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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Busch, Harald: Über Paul Baum
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https://doi.org/10.11588/diglit.16480#0290

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den aber auch die „Kenner" heute Baum nicht „er-
kennen" ; sie haben sich gewöhnt, nach verblüffen-
den Sensationen zu hasten, über die sich problema-
tische Theorien reden lassen. Vielleicht muß erst
wieder organisches Denken und gesundes Empfin-
den seinen Einzug halten: lassen wir eine verbil-
dete Zeit ruhig verkennen, um was es geht: das
Werk dieses Malers ist Qualität! Wird es bleiben !
Mag sich auch kein Händler und keine Presse Baums
angenommen haben, mag auch die Möglichkeits-
spanne dieses Mannes nicht weit, der Künstler ein-
seitig Landschafter sein, nichts mehr und nichts
weniger: was tut das dem Wert jedes einzelnen
seiner Bilder?! Und auf jedes einzelne Kunstwerk
für sich kommt es an, auf seine Einmaligkeit, mag
das heute auch noch so sehr verkannt werden. Baum
arbeitete nicht leichthin. Genialisches Drauflos-
streichen war ihm verhaßt. Darin glich er den
alten Meistern. Monate brauchte er oft, bis er das
fertige Stück signierte. (Nichts entstand im Atelier;
alles vor dem Objekt.) Selbst das Aquarell war für
ihn ausgeführtes Werk. Studien hätte er nie —
genau so wenig wie die Alten — als fertige Kunst-
werke ausgegeben. Die handwerksmäßig gediegene
Auffassung seines Berufes, der ihm Berufung war,

läßt ihn weit sich erheben über so viele heute,
denen es lediglich auf die Frische des fixierten
Wurfes, auf die Diktion, ankommt und auf mög-
lichst neuartige Erfindung. Baums Bilder sind
„fertig". Das, was wir an ihnen als Stil empfinden,
ist als Problem unbeabsichtigt, naiv aus der inneren
Art Baums heraus so und nicht anders geflossen.
Lassen wir den Neunmalklugen den Meister ruhig
als rückständig erscheinen. Baum ist nicht über-
lebt (diesen Begriff gibt es nicht Kunstwerken ge-
genüber!); so wenig wie Piero della Francesca. wie
van Goyen, Buisdael, Corot und van Gogh, um
einige Landschafter zu nennen, die irgendwie mit
ihm zu vergleichen sind, und wenn sie noch so
sehr von ihm sich unterscheiden. Auch den alten
Rembrandt verstand seine Zeit nicht. Das gereicht
heute nicht ihm, sondern ihr zur Unehre! Die Zu-
kunft wird Baum als vielleicht den größten Land-
schafter der meist impressionistisch genannten
Epoche erkennen. Nicht nur das, sondern als einen
der stärksten Landschafter überhaupt. Auch dann
noch, wenn von den vielen, die man heute rühmt,
längst keine Rede mehr geht. Wir allerdings sind
uns dessen so sicher, daß wir es — sollten wir ruhig
darum verlacht werden — heute schon vertreten.

Dr. Harald Busch

Paul Baum. Hessische landschaft im Juni. Aquarell. 1918

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