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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Hoeltje, Georg: 101. Große Frühjahrsausstellung im Kunstverein Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0274

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Walther Klemm. Kai in Venedig

101. Große Frühjahrsausstellung im Kunstverein Hannover

Sein zweites Jahrhundert beginnt der hannoversche
Kunstverein mit einem Überblick über die zeitge-
nössische Kunst Deutschlands. Nachdem im Jubi-
läumsjahr ein reiches Erbe die Säle des Künstler-
hauses erfüllt hat, sind jetzt alle Räume wieder der
lebenden Kunst unserer Tage geöffnet. Unter den
Lebenden erscheint allerdings auch ein Toter, Ulrich
Hübner, der im letzten Jahre plötzlich Gestorbene.
Mit einer kleinen Kollektivausstellung von fast
30 Bildern feiert der Kunstverein würdig sein Ge-
dächtnis. Unvergeßlich bleibt eine intime Skizze
„Am Fenster' ; ihr warmes Leben hebt sie über die
meisten Bilder Hübners heraus.

An der Spitze der Hannoveraner möchte ich Seiffert-
Wattenbergs ..Schlafendes Mädchen" erwähnen, das
mit sparsamer Palette und reicher Emfindung ge-
malt ist. Horchler zeigt in dem leuchtenden Gelb
und Blau seines ..Lesenden Mädchens", daß er auch
kühnere Farbkontraste harmonisch zu versöhnen
weiß. Dörries müht sich, zumal in dem reizvollen
„Doppelbildnis", strenge zeichnerische Formgebung
mit heiterer Farbigkeit zu verbinden; Thoms hat
drei Aquarelle ausgestellt, die ihn auf koloristisch
neuen Wegen zeigen.

Die Auswärtigen sind durch Heckel mit der Ansicht
von „Verona", Geigenbergers holländischen Städte-

bildern und drei geschmackvollen Interieurs von
Kaus „klassisch vertreten. Zu den unruhigeren
Geistern gehört schon Crodel mit seinen sensiblen
Skizzen „Krankes Kind" und „Atelierecke", in
deren verhalten warmer Farbigkeit zauberhafte
Stimmung lebt. Unruhig drängt lebendiges Gefühl
in Arnold Bodes gewalttätig vereinfachten und ge-
formten Werken; „Braune Vasen im Garten" voll
stummer Trauer des Herbstes. Unheimlich, ab-
stoßend und bei aller Paradoxie wieder anziehend
die Kompositionen von Fritz Kühr. Die Plastiker
bereichern das Bild der Ausstellung mit so erfreu-
lichen Werken wie dem jüngsten Selbstbildnis der
Renee Sintenis und dem reizenden Mädchenbildnis
des Hannoveraners Scheuernstuhl. Schöpferische
Energie verraten die aus schönem Naturstein ge-
meißelten Tierskulpturen von Suffrian. schlichte
und zusammengedrängte Form. Aufregend lebendig
wieder Gerhard Mareks. Ein stehender Mädchen-
akt, für dessen prachtvolle Unmittelbarkeit kein
Wort kräftig genug ist. Seltsam anregend die „Zwei
Schwestern". Voll Geheimnis, von dem man spürt,
daß es nicht Geheimnistuerei ist. Schließlich ein
kräftiger Porträtkopf. In Mareks besitzt die Kunst
unserer Zeit sicher einen wichtigen Beweger.

Dr. Georg Hoeltje

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