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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0014

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sichern. Unsere Motive wie unsere Ziele liegen
um die Weite eines Horizonts auseinonder.
Wie wenig übrigens dcn im Lande vorherr-
ichenden Zntentionc» kurch das Borgehcn des
Hrn. Baron entjprocheu wird. ergibt sich ja
auch zur Genüge aus der winzigen Anzahl der
Unlerjchristeu. Äioch zum Mindesteu ist die
ncue Partei nicht in der Lagc, als Vertretung
des Landes gclten zu könncn, und wir sürchten
nicht, dag sie sehr bald in dieje Lage kommcn
wird."

Aus den Confercnzen, die zwischen deu Mi-
nistern »on Baycrn, Baden und Wirtcmberg
in Stuttgart gcxflogen worden, ist zunächst ein
Gcgensland bekannt geworden, übcr den Herr
v. Varnbüler iu dcr Litzuug dcr Kammer am
2. Aufschluh gegeben: es ist das Projcct der
Bildung eines jüddeutjchen SteuervcreiuS zwi-
schen Baden, Bayern und Würtemberg. Wie
cs scheint, zehl die Sache von Würtemberg
aus. Was den Steucrvcrein betristt, so hat
derselbc den Zweck mögtichfter gleichmäßiger
Behandlung dcr indirecten Steuern in deu ver-
einten Staaten. Der Pian dürfte jedoch sv-
bald noch nicht in's Leben lrelen, ba eine Aen-
derung der Steuergesetzgebung in allen drei
LLndern durchgeführt werden müßte.

Ueber eine Verständigung der Regicrung mit
dem Abgcoronetenhauje sagt die Bcrliner
„Spen. Ztg.": „Die erste und uncrläßtichstr
Bedingung ciner jolchcn ist die rückhaltlose
Änerkcnnung des verfassungSmäßigen RechtS
der Vollsvcrtretung zur Theilnahme an der
Ieststelluug deS BudgelS uud an der gejctz-
Iichcn Regetung der Mililär - Reorgauijation.
Darin ist, mit AuSnahme eincr verjchwindend
kleincn feudalen Miuoritäl, daS ganze preu-
ßischc Volk cinig, wcnn auch über die Einzel-
heilen der Mititärjrage MeinungSverjchieden-
hciten bestehen. Die „Spen. Zrg." empstehtt
die Löjung durch die Vorlagc eiucS Gcsetzent-
wurfs übcr dcn Ltaatsrath uuo die Ueberwei-
juug dcr Militärsrage an deiijetbe».

Die Münchner Blätter, jelbst die clericalen,
druckcu die thcils Enlrüjtuiig, theils Heitcrkeit
erregende Encyclica des PapjtcS einfach ab,
verharren ader im Uebrigen in dumpfem Still-
schwcigen.

Thicrs, welcher in der nächsten Session gegen
die Scptcinbcrcoiivention jprechen wollte, hat,
wie verjichcrt wiro, seit der Verösseiillichung
dcr Encyclica aus dieS Vorhaben verzichtct.

