Lase am Arbettsmarkt
verknüpft, WM dadurch die Exportzmögltchkett der
Industrie gesteigert wurde, so ist das in den letzten
Monaten nur in geringem Umfang« der Fall
gewesen. Auf einzelnen wichtigen Gebieten, Wie Tex-
ti l t e n, ist infolge der Schwächung der Kaufkraft
der breiten Massen im Inland ein Ausfall an
Absatz eingetretm, der so groß ist, daß ihn die bes-
sere Exportkonfunklwr Nicht ausgleichen kann. In
der Metallindustrie Machte sich bis in die
zweite Woche des Mai hinein, eine Besserung
der Beschäftigung geltend. Die Zahl der Arbeits-
losen ist aber mit 5.3 v. H., ebenso wie die Zahl
de« Kurzarbeiter mit 19,5 v. H. noch sehr be-
trächtlich. In der Woche Vom. 13. bis 19. Mai
jedoch ist die Besserung des Ardettsmarktes so gut
Wie gang zunn S t i l l st a n d gekommen Auch hier
nimmt also infolge der S chw ächu ng d e r Kauf-
kraft im Inland und zum Teil auch infolge der
mit der Ruhibesetzüng verbundenen Schwierigkeiten
die Arb-eitsMse ihren Fortgang.
Unruhen in Leipzig.
Leipzig, 5. Juni. Die Arveitslosenumuhen
setzten sich heute den ganzen Lag Wer sort und nah-
men zeitweise sehr bedrohlichen Charakter an. Sie
begannen am Voran trag mit Ansammlungen in der
fineren Stadt, . wo den Domonstrierenden Polizei
nit Gutntnikwtippoln entgegentrat. Eine Stunde
aug standen sich die Polizeikette und die ihren Ab-
ng fordernden Demonstranten gegenüber, bis
schließlich die! Polizei nach mehrfachen Versuchen,
Straßen und Platz zu säubern, nachgab und sich zu-
vückzog. Vor dem Volkshanse gelang es berittenen
Poltzistsu, mehrere hundert Demonstranten, die we-
gen, Verweigerung eines Saales gegen einen Ge-
wevffchastsfckretär Vorgehen wollten, ohne ernsten
Zwischenfall zu zerstreuen. Auf dem Augustusplatz
ging es den ganzen Nachmittag über außerordentlich
unruhig zu. Auch h'er mußte berittene Sicherheits-
polizei eiugreilsen. Namentlich in den Abendstunden
sicht cs hier sehr bedrohlich aus. Zwischen der
Sicherheitspolizei und den Demonstranten, meist
halbwüchsigen Burschen, findet airdauerndes Ge-
plänkel statt, das sich wie ein Vorspiel zu ernsten
EMgNissen ausnimmt. Im Verlaufe dieser Unruhen
und Vorgänge wurden eine Anzahl Polizisten durch
Sleiuwürfe verletzt. Gegen halb 9 Uhr gelingt es
den Sicherheitswchren, den Augustusplatz freizu-
machen. Die Krise ist aber dadurch noch nicht beho-
ben; denn die Zugangsstraßen sind nach wie vor von
den Demonstranten besetzt, und welche Entwicklung
die Ereignisse noch nehmen können, ist nicht abzu-
sehen.
Leipzig, 5. Juni. Die Befürchtungen, zu
denen die erregten Vorgänge auf und am AngustUs-
platz Anlaß gaben, haben sich glücklicherweise nicht
bewahrheitet, obwohl es im Verlause des Abends
der errsgten Menge gelang, wieder auf den Platz
vorzudringen.. Um die Dumultanten in Schach zu
halten, waren von auswärts PoMzeiverstärkungen
herbeigezogen worben, die sich an der Wiederherstel-
lung der Ordnung beteiligten. Berittene Polizei
drängte schließlich die Massen ab. Nach dem Polizei-
bericht ist auch, wieder festzustellen gewesen, daß gut
gekleidete Personen sich bemühten,, die Deuronstran-
ten zu forscherem Vorgehen zu bewegen und gegen
dknjUdtschen Teilder Bevölkerung zu Hetzen.

