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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 11
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Thierbach, Moritz: Über die Entwicklung des Steinschlosses
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0323

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ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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vollzog sich fast ausschliesslich in Frank-
reich und Deutschland. Die Verbreitung von
Erfindungen der damaligen Zeit war eine verhält-
nismässig langsame, wenn auch die Entfernung
der spanischen Niederlande nach Deutschland und
Frankreich keine grosse war. Fachzeitungen gab


Fig. 3 a u. b.

es noch nicht, es beschränkte sich daher die Kennt-
nisnahme auf die Ausstellung auf Märkten und
Messen, sowie auf die vorgeschriebene Wanderschaft
der Handwerksgesellen. Doch trat bei dieser die
eigennützige Geheimniskrämerei der Meister hem-
mend dazwischen. Dadurch erklärt es sich auch, dass
das wahrscheinlich älteste ■ dieser deutschen
Schnappschlösser aus dem Jahre 1540 stammt.
Unter Fig. 4 ist das eben genannte Schloss
von aussen und innen dargestellt. Es befindet sich an
einem Gewehre mit der obigen Jahreszahl in derSamm-
lung auf Schloss Ettersburg bei Weimar. Anstatt
der geraden, steifen Gliederung der Teile herrscht
hier mehr die runde vor. Auch hier hat der Hahn
nur eine Rast — die Spannrast —-, die auswendig
äm Schlossbleche liegende Schlagfeder wirkt mit
ihrem Köpfchen von unten auf den rückwärts ge-
stellten Fuss des Hahnes; der etwas kürzere Teil
der Feder wirkt auf den Schlagflächenteil. Der
durch das Schlossblech reichende Stift, unter wel-
chem sich beim Spannen der Hahn stützt, befindet
sich an der Stange. Die Pfanne ist durch einen

drehbaren Deckel verschliessbar; die Schlagfläche
der Batterie ist glatt, daher wahrscheinlich für die
Verwendung des Horn- oder Feuersteins — nicht
des Schwefelkieses — bestimmt; sie ist nach
dem Hahne zu leicht gebogen, wodurch er-
reicht wurde, dass der Stein einen längeren Weg
darauf beschrieb, also auch mehr Funken erzeugte
als bei einer geraden Batterie.
Die verhältnismässige Seltenheit derartiger
Schlösser in deutschen Sammlungen erklärt sich
z. T. daraus, dass Hunderte solcher Gewehre sich
in der Sammlung des ehemaligen Skoklosters am
Mälarsee in Schweden als Beutewaffen des Felcl-
marschalls Grafen Wrangel aus dem 30jährigen
Kriege, der Zeit des grössten gewerblichen Nieder-
ganges Deutschlands befinden. Nach dem Inventare
der kursächsischen Landeszeughäuser des Ober-
zeugmeisters Paul Büchner vom Jahre 1581 be-
fanden sich daselbst 74 spanische Rohre mit feuer-
schlagenden Schlössern, unter welchem Namen nur
Schnappschlösser gemeint sein können, da Rad-
schlösser mit ,,Feuerschlösser“ bezeichnet sind. Nur
eine grössere Anzahl von Gewehren mit deutschen
Schnappschlössern befinden sich im Museum zu Darm-
stadt. An diesenSchlössern lässt sich glücklicherweise
der weitere Entwicklungsgang genau feststellen; es
finden sich die bemerkenswertesten derselben in
genauer Nachbildung — 7 Stück — in der Arsenal-
sammlung. Es würde aber zu weit führen, wenn ich
hier alle besprechen wollte, ich beschränke mich
daher darauf, nur diejenigen zur Darstellung zu
bringen, welche von Einfluss auf die Vervollkomm-
nung der Konstruktion gewesen sind.
Das erste derselben (Fig. 5 a u. b) unterschei-
det sich in der Hauptsache dadurch, dass der
Schlagflächenteil auf dem aufzuklappenden Pfann-
deckel derart befestigt ist, dass er sich vom Hahne
um 900 abwenden lässt, die sogenannte Wende-
batterie. Da der Hahn nur eine, die Spannrast,
hat, so konnte derselbe auch bei geladenem Ge-
wehre und geschlossener Pfanne niedergelegt wer-
den. Das Schloss trägt äusserlich die Marke PP.
Ein ähnliches Schloss im Dresdner historischen
Museum zeigt deutlich, wie bestechend einfach die
Konstruktion ist. Es ist mit PL S- gezeichnet;
der Verfertiger Hans Stockmann war 1620—40
Zeughausbüchsenmacher in Dresden.
Die nächste Vervollkommnung bestand darin,
dass die Schlagfeder nach der Innenseite des
Schlossbleches verlegt und auf dem Vierkante der
Hahnwelle eineArt Nuss aufgesteckt wurde, auf welche,
mittelbar also auf den Hahn, die Schlagfeder wirkt.
Der an der Stange angebrachte Stift reicht durch
das Schlossblech, so dass sich der Hahn beim
Spannen darauf stützen konnte. Fig. 6 zeigt
dieses Schloss von innen, es befindet sich an
einem Gewehre im Museum zu Darmstadt.
In weiterer Verbesserung liess man den Halte-
stift für die Spannstellung des Hahnes zwar eben-
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