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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (Mai - August)

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Nr. 171 - Nr. 180 (26. Juli - 6. August)
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Heidelberg, Donnerstag, den 26. Juli 1923

Nr. 171

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an,'?uswariigc Mk. »S00. Rcllame- WM M8M. M8N W8M WU »Wt LDL i^WU Druck u. Verlag ver Untcrbadische«
L"^'«5N <71mm b>cit)Mk^MV,für M «WO IML MW WKS^WKi W»M MWdMW Verlaaranstalt G. m. b. A., Heidel,
^wattige Mk. MW. Bet Wieder. V MM M HWM MM LSM WWM MMWW berg. Geschäftsstelle: Schrödcrstr.z».
»olungen Nachlatz ngch Tarif. WM Tel: Expedition Ai7S n. Siedak.WT».
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ö- Jahrgang

Cunos Verantwortung.
* Heidelberg, 26. Juli.
Bald vreiviertst Jahre sind die S o z i a l d em s -
^'alcn von den bürgerlichen Parteien nun glück-
''ch ans d er R e g > e rung au s ge s ch ifft war«
Mit Hunger und Noi, Blut und Besetzung mutz
das deutsche Volk bezahlen, das; es den Lockun-
kcn der Reaktion ins Garn ging. Der Mord an
d"u „Juden Rathenan", den die deutschvölkische
Hktzgesellschaft als „Signal zur Befreiung" bezeich-
ne, hat uns in endlose Tiefen geschleudert. Wirr-
warr innen und außen, Unterdrückung uird Teue-
rung war die Folge. Und der Sturz des republika-
nischen Kabinetts Wirth vollends gab uns den Rest,
^as uns das „K a b i n e t t d e r F a chm ä n n e r"
»rein arisch nationaler Prägung" — bringt, er-
^ben lvir jetzt täglich. Der endlose Sturz der
Ai a r r ist das markanteste Zeichen unseres Verfalls
^crr C n n o und seine Mitarbeiter tragen an dieser
^nuvittlnng eine furchtbare Verantwortung. Dies
wntmt allgemach allerorts zur Geltung, selbst wenn
dentschvölkischcn Kreise diese Verantwortung ans
msgltchen Sündenböcke abschieben niöchten.
Zutreffend schreibt über die jetzige Mißwirtschaft
o r g B e r n h a r d in der „Voss. Ztg.":
, Deutschland unterscheidet sich von Rntz-
. aud h»ute nur dadurch, daß die Bolschewisten ganz
^wustt ihr Geld verschlechtert haben, um dieses ka-
talistischg Arbeitsinstrument zu diskreditieren, daß
w deutschen Staatsmänner und „Sachverständigen"
«ber einfach die einmal angekurbelte Noienpresse
"eiter lausen lassen aus MangelanJdeen und
°us Atangel an Willen. Es ist dem Finanz-
Nr nister und dem Reich sbankprüsiden-
s«r" u s ges a g t worden, wohin ihre Politik
kuhren wird. Sie sind rechtzeitig gemahnt worden,
oldsteueru und wertbeständige Anleihen cinzufüh-
und Devtsenordnungen sind ihnen empfohlen
orden als Zusatz zu diesen Reformmaßnahmen,
die sie wirkungslos und schädlich sei.« müssten.
iva sind verlachtund beschi >npft
orden. Und man hat dauernd mit denjenigen ver-