Der württembergische Staatspräsident hat bis
auf weiteres mit der Führung der Geschäfte des
Arbeits- und EniährungsnUnisterinms den Staats-
rat Rau bet diesem Ministerium betraut.

Republik Baden.
Kein Rücktritt Köhlers
Da Finanzminister Köhler demnächst
in den Aussichtsrat der „Badischen Bank" eintxitr,
um in diesem Institut die Interessen des
badischen Staates zu vertreten, nahm das
„Heidelvepger Tageblatt" an, daß Herr
Köhler sein Ministeramt niederzulegen gedenkt, weil
der Posten eines Ansstchtsraks in einer auf Erwerb

Zm IM in Mn Wen.
Erzählung von Heinrich Zschokke.
(6. Fortsetzung.)
In dieser traurigen Verwirrung der Dinge reiste
plötzlich die große, lang vorberritete Verschwöung
gegen Les Stadtschreibers Zopf. Der Ratsherrn
einer, seines Handwerks ein Schneider, zog die
Scher« tmd verfolgte damit den S-tadtschreiber, der
wie ein« lanMefchwänzle Ratze in dem Gelümel
Wnherstihr. Im Hui war de» Zopf glatt vom Kopse
weg, ohne -daß Herr Mucker nur eine Ahnung von
dem Unstern halt«, bis er einen Hieb damit über das
Gesicht bekam. Denn ein. anderer hatte dem heim-
tückischen Schneider die Trophäe entrissen und, weil
sie die Länge von anderthalb Ellen haben mochte,
sich ihrer wie einer Reitpeitsche bedient.
AIS der Stadtschreiber seinen Haarzopf in freun-
der Gewalt sah, und sich durch einen schnellen Griff
in den Nacken vom ewigen Vrlust dieses Kleinods
Wer,zeugt hatte, erhob er jammernd und die Augen
voll Tränen gen Himmel und ries dessen rächende
Blitze auf das Haupt des Frevlers herab. Er würde
sich nicht halb so gerämt haben, wäre ihm statt des
Zopfes der Kopf selbst gestohlen worden. Sein Ge-
heul war so übermenschlich, daß big ganze Ratsver-
sammlung darüber mitten im Kampf erstarrte, alle
Fehde vergaß und den Unglückseligen schweigend
umringte. Wie inan aber wahrnahm, daß ihm we-
der Arm noch Bein, sondern der ohnehin statuten-
und amtswidrige Zopf fehlte, lächelte jeder schaden-
froh, lieferte friedlich die Perücken, wo sie liegen
mochten, an ihre Behörde und nahm den alten Platz
auf den Ratsbänken ein.
Der Bürgermeister schüttelte wagen der vorge-
salleuen Unordnungen sehr mißvergnügt das Haupt,
das unter der struppigen Perücke einem wahren Me-
dusen- oder Titushauvt ähnlich geworden. Doch
Dergleichen lebhafte Debatten gehörten in Sälen-
bürg keiusswegH zu den unerhörten Dingen; daher
machv man mW diesmal nicht Vieh Wesens daraus.

gerichleleu MttengesseLfchast mit der Stellung eines
Ministers unvereinbar ist.
Es liegt hier jedoch ein Irrru m des »Heidel-
berger Tageblatts" vor. Herr Köhler tritt nicht
fürs ein« PersonMvmMifstchtSvat derBSdi-
schen Bank, sondern eben in seiner Eigenschaft al»
WnanMÄnisterj als Sachwalter b«S badi-
schen Staat» und bezieht deshalb hieraus auch
keine Vergünstigungen. Wir erfahren hierzu noch,
daß Finanzmintster Köhler van seinem

Am; nicht zurii«treten wi.d. Ee/u-t. :
«. auch dem AuffichtÄat der R o i
und den Kaligewe r ' f ch aftcn au, die in Ober-
baden-zuirzeit ktaliboh-rungeu vornehmen. Irgend-
welche BWgüiMtge» bezieht weder Finanz-
mtntftrr Köhler, noch andere Beamte-
die Aufstchisräten von Gesellschaften angehören, an
denen der badische Staat beteMgt ist- dtt diefe Ver-
gütung«« der badbschen Staatskasse zuflie-
ßen.

