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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0363

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Veidtlimger Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt für den Kreis Heidelberg und aintliches Berkündignngsblatt für die Amts- nnd Amts-
Gerichtsbezirke Heidelbcrg und Wicsloch mid den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.


Freieag, 7. April


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung k nebft Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
April 1868 begonnene 2. Quartal
werden fortwäbrend angenommen.

Die Expedition

^ Die freie Kirche Lm freien Sraat.II

Dürch das vvr wenigen Tagen vom italieni-
schen Parlament angenommene Gesetz über die
obligatorische Civilehe hat das hierarchische
System in dem neuen Jtalien seine Hauptstütze
verloren. Das Familienleben wird der bis-
herigen kirchlichen Bevormundung, die Schlies-
sung der Ehen, die Religionseigenschaft und
Erziehung der Kinder den Wühlereien und In-
triguen des hierarchisch priesterlichen Regiments
entzogen. Das natürliche Recht des Menschcn,
eine Ehe zu schließen unter Beobachtung der
im Jnteresse dcr allgemeinen Staatswohlfahrt
nothwendigen Bedingungen, ist ihm zurückge-
gcben, und kann fortan nicht mehr durch priester-
liche Willkühr und Eigennutz verkümmcrt wer-
den. Nach dem italienischen Gesetze über die
Civilehe erfolgt künftig vie Schließung der Ehen
vor dem Syndic (Friedensrichter) jeder Ge-
meinde, und zwar vor der religiösen Trauung;
lctztere ist nicht erforderlich zur Rechtsgiltigkeit
einer Ehe, sondern ist nur facultativ. Das
neue Gesetz hebt darum die religiöse Seite der
Ehe nicht auf; vielmehr erhalt dadurch das
Ehebündniß erst die rechte religiöse Weihe, daß
jeder priesterlich-kirchliche Zwang davon ent-
fenck gehalten, und dieser heiligste Act des mün-
digen Menschen dem freien Willen und Ge-
wissen anheim gegeben wird.

ES ließ sich erwarten, daß ein Gesetz von
solcher Tragweite bei der klcrikalen Partei, die
zumal im italienischen Senate zur Zeit noch
stark vertreten ist, auf hefligen Widcrspruch
sto'ßen werde. Die Faction, die wir diesseits
der Alpen dic ultramontane nennen, erkannte
wohl, daß es sich um eine wahre Existenzfrage
für ihr kirchliches System, um Erhaltung des
mächtigen, tonangebenden Einflusses der Hier-
archie auf das Familien- und damit auf das
gesammte bürgerliche Leben überhaupt handle,
und daß mit der Annnahme des Gesetzes die
letzte Schranke falle, welche der politischen Ent-
wickelung und der geiftig-religiösen Wiederge-

Erinnervng an den 7. April 186V.

Heut' preis' ich fie, dte goldumrahmte Sieben,
Mit meines HerzenS allerschönstcm Gruß,

Mit meineS Mundes glüh'ndstem Feuerkuß,

Sie, die uns AUen tief in'S Herz geschrieben!

Vom Tiberstro^, im Sturm herangetrteben,
Erklang ein Wort, das lautete wte „Muß!"

Doch Frtedrich sprach: „Nein!" Das ist mein
Entschlufi:

„„Mit meinem Volke EinS, wird es mich
lieben

Srhab'ner Fürst! Wie schön hast Du gefprochen!
BiS diesen Tag nicht Eine Sylb' gebrochen
Von dem, was Du für recht und gut erkannt.
Geliebter Fürst! Wie preis' ich Deinen Namen? —
Dein Volk schließt ihn in setneS HerzenS Rahmen:
„Friedrich den Weisen" hat es Dich genannt.
Mannheim. 1r. S-s-l.

Bremen. Jn Veranlaffung des im Iuli d. A.
in Bremen abzuhaltrnden zweiten deutschen Bun-

burt Jtaliens entgegenstehe. Mit wahrem Jn-
grimm bekämpften die klerikalen uud adeligen
Rückschrittsmänner im Senate die Lorlage der
Regierung, welche ihr Vertreter, der Justizmi-
nister, als unzertrennlich von der religiösen
Freiheit und als die unerläßlichc Conscquenz
der der Kirche bewilligten Unabhängigkeit vom
Staate erklärte. Man muß in italienischen
Blättern die fünf Tage dauernden Verhandlun-
gen nachlesen, um den ganzen Ernst und die
Bedeutung der Frage, worüber die Parteien
vollkommen klar waren, zu ermessen.

