Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925
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Hufschmid, G. A.: Gedanken über den neuen Stil: von G. A. Hufschmid
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INNEN-DEKORATION
101
ARCHITEKT G. A. HUFSCHM1D — GENF EMPFANGS-ZIMMER. HAUS DR. ST.-GENF
GEDANKEN ÜBER DEN NEUEN STIL
VON ARCHITEKT G. A. HUFSCHM1D-GENF
Oft werde ich gefragt, warum es denn einen »neuen unserer Zeit, nur ein Neu-Verarbeiten eines alten Ge-
Stil« gäbe; ob die alten Stilformen »nicht heute dankens, — wie es auch die Gestaltungen der Renais-
nochschön, unübertrefflich schön« seien? . Ich erwidere sance, des Stil Louis XVI. oder des Empire waren,
dann meistens Folgendes: »Auch die früheren Stile Für die hier abgebildete Wohnungs-Einrichtung »W. R.
waren einmal »modern« und wurden gewiß zunächst auch in Winterthur« war auch noch der Umstand von Be-
als »Fremdkörper« empfunden. Nicht wir Architekten deutung, daß auf die ostasiatischen Sammlungs-Gegen-
oder Künstler sind es, die den »Stil erfinden«. Er ist stände des Auftraggebers Rücksicht genommen werden
nur die sichtbare Materialisierung eines neuen Geistes, mußte, denen ein ergänzender Rahmen zu schaffen war.
einer neuen Gefühls- und Gedanken-Richtungl« AberindiesenRäumensuchteichnichtdie»Stil-Einheit«,
★ sondern ich versuchte jedem Räume seine »eigene Seele«
Aber leider haben wir kaum schon den neuen Stil, zu geben. In der Bibliothek: die Stimmung der Zu-
Das betrifft auch meine Arbeiten. Die hier abgebil- rückgezogenheit, des Alleinseins, der ernsten Arbeit,
deten, die schon vor einigen Jahren fertiggestellt wur- Rotbraun, Schwarz und Gold sind die Hauptfarben; alt-
den, gehören gewissermaßen zu meinen Jugendarbei- vergoldete Wände und Decken hüllen den Raum in ein
ten; denn mehr als fünfzehn Jahre trug ich sie in mildglänzendes Licht . . Die etwas aggressiv - kantigen
mir herum. Ich fühlte nur schon seit langem, daß die Möbel — das harte Makassar-Holz verratend — ruhen
mich umgebenden Formen nicht mehr das »Richtige« auf rotbraunem Velvet. Gleichfarbige Vorhänge, da-
sind und daß die neuen Formen noch nicht die »Rieh- rüberein Goldnetz fließend, verbinden sich mit der Wand
tigen« seien. Und da führte mich meine Sehnsucht nach und dem Teppich. Der mattgrüne Ton des Lampen-
dem fernen Osten, wo ich eine neue, aber längst ver- Schirmes klingt weiter in den Wänden des anliegenden
gessene Wahrheit der Form und des Materials wieder- Wohnzimmers. Auf graublau, schwarz und weißem
fand .. Anlehnung an alte Stile ist in jeder Entwicklung Shantung-Teppich stehen rote Lackmöbel in gerundeten
unvermeidlich und nicht verwerfenswert. Meine ersten Formen und ein mit gestreifter Seide überzogener Diwan.
Arbeiten und Einrichtungen waren, wie ja die meisten Dazu blaue Taft-Vorhänge. Am Fenster ein schmaler
1»25. III. ».
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ARCHITEKT G. A. HUFSCHM1D — GENF EMPFANGS-ZIMMER. HAUS DR. ST.-GENF
GEDANKEN ÜBER DEN NEUEN STIL
VON ARCHITEKT G. A. HUFSCHM1D-GENF
Oft werde ich gefragt, warum es denn einen »neuen unserer Zeit, nur ein Neu-Verarbeiten eines alten Ge-
Stil« gäbe; ob die alten Stilformen »nicht heute dankens, — wie es auch die Gestaltungen der Renais-
nochschön, unübertrefflich schön« seien? . Ich erwidere sance, des Stil Louis XVI. oder des Empire waren,
dann meistens Folgendes: »Auch die früheren Stile Für die hier abgebildete Wohnungs-Einrichtung »W. R.
waren einmal »modern« und wurden gewiß zunächst auch in Winterthur« war auch noch der Umstand von Be-
als »Fremdkörper« empfunden. Nicht wir Architekten deutung, daß auf die ostasiatischen Sammlungs-Gegen-
oder Künstler sind es, die den »Stil erfinden«. Er ist stände des Auftraggebers Rücksicht genommen werden
nur die sichtbare Materialisierung eines neuen Geistes, mußte, denen ein ergänzender Rahmen zu schaffen war.
einer neuen Gefühls- und Gedanken-Richtungl« AberindiesenRäumensuchteichnichtdie»Stil-Einheit«,
★ sondern ich versuchte jedem Räume seine »eigene Seele«
Aber leider haben wir kaum schon den neuen Stil, zu geben. In der Bibliothek: die Stimmung der Zu-
Das betrifft auch meine Arbeiten. Die hier abgebil- rückgezogenheit, des Alleinseins, der ernsten Arbeit,
deten, die schon vor einigen Jahren fertiggestellt wur- Rotbraun, Schwarz und Gold sind die Hauptfarben; alt-
den, gehören gewissermaßen zu meinen Jugendarbei- vergoldete Wände und Decken hüllen den Raum in ein
ten; denn mehr als fünfzehn Jahre trug ich sie in mildglänzendes Licht . . Die etwas aggressiv - kantigen
mir herum. Ich fühlte nur schon seit langem, daß die Möbel — das harte Makassar-Holz verratend — ruhen
mich umgebenden Formen nicht mehr das »Richtige« auf rotbraunem Velvet. Gleichfarbige Vorhänge, da-
sind und daß die neuen Formen noch nicht die »Rieh- rüberein Goldnetz fließend, verbinden sich mit der Wand
tigen« seien. Und da führte mich meine Sehnsucht nach und dem Teppich. Der mattgrüne Ton des Lampen-
dem fernen Osten, wo ich eine neue, aber längst ver- Schirmes klingt weiter in den Wänden des anliegenden
gessene Wahrheit der Form und des Materials wieder- Wohnzimmers. Auf graublau, schwarz und weißem
fand .. Anlehnung an alte Stile ist in jeder Entwicklung Shantung-Teppich stehen rote Lackmöbel in gerundeten
unvermeidlich und nicht verwerfenswert. Meine ersten Formen und ein mit gestreifter Seide überzogener Diwan.
Arbeiten und Einrichtungen waren, wie ja die meisten Dazu blaue Taft-Vorhänge. Am Fenster ein schmaler
1»25. III. ».