ding-^rr Z , .7.» veS
Bürgertricgrs - , ..... xji <
Punkt zur Atl i r, -. ... -- ßävcst'm El
habe an eine U ni o r i'c : ic . n n g der v'avrttchtN
Regierung mit Unterstützung der Vaierländtsche»
Verbände gedacht. Allerdings, habe er die Befürch-
tung ausgesprochen, daß sine vorübergehen«
de Separation sintret«, rönne. Mi« diese»
Witte er Mer nl« einverstanden. Machhaus hab«
ihm eMäiH dak franz,fisch, Veld«, ,u»
UnkerMtzmlg der «Mo« zur Verfügung ftLnden-
Er habe allerdings dazu gefetzt, mm tzMx pft KgKj
mit eigener Kraft unternehmen.
Im wettere« ProzetzverLauf biehanMtt de« iv»
geklagt« frühere Od«rl,vt«««i
Leiter des Kreise» München des BlllcherduN«
des, er habe Möglich dl« Anordnungen des Bnw
desvorfttzende«, RegirrungSbaumeister vchllf««,
ausgestihrt umd diesem habe « nach feiner «nssas-
suug auch seine Verhaftung »u verdanken. Dn
Appelle, ftir die feit Januar etnRaumderUni-
verfität zur Verfügung gestellt worden sei, seiest
waffenlos gewesen. Im Februar sei di« allgemein«
Auffassung im Mücherbumd di« gewestn, daß man
die bayerische Regierung und den Landtag zwar be-
stehen lassen^ ihnen aber «ine Diktatur vorsttzen
solle. Die Reich sregi« run g solle nach Mün-
chen verleg« werden.
Der Verteidiger Bergers stellte fest, vaö
dieser wiederholt mit Offizieren der R e i ch s w e h r
verbandett und sich und seine Leute diesen zur Ver-
fügung gestellt habe. Noch fünfzehn Stnnden vor
seiner Verhaftung habe' Berger mit dem HauM"
man Diele l von der Reichswehr eine Besprechung
gehabt und ihn gebeten, die Ausrüstung^ gcgc n.siii nve
in Schleisheim in Obhut zu nehmen.
Der Angeklagte Munk, ein geborener Deutsch-
östcrreicher, früher norwegischer Konsul, zwischen«
rcin Sozialdemokrat ndn dann wieder Monarchist,
gab an, von Rechtsrat K ü h l e S und Prof. Fuchs
UM Aufklärung gebeten worden zu fein, was die
Tschechoslowakei tun werde, wenn Frankreich die
Maißlinie besetze. Fuchs habe eines Tages vo»
ihm hundert Millionen Mark verlangt und gesagt,
alles sei in bester Ordnung «nL mit Hitler fei
man einig.
Morgen beginnt die ZeumWearehmnng.
Selbstmord oder Feme-
München, 5. Funii. Neben den sensationel-
len Enthüllungen allgemein politischen Inhalt» bil-
dete die Hauptsensation des HochverralSpro-
zcß Fuchs, Machhaus u. Lons., daß in der
Nacht vor Beginn der Verhandlungen der Ange-
klagte Kapellmeister Machhaus in seiner Aelle
erhängt aufgesunden wurde. Am Tag« vor der
Verhaftung der übrigen Angeklagten, am 6. MärS
halte sich bclanntkich bereits der frühere Rechlsrw
der Stadt München, Kühles, in seiner Villa er-
schösse n. Wenn gm Tage des Prozeßbeginus
einer der Kompromittierten aus dem Leben scheidet,
so ist das im höchsten Grade ausfällig Gewiß,
es ist möOich, daß hier ein S e l h st m o r d vor-
liegt. Mus der andern Seite ist es aber bekannt, Vak
die Dcuischvölkischen mit allen Mitteln arbeiten, ihre
Gesinnungsgenossen unschädlich zu machen,
wenn sie unbequem wenden. In den Statuten der
Organisation C (Coufful) heißt es: „Ver-
räter versalllen der Feme." Man erin-
nere sich, wie vor einiger Zeit der Student, Lek
sich selbst eines At 1 e n t a t s P la n s au'
Scheidemann bezichtigte, eines unnatük-
liche nTodes stach; man erinnere sich der ver-
gifteten P rali n en, die einem Mithelfer vorn
Rathenan-Mord Mgrsandt wurden. Unser Partei-
organ in Schwerin, „Das Freie Wort", brachte vor
kurzem solgende Zusammenstellung:
Ein Seminarist Bauer eins Neukloster war in
den Rathenau-Mord verwickelt, begab sich deshalb
von Mecklenburg nach München und wurde kurze
Zot! daraus ermordet. Als hie Orgesch in Melk'
wnbnrg in Mitte stand, Wuchte ein früherer Leutnant
Engelbrecht in Wismar aus, der sich als Flie-
gerofsizier ausgab und den „Pour le merite" trug-
Er spielte eine große Rolle in desm Verschwörerkreis
der Orgesch und halt« ans diese Weise Gelegen-

