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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0477

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Veidelbrrger Ieitung.

KreisverkündigMgsblatt für deir Kreis Hciüelberg unü amtliches Berkiinüigiiilgsblatt für die Amts- und AnüS-
Gcrichtsbezirke Hcidelbcrg und Wicsloch und den Amtsgerichtsbezirl Neckargemünü.

N» 1«8. Dienstag. ». Mai 18«S.

Auf die „Heidelberger
VI Zeitung" kann man sich

noch sür die Monate
Mai und Zuni mit 42 Kreuzern abonniren bei
allcn Postanstalten, den Boten und Zeitungs-
trägern, sowie der Expedition(SchiffgasseNr.4).

* Palitische Umschau.

Das Turiner Diritto gibt an, das Concor-
dat sei so gut wie abgeschlossen. Die Opinion
nationale will noch mehr wissen; fie spricht
sogar von Vcreinbarungen, die in folgenden
Ariikeln bestehen sollen, jedoch noch der Be-
stätigung bedürfen: 1) Die päpstlichc Regie-
runz erkcnnt die Ausübung der Souveräni-
tätsrcchte des Königs Victor Emanuel in den
seiner Regierung augcnblicklich unterworfenen
Provinzeu an, und ihrerseits verpflichtet sich
die Negierung des Königs die volle Ausübung
der souveräncn Macht des Papstes auf dem
ihm unterworsenen Gebiete zu garantiren. 2)
Die italienischc Regicrung übernimmt so viel
von der päpstlichen Schuld als im Verhältniß
zu der Romagna, den Markcn und Umbrien
steht. 3) Es wird zwischen den beiden Regie-
rungen cin Zollverband abgeschlossen, welcher
die Abschaffuug der Pässe. die Verschmelzung
der Eisenbahngcsellschasten zur Folge hat und
die Zolllienien mittclst ciner zu vereinbarcnden
Entschädigung seileus der italienischen Regie-
rung aufhebcn wird. 4) Gleichzeitig wird zwi-
schen den beiden Regicrungen ein Konkordat
abgeschlossen, welchcs der katholischen Kirche
vollkommene Freihcit und Schutz nach dem
ersten Artikel der italienischen Verfassung zu-
sichert und durch welches feierli'ch der Kirche
der vollc Genuß ihrer Güter bestätigt wird."
Der Constitutionnel versichert gleichfalls, daß
die Unterhandluugen auf gutem Wege sind.

Die Madrider Universität ist in gänzlicher
Auflösung begriffen; sämmtliche Professoren
treten nacheinander aus. Ueberhaupt lauteu
die Nachrichten aus Madrid sehr öeunruhigend;
der Plan, Spanicn und Portugal unter dem
portugiesijchen Könige zu vereinbarcn, besteht;
man besorgt eine allgemeine Erhebung und die
Abreise der Königin.

Die Nachricht, daS auch Johnston sich mit
seiner Armee an Sherman crgebcn habe, ist
zwar noch nicht bcstätigt, sie scheiut aber sast
als nothwendige Folge dcr Capitulation Lee's
doch nicht lange mchr ausbleiben zu können.

Deutschland

Karlsruhe, 8. Mai. Das großherz. Re-
gierungSblait Nr. 21 enthält I. Unmittelbare
allerhöchste Entichließnngen Sr. K. Hoh. des
Großherzogs. 1) OrdenSverleihung: S- K. H.
der Großherzog haben sich gnädigst bewogen
gefunden, dem königl. preuß. Hosjchauspieler
Dessoir in Berlin da« Ritterkreuz des Or-
dens voin Zähringer Löwen zu verleihen.
2) M-daillcvcrleihung: S. K. H. der Großhcr-
zog haben sich gnädigst b-wogen gefunden, dem
Oberfeldwebcl Fr. Kopp vom 4. Znfanteriere-
giment die kleiue goldcne Zivilverdienstincdaille
zu vcrleihcn. 3) Erlanbniß zur Annahme eines
frcmdcn Ordens: S. K. H. der Großherzog
haben stch gnädigst bewogen gefunden, dcm Ge'.
neralmajvr v. Böckh, Director des Kriegs-
ministeriumS uud Bundesmilitärbevollmachtigter
in Frankfurt a. M., dic unterthänigst nachge-
suchte Erlaubnitz zu ertheilen, das ihm von
S. M. dem König von Würtemberg vcrliehene

