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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0103

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KreislierMdigmlgMatt fiir den Kreis Heidelberg und amtliches Verkiiildiguugsblatt fiir die Amts- und Amts-
Gerichtsbczirke Heidelberg uud Wiesloch und den Amtsgcrichtsbezirk Neckargemüud.

N» 2L Lamstag. 28- Zauuar - »8LL.

Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
Februar und März mit 36 Kreuzern abonniren
bei allen Postanstalten, den Boten und Zei-
tungsträgern, sowie der Expedition (Schiff-
gasse Nr. 4).

* PoLitische Umschau.

Nach einem Telegramm der Wiener „Neuen
freicn Presse" soll die Einberufung des unga-
rischen Landtages am 15. April d. 'J. publi-
cirt werden, dessen Eröffnung für den 15.
Mai. a.' c. in Aussicht gcnommen sei.

Nach einer Berliner Correspondenz der „N.
Fr. Z " stehen die handelspolitischen Verhand.
lungen mit Oesterreich auf dem Punkte, abge-
brochen zu werden. Die Ursache dieser auf-
fallenöen Wendung soll in der Weigerung der
preußischen Fachmänner liegen, gewisse von
Oesterreich verlangte' Zollermäßigungen auf
wohlfeile Weine zuzugestehcn.

Der Vorgang in Triest macht Aufschem
Der italienische Kriegsminister Lamarmora hat
der Actionspartei gegcnüber im Abgeordnetcn«
hause ausgesprochen, daß Triest keine italicnische,
sdndern eine deutsche Stadt sei. Ein Triester
Emizraut, Molinari, hat dagegen einen Protest
in Tnrin bei der Kammer eingereicht, angeblich
im Namen eines in Triest bestehcnden Comites.
Der Bürgermeister von Triest fordert dann den
Stadtrath auf, seinerseits in einer Adresse an
den Kaiser sich gegen die Behauptung des sog.
italienischen Nationalcomites zu erklären. Der
Stadtrath weigert sich, indem er formelle
Gründe vorwendet, und ist jetzt in Folge die-
ser Weigcrung von der österreichischen Negie-
rung aufgelöst.

Die „N. Fr. Presse" enthält ein Pariser
Telegramm, nach welchem sich Graf Russeü
in einer Depesche nach Berlin gegen eine An-
nexion der Herzogthümer ausgesprochcn habe,
wegen eventueller Ausprüche Frankreichs auf
Compensation.

Die englische Bank hat den Disconto auf
5 Procent herabgesetzt.

Echleswig-Holftei u'schett
Eache.

Kiel, 22. Jan. Der holsteinische GutSbe-
sitzer Graf Bernstorff-Gyldenstein veröffentlicht
folgende Erklärung, die wenigstens au Deut-
lichkeit Nichts zu wünschen übrig läßt: „Nach-
dem Se. Maj. der König von Dänemark die
Herzogthümer Holstein und Schleswig an
Oesterreich und Preußen abgetreten hat, trage
ich kein Bedenken, mich für die Adresse der 17
Holsteiner auszusprechen, und füge nur noch
folgende Bemerkungen hinzu: Jch will keinen
besondercn eigenen Staat Schleswig - Holstein
und namentlich nicht unter irgend einem Augu-
stenburger, sondcru wünsche, daß beide Herzog-
thümer unter Preußens Herrscher kommen mö-
gen, indem sie ihre wirklichen, aber nicht ver-
meintlichen Landesrechte behalten. Nur unter
diesen Bedingungen kann ich mir ein dauern-
deS zukünftigcs Glück dieser Herzogthümer den-
ken Schloß Wotersen, den 22. Jan. 1865 "
Die, Abneigung gegen das Rcgiment eines
Mitglieds dcr augustenburger Familie, welche
die adeligen Herren in Schleswig-Holstein als
ihresgleichcn zu betrachten pflcgen, tritt in
diesem Schriftstück hinreichend hervor. Was
der Herr Graf urkter wirklichen Landesrechten
versteht, ist leicht zu errathen: es werden

wohl die Rechte deS schleswig - holsteinischen
Adels sein.

D e « t s ch l a n d.

Karlsruhe, 26. Jan. Dienstnachrichten.
Te. Kömgll Hoheit der Großherzog haben
mit höchster Entschließung vom 20. d. MtS.
gnädigst geruht, den Amtmann Georg Pfeiffer
von Mannheim in gleicher Eigenschaft dem Be-
zirksamt Emmendingen zuzutheilen; ferner die
Stelle eines evangelischen Hausgeistlichen an
dcr Heil- und Pflegeanstalt Zllenau dem Vicar
Karl Ströbe daselbst, unter gleichzeitiger Ver-
leihung des TitelS und Rangs als Pfarrer, zu
übertragen.