t» die sich noch heute aus Geschäftsrücksichten
wst der Einrichtung von Goldkonteu wider-
die wenigstens dem kärglichen Rest, der dem
"^stand noch geblieben ist, Zuflucht und der
. luiatbilduug wieder neue Möglichkeiten eröffnen
- Noch ist es nicht zu spät zur Umkehr. Noch
da? Deutschland di« Wahl, aus eigener Kraft
dl" tun, was ihm sonst eines schönen Tages von
st!- ^ulente diktiert werden wird. Will man denn
l ei>>- w arten, bis zu der militärischen Fremd-
d. - 'Wust in Deutschland auch noch der auslän-
We Finanzdikiator kommt?!
sj, scharf rückt dann der „Vorwärt s" der Pro-
alei^ Finanzkreise an den Leib, indem er unter
lx./wiettiger Festlegung der Verantwortung von
""schreibt:
l-führend an der Börse die fremden Zah-
Wittel bauernd in die Höhe getrieben
Bei, Waisen sich Gros;- und Kleinhandel dieser
ech. l "!:g uicht nur an, sondern suchen sie sogar aus
sviik "e" Gebieten zu überholen. Das ist insbe-
denjenigen Marktgebiete» der Fall, deren
Dau ^swlsung, wie bei Getreide und Metall, vom
Hurs* abhängig ist ,,nd Mo im Grobhandel der
litt!,, sur die Preisberechnung nicht nach der Ver-
de/ Notierung des Dollars, sondern nach der in
wird höheren des Auslandes angesetzt
»Ufr S" erleben wir ein panikartiges Hin -
We/, chuellen der Preise, auf das die Lohube-
U;,ls 'sw» sich noch längst nicht in dem erforderlichen
stj, ' "we eingestellt haben. Denn die Wertbeständig-
"Uch d ^"hne ist nur auf einzelnen Geble'su und
eiitM?" nur als kleine Sicherung gegen die Geld-
bvllm,, '"W "och nicht aber als eine einigermaßen
dnrm» *!""uc Anpassung an das Warenpreisnivcau
astxj^ k -den iv e r 1 b e ft ü n d i g e n Löhne n
deg kn,i?schO'»"S der Währung nicht erreicht wcr-
"der "si genug dargelegt worden. Wundern
N e j "' wan sich darüber, das; Reichsbank und
llko,, /l?'egixrnng auch jetzt noch nicht zu
Aigp/' ' ss i g e n Methoden der Stützung der
'ch^uke, "wu" sjud und das; sie sich darauf be°
^wste o<>'' der früher von der Sozialdemo-
^säinui,werten und damals vom Bürgertum hart
"ber Maßnahmen durchzuführeu, im übrigen
der nachlässige n, was nicht nur von
ichasteir - """"kratiichen Partei und den Gewerk-
x han;,^^^".!' ""ch von einer groben Zahl von
>b''"t u,a>, verlangt wkrd. Jetzt erst
der , dr die Goldanlethe, die sich insofern
, er.»«« '"'Anleihe unterscheidet, daß sie in Pa-
W schon .,'""'iahten ist. Diese Art der Goldauleihe
^fordert Einem Jahre aus das entschiedenste
u "schastsmi„,u'' '"'ue Verordnung des Reichs-
^chrdnui,.-, ''"wrs, welche entgegen der Devtsen-
)""a>,dKnct<r,Bezahlung mit Devisen tm
. Zu t.o^ ' Nneui gewissen, aber praktisch
I°aar eine ^°!!^den Umfange vorsieht, bedeutet
das »,/,,'wwcheruug derselben Bestimmungen,
^HÄngsaMo>/-'iI''''° Durchführung der
- "si ckfastc,^ ^ot. Ueberall Zagen und