Was aber diesem parlamentarischen Kampfe
ein ganz besonderes Jntcresse verleiht, ist die
seltene Erscheinung, daß ein Mitglied der
höheren Geistlichkeit selbst es war, der ebenso
eindringlich als mit gclehrter Gründlichkeit für
die allgemeine Zulassung der Civsttrauung unbe-
schadet der religiösen (Deite d^r Ehe sich aus-
sprach. Es ist dies der Bischof Giacomo von
Alife, ein wegen seiner milden ächtchristlichen
Gesinnungen und national-patriotischen Bestre-
bungen bekannter Kirchenprälat Jtaliens. Der
einflußreichen Fürsprache dieses würdigen, in
Jtalien hochgcfeierten Geistlichen ist unstreitig
das Hauptverdienst zuzuschreiben, daß das wich-
tige Gesetz auch im Senate, wo dessen Gegner
auf sichcre Verwerfung hofften, zuletzt noch
mit unerwartct großer Majorität zur Annahme
gelangte,

Was diese noch besonders denkwürdig macht,
ist die Bestimmung des Gesetzes, daß die Civil-
ehe auch für katholische Geistliche anwendbar
ist, sobald diese ihrem kirchlichen Dienst ent-
sagen. Jn Frankreich, wo bekanntlich die Civil-
ehe schon längst besteht, bestand über diese
wichtige Frage eine verschiedene Auffassung und
Praxis, indem die einen Gerichtshöfe die Civil-
ehe katholischer Geistlicher für gesetzlich zulässig,
andere für illegal erklärten. Die neueste italie-
nische Gesetzgebung wollte diesen in Frankreich
streitigen Punct nicht der kirchlichen oder poli-
tischen Befangenheit des Richters überlassen,
sondern spricht sich in einer Weise darüber aus,
wie Christenlhum und natürliches Recht es
verlangen. Wir dürfen den Muth und christ-
lichen Freisinn deS Bischofs von Alife um so
mehr anerkennen, da er es war, der auch hier
die vernünftige und humane Seite der Sache
kräftig vertrat. Aber auch die politische Trag-
weite dieser Entscheidung ist zu beachten.

desschießenS ist vor einigen Wochen hier der Plan
zu einer AuSstellung von bremtschen Importartikeln
und Sckifffahrtsgegenständen aufgetaucht, der rasch
großen Anklang gefunden hat, so daß Hoffnung
vorhanden ist, dadurch zugleich den Grund zu
einem bleibenden Museum von Schifffahrtsgegcn-
stänven und Handelsrohproducten zu legen, das
cigentlich keiner größeren Handelsstadt fehlen sollte.
Für dieHandelS-Rohproducten-Ausstcllung hatman
vorläufig 12 Havptclaffen in Ausficht genommen.
Noch intercffanter, namentlich für alle Gäste aus
dem Binnenlande, verspricht die AuSstellung von
Schifffahrts - Gegenständen zu werden, die zwei
Haupttheile: 1) Modelle und 2) in nstni-s auSzu-
stellcnde Gegenstände umfaffen soll. Von Modellen
sollen ausgestellt werden: Halb- oder ConstructionS-
modelle von aller Art Fahrzeugen, um die Ver-
schiedenhett in der Bauart deS RumpfeS zu zeigen,
ganze Modelle mit vollem Zeug, um die Nnter-
schiede tn der Bemastung, Takelung und Besege-
lung zu zeigen; Vollschiffe, Barken, Briggen, S'choo-
nerbriggen, die vrrschtedenen Arten von Schooner,
Gallioten, Galeaffen, Kuffe, Tjalken, Kutter,
Smacken, Slupen, Gver u. s. w. Dootmodrlle;

* Politische Nmschau.

