Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

DOI Artikel:
Pels-Leusden, Hans: Die Bedeutung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Bedeutung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen

Richard Knecht

Mädchen, Haare flechtend

Als eine wirkliche Errungenschaft der Aachkriegs-
zeit auf kulturellem Gebiet kann man die Einfüh-
rung des Kunstunterrichts an den höheren Schulen
bezeichnen, der den alten Zeichenunterricht ab-
gelöst hat. Mit ganzer Entschiedenheit muß man
deshalb die Abbaupläne ablehnen, die die Stunden-
zahl des Kunstunterrichts um ein Drittel redu-
zieren wollen. Glatte Streichungen auf kulturellem
Gebiet sind höchst primitive Methoden.
Es ist hier nur \'ersäumtes nachgeholt worden und
dieses Fach hat genau so als Grundbildungsfach
zu gelten wie die bestehenden. Auf dem Gebiet
der Kunsterziehung des Volkes ist eben durch die
Tatsache des Fehlens dieses Faches gerade genug
gesündigt worden. Infolge dieses Versäumnisses
spielte für den heranwachsenden Gebildeten bil-
dende Kunst keine Rolle. Man mußte annehmen,
man käme ohne eine nähere \ ertrautheit mit der
Kunstsphäre aus. — Man stelle sich das in einem
Lande vor, das seit altersher führenden Anteil an
der Kunstentwicklung hat! Man vergegenwärtige
sich einmal, welchen Platz das alte Griechenland
der Kunst einräumte! — Daher auch die immer
wiederkehrende, nur allzu berechtigte Klage der
Künstler, der Deutsche ginge an seinem Kunst-
schaffen vorbei, die man auch seitens unserer
Größten hört. Dieser auf die Dauer höchst be-
drückende Zustand ist nicht zuletzt für die von
der Allgemeinheit oft gerügte Abseitigkeit des
Kunstschaffens verantwortlich.
Wenn man hier die Hälfte nimmt, gefährdet man
das Ganze. Sonst — von diesen Abbauplänen ab-
gesehen — hat man einen erfreulichen Anfang ge-
macht. Man hat sich bemüht, mit Halbheiten auf-
zuräumen. Auf besonders glücklichen und zweck-
mäßigen W eg begab man sich mit derBestimmung,
daß nur noch Fachleute, d.h.für den hohen Beruf
der Kunsterziehung prädestinierte Lehrkräfte am-
tieren sollen. Abgesehen davon, daß damit den
Künstlern eine in ihrer Art sehr begrüßenswerte
Chance geboten wurde, die Zukunft materiell zu
sichern, wurde gleichzeitig richtig erkannt, daß
sie am ehesten befähigt sind, unmittelbares Inter-
esse an der Kunst zu wecken.
Jeder echte Künstler hat ohne weiteres viel mit dem
Empfinden des Kindes gemein. Der direkte Kon-
takt mit einer künstlerisch schaffenden Persönlich-
keit ist für den Schüler etwas W underbares und
Unvergeßliches. Der Lehrer führt den Schüler
weg vom Kitsch und gibt ihm einen Begriff von
kitschfernem Milieu. Lnter seiner Anleitung be-
kommen die Farben für den Schüler erstaunliches

(Fortsetzung Seite SO)

Kunst f. Alle, Jahrg. 48, Heft 3, Dez. 1932

10

73
 
Annotationen