Dic Rede, welchr L. Rapolcou an dcn dip-
lomatischen Körper hiclt, hat gar keine poli-
tische Färbung. Der NcujahrScmpsang, durch
welchen nur einmal blitzcsarlig eine politijche
Phrase zuckle, ist längjt wieder ein einfachcr
HöflichkeilsanStausch geworden. Der Kaijcr hat
jich die ErössnungSredcn dcr gejctzgebenden
Scssion dazu auSerseheii, scine polilijchc» Jdeen
dcr Wclt mitzulheilen. Der Wunsch nach
Frieden ist dei L. Napoleon noch in keinem
Jahre jo entschieben yervvrgetrcten, als im
vergangenen. Uud in diejem Fricdensbedürs-
niß wurde er von jeiucm Vvlkc lebhasl secun-
dirt. Die Franzosen enthujiaSmiren sich wedcr
sür die Polcn, noch für die DLnen, noch sür
die Venclianer. Sie waren der Kriege müde,
dic sernen Erpedilionen wurdcn in jchärjjter
Weisc mißbilligt, jelbst über Algerien wurdcn
bedenkliche Stimmcn laut. Däß es in der That
der Wunjch der vstenllichcn Meinung ist, die
augenblickliche Ruhe in dcr großen auswärtigen
Politik zur crnstlichcn Sammlung sür Frank-
reich seldst zu benützen, spricht heute die Neu-
jahrSbctrachlung des Temps ostcn aus. „Wo-
mit sollen wir uns jctzt bcjchästigcn, sagt
Nesftzer, alS mit unS selbst. Durch einfache
Nothwendigkeit stehen dic inneren Fragcn jetzt
in erjter Linie. Der Geist eincr Nativn will
beschäfligt jein, uud wcnn nichts Aeußcres ihn
anzieht, so kehrt er siq zu jich jelbst. AlleS
fordert also die Rcgierung auf, endlich an dic
Wiederherjtellung unscrcr grcihcitcn zu gchen;
jie.hat die beste Muje dazu, und wir denken,
ihr eigenes Jntercsse muß cS ihr rathcn. Möge
sie aljo die Slrebungeu beachten, gegcu welche
sie fich nicht die Augen verschließen kanu, und
welche um so rechtmäßigcr jind, alS die Frciheit,
durch Frankreich aus dcm curopäischen Festland
gepflauzt, überall um uus wächst und gcdeiht,
währcnd wir «ieder auf dcm Puukt angclangt

stnd, ste »erlangen zu müssen. Ein Gegensatz,
den wir nie verstanden haben, ist der von
Ruhm und Freiheit. Dcr größte Ruhm sür
ein Volk ist srei zu sein, und sür eine Regic-
rung, mit und ourch die Freiheit zu bestcheii.
Dies ist dcr Ruhm, den wir für das Jahr 1865
wünschen."

Daß eine französtsche Brigade demnächst schon
von Rom hiuweggezogen werde, wird von der
Pariser ofstciiseii „Presse" mit Bestimmtheit
in Abrede gestellt.

Die Regierung deS ganz katholijchen Kan-
tons Tessin hat das Sammeln des Peterspfen-
nigS verboten, und stch dabei auf die bestchende
Polizei-Ordnung gegen Bettler uno Vaganten
beru,eii.

Die italienischen Kammern sind auf den 5.
Januar wieder zusammcnberufen.

Nach dem cbcu crschieuenen Bcricht des ital.
FiuanzministerS Sella über daS Ergebniß der
Grundsteuervorauszahluiig sind fünf Scchstel
des Steuerbetragcs dereits eingezahlt und ist
der Erfolg vollkvmmen gestchcrt.

Dic Gcsellschaft zur Erbauung neuer Häuser
in Florenz hat sich mit eincm Actiencapital
von 1 Mill. constituirt. Sie wird 6—7000
Wohnungeu licsern, zum großen Thcil von
Eijen. Auch joll ein großer Bazar von Eisen
gebaut werden als Gesammtniederlage sür die
Turiner Jndustrie.

Znr EchicSlvig-Holfteiii'scheii
Eache.

Kiel, 30. Dec. Die LandcSregieruuz wurde
vou der obersteu Civilbchördc heute telegraphisch
davon beuachrichtigt, daß sie im Laufe des
nächsten Monats ihre Uedcrsiedliing nach eiuem
andcrn Orte der Herzogthümer SchlcSwig oder
Holstein zu gewärligen und daS Perjonal stch
jür diesc» Fall bcreit zu halteu habe. Die
Entsernung von Ki-l ist also fcst beschlosjen
und wohl kaum noch ztveiselhaft, daß man sich
für SchleSwig enlschcidcn wird.

D e u t s ch l a n d.

