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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Zoege von Manteuffel, Kurt: Robert Sterl und seine Zeichenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0264

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zu Berlin

Robert Sterl und seine Zeichenkunst

Robert Sterl, der im gleichen Jahr mit seinen Alters-
genossen Slevogt und Orlik gestorben ist, gehört zu
den Impressionisten der zweiten Generation, die
sich um die Jahrhundertwende durchsetzen. Sie
tragen die Errungenschaften des auf seine Höhe ge-
langten malerischen Stils in die neue Zeit hinüber.
Was den Impressionismus auszeichnet, Formung
unbeschwerten Naturgefühls, Gestaltung lebendiger
Bewegung, Wandlungsfähigkeit des Helldunkels
und der Farbe, erlebt durch sie seine äußerste Durch-
bildung. Wieviel Sterl zu dieser Entwicklung bei-
getragen hat, ist mehr als einmal gesagt worden,
vornehmlich als sein Gesamtwerk 1928 zum ersten-
mal in Chemnitz gezeigt wurde (s. Kunst für Alle,
14. Jahrgang, Seite 137—142). Damals wurde auch
deutlich, daß die letzte Wandlung des Impressionis-
mus eine Steigerung der farbigen Elemente des
Bildes gebracht hat. Das Leuchten, das von Sterls
Gemälden der letzten beiden Jahrzehnte ausgeht,
die Großzügigkeit ihrer Farbengestaltung wirken
erlösend und beglückend. Sie bedeuten einen Vor-
stoß über den Impressionismus des 19. Jahrhunderts
hinaus. Das bestätigte sich auch auf der Gedächt-
nisausstellung, die 1952 der Sächsische Kunstverein
in Dresden veranstaltete.

Sterl ist ein Gestalter der menschlichen Figur in
ihrer lebendigsten Aktion gewesen. Er hat nie ein

Stilleben, nur selten unbelebte Landschaften ge-
malt. Zu jedem Bilde gehörte die Darstellung wir-
kender Kräfte. Er ist aber nicht der Einseitigkeit
verfallen, die jeder leidenschaftlichen Vorliebe droht.
Verschiedenartigkeit der Vorwürfe, immer neue
Fragestellungen sind ihm Bedürfnis. So wird ihm
alles, was er ergreift, zu neu erobertem malerischem
Erlebnis. Sein Schaffen bleibt unbelastet vom In-
haltlichen literarischer Art, befreit sich vom Er-
zählerischen im Sinn der Anekdote; er greift un-
mittelbar in die Fülle und Vielfältigkeit des Sicht-
baren und läßt sich vom Allgemein-Menschlichen
und Schlicht-Natürlichen packen.
Streben nach Erfassung des Momentanen, nach
seiner Wiedergabe im Bilde, hat Sicherheit des Auges
und eine besondere Art der Auffassungsgabe und
des Gedächtnisses zur Voraussetzung; denn, ehe die
Bewegung der Dinge wiedergegeben ist, hat sie
schon die Zeit verschluckt. Abmalen und abzeich-
nen in geduldiger, langwieriger Arbeit, wie sie vor
dem ruhenden Gegenstand möglich ist, verbietet
sich. Das einzige, was mitgenommen werden kann,
sind flüchtig hingeschriebene Studien als Stützen
für das Gedächtnis. So wird das Entstehen des
Kunstwerks in einer besonderen und sehr eigen-
tümlichen Art in die Seele des Künstlers hinein-
verlegt. Es ist ein leicht zu entkräftender Irrtum,

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