Schwanken, wo Entschlußkraft und Handeln not-
wendig sind.
Man scheint sich am grünen Tisch gar keine«
Begriff davon zu machen, in welchem Maße die
Not deS Volkes gestiegen ist. Hemmungslos
crbeitet die Notcnpresse weiter, panikartig dauert die
Flucht auS der Mark an und nach wie vor verdienen
die Papiermarkschuldncr der Re chsbank an wenigen
Tagen hundert und mehr Prozent, während immer
Wachsende Volkskreijr nicht mehr wissen, «Ke sie stch
die notwcndigste Nahrung mit dem täglich
sinkenden Wert ihres Geldes kaufen sollen. Die Re-
gierung ist, das kann nicht nachdrücklich genug
bciont werden, invollem Umfange verant-
wortlich für die Unterlassung n, die sie stch in der
Dev'senfrage zuschulden kommen läßt. Wir verlan-
gen, daß nun endlich Ernst gemacht wird und
daß die unzulänglichen Eingrrkie der Reichsbank am
Devisenmarkt wirksam unterstützt werden durch eine
Devisenbewirtschaftung und durch eine
F uanz- und Kreditpolitik des Reiches,
we.che das Uobcl an der Wurzel packt und den In-
teressenten die Möglichkeit nimmt, sich auf Kosten des
Staates und der Allgemeinheit mit Hilfe ihrer Sach-
werte zu bereichern.

