Karl Hagemeister. Seerosen
Aus der Hagemeister-Ausstellung im Kunstsalon H. Abels, Köln
Form-Kultur in der neuesten Maierei
Die Kunst der heute Dreißigjährigen hat einen
schweren Stand: sie hat die Ergebnisse der gestrigen
Auseinandersetzungen um Form und Farbe, um
Gegenständlichkeit und Abstraktion neu zusammen-
zufügen zu einem Ganzen. Sie hat mit ihren Arbeiten
zu bezeugen, daß die Deformierung, die persönliche
Umgestaltung der Formgegebenheiten erstens ehr-
liches Bemühen und zweitens ein unvermeidliches
Durchgangsstadium gewesen ist.
Die Schwierigkeit, die bei dieser Neuformung zu
überwinden ist, ist an sich ein uralter Wesensbe-
stand der bildenden Kunst: persönliche Eigenart in
einer allgemein gültigen Form auszudrücken. Den-
noch erhält diese Aufgabe in der jüngsten Kunst-
übung eine außergewöhnliche Bedeutung durch
die zeitliche Einstellung zwischen einer Periode
der Umformung und einer solchen, die sich wieder
mit den Uberlieferungen aus der Vergangenheit
verbindet.
Es ist ziemlich klar, daß diese Neubildung dort
wieder ansetzt, wo der Expressionismus die natur-
ähnliche Form zu zersetzen begann: bei einer auf-
gelockerten Malweise und Gegenständlichkeit. Es
ist auch ebenso deutlich, daß eine Neuformung auf
eine handwerkliche Malkultur aufbaut, daß sie sich
außerdem wieder dem Gegenstand zuwendet. We-
niger übersichtlich und offen liegen hier die We-
sensgrundsätze der persönlichen Eigenart und der
zeitlichen Gesetzmäßigkeit. Indem man nämlich
einerseits wieder auf handwerkliche Malkultur Wert
legt, begegnet man der Gefahr einer dekorativen
Oberflächlichkeit, und wenn man andrerseits den
Gegenstand wieder mehr gelten läßt, liegt es nahe,
einfach in eine naturalistische Malweise zu ver-
fallen.
Tatsächlich fordert die gegenwärtige Situation mit
größerer Deutlichkeit als je eine Bindung an das
ursprüngliche Wesen der bildenden Kunst, wenn
die Erneuerungsbewegung der letzten Jahrzehnte
(Fortsetzung Seite 310)
S8-
299
Aus der Hagemeister-Ausstellung im Kunstsalon H. Abels, Köln
Form-Kultur in der neuesten Maierei
Die Kunst der heute Dreißigjährigen hat einen
schweren Stand: sie hat die Ergebnisse der gestrigen
Auseinandersetzungen um Form und Farbe, um
Gegenständlichkeit und Abstraktion neu zusammen-
zufügen zu einem Ganzen. Sie hat mit ihren Arbeiten
zu bezeugen, daß die Deformierung, die persönliche
Umgestaltung der Formgegebenheiten erstens ehr-
liches Bemühen und zweitens ein unvermeidliches
Durchgangsstadium gewesen ist.
Die Schwierigkeit, die bei dieser Neuformung zu
überwinden ist, ist an sich ein uralter Wesensbe-
stand der bildenden Kunst: persönliche Eigenart in
einer allgemein gültigen Form auszudrücken. Den-
noch erhält diese Aufgabe in der jüngsten Kunst-
übung eine außergewöhnliche Bedeutung durch
die zeitliche Einstellung zwischen einer Periode
der Umformung und einer solchen, die sich wieder
mit den Uberlieferungen aus der Vergangenheit
verbindet.
Es ist ziemlich klar, daß diese Neubildung dort
wieder ansetzt, wo der Expressionismus die natur-
ähnliche Form zu zersetzen begann: bei einer auf-
gelockerten Malweise und Gegenständlichkeit. Es
ist auch ebenso deutlich, daß eine Neuformung auf
eine handwerkliche Malkultur aufbaut, daß sie sich
außerdem wieder dem Gegenstand zuwendet. We-
niger übersichtlich und offen liegen hier die We-
sensgrundsätze der persönlichen Eigenart und der
zeitlichen Gesetzmäßigkeit. Indem man nämlich
einerseits wieder auf handwerkliche Malkultur Wert
legt, begegnet man der Gefahr einer dekorativen
Oberflächlichkeit, und wenn man andrerseits den
Gegenstand wieder mehr gelten läßt, liegt es nahe,
einfach in eine naturalistische Malweise zu ver-
fallen.
Tatsächlich fordert die gegenwärtige Situation mit
größerer Deutlichkeit als je eine Bindung an das
ursprüngliche Wesen der bildenden Kunst, wenn
die Erneuerungsbewegung der letzten Jahrzehnte
(Fortsetzung Seite 310)
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