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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Valentien, Fritz C.: Form-Kultur in der neusten Malerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0330

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Detail aus aem Dürerschen „Rosenkranziest

Form-Kultur in der neuesten Malerei

(Fortsetzung von Seite 299)

in Kunstübung und Kunstanschauung verstanden
sein will. Was gestern durch individualistische
Spaltung und durch führende Einzelleistung er-
reicht worden ist, steht heute der Gesamtheit einer
ganzen Generation von Künstlern als verpflichtende
Einsicht, um nicht zu sagen als „Rezept' künst-
lerischer Gestaltungsmittel zur Verfügung. Aber
einer Forderung zu künstlerischer Objektivität steht
die gleich große innere Notwendigkeit zur Indivi-
dualisierung gegenüber. Gewiß sind das immer
Spannungsextreme der Kunst gewesen, und sie wer-
den es immer sein, aber die heute junge Kunst
findet eine Verpflichtung zu gegenseitigem Aus-
gleich vor, der an Stelle einseitiger Neigung zu
dieser oder jener Seite eine Harmonie zwischen
künstlerischer und objektiver Gesetzmäßigkeit dar-
stellt.

Es fehlt nicht an Versuchen, diese künstlerische

Situation zu meistern. Sie werden z. T., als Folge
unserer Belastung mit Wissen und Theorie, aus ver-
standesmäßiger Überlegung abgeleitet. Man ver-
sucht, aus der Fülle der erlernten und ererbten For-
menschätze zu konstruieren. Einen großen Teil der
abstrakten Kunst, den der Mitläufer einiger weniger
Führer, darf man wohl als solche Konstruktionen
ansehen. Derartige Abwandlungen von Gliede-
rungsexperimenten, wenn sie einer zeitlich-gene-
tischen Notwendigkeit entbehren, sind aber tatsäch-
lich nichts als Romantik in einer anderen Form.
Ähnliche Fehlgriffe dürften der sogenannten
..Neuen Sachlichkeit" unterlaufen sein. Ihre geome-
trische, lineare Klärung und Vereinfachung, eine
einseitige Gegenständlichkeit, sind ein verstandes-
mäßiges Registrieren, das dem des mechanischen
Photoapparates gefährlich nahe kommt. Einzelne
Persönlichkeiten überzeugen selbstverständlich auch

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