Die Lage im Reich.
Bankrott und Hungersnot.
5 Millionenfcheine.
Der Dollar steht in Newport über 600 OVO Mk.
das heißt etneFriedensgoldmark entspricht
15V VVOPaPtermark. Man braucht kein zünf-
tiger Natwnalökonom zu fein, um zu wissen, was
dies bedeutet. Not und Elend in allen Schattierun-
gen sind die unausbleibliche Konsequenz.
Die Retchsindexziffer für Lebenshal-
tungskosten stellt stch nach den Berechnungen des
Statistischen Retchsamtes für den 23. IM 1S2S auf
39 336 (1913/14 1). Die S t e i g e r u n g gegenüber
der Vorwoche (28 892 beträgt somit 36,1 Prozent
Immer krasser tritt so die Aushungerung des
deutschen Volkes in Erscheinung.
Und die Regierung des Herrn Cuno, der vor
etwa Jahr in allen bürgerlichen Zeitungen als
„Retter aus der Not" gepriesen wurde? Sie kündigt
eine lilipulanerartige, völlig unzureichende Gold-
anleihe von 20—25 Millionen Mark an und teilt
tm übrigen mit, daß „zur Behebung der Geldknapp-

M WW MW« II. i>ik L P. I.

Keine Beteiligung am Faschiftentag
Heidelberg, 26. Juli.
Die unentwegten Pläneschmiede der kommunisti-
schen Partei zentrale, die ihre Anhänger mindestens
allwöchentlich mit einer neuen Parole, einem
neuen Allheilmittel für alle Schäden unserer Geiell-
schasls- und Wirtschaftsordnung überrascht, fordert
die Arbeiterschaft für den k o m menden So n n-
tag zu einem sogen A n t i s a s z i st e n t a g auf.
Obwohl der Aufruf, den ihre Zentrale zu dieser
Kundgebung erlassen, nichts als ein wüstes Be-
schimpf und ein Herrunterreitzcn der V.S.P. und
der Gewerkschaften gewesen, brachten es die örtlichen
Parteileitungen der K.P. sertig, unsere Partei-
organisationen die Gewerkschaften, ja selbst die Ar-
beiterfportvereine und die Arbeiterjugend zu >hrem
Antisafzistentag cinzuladen.
Unsere zuständigen Parteistellcn haben es abge-
lehnt, sich an der kommunistischen Demonstration r»
beteiligen und fordern wir unsere Parteigenossen
auf, derselben unter alle« Umständen fern zu blei-
ben. Die ganze Demonstration soll und Wird keine
Kampfansage an die Faszistem sein, sondern soll le-
diglich der Agitation für die lommvnistische Partei
dienen. Wir verweisen darauf, daß die K.P. in der
gleichen Zeit, in welcher sie z. B. die freien Gewerk-
schaften und die Partei zu einer gemeinsamen De-
monstration für den kommenden Sonntag einläd,
ihre Mitglieder aussordert, diese Demonstration zur
Stärkung der kommunistische» Betriebszellen, des
kommunistischen Hauptkampfmittels gegen die
V.S.P. und die Gewerkschaften zu benützen.
Wir verweisen darauf, daß namhafte Konunu-
uistönftthrer, wie Radek und andere, fasztstischen
Täte» Lobeshymnen singen und einer Annäherung
der K.P. und der Faszisten das Wort reden. Ein-
flußreiche Persönlichkeiten der Faszisten reden eben-
falls, wie zum Beispiel Stadler in der
„Deutschen Zeitung" einem Zusammengehen
zwischen K.P. und völkischen das Wort.
Wie vor zwei Jahren in Münche n, sich Haken-
kreuzler und Sowjetstern verbrüdert haben, w fand
vor kurzem in Jena erst wieder eine völkische Ver-
sammlung statt, in der der Referent Dr. Dinier
erklärte:
„Tiefgehende Gegensätze zwischen Völkischen und
Kommunisten feien wohl vorhanden, ebenso zwei-
fellos aber rönnen sie zu gemeinsamem Handeln
gegen gemeinsame Gegner überbrückt werden." In
der Aussprache schlugen die kommunistischen Red-
ner, vor allem Thomas und Dr. Korsch, in
die dargsbotene Hand ein, so daß Dinier in
seinem Schlußwort ihnen volle Anerkennung aus-
sprechen konnte.
Selbst der bekannte übervölkische Skbgeordn Mulle
findet, daß sich K.P. und völkische sehr nahe gerückt
seien.
Wenn man diese Dinge beachtet, dann erkennt
man, wie wenig die Kommunistische Partei berufen
ist, im Kumps gegen den F-aszismus die Führung zu
übernehmen, dann versteht man, welcher Wert der
neuesten Moskauer Parol beizutnessen ist.
Deshalb Genossen laßt Euch nicht mißbrauchen!
Geht nicht auf die Leimruten- der kommunistischen
Drahkzicher!
Kein Parteimitglied darfan der kom-
munistischen Demonstratio» teilnehmenl
Unsere Partei wird das ihre tun, um den faszi-
stischen Treibereien wirksam entgegenwtrken zu kön-
nen und sie hofft, daß sie dabei auf die restlose Un-
terstützung aller Genossen in Stadt und Land wird
rechnen können.
Der Kveisoovstand
I. A. «man«.
*
Der Parteidorstand schreibt UNS!
Auf eine Anfrage, die Genossen aus dem Reiche
an uns gerichtet Haven, teilen »vir mit, daß die
Ver. Gozd, Partei mit wm von der Kommu-