Kaffel, 2. Zan. Dem Privatmann Wachcn-
feld ist nuumehr die Gcstattung dcs von ihm
projectirtcn ReilhauscS ertheilt worden. Dieser
AuSgaug der sraglichcn Angelcgenheit, die für
unjerc inneren Verhältuissc vou der allergröß-
tcn Bedeutnng war, ist ein nicht zu untcr-
schätzeuder Wicg des RechtcS über adminiftra-
tives Gutdünkcn und ein BcweiS, daß zur
rcchten Zeil ein guteS Wort der Kammer auch
seine Wirkung Ihut. (F. I.)

Hannover, 24. D-c. Beim Durchzuge
der jächjijchcn Truppen durch Göttiugen brach-
lcn mehrere Sludcnteii dem Hrn. v. BiSmarck
ein Pereat auS.

Berlin, 31. Dez. Am 10. Zan. «ird in
Mohrungcu (Oftpreußcn) eiu Preßprozeß ver-
hanoelt, wclcher Aujjchen erregt. Angcklagte
sind in dcmjelben dic Abgeordnetcn Benoer,
Buchhvlz, Doualies, Freutzcl, Gerlich, Häbler,
v. Hennig, v. Hoverbeck, Dr. Jakoby, Prosessor
Möller, Kalau v. d. Hofe, Papendicck, Plehn,
Pruß, Schmicdicke, Schiick und Weeje. Sie
jind angcschuldigt, durch daS im Aufang deS
Zahres 1864 in dcr Provinz Preußen vcrbrei-
lete und mit ihrem Namen uutcrschriebeiie
Flugblatl: „Was thut dem Landinann in
Preußen noth?" das staatsministerium belei-
digt zu haben.

Berlin, 31. Dez. Ein Gnadencrlaß, aber
keine Amnestie ist zum neueu Zahre von dem
König vollzogen worden. Nach demjclben wcr-
den Allen, die an dcm Felozugc in SchleSwig'
Theil geiiominen, die Strafen bis zu 6 Mo-
natcn Gefängniß vder 100 Thlr. Gcld, zu
dencn ste, jedoch ohne gleichzcitige Ehrcnstrasen,
rcchlSkrästig verurtheilt woroen sind, erlassen.

Bcrlin, 2. Zan. Die „Nordd. Allgem.
Ztg." vcröffentlicht dic Note des Hru. v. Bis-
marck an den prenßijchen G-jandten in Mün-
chen »om 13. Dccember, worin gegenüber der
Bund-sabstimmung vom 5. Dcceiuber der preu-
ßijch- Standpunkt präcistrt wird. Jm Wejent.
lichen besagt di-jc Note: Der Versuch, die Exe-
cution durch eine Occupation zn erjctzen, ent-
halte die Tcndenz ciner Ausdehnung der Bun-

descompetcnz, welche durch die Verträge nicht
begrünoct und dahcr für das Bestehcn des
Bundcs gcsährlich sei. Der Bestand deS Bun-
de§ sei darauf bcgrindet, baß die BundeS-
glieder die »orsichtigst gezvgenen Gränzen ihrer
Competenz achten. Zedcr Versuch einer will-
kürlichen Erweiterung derjelbcn erjchütterte die
Grundlage des BuudeS. Ein MajoritätSregi-
ment, welches beanspruchen wollte, auf die
prcußijche Politik über die Bestimmungcn des
BundeSvertrags hinauS einzuwirken, könute
Prcnßen nicht ertragcn. Prcußen sei nur Mit-
glied des bundesvertragsmäßigen BundeS. Eine
Compctenzüberjchreitung coincidire mit einem
Bundesbruche. WLre am 5. December die
Majorität gegen Prcußcu gewesen, so würde
dieseS d-m zu Unrecht gefaßten Beschlusse ge-
genüber in der Lagc gewejen sein, von der aus
der Vertragsverletzung erwachsenden Freiheil
bcs Handelns zur Wahrung seiner Rechte vollen
Gebrauch zu machen.

