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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 48.1932-1933

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Zur Eröffnung der ersten staatlichen Kunstausstellung München 1933
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Zur Eröffnung der Ersten Staatlichen Kunstausstellung München 1933

Am 12. Juli wurde mit einem Festakt in der Neuen
Pinakothek die diesjährige Münchener Staatliche
Ausstellung eröffnet. Aus der Eröffnungsrede von
Kultusminister Schemm bringen wir einige der
bedeutungsvollsten Stellen zum Abdruck:
.vStaat und Kunst gehören zusammen. Somit ist
Kunst nicht die Angelegenheit der Verwaltung
allein, sondern Kunst und Kultur gehören zu den
Lebenselementen des Staates. Sie sind, recht ge-
sehen, die letzte Entfaltung eines gesunden Staats-
wesens überhaupt. Wirtschaft und Verwaltung und
alle sonstigen Notwendigkeiten des Staates sind nur
die Voraussetzungen für die eigentliche Sinngebung
des Lebens, für die geistige, sittliche, ethische, kul-
turelle, in der Spitze gesehen, religiöse Entfal-
tung des Volkes. Es ist daher ein Ding der Selbst-
verständlichkeit, daß nur ein gesunder Staat wirk-
liche Kunst hervorbringen kann. Der Beweis dafür
darf in dieser Ausstellung erblickt werden.
Schauen wir zurück auf die vergangenen zehn
Jahre, so haben wir einen Staat vor uns gehabt,
der in rassischer, sittlicher und ethischer Hinsicht
nicht den Anspruch darauf erheben konnte, ein
gesundes Staatswesen genannt zu werden. So mußte
sich auch eine Kunst entwickeln, die dem Wesen
des Volkes und seinen Grundsätzen überhaupt nicht
mehr entsprechen konnte. Zerstörende Tendenzen
waren es, die am Werke waren," . . . ...zersetzende

Elemente, die auf ein Zertrümmern und Zerstören
des Kunstsinnes und des Kulturlebens des Volkes
hingearbeitet haben. Man fand schöne Worte und
erklärte: Wir befinden uns zurück auf dem Wege
zum Natürlichen, in Wirklichkeit aber führten
diese Wege nur ins Dunkel hinein, so tief, daß
keine Sonne mehr hinkommen konnte, aus dem
Chaos einen Kosmos zu schaffen. Deshalb waren
auch die Ausstellungen *) meist Ausdruck des Nied-
rigen, Häßlichen, Undeutschen — primitiv im
schlechtesten Sinne. Das materialistische, bolsche-
wistische, marxistische Prinzip des Staates wirkte
sich auch hier aus."

„Ein Volk, das einen Wagner und einen Beethoven
hervorbrachte und diesen auch lauschte, wußte,
daß es starke seelische Kräfte in sich birgt, die
nicht vernichtet werden können. Wenn ich mir
einen Vergleich erlaube: Hier ist ein roher Mar-
morklotz, das Chaos. In diesen Klolz dringt der ge-
staltende Geist, der Gedanke, und fängt an, ihn zu
sprengen. Er macht in ihm den Kosmos lebendig.
Der Schöpferwille des Menschen, wenn ich so
sagen darf, das Gottum im Menschen, das immer
etwas Schöpferisches in sich tragen muß, wirkt
sich so zwangsläufig aus; denn Kunst ist letzten
Endes immer etwas Schöpferisches, und so wächst
das, was aus den Bildern hier zu uns spricht, aus

") Sieh? auch unseren Aufsatz Jahrg. 1931/52, S. 102.

dem Chaos heraus. Es formt sich durch Disziplin
und wird zu einem wahren Ausdruck des schöpfe-
rischen Willens. Rembrandt sagte einmal: .An
meinen Bildern dürft ihr nicht schnüffeln, denn
Farben sind ungesund.' Das heißt für uns, wir
dürfen die Bilder nicht analysieren, nicht chemisch
zerlegen, wie es das Bestreben der Form-Bolsche-
wisten war. ,Die Bilder sind Seele,' so sagt Rem-
brandt, ,mein Wollen und mein Ich, das in mir
lebt und in mir spricht, nehmt daher meine Bilder
als etwas Ganzes.'

*

„Uns Nationalsozialisten aber darf niemand zudik-
tieren, daß sie den Fortschritt hemmen und nur
eine Konservierung des alten Guten in den Vorder-
grund stellen wollen, ganz im Gegenteil: Ein Volk,
ein Staat, der im Menschen nicht das Strebende
mobilisiert und dafür sorgt, daß auch in der Kunst
neue Gebiete errungen und erkämpft werden, wäre
bestimmt falsch am Platz. Wir Nationalsozialisten
sind nichts weiter als Kämpfer, wir bejahen aber
vor allem das organische Wachsen und lassen nie
zu, daß aus dem blauen Dunst heraus Neuheiten
erfunden werden, ohne Zusammenhang mit dem
guten Alten."... „ Auchhier muß man zurückgreifen
auf alte Größe. Auf den Schultern unserer Väter
müssen wir noch Größeres, Höheres zu erringen
suchen". . . . „Das Wesentliche dieser Welt ist das
Unausgesprochene, Worte reden, schreiben und
drucken sind nicht Umgangsformen der Welt der
Kunst, sondern das, was von Seele zu Seele springt,
was man nicht in Worte fassen kann. Das ist das
Gebiet der wrahren Kunst. "

*

„Letzten Endes ist alles, was in der Kunst seinen
Ausdruck findet, Gotik. Am Ende des Spitzbogens
steht nicht etwas Flaches, Nichtssagendes, sondern
der Befehl nach oben. Diese Gotik ist nicht nur in
der Linie zu suchen, sondern sie erinnert mit jedem
guten Bild daran, daß eine Berufung ein Befehl ist.
Immer liegt das Sehnen nach dem letzten Hohen
fest verankert.

„So glauben wir, daß diese Ausstellung nunmehr
zum ersten Male wieder nach dem großen Um-
bruch in politischer, weltanschaulicher und staats-
gestaltender Hinsicht fast am Ende einer zweitau-
sendjährigen Geschichte steht. Aber zugleich auch
wieder auf der ersten Stufe eines neuen Zeitab-
schnittes. Wir wollen getreu bleiben dem Werte
des großen Königs, der gesagt hat: ,Nie sollt ihr
aufhören, Kämpfer zu sein," und das gilt auch in
der Kunst. Diesen Gedanken wollen wir in die
neue Zeit hineintragen, — eine glückliche deutsche
Kunst für glückliche deutsche Menschen."

Kunst f. Alle, Jahrg. 48, Heft 12, Sept. 1935

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