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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0077

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Vtidtlbergkr Ztilung.

Kreislierkülidlgungsblatt für den Kreis Heidelberg und antliches Lerkündignilgsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbczirke Heidelberg und Wicsloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

M L8


Samstag, 21 Ja imr


* Politische Umsehaii.

Uebcr die preußischc Throurede bemerkt die
Loudoner „Moriiing Pdft", es werde darin die
Sachlage so dargeftellt, als ob an dem zwijchen
der Krone und den Volksvertretcrn herrschen-
den Mißverständnisse ansjchließlich das Abge-
ordnctenhauS schuld sei. Die Art, wie dic
Verfassung ausgelegl «erde, sei die alte. Sache
dcr Regicrung sei es, vorznschlagen, was ge-
schehen solle, und Sache des Landtages, ohne
alle Critik dic Mittel zur Ausfnhrung der
RcgierungShlane zu beschaffen. Ohne es ge-
radc herausznsagen, daß die Einvcrlcibung
Schleswigs und Holsteins in Preußen erstrebt
wcrde, lasse die Rcde doch kcinen Zwkifet da-
rüber aufkommen, daß die Absicht, cin solches
Resnltat so fchnell ivic möglich herbcizusührcn,
wirklich vorhandcn sei, Ob das zur Einver-
leibung der Hcrzogthnmcr erfordcrliche Einver-
-ständniß mit Oesterrcich zu Stande kommen
wcrde, dürfe wohl noch einigcr Maßen bezwci-
felt werden. Der „Advertiser" faßt die Thron-
rede als einen den Liberalcn trotzig hingewor-
fenen zehdehandschuh auf, nnd der „Star"
nrtheilt in ähnlicher Weisc.

Die Frankfurter Bank hat, vom 19. Zan.
anfangcnd, den Disconto von 9 auf 41/2
herabgesetzt.

Einer der bedciitcndsten Mäniicr der franz.
Emigration, Obrist Charas, ist am 18. d. zn
Basel gestorbcn.

AuS Rom wird neucrdings berichtet, daß die
Cardmalcongregatioii den Cardinal Andrea
wirklich eingeladen habe, als Bischof »on Sa-
bina in seine Diözese zurückzukehren.

Der „Monitcur" bringt einc auS Turin
datirte Eorrcspondcnz, nach wclcher die italie-
lrische Regierung 80,000 Mann in die Heimalh
entlassen und 500 Offizierc auf Halbsold gefetzt
hat. Man sieht in dieser osfiziellen Entwaff-
nung jenjrits der Alpen eine Einladuiig an
Oesterreich, ein GlcicheS zn thuu.

Zm Senate stelltc Philipcsco deu Antrag:
Die Dhnastic Kusa möge in den Fürstenthü-
mern erblich erklärt werdcn.

D e n t s ch l a n d.

Karlsruhe, 18. Jan. Jn dcr jüngsten
Zeit habcn sich wicderholt auswärtS wohnende
Personen au solchcn Tagen in die Audienz ge-

Heidelbergs Ilcize.
Von Emil Alfred Damm.

Von Liebe nnd Entzücken trnnken
Will ich nun Heidelberg erhöh'n,
Und glimmt in mir ein Dichtersunken,
Wird dieses Lobliev ficher schön.

Und wenn ich mit dem Lob auch geize,
So lobt es selbst sich meisterhaft.

Doch stärker noch als alle Rerze
Jst seiner Mädchen Zaubrrkraft.
Wie herrlich, ach! find setne Berge,
Wenn deren Rcbcn duftcnd blüh'n,

Und beim Gesang der jungcn Lerche
Die Hirten auf dic Weide ziehn.

Und könnt' ich seinen Wein erheben,
Der Seelen voll Begeist'rung schafft!
Doch reizcnder alS seine Reben
Ist seiner Mädchen Zauberkraft!
Wie lteblich sind der Blumen Düfte,
Die überall so freundlich steh'n!

