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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Ehl, Heinrich: Kunstsoziologische Bemerkungen, [1]: zu den Hamburger Wandbildern
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0247

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Kunstsoziologische Bemerkungen

Zu den Hamburger Wandbildern

Seit dem Kriegsende hat die Stadt Hamburg auf
einem geistigen Boden, der durch die volkserziehe-
rische Kulturpolitik Alfred Lichtwarks aufgelockert
und vorbereitet worden war, eine zeitgemäße Bau-
politik durch Fritz Schumacher verfolgt, die in
ihren letzten Absichten ebensosehr durch kulturelle,
soziale und sittliche Uberzeugungen bestimmt war,
wie durch ästhetische und künstlerische. Das bau-
meisterliche Lebenswerk Fritz Schumachers und
seiner Mitarbeiter zeugt heute und für immer in
Hamburg vom Sinn einer Zeit und eines Gemein-
wesens, das dem Willen und Streben eines ganzen
Volkes sichtbaren und unmißverständlichen archi-
tektonischen Ausdruck gegeben hat. Schumacher
selbst hat diesen Sinn schon 1920 in seinem Buche
„Kulturpolitik'" mit den Worten ausgesprochen:
„Wir müssen immer mehr lernen, die Erscheinun-
gen unseres Lebens im Hinblick darauf zu betrach-
ten, wie sie auf die große Masse einwirken. Ihre
Gestaltung ist nicht in erster Linie eine Frage der
Kunst und wenn die Kunst ihnen gegenüber For-
derungen geltend macht, so handelt es sich nicht
in erster Linie um Dinge, die ästhetischer Selbst-
zweck sind, es sind in Wahrheit alles Fragen der
Erziehung, der Erziehung zum inneren Gleichge-
wicht unseres Kulturgefühls''.

Dieser wahrhaft humanistische Gedanke einer Zu-
führung breitester Volkskreise zur verstehenden
Teilnahme an den menschlichen und geistigen
Werten der Nation und des Staates, der sich auch

in dem vorbildlichen Schulwesen Hamburgs geltend
machte und den aus nationalpolitischen wie geistig-
kulturellen Überlegungen heraus bereits der große
Nationalökonom Carl Bodbertus vor mehr als sech-
zig Jahren zu einer im echten und rechten Verstände
vaterländischen Forderung erhob, war auch maß-
gebend für die von der „Senatskommission für
Kunstpflege" in den letzten acht Jahren veranlaßten
Monumentalmalereien in staatlichen Bauten. Dafür
standen nur verhältnismäßig geringe Mittel, im
ganzen ungefähr 40 o o o B M., zur Verfügung. Grund-
sätzlich ging man bei diesen Aufträgen, die jetzt
auch anderwärts, wie z. B. in Köln, nachgeahmt
werden, von der Einsicht aus, daß „alle bisherige
öffentliche Kunstpflege nur losgelöste Kunsterschei-
nungen" ergab. „Darüber hinaus" — so heißt es
in Schumachers bei Broschek & Co., Hamburg er-
schienener Schrift „Wandbilder in Hamburger
Staatsbauten" —, „setzte man sich das Ziel, eine Betä-
tigung zu erwecken, die das Kunstwerk in fester
Weise mit dem täglichen Leben verbindet. Das
bedeutet den Versuch, einen Zusammenhang zu
finden mit den Stätten dieses täglichen Lebens, also
mit Bauten und öffentlichen Anlagen. Die Malerei
sollte wieder mit der Wand des Baumes organisch
zu verbinden und ihr so etwas von ihrer verhäng-
nisvollen Heimatlosigkeit zu nehmen" versucht
werden.

Man sollte sich bei der Betrachtung und Bewertung
des Geleisteten zunächst einmal über die tieferen

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