Ikl MWM WMMM.
Die Geldquellen der Nationalisten.

München, 5. Ium.
In Fortsetzung feiner Vernehmung erklärt Var
Ange klagte Fuchs Wester, daß er seins Pläne dem
Reichst» ehrgeneml Möhl, dem ehemaligen Gene-
ral im Reichswehrkommando 7 München eingehend
vorgotragen und seine ausdrückliche Billigung
gefunden habe. In seiner! Verteidigung behauptet
der Angeklagte ferner, daß er damals mit dem
Kronprinzen Rupprecht in intimem Ver-
kehr stand und Wer dessen politische Ansichten voll-
ständig orientiert gewesen sei. Rupprecht habe eine
Erhebung auf den Thron ab gelehnt, wen« ihn nicht
das bayerische Volk rufe. Much der Betätigung
Ludendouffs in Bayern sei Rupprecht stets
ablehnend gegenW er gestanden. Fuchs gesteht, vom
Juli 1922 bis Februar 1923 insgesamt
IVO Millionen Mark
für seine Zwecke erhalten zu haben. Den Haupt-
teil hiervon hat der französische Oberst Richert ge-
liefert. Dm ersten Scheck von Richert will er „im
Auftrage eines Deutschamerikaners" erhalten haben.
Etwa 85 Millionen soll Machhaus zu Organisations-
zwecken erhalten haben. —
In der Nachmititagssttzung wurde das Verhör
des Angeklagten Fuchs fortgesetzt. Seine Be-
ziehungen zu Poehnen seien sehr gute ge-
wesen. Neber seine Beziehungen zum Frhrn. v.
Cramer-Klett, dem Vertrauten des Kronprin-
zen Rupprecht, verweigerte der Angeklagte die Aus-
kunft. Neber die Herkunft der 100 Millionen Gelder,
die Fuchs im Laufe der Zeit für die Ausrüstung
seiner bewaffneten Organisation aus gegeben hat,
erwidert er, daß er sich in der Lage eines Genera-
lissimus einer feindlichen Armee gegenüber befun-
den habe, der auch das Gel-nehme, wo eres
eben herbckomme. Er habe für dies« Zwecke
auch von der Firma Mannesmann-Düsseldorf
Geld empfangen, und durch Vermittlung des Kron-
prinzen Rupprecht sei Aussicht vorhanden gewesen,
von dem Fürsten Thurn und Taxis- Regens-
biurg Gew zu erhallen. Dieses Geld habe er für
spätere Zwecke reserviert. Im weiteren Ver-
hör Verwickelt sich Fuchs in eine Reihe von Wi-
dersprüchen, da der Vorsitzende ihm immer
wieder seine Beziehungen und Rücksichten auf die
Wünsche der Franzosen vorhäV.
Tatsächlich scheint es so zu siein> daß Fuchs als
der Hauptverschwörer alles im Einverständnis und
mit Erlaubnis des Richert und seiner Regierung
gemacht hat. Bei seinen Ausreden sucht er vor
allem den Hauptzengen, Major Meyr, zu belasten,
den er einen BolschewistentSpitzel nemB, dm von
jeher eine zweideutige Rolle, auch schon beim Kapp-
Putsch, gespielt habe, wo er die rechte Hand Luden-
dorffs gewesen sei. Heute werde er in der bayeri-
schen Reichswehr und in der Schupo «Nr mehr „das
gemeine Schwein" genannt. Ausführlich wird
Aann die Verwirklichung des direkten
Umsturzes besprochen. Diese Pläne waren fer-
tig ansgearbeitkt und der Regentschastsrat
für die Nacht des Umsturzes bereits ausgestellt.
Fuchs selbst sollte Mini st en des Neußer en
werden, während die übrigen Ressorts aus seine
Mitarbeiter verteilt werden sollten, sollten im übri-
gen eine Reihe von volkstümlichen Persönlichkeiten
zur Annahme von Aeintern geizwnngen werden,
so v. Kahr, EPP und Poehnep letzterer als
Diktawr. Vorher sollten hie Mini st er gefan-
gen genommen werden, ebenso andere politische
Persönlichkeiten, darunter Dr. Heim in Regens-
burg, der bei der Fahrt Wer die Donaubrücke „er-