nistischen Partei auf den 29. Juli «»gesetzten A nt i-
saschistentag nichts zutun hat. Sie ist bei
Ansetzung des Tages auch gar nicht gefragt worden.
Daraus ergibt sich, daß dir Organisationen in den
Orten, in denen sie zur Teilnahme aufgefordert wer-
den, die Teilnahme ablehnen und auch ein
zelne Genossen sich von der Veranstaltung
fernhalten werden.
Versammlungen unter freiem
Himmel in Preußen verboten.
Aus Berlin- schreibt uns unser OMitarbriter:
Der preußische Minister des Innern hat an die
Oberpräsiden-ten die Verfügung ergehen lassen,
sämtliche Versammlungen unter
freieinHt m m e l mit Einschluß der Umzüge bis
ans weiteres zu untersagen. Der preußische
Innenminister, der sich aus den Art. 123 Abis. 2 -der
R e ich s v er f a ssun g stützt, der die Möglichkeit
gibt, Versammlungen unter freiem Himmel zu un-
tersagen, wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar
gefährdet ist, verweist auf die zahlreichen Vor-
gänge der letzten Zeit, die zeigen, daß die
politischen Leidenschaften als Folge ständig zuneh-
mender Verhetzung von radikalen Setten derart
Überhand genommen haben, daß unmittelbare Ge-
fahren für die öffentliche Rühe, Sicherheit und Ord-
nung für den Fall bestehen, wenn jetzt politische
Kunidgebungen mit parteipolitischem Charakter un-
ter freiend Hiinmiel aibgehalten werd». Die Zusam-
menstöße der letzten Woche z. B. bei den- Stahlhelm-
feiern in Eilenburg und Eisleben des
Jungstnrms in Dramburg, sowie bei den jüng-
sten Kundgebungen in Frankfurt a. M. reden
eine deutliche Sprache.
Zweifellos ist die politische Atmosphäre so reich-
lich mit Explosivstoff geschwängert, daß ein Funke
genügt, um den droheden Bürgerkrieg in
Erscheinung treten zu lassen. Was das für
Deutschland gerade in diesem Augeirlbick bedeutet,
darauf braucht uicht hingcwiescn zu werden. Wir
sind auch ver Meinung, daß der Anftifascht st e n-
ta g der Kommunisten, der ohne Zweifel in der-
selben Art aufgezogen werden soll wie andere lom-
mun-istische Veranstaltungen, die wir genügend ken-
nen, das denkbar schlechteste Mittel ist, der
drohenden Geftchr vorznbcugen. Helfen kann nur
ein zielsicheres und strenges Vorgehen gegen alle
Provokateure, ob sie nun links oder rechts
sitzen, und dec eiserne Mbwshrwille einer ruhig
denkenden und überlegend handelnden Arbeiter-
schaft gegen alle Feinde der Republik.
Daß dieser Wille in dieser Form bei der kommuni-
stischen Anhängerschaft vorhanden ist, kann allerdings
nicht behauptet werden. Deshalb ist es besser, Ge-
nosse Sevcring deckt den Brunnen zu, ehe das Kind
hineinfällt.
Berlin, 25. Juli. Der Reichsmin-ister des
Innern hat die Landesregierungen angewiesen, alle
Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen der
öffentlichen Ruhe und Ordnung zu treffen und
nötigenfalls Versammlungen unter freiem Himmel
überhaupt zu verbieten.

