Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

DOI Artikel:
Roh, ...: Edgar Ende: ein "surrealistischer" Maler in München?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0134

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Edgar Ende. Das Zelt

Edgar Ende

Ein „surrealistischer" Maler in München ?

Es sei hier hingewiesen auf einen jungen Maler,
der seit kurzem in Obermenzing bei München lebt,
vorher jahrelang in Garmisch hauste, aus Hamburg
stammt, aber aus unsrer ba}'rischen Hochebene mit
ihren weiten Horizonten und der Phantastik unsrer
Berg weit nicht mehr herausfindet. Seit vielen Jahren
beobachte ich sein Schaffen. In komplizierten Ge-
sprächen, aus denen sich eine Freundschaft ent-
wickelte, fiel mir bald auf, wie sich dieser Maler,
der aus einfachsten Kreisen kommt, mit allen Fra-
gen heutiger Welt herumschlägt. Bis hinüber in
wirtschaftliche und finanztechnische Probleme, die
er mit einer für einen Maler verblüffenden Klar-
heit rational durchschaut. Dieser merkwürdige Ge-
gensatz zu seiner Malerei, die das Geheimnisvolle
sucht, sei festgenagelt. Denn Beurteiler älteren Stils
wittern in solchem Zusammenhange leicht Verdäch-
tiges, vergessend, daß wir gerade solcher Kreuzung

oft die merkwürdigsten Gestalter verdanken: wir
brauchen, um an Größeres zu erinnern, nur etwa
Leonardos zu gedenken, wo sich allseitige, rastlose
Bemühung um rationale Lösungen damaliger tech-
nischer und Naturprobleme mit einer höchst irratio-
nalen Haltung im Künstlerischen verbindet. Gerade
heute aber streben auch auf anderen Gebieten das
Bationale und das Geheimnis, welche zutiefst ja
gar keine Gegensätze darstellen, wieder in Verbin-
dung zu kommen.

Auch in Endes Bildern lebt etwas von dieser Ver-
schränkung. Man mag die geometrisch konstruierten
Fluchtlinien und Verkürzungsschemata, sowie die
zunächst bloß inhaltliche, als solche stark betonte
Erfindung auf die rationale Seite setzen, die ge-
dämpfte Farbgebung aber der irrationalen Seite zu-
ordnen wollen. Doch ist bei solchen Scheidungen
Vorsicht geboten. Denn seit dem Impressionismus

122
 
Annotationen