Wie hetter dte gewürzten Lüfte,

Die durch die schönen Fluren weh'n!

meldet, an welchen nach früher ergangener
Mittheilung kein Empfang bei Sr. Königlichen
Hoheit dem Großherzog stattfindet. Es wird
deßhalb in Erinnerung gebracht, daß während
der Anwefenheit dcS Großherzogs in hiesiger
Residenz Höchstdcrselbe mit Ausnahme des Mon-
tags und Samstags an allen Wochentagen Vor-
mittags nach 10 Uhr Audienz ertheilt.

(KarlSr. Ztg.)

-s- Heidelberg, 16. ,Jan. Es ist nicht
nur in Deutschland, sondcrn auch in Frankreich
allgemein aufgefallen, daß in dLM kaiserlichen
Decret, welches sich über das päpstliche Nund-
schreiben ausspricht, von den Freiheiten, Ge-
rechtsamen und Grundsätzen der gallicani-
schen Kirche gesprochen wird: Rach dem
Staatsstreich respeclirte man dieselben sehr
wenig und es ist deöhalb natürlich und leicht
erklärlich, daß die Gazette de France mit ihren
allezeit hervortretenden legitkmistischen Tenden-
zen und ihrem hpchgehaltenen Lil'ienbanner
heute daran erinnerl, dast vor zwölf Jahren der
Ultramontanismus in Frankreich in schönster
Blüthe stanv, AÜes beherrschte und daß jogar
die, welche damals, wenn auch nur leise, von
dcn Rcchten der gallieanischen Kirche, die jetzt
das kaiserliche Decret anrust, sprachen, nicht
aüein angefeindet, sondern sogar verfolgt wur-
den. Dem Temps kommt es auch höchst selt-.
sam vor, daß man diesc alten Erinnerungen
wieder in's Leben ruft, und er glaubt nicht,
daß man heute wie 1682 einen Bossuet
finden werde, um dem Sturmc zu trotzen. Der
zum Mitglied des geheimen Raths ernannte
Erzbischof von Paris wird vielleicht der Bos-
juet des 19. Jahrhunderts sein wollen, aber
wenn ihm auch die Natur das Zeug dazu
verliehen habcn sollte, um die Rolle des Bischoss
von Meaux zu spielen, so fehlt ihin dochMnzlich
das moralische Ansehcn, um diesclbe durchführen
zu können. Und dann ist auch Frankreich nicht
mehr das, was es 1682 war; die gallicanische
Kirche hat im Grund geuommen keine An-
hänger mehr; heute gibt es in Frankreich nur
noch sog. gute Katholiken oder solche, die,
wom crassesten Jndifferentismus ergriffen, gar
keine Religion mehr haben, während ehcdem
der größte Theil der Franzosen um die hoch-
verehrle gallicanische Geistlichkeit sich schaarte.
Mit bcrechtigtem stolzem Selbstbewußlsein crklärt
die Gazette de France, daß sie jederzeil und unter
jedem Gouverncment die Freiheiten der gallica-

Wie kühl und frisch sind seine Wälder,

Wie angrnehm der Früchte Saft;

Doch reizender als Walv und Felder
Ist seiner Mädchen Zauberkraft!

Auf seiner hohen Schule streben
Die Burschen nach drS Wissens Höh'n.

Der Iugrnd kühnste Getster buhlen
Allhier um Kunst, um Wissenschaft.

Doch reizender alS seine Schulen
Jst seiner Mäbchen Zauberkraft.

Von Allrn aber ist'S nur Eine,

Für die deS Herzens Kunke sprüht,

Von Hunderten nur fie alleine,

Für dte mein Busen klopft und glüht.

Die Haide wird zur Blumenwiese,

Zum Nektar mir der Reben Saft,

Ia, jedr Klur zum Paradiese
Durch Lolo's tiefe Zaüberkraft!