Die „Kreuzzeitung" erklärt auf das Be-
stimmteste. daß Preußeu in der schleSwig-
holstein'schen Angelegenhcit keinerlei Circular-
depesche an die deutschen Höfe gerichtet hat.

Die „Frkf. Post-Ztg." meldet telegraphisch
aus Wien: Der Zollvereins-Vertrag läuft vom
1. Juli d. I. bis zum 31. Deccmber 1877.
Die Zolleinigungs-Clausel lautet: „Bcide Theile
behalten sich vor, über weitere Verkehrserleich-
terungen, möglichste Annäherung der beider-
seitigen Zolltarife. und demnächstige allgemeine
Zolleinigung in Verhandlung zu treten, wenn
ein Theil den Zeitpunkt für geeignet hält."

Dcr Moniteur nicht minder als alle an-
dercn Pariser Blätter widmen dem Andenken
Richard Cobddn's ehrende Worte.

Star beklagt den frühzeitgen Tod CobdenS
als einen schweren Verlust für England. Die
Welt hat einen ihrer edelsten Männer verloren,
sagt er, der persönliche Jntercssen kaum kannte,
und wenn er ctwas unternommen hatte, vor
keiner Schwierigkeit zurückwich; Ehrgeiz kannte
er nicht, Belohnungen hatten keinen Werth
für ihn, Rivalität und Jalousie blieb ihm
fern. — Cobden war 1804 geborcn und der
Sohn eines Landmanns. Jn London lernte er
die Handlung und ward Hchon 'in jungen Jah-
ren Theilhaber einer bedeutenden Fabrik in
Manchester; 1837 trat er ins Parlament; von
1841 bis 46 führte er den Kamps für den
Freihandel und 1859 auf einer Reise durch
Frankreich legte er den Grund zu den Ver-
handlungen, welche schon im nächsten Zahre zum
französisch-englischen Handelsvcrtrag führten.

Jn der Sitzung der Abgeordneten vom 30.
März erklärte bei der Debatte über St. Do-
mingo der Minisier, auch nach wiederholten
Siegen werde der friedliche Besitz der Jnsel
unmöglich sein, und eine Spanien etwa feind-
liche Nation könne sich vielleicht einmischen.

D e u t f ch l a n d.

Karlsruhe, 5. April. Se. Königl. Hoh. .
der Großherzog haben Sich gnädigst be-
wogen gefundcn, dem Stadtdirector S ch a i b l e
in Rastatt die unterthänigst nachgesuchte Er-
laubniß zu ertheilen, den ihm von >L>r. Maj.
dem König von Preußen verliehenen königlichen
Kronen-Orden dritter Klasse anzunehmen und
zu tragen.

Modelle ausländischer Fahrzeuge, wie Konus, Iun-
ken, Sempens, Prahus, Pirogen, Eskimoboot, Pol-
aker u. a. Fahrzeuge aus dcm Mittelmeer; Modelle
von Einzelheiten der Construirung; Verbindung
und Verholzung, verschiedenc Systeme der Spanten,
Beplankung, ferner Ruder, Anker, Pumpen, Steuer-
apparate u. dergl.; ferner Modelle aus verschiede-
nen Zeiten, um dte Fortschritte deS Schiffbaues zu
zeigen; Modelle von Tonnen, Baaken, Leuchtthür-
men, Hafenanlagen, Kränen, Schleusenthoren rc.
Von Schiffstheilen, Geräthschaften u. Ausrüstungs-
gegcnständen W astnrs sollen die Erzeugnisse und
Werkzeuge der SchiffSzimmerleute, Reepschläger,
Segelmacher, Matrosen rc., ferner die betm.Schiff-
bau und bei der Ausrüstung zur Verwendung kom-
menden Materialien rc. ausgestellt werden, ferner
speciell nautische Instrumcnte, Taucher und He-
bungsapparate, Sturmfignale rc. Bst bem Intereffe,
welches neuerdingS im Inlande für alle martttmeu
Bestrebungen erwacht ist, wird dieser Ueberblick
über dit auf Handel und Schtfffahrt bezügltchen
Gegenstände allen Besuchern des zweiten deutschen
BundesschießenS eben so vicl Belehrung wte Un-
terhaltung bieten.
 
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