Zur Ermordung Dr. Haas.
Frankfurt a. M., 25. Juli. Von denk Mini-
ster des Innern sind für die Ergreifung der Titter,
die den Staatsanwalt Dr. Haas erschlagen haben,
15 Millionen Mark Belohnung ausgesetzt wer-
den. Bei der Plünderung wer Wohnung des Er-
mordeten sind u. a. auch Silber und Wertsachen ent-
wendet worden.
Das Ressort des erMördeten StaatsanwaliS Hftaö
waren Mttnzangelehenheiten. Es liegt
nahe, daß ein Racheakt vorlag, als jemand aus
der Menge rief: „Schlagt ihn tot!" Eine Reihe
Verhaftungen sind vorgenommen.

hrit" außer dem E i u - Mi l l t o n e n - Mark-
Schein, der in etwa Wochenfrist in den Verkehr
kommen soll, schon etwas früher, in etwa 4 Tagen,
ein Fttnf-Millionen-Mark-Schetn aus-
gegeben werden soll, und zwar in so großen Men-
gen, daß der Ansturm dadurch Wohl bewältigt wer-
den dürste. Nach der Mitteilung Berliner Blätter
sicht auch die Ausgabe eines Zehn-Millionen-
Scheines für die allernächste Zeit bevor. An de«
Herstellung der hochzisfrigen Scheine wird mit allem
Nachdruck gearbeitet; etwa sechzig Druckereien
sind mit der Anfertigung beschäftigt.
Man fleht, die „Regierung der Fachmänner" ver-
steht sich aufs Finanzwesen besser als die So-
zis. Man läßt Millionen (wann wohl Milliarden-)
scheine drucken und alles ist in schönster Ordnung.
Die nationalistischen Lobrcdner des Herrn Cuno ha-
ben recht: Er weiß, wie man es anpackt. Wer an-
ders denkt, ist ein Dummkopf oder ein Vaterlands-
verrräter.
Herr Geßler bürgt.
Berlin, 25. Juli. Auf eine Anfrage des deut-
schen Friedenskartells teilte Retchswehrminister Geß«
ler mit:
„Die Reichsregierung wird jeden Ver-
such, ihre Absichten und Anordnungen auf ver-
fassungswidrige oder ungesetzliche
Weise zu durchkreuzen, rücksichtslos unter Stuwerr-
dung aller ihrer Machtmittel unterdrücken,
von welcher Sette ein solcher Versuch auch kommen
möge. Daß der Reichsregierung in- jeder Lage
die Wehrmacht als unbedingt zuverlässiges
Machtmittel zur Verfügung stehen wird, dasü»
verbürge ich mich." gez. G - ßler.
So erfreulich diese Mitteilung klingt, so setzen wir
angesichts all der bisherigen Vorgänge doch gelinde
Zweifel in dieses „zuverlässige Machtmittel". IM
Augenblick der Gefahr ist leider die Arbeiter-
schaft im Bunde mit einzelnen unbedingt repu-
blikanischen Bürgcrkreisen die einzige Kerntruppe,
die bereit ist, ihr ganzes Sein für die Existenz der
Republik einzusetzen.
Ein guter Fang.
Berlin, 25. Juli. Zu der im Zusammenhang
ruft der
Flucht Ehrhardts
aus deut Leipziger Untersuchungsgefängnis erfolg-
ten Verhaftung des Freiherrn v. Bussche null
seiner Gattin teilt eine Korrespondenz noch fol-
gende Einzelheiten mit:
Nach den bisherigen Feststellungen scheint der
politischen Polizei mit der Aktion in Gernrode ein
besonderer Schlag gegen die Geheim-
bündler gelungen zu sein. Wenn nicht alle An-
zeichen trügen» dann hat man es in der Villa des
Freiherrn v. d. Bussche mit einer Hochburgder
Ehrhardt-Bewegung in Mitteldeutschland zu tun,
die deshalb bis jetzt unentdcckt bleiben konnte, weil
sie wohl mi-t voller Absicht in dem stillen, vom großen
Verkehr kaum berührten Harzstädtchen angelegt wor-
den ist. Unter Führung eines Beamten des Berliner
Polizeipräsidiums ist seit beute eine Reihe von Kri-
minalbeamten damit beschäftigt, die seit der Verhaf-
tung deS Ehepaares polizeilich geschlossenen Wohn-
räume auf das Gründlichste zu durchsuchen, da inan
noch mit weiteren Funden rechnet, die Ausschluss:
über die Tätigkeit der Anhänger Ehrhardts geben
können. Freiherr v. ds Bussche hat in dem einen
Jahr, das er jetzt in der von ihm gemieteten Villa
des Rentiers Deidemann in Gernrode zugebracht
hat, in der dortigen Bürgerschaft keinerlei Verkehr
gepflegt und sich von allen geselligen Veranstaltungen
der kleinen Stadt ziemlich zurückgehalten.
Dafür hat er aber außerordentlich oftBesuchvon
auswärts empfangen, öfters mehrere Herren
zugleich, die mitunter mehrere Tage in der Villa
weilten, ohne sich auf der Polizei anzunlelden. Da
es sich immer nur um vorübergehende Besuche han-
delte, siel ihr Kommen und Gehen »nicht weiter auf.
Besonders oft sollen Herren aus dem besetzten
Rheinland bei Herrn v. d. Bussche erschien-»
sein. Man nimmt an, daß es sich bei diesen Besu-
chen um verabredete Zusammenkünfte der Ehrhardt-
Anhänger gehandelt hat.
Ehrhardts Fluchtplan gefunden.
Berlin, 25. Juli. Der „Vorwärts" teilt zur
Verhaftung des Ehepaares Freiherrn v. d. Bus-
sche mit: In der Wohnung des Ehepaares fand
man im Bett versteckt zahlreiche Akten- und
Schriftstücke, die sich aus Ehrhardt beziehen, u. a.
einen genauen Fluchtplan, die Namen
Weiterer Helfershelfer usw. v. d. Bussche
und seine Frau wurden nach Leipzig transportiert.
In Berlin ist inzwischen gestern im Zusam-
menhang mit der Flucht Ehrhardts eine neue
Verhaftung erfolgt. Weitere Fahndungen sind
im Gange.
Die Rheinbrücke wieder frei
Mannheim, 26. Juli. Die Rhetnvrücks
M a nnheim — Lud w t gs h a fen ist von heute
an wieder geöffnet und zwar von morgen»
5 Uhr an bis abends 9 Uhr fttr Fußgänger, Rad-
fahrer und Pferdefuhrwerke.
Heute nacht 12 Uhr wurde die BerlehrSsperw
aufgehoben.
 
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