Großkrcuz des FriedrichsordenS anzunehmen
und zu tragen. 4) Diensttiachrichten (stehe anch
Nr. 96 I., 99 I.): S. K. H. dcr Großherzvg
haben sich gnädigst bewogcn gefunden, den
Kreisgerichtssckretär Blum in Lörrach scinem
Ansuchen gemäß aus dem Staatsdienst zu ent-
laffen; dcm fürstl. fürstenb. Forstrath Mezel
in Doiiaucschingen die Bczirksforstei Gcngen-
bach, unter Erncnnung zum Bczirksförster zu
übertragen; den Bezirksförster Köhler in
Odenheim auf dic Bezirksforstli Ladenburg,
mit dem Wohnsitze in Maiinyeim, den Bczirks-
förster Schrickcl in Forbach auf die Bezirks-
forstei Odcnheim zu versetzen; dcm Forstprac-
tikanten Hermann Lubdergcr von Karls-
ruhe die BczirkSforstci Forbach, dcm Forstprac-
tikanten Kart Müllcr von Gutteuberg die
Bezirksforstci Blumberg, bciden unter Erncn-
nung zu landeSherrlichen Bezirksförsterii, zu
überrragen; endlich d-n Pfaarveriveser Karl
Gocket in Eggenstein zum Psarrer von Hoch-
stctten zu ernenncn. S. Epz. der Herr Erz-
bischos hat dem Psarrverweser Joh. Dorsch
in Herrischried die Psarrci Gündelwaugcn,
Dek. Stühlingen, verlichen. II. Perfügungen
und Bckaniitmachungen dcr Ministerieu: 1) Gr.
ZustizininistcriumS vom 27. v. M., die Ver-
setzung des Notars Augnst Dennig in Mudau
nach Breisach betr. 2) Gr. HaiidelsmiiiisteriumS
vom 19. v. M., lautend: Durch Bcjchluß vom
Hrutigen sind die Poslaspiranten Karl Döll
von Karlsruhe, Karl Ganz von Durmers-
heim, Otto Jordan v. Wehr, Friedrich Küh-
ncr von Mannheim, Wilh. Wciiimann von
Walldürn, Paul Dürr vou Waldkirch, Karl
Stöckel von Bruchsal nach vorschriftsmäßig
erstandener Prüfung unter dic Zahl der Post-
practikauten aufgenoinmen worden. 3) Der-
selben hohen Stcllc vom 20. v. M-, die Er>
theilung eines Erfindungspatents auf 3 Jahre
an Herrn Georg Karl Feyler, Commiffionär
in Pforzheim, für die von ihm crfundcnc ver-
besserte Schnellwaagc betr. III. Diensterlcdigung:
Der Notariatsdistrict ÜNudau, AmtSgcrichtS-
bezirks Buchen, dcssen Gehalt noch näher zu
bestimmen ist. Bewerbung binnen 14 Tagen
bei großh. Zustizministerium. IV. Todcsfällc:
Am 11. Rov. v. I. der pensionirtc Oberamt-
mann Rüttingerin Freiburg; am 27. März
d. Z. der pcnsionirte Rittmeistcr v. Klcud-
gen in Mannheim; am 3. v. M. Major Karl
Ruff vom ArmeekorpS in Frciburg; am 8.
v. M. Hailptmarin August Holtz vom Feld-
artillcrie-Rcgimenl in Karlsruhe; am14v. M.
Hauptmann Karl Beckcr im 4. Znfanterie-
rcgiment Prinz Wilhelm zu Rastatt; am 18.
v. M. Oberrechnungsralh Hoffmann bei
großh. Oberrechnungskammer.

Karlsruhc, 6. Mai. Die Erwartung, daß
in der heutigen Sitzung der Ersten Kammer
dic Schulfrage zur DiScussion kommen werde,
hatte die Tribünen des Hauscs, die gewöhn-
lich ganz leer stnd/ dicht gefüllt. Zunächst nahm
die Kammer zwei Gesetzentwürfc von wesent-
lich lokalem Znteresse an, welche sich anf einige
durch die ncuc Gerichtsverfassung dringcnd
nothwendig gewordenc Aenderungcn der Mili-
tär-Proceßordnung beziehen. Der KriegSminister
General Ludwig erklärte, im Herbste werde
dem Landtag der Entwurf eincr vollständigen
Milit.-Proceßordnung vorgelegt wcrdcn. — Frh.
v. Stotzingen richtcte hierauf an die Regiirung
die Frage, ob ste eine Aenderung des vorjäh-
rigen Schulaufstchtsgcsetzes »orzunchmen ge-
denke, eventuell waS sie der Volksbewegung
gegenüber wider dieseS Gesctz zu thun beab-