(In den Madrider Hofkreisen) herrschte
großer Ünmuth über den Scandal, welchen dte

nischen Kirche vertheidigt habe. selbst dem päpst-
lichen L-tuhl gegenüber. — Der Neujahrsver-
kauf, der zu Gunsten der Polen im Hotel
Lambert in Paris stattgefunden, hat 30,000
Francs eingebracht. — Las Faubourg St.
Germain macht jetzt der Demi Monde Oppo-
sition, die feinen Damen wollen nämlich
der Erinoline und den Schleppkleidern entsagen.

c5 Heidelderg, 18. Jan. Die jetzt ver-
wirklichte Anwesenheit des Prinzen Friedrich
Karl von Preußen in Wien ist Gegenstand der
politischen Conjectur. Daß dieselbe mit der
schleswig - holsteinischen Angelegenheit im ge-
nauesten Zusammenhange steht, wird von keiner
Seite bestrilten; es fragt sich nur, welcher Art
dieser Zusammenhang ist. Jm Ganzen wird.
es wohl richlig sein, daß der Prinz oie Zn-
stimmung Oesterreichs zum engen Anschluß der
Herzogthümer an Preußen zu erwirken hal.
Oesterreich würde hiersür stnanziell und han-
delspolitisch entschädigt werden. Auch meiut
man in einzelnen Kreisen in Wien, da die
Ausnahme Gesammt-Oesterreichs in den deut-
schen Bund nun etnmal nicht möglich ist, weil
eine derartige Abänderung der Bundesacte
europäische Verwickelungen herbeisühren könnte,
— der Bund könne veranlaßt werden, sich der
Auffaffung anzuschließen, daß jede Bedrohung
Oesterreichs aus irgend einem Punkte seines
nichl zum deutschen Bunde gehörigen Gebietes
als eine Beuachtheiligung und Gesahr sür den
Buud selbst zu betrachlen sei. Uebrigens hätte
Preußen dann immer noch in der Hand, daß
der Bund gegebenensalls das Vorhandensein
dieser Gefahr negirt. Wenn Oefterreich in
solcher Richtung Etwas anstrebt, so muß doch
die Garantie eine wirkliche und nicht blos eine
scheinbare sein. Daß Fälle eintreten können,
in welchen der Bund auch zur Vertheibigung
der nicht zu seinem Territorium gehörigen Ge-
biete seiner Mitglieder schreiten muß, räumt
die Bundesacte ohnehin ein. Was darüber
hinausgeht, wird von Seiten des AuSlandes,
namcnllich Frankreichs, gewiß entschiedene Pro-
teste hervorrufen. — Bezeichnend ist zugleich,
daß der österreichische Gesandte (am preußischen
Hose) Graf Karoly das Ende der Verhandlun-
gen in Wien abwartet, um sich dann mit den
neuen Verhäitniffen entsprechenden Jnstruclio-
nen nach Berlin zu begeben.

Coburg, 12. Januar. Der Cabinetsrath
Tempeltei i,t vom Herzog wieder nach Kiel

Hetrath deS Herzogs von Frias, Granden erster
Llaffe, mit „Fräulein" Balfe, der geschtedenen
Gattin Sir I. Crampton's, englischen Gesandten
am spantschen Hofe, veranlaßt hat. Die Königin
soll bem Herzog, in deffen Avern daS reinste
„53l,§r6 S2ul" (blaues Blut) fließt, zu wiffen ge-
than haben, daß sie dte Herzogin nicht empfangeu
könnc, weil sie den Gesandten einer Großmacht
nicht der Unannebmlichkeit aussetzen wolle, mit
seincr ehemaligen Gattin zusammenzutreffcn. Als
der Herzog diese Mittheilung erhielt, schicktc er der
Königin sofort alle seine Orden, so» wie seinen
Kammerherrnschlüssel zurück. Fräulein Balfe, Loch-
ter des bcrühmten Componisten dieseS Namens und
eine der beliebtesten Sängerinnen der Oper in Pe-
tersburg, hatte sich mit Sir I. Crampton, dama-
ligem Gesandten Englands bkim Czaar Alkrander,
vermädlt. Nach*zweijähriger Ehe, welche thren be-
rechtigten Erwartungen yicht enlsprach, strengte
Lady Crampton gegen ihren Mann einen Schei-
dungsproceß an, bei dem eS zu scandalösen Ent-
hüllungen kam und den sie daber leicht gewann.
Sir Iohn Crampton ^blieb dessen ungeachtet in
seiner diplomatischen Stellung, ohne zu ahnen,
daß einc zweite Ehe seiner Frau mit einem spa-
ntschen Granden ihm neue Derdrießlichkeiten be-
reiten werde.
 
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