Wicn, 2. Zan. Eardinal v.Mauscher wird
dic Eucyclika der Geistlichkeit jeiner Diözese mit
einem Begleitschrciben mittheileu. — Ein Tcle-
gramm meldet der „Presse" aus Pesth: dem
Statthaltcreirath sci die Gcnehmigung der Ju>
stizreform mitgetheilt und Bcschleunigung der
Durchsührung derselben angeordnet worden.—
ZcitungSnachrichten zufolge sind die Gerüchte
von Meinungsabivcichungen im Ministerium
unbegründet.

K r a n k r e i ch.

Paris, 31. Dez. Zn seinem gestrigen Ar-
tikel spricht d-r „Constitutiounel" über die
päpstliche Encyclika eine deutlichere Sprache,
namenilich beklagt cr, daß durch diejelbe die
Aufgabe, welchc Frankreich im Zntereffe deS
heil. Stuhles verfolge, sehr erschwcrt wordcn
jei. Die Regicrung hat stch aber nicht damit
bcgnügt, in den osfizivsen Blättern ihre Mei-
nung über die Encyclika darzulegcii. Drouyn
de LhuyS hat Graf Sartiges beauftragt, im
Vatikan zn erklärcn, daß man in dcn Tuilerien
nach den vielen dem Papste erwiesenen Dicnsten
durch dic Sprache der Encyclika sehr überrascht
sei. Dcr Erzbischof von Paris bat dem Kaiser
in einer langcn Unterredung die deruhigendstcn
Bcrsicherungin über die Stimmung unter dcl
höheru und niedern Geijtlichkeit in Frankreich
gegeben. Der Erzbischof selbst wird die Ency-
clika ohne jcde Bemcrkung, jci es sür odcr
widcr, milthcilen. Es ist kein Zwcifel, daß der
vom Vatican geführte Schlag von dcr Regie-
rung in Frankreich mit bestcm Erfolgc parirt
werden wird. — Man spricht von eiiicr Maß-
rcgel deS UiitcrrichtSminisrerS Duruy, durch
wclche dic beste Antwort aus die AuSfällc dcs
Papstes gegen die moderncn Jdeen ertheilt
würde. Es soll sich nämlich jetzt entjchieden
darum handcln, den obligatorischen Unterricht
in ganz Frankreich cinzuführen.

Marseille, 2. Zan. Der „Semaphorc"
veröffentlicht ein schrciben aus Tunis, welches
anzcigt, daß der Bcy befohlen hat, e» solle an
der Westgrenze deS Landcs eine Armee »on
etwa 20,000 Mann unregulärer Truppcn zu-
sammengezogen wcrden.

C ii g l a n V

London, 30. Dec. Für die bevorstchende
Parlamenls - Scssion sind nicht weniger alr
595 Privatbiüs augcküudigt, darunter 356
Gesuche um Concession neuer Eisenbahn-Un-
ternchmungen. An Arbcit wird cs daher dem
Parlamente nicht fehlen.

Z t a l i « n

Turrn, 1. Zan., Abends. Ein Circnlar
des HandelSministers constatirt die Fluctuatio-
ncn deS amerikanischen Papiergcldes und for-
dert die Handclskainmern auf, die Kauflentc,
welche Speculationen auf dcn Plätzen der
Vcrcinigten Staateu machen wvllen, zu warnen.

Mailantz, 31. Decbr. Ein Circular dcS
KriegSministcrtums an die Truppenkörper for-
dert die Erklärung jener Officiere, welche frei-
willig ohnc Gage, jcdoch nicht auf weniger alS
sechs Monate, in DiSponibilität gehen wollen.

R u ß l a n !>.

St. Petersburg, 29. Dezbr. Mittelst
eineS hente »eröffcntlichten Decrets wstd Barou
 
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