sichtige? Mit der Behandlung dicser Zntcrpel-
lation wurde die Berathung über die einge-
laufenen nllramontanen 324 Petitionen gegen
die Schulresorm äierbuiiden. Wie stch im Laufe
der Discuffion crgab, sind bei dem Ministerium
400 Petitionen für die Schulresorm einge-
kommen. Dcr Berichterstatter Faller bean-
tragte, die Kammer sollc übcr die Petitivncn
zur TagcSordnung übcrgchen. Graf H-nnin
wünscht eine Versöhnnng mit dcr erzbijchöflichcn
Curie und beantragtc die Petitionen der Rc-
gicrung zur Kcnntnißnahme zu überweisen.
Der Prästdcnt dcS MinistcriumS des Zniicrn,
Staatsrath Lamey, widerlegte ganz aussührlich
die ultramontaiien Anschuldigungen. Die Re-
gierung habc die Durchführung des verfassungs-
mäßig zu Standc gekommenen GesetzcS zur
Aufgabc gehabt; dic einseitige Aufhebung des-
selben liege nicht in ihrcr Gewalt. Bei der
Ausführung des Gcsctzes sei sie strcng gcsetz-
lich vcrfahren. Die Betheiligung der WLHler
bei den Wahlen sür dic Ortsschnlräthe sci eine
verhältnißmäßig sehr großc gewesen und cin
Zwang gegen Nicmand auSgeübt worden. Aber
mit maßloscn und gehässigen Agitationen sei
die klerikale Partei vorgegangen. Dic Regie-
rung sei noch jetzt vcrsöhnlich gestimmt, doch
kviinc stc dic Autorität des StaatS nicht preis-
geben. Ministerialrath Zolly wcist dic Mittcl
näher nach, durch welche dic Frcchurger Eurie
die Agitation hcrvorgerufcn habe. Geistliche
hätten aus dcr Kanzcl zu sörmlichcn Vcrbrechen
sich hinrcißen lassen; noch vor ivenigen Tagen
habc ein Gcistlichcr wegen MajestätSbelcidigung
verurtheilt werden müfsen und habe keinc an-
dere Vertheidigung gchabt, als daß er einc
große Quantität Spirituosen gcnvsfcn hättc.
Dic rcligiösc Grundlage des Schulwesens sci
durch daS Gesctz und das Versahren der Re-
gierung nicht in Frage gestellt, und durch die
ncue Gcietzgebung der Kirchc sogar mchr Ein-
fluß gewähri, als sie früher auf die Schulcn
gchabt habe. Fürst Löwenstein-Roscnberg ver-
thcidigte die Petcntcn mit dem Satz, daS Chri-
stenthum müsse daS ganze Leben durchdringen,
und cs sei das Recht aller Katholikcn, daß die
Schulc untrr der Kirche stehe. Als der Redncr
sich zu dcr Bchauptung hinrcißen licß, durch
das Schulgcsetz sci dcn Katholiken ins Gesicht
^eschlagcn, sie seien mit Füßcn getreten, ricf
ihn dcr Präsidcnt dcr Kamincr, Prinz Wilhclm
von Baden, zur Ordnung. Herr Artaria von
Mannheim vertheidigte dic Schulrcform; man
sollc nicht auf die gute alte Zcit verweisen,
gcgenwärtig sei das Schulwesen unvergleichlich
besser und der religiöse Jndiffercntismus wcit
geriuger, als vor 50 Zahren. Geheimc Raih
Bluutjchli sagte, die Macht dcS Kirchenregi-
ments sei nicht unterschätzt, jondern übcrschätzt
worden; die Kirche habe dem Staate gegenüber
nur dicse von Freiburg aus kommandirten
Petitionen vorbringen könncn. Dic christliche
Schulc sci nothwendig und durch das Schul-
gesetz nicht verkümmert und dem Staate sein
Recht gcgcben. Auch die Kirchc svlle begrcisen,
daß es in den Rechtsverhältuissen keine höhcre
Autorität gebe, als die des StaatcS. Gehcim-
Rath Mohl zcigtc, daß dieser Schulstrcit nur
ein kleiner Theil des großen Kampfes zwischen
der katholischcn Hierarchie mit dem Staate sei,
welcher scit Jahrhunderten gcführt wurde und
vielleicht noch lange dauern werde; wollte man
in d-r Schulfrage alle Forderungen d-r Kirchc
crfüllen, so werde dieselbc doch nvch nicht Ruhe
halten, sondern sich ein bcliebigesandercs Kampf-
terrain suchcn. Graf v. Kageneck wünschte
 
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