ledigt" werden sollte. Der RegentschapSrat, deR
noch ein Ausschuß von Führern der vaterländischen
Organisationen zur Seite gestellt werden sollt«, sollte
von einer Pnätoriainer-Garde beschickt wer-
den. Much der Plan zur Einführung der Gul-
den Währung, der von dem sich selbst gerichteten
Dr. Kuhls stammte, war bereits ausgearbeitet.
Die Aufklärung des uninteressteMn Publikums von
dem Umsturz« sollte geschehen durch drei Pro-
klamationen, die überschrieben sind: 1. „Bay-
ern", 2, „Notverordnungen" und 3. „Rundteske-
gramme". Diese drei Proklamationen waren b e -
reits am 10. Februar gedruckt von einer
hiesigen Firma, deren Inhaber auch heute auf der
Zeugenbank sitzt. Die Presse sollte unter V o vz en-
s u r gestellt werden.
Blücherbund und Franzosen.
München, 5. Juni. Heute wurde das Verhör
Les HaüptangeMgtöN Fuchs geschlossen. Im
wetteren Verlause hatte der Mgeklagte Fuchs auf
Drängen zugegeben, daß er für Linen von ihm ge-
gründete« Verlag und füb seine Handelsgesellschaft
150 000 Mk. von F reih err v. Caamer-Kl ett
erhalte« habe, ferner 30 000 Mark von Herzogin
Carl und den gleichen Beirag von einem
Deutschamerikaner. Aus eine Wage des
Vorsitzenden, was er mit einem Scheck des fran-
zösischen Obersten Richart in der Höhe
von 1,2 Millionen Mark getan habe, behauptete
Fuchs, daß dieses Geld restlos in die Organisation
gekommen sei. Der Vorsitzende stellte aber fest, daß
die QtMNisatton erst mehrere Monate später den
Betrag van 250 000 Mark erhielt.
Nach Beendigung des Verhörs verlas der Vor-
sitzende eine Erklärung des EhsfredaMurs der
„Münchener Neuesten Nachrichten", Laß
FuchS fielt 1907 keinerleii irgendwie gearteten Ein-
fluß in der Redaktion des Blattes gehabt habe.
Fuchs erklärte, daß er zusammen mit Bank d i r e k-
tor Seitz (Schatzmeister der Deutschnatio-
nalen Partei in München. D. Red.) Vie
„Neuesten Nachrichten" in nationale
Hände gebracht'habe. UM ihn an den Verlag zu
fisteln, sei mst ihm ein Vertrag geschlossen wor
dcn, der bis 1. März 1922 gedauert habe, und auf
Grund dessen er Verhaudlungeu Wer den Erwe:S
anderer Zeitungen und Ausgestaltung des Verlages
der „Münchener Neuesten Nachrichten" zu einem
großen nationalen Konzern zu führen gehabt habe.
Mt der Redaktion hätten diese Verhandlungen
nichts zu tun gehabt.
Der Angeklagte Richard Gutermann,
Studierender der Landwirtschaft, der als Mitglied
des Freikorps Oberland im Rrchrgebict
und Oberschlesien war umd nach der SPalwmg im
Oberland dem Bund Treu-Oberland, später Blii-
ch erb und, beigetreten War, hat zusammen Mit
Machhans den Richert, der ihm als Fmnzofi
ncnneus Kreuzer bezeichnet worden WM, in Dw-
VNrig im Auto abgeholt und ihn auf sein elterliches
Gut in Romenthal hetz Dießen gebracht. 9!ach Zeu-
genaussagen habe der Angeklagte die Mit-
gliedskarte vom Blücherbund für den W«n-
zolen Kreuzer besorgt. Guterman« will nicht
gewußt haben, um was es sich gehandelt habe,
da er oftmals Karten besorgt habe. Der Stkfbw
der R u Lols Gutermann war im Felde Ober-
leuinant, ist Betriebsleiter auf dein elterlichen Gut
und ebenfalls Mitglied des BlücherbnndrS.
Von Machhans, der im Ruhrgebiet war, habe er

