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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Kiener, Hans: Zum modernen Kirchenbau, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0033

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Michael Kurz und Thomas Wechs, Augsburg

St.-Josefs-Kirche, Memmingen

Zum modernen Kirchenbau

Der Kirchenbau kann nicht aus dem Strome des
künstlerischen Gesamtgeschehens einer Zeit heraus-
gelöst werden, er kann nur aus der architektonischen
Gesamtsituation begriffen werden.
Von der späten Antike bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts sind die großen künstlerischen Kulturen
des Mittelalters und der Neuzeit organisch aus dem
schöpferischen Urgründe des unbewußten künst-
lerischen Schaffens erwachsen.

Nachdem schon das Mittelalter gelegentlich seine
Werkstatttraditionen fixiert hatte, die nichts waren
als Aufzeichnungen künstlerischer Erfahrungen, ist
die Renaissance auf diesem Wege fortgeschritten.
Brunelleschi, Alberti, Lionardo haben lediglich Er-
kenntnisse und Erfahrungen des echten künstleri-
schen Schaffens in die Helle des Bewußtseins er-
hoben; nur die Art und Weise, wie künstlerische

Konzeptionen in die Wirklichkeit gehoben werden
können, wurden, wenn der Ausdruck erlaubt ist,
..rationalisiert", keineswegs der Vorgang der künst-
lerischen Schöpfung selbst, die wie in allen Zeiten
echter künstlerischer Kultur aus der Klarheit in-
nerer Anschauung notwendig, zwangsweise geboren
wurde.

Dann aber fängt es an. langsam und unmerklich, nicht
erst mit Raffael Mengs, nicht erst mit David, son-
dern schon bei den Manieristen, in der Akademie
von Bologna: schrittweise läßt sich das immer stär-
kere Eindringen des begrifflichen Denkens, des be-
wußten, absichtlichen Kunstwollens in das künst-
lerische Schaffen verfolgen, bis dann am Ende des
18. Jahrhunderts das von langer Hand her ausge-
höhlte Gebäude der europäischen Kunst weithin zu-
sammenbricht ; weithin, nicht durchaus. Und genau,
soweit das bewußte begriffliche Schaffen im ig. und

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