Man erkannte Larin nichts als Aeußerungen bür-
gerlicher Freimütigkeit und republikanischen unbe-
fangenen Sinnes. Jeder brachte sein eigenes Haar
zurecht und hielt, was M den Kleidern zerrissen
sein mochte, einstweilen mit den Fingern zusanmnen.
Der Stadtschreiber legte seinen entseelten Zopf
neben Schechen und Rvckknops auf den Tisch, seine
Tränen ins bunte Schnupftuch drückend. Jeder er-
wartete mit neuer Andacht die Vorlesung des fürst-
lichen Briefes. Dieser war Wählend des Gewühls
und Gezerrs in viele Fetzen zerrissen worden. Man
Wimmelte sorgfältig die zerstreuten Papierstückchen
auf, legte sie vor den Bürgermeister ehrerbietig hin,
und überließ seiner Weißheit, daraus das übrige zu
ersehen.
Das war nun schwer; und so mannigfaltig auch
di« Stückchen nach allen Richtungen zusammengelegt
würden, kam doch nichts Ganges heraus. Man las
nur einzelne Worte ohne Zusammenhang. Da ge-
riet der Rat in große Not und Verlegenheit. Drei-
mal hielt der Bürgermeister Umfrage, was dem
Fürsten von Luchsenftein ans sein Schreiben geant-
wortet werden müsse, und dreimal schüttelt« die er-

lauchte Versammlung den. Kopf. Endlich erhob sich
Hans Dampf und schlug vor, Seiner hochsttrstlichen
Durchlaucht zu melden, daß Dero Schreibe» richtig
und glücklich angekommeir und verloren sei, Latz
also ein edler und w oh Weiser Magistrat bitten
müsse, Se. Durchlaucht wolle geruhen, noch einmal
zu schreiben.
Ms dieser gute Rwt allgemein beliebt worden,
fing Mucker, der sich unterdessen noch immer mit
Zusammeufüchung der BrieMückchen beschäftigt
hatte, solgende Worte an aus denselben avzulesenr
„Fangen — Hans Dampf — Den Hund — tausend
Gulden — Preis — seinen Kopf —"
Jeder horchte mit Erstaunen auf. »Hier ist,"
pief der Stadtfchreiber, „keine Zweideutig!eit. Hans
Dampf ist da wieder im Spiel und hat «inen dum-

men Stretch gemacht, der vielleicht ganz Lalenburg
ins Unglück bringt. Der Fürst, wie mir's scheint,
fordert, wir sollen den Haus Darups sangen. Er
nennt Um selbst schlechtweg nur einen HMD, und

fetzt einen Preis von taufend Gülden auf feine«
Kopf. Es muß sich also dieser Hans Dumps wieder
einmal ungebeten und ungeruse« in Dinge gemengt
haben, die ihn nichts airgiilgen. Aber mit großen
Herren ist Nicht gut Kirschen essen. Mein unmaß-
geblicher Rat wäre: den Angeklagten einstweilen
h.n Gefängnis zu verwahren, bis Se. Durchlaucht
das zweite Schreiben übersendet, und dem Fürsten
nachträglich zu melden, daß der löbliche und wahl-
weise Rat zu allen Satisfaktion erbötig sei, auch den
osterwähnten Hans Dampf dermalen schon fest ge-
macht habe."
Der Antrag des Stadtschreibers ward mit Ein-
helligkeit angenommen, so sehr auch Hans dagegen
protestierte und ve-stcherte, er habe mit dem Fürsten
von Luchsenftein nie Verkehr schabt. Man berief
die Siadtwächter, die mit ihren Partisanen alsbald
anrüüten. Dch Stadt- und Platzrnafor zupfte seinen
Federbusch ckus dem Hut etwas länger hervor,
stellte sich an die Spitze der Schar und führte den
Verurteilen unter großem Zulauf des Volks ins
Sttaatsgefängnis.
Hans Dampf.
Die Nachricht von der Verhaftung des Staats-
baumeisters und vom Zorn des Fürsten von Luch-
surstein, der ihn nur schlechtweg einen Hund ge-
nannt, verursachte in Lalenburg ein unglaubliches
Aussehen. Jedermann zerbrach sich den Kopf dar-
über, was Hans Dampf gesündigt haben möchte.
Ja, so groß war die Bestürzung, daß nian sogar
am Stadtfchreiber nicht einmal den verlorenen an-
derthalb Ellen langen Zopf vermißte. Man sprach
nur Von Hans Dampf in allen Gassen, und kein
Mensch zweifelte an seiner bevorstehenden Hinrich-
tung. Einige vermuteten, er werde enthauptet, an-
dere, er werde gehenkt, andere, er werde wenigstens
lebendig verbrannt werden. Viele bedauerten, daß
diese Feierlichkeiten nicht zu Lalenburg, sondern in
der fürstlichen Residenz statthaften würden; andere
hingegen freuten sich darüber, weil sie so mit gutem
Anlaß und Vorwand die Residenz besuchen könnten.
Mehrer« reheteg uMeremanher ab, die Reise dahin

zur Ersparung der Kosten gemeinschaftlich zu machen.
Alle Fuhrwerke und Pferde in des Stadl wurden
noch selbigen Tags vomusftestcllt und in Beschiss
genommen. Nian ließ die Schneider rufen und Z"
neuen Kleider« das Maß nehmen.
Inzwischen mischte sich doch bald auch in dies-
Betrachtungen und frohen Rüstungen Las christlich^
Mil-leiden, wenn inan des Delinguenien gedachw
der nun, seines Todes gewaltig, im, Kerker schwach'
tele. HanS Dampf, den jedermann kannte, der niew
oder weniger in jeder Haushaliun« etwas zu schal
fen gehabt hatte; Hans Dampf, den alle Mitt«'
schalten und zum Eidam wünfchlcii; den aus d"
Straße alle Mädchen über die Achsel ansahcn, a'tt
immer mit freundlichen Augen unter vier
— Hans Dampf, am Tische ein lustiger Zecher.
Rate ein trefflicher Redner, unter Basen und Niu"
men beim Kaffee ein Ertzklälscher, in der Ktrchc
eifriger Beier — Haus Dampf, alles in nll-w, d
Al Made s von Lalenburg, im Kerker!
(Fortsetzung folgt.)

Stadttheater.
Der Waffenschmied.
Komische Oper in 8 Auszügen von Albert Lortsirw
Die Wirkung der Lortzingschen Opern lieg»
Wils in der derben Komik, anderntetls in ctws
gefälligen Melodien, und es ist bezeichnend sttr »
VsWtitzMchkeit der Opern, daß aus seinen vew
besten Opern je ein« Liedmelodie in alle La
schichten gedrungen ist. . ^ek
Die Aufführung am 1. Juni stand nicht
Höhe. Abgesehen von Frl. E. Casal
Adler (Georg) und Fritz Daurer
warm die Leistungen nicht hervorragend. -
der May hat schon Vesser gespielt und
Eri spielte zu sehr würdevoll, so daß cr cvcr , <
Sachs glich, als dem Siadiuger. F o d c > - -
hatte einen sehr schlechten Tag. Et verNand.
Sänger noch Orchester zusammmsuhaucn,


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