Heidelberg, 26. Jan. Während dem
die durch das päpslliche Nundschreiben in Frank-
reich hervorgcrufene Bewegung ihr Ende noch
nicht erreicht hat, zeigt sich jenseits der Alpen,
in Jtalien, kaum eine Spur von einer ähn-
lichen Aufrcgung. — Der Jtaliener kümmert
sich gewohntermaßen um ein solches Kctzerur-
theil am wenigsten. Der Zustiz- und Cultus-
minister konnte daher einfach die Bischöfe an
ihre Pflicht erinnern, vor der Veröffentlichung
der Encyclica das Exequatur der Negierung
nachzusuchen. Die einzige kirchliche Frage,
welche den Italiener zur Zeit interessirt, ist die
der Sequestration der Kirchengütcr und die
Slufhebung sämmtlicher religiöser Orden. Die
Losung dieser Frage wird 'eine der ersten Auf-
gaben der nach Florenz übergesiedelten Regic-
rung bildeu. Auffallend ist bei dieser prak-
tischen Nichtung nur die Leichtgläubigkeit, mit
welcher, selbst unter den gebildeten Ständen,
das Gerücht Glauben ftndet, 'Rapoleon werde,
durch die fortwährcuden ihm unangenehmen
päpstlichen Kundgebungen und Provocationen
gereizt, scine Besatzung im Monat März von
Rom zurückziehen. Wer an diescs Ereigniß
nicht glaubeu will, wird belehrt, daß Jmpro-
visation stets die eigentliche Seele der napoleo-
nischen Politik gewesen sei. Freilich wird hin-
zugefügt, die italienische Regierung werdc an
der durch den Septembervertrag stipulirten
Nichtintervention sesthalten. Die weltliche Macht
des Papstes werde von selbst zusammenfallen,
sobald der letzte Franzose Rom verlassen habe.

F Heidelberg, 26. Jan. Ein Ereigniß.
des Tages waren die Erklärungen der preußi-
schen Minister in beiden Häusern deö Landtags-
Jnsbesondere crregte die Rede des Ministers
von Eulenburg im Abgeordnetenhause Sensa-
tion. Er verließ den seitherigen Standpunkt
des Ministeriums, welches jeden Ausgleich
ausschloß, und erklärte: Wir haben den Con-
flict nicht geschaffen, sondern vorgefunden; wä-
ren wir schon 1862 am Ruder gewesen, es
wäre nicht dazu gekommen (!)- Zugleich er-
klärtc Eulenburg ganz unverhohlen, daß die
Militärreform nicht Sache deS Ministeriums,
sondern des Königs sei, „der durch und durch
iLvldat wäre." Man möge dem Könige den
Willen lasscn, für das Budget erst einen an-
dern Probirstein wählen, als die Militärfrage,
und das HauS wäre sicher, daß das Ministerium
dieses Recht anerkennen, alle Zugeständnisse
machen und den Conflict beseitigen wolle.
Diese Rede des MinisterS hat von dem schwe-
benden Streite alle Prinzipienfragcn abgestreift.
denselben so zu sagen auf einc GemüthSfrage
reduzirt und zugleich die Anerkennung deS ver-
fassungsmäßigen Rechts der Kammer enthalten.
Trotz diescr Nachgiebigkeit ist jedoch von der
Kammer die von dcr feudalen und katholischen
Partei vorgeschlagene Adresse abgelehnt worden.

j Auch in der Nede, die Herr v. Bismarck im
Herrenhause hielt, bekannte sich dieser plötzlich
zum Constitutionalismus. Die Motive, welche
diesen plötzlichen Umschwung in der Haltung
dcs Ministeriums herbeigeführt haben, sind
zwar noch im Unklaren; doch wird man nach
einzelnen gegebenen Andeutungen (z. B. über
das Großwerden PreußenS) kaum fehlgehen,
wenn man annimmt, daß das Ministerium die
Elbherzogthümer annexiren und dazu
sich die Unterstützung „der Kammern
verschaffeu will."

„Laßt dem König seine Armeeorganisation;
wir wollen euch im Uebrigen constitutionell
regieren, wenn ihr uns in der Herzogthümer-
frage unterstützt." Dies dürfte so ziemlich der
langen Rede kurzer Sinn sein.

Frankfurt, 24. Jan. Heute erhielt Hr.
Dr. S. Müller aus Nendsburg folgendes Tele-
gramm: „Für die patriotische Aufnahme der
schleswig - holsteinischen Landesdeputation daukt
bci Wiederkehr der Jahrestage allen Bewoh-
nern Frankfurts Namens des ganzen Landes
das Rendsburger Schlcswig-Holstein-Comite."

* Frankfurt, 25. Ian. Das Telegramm
über die Sitzung des Herrenhauses, namentlich
die Rede des Hrn. v. Bismarck, ift nicht genau
in Betreff der von dem Minister geäußerten
Ansicht zur Verstärkung des Herrenhauses; nach
der „N. A. Z." sagte der Minister über diesen
Punkt: „Die Basis der preußischen Verfassung
sei der Compromiß, denn die Verfassung stclle
drei Gewalten auf , welche nebeneinander und
nicht ejne der anderen untergeordnet dastehen.
Das iu Vorschlag gebrachte Auskunftsmittel,
durch Berufung liberaler Mitglieder dasHerren-
haus den Ansichten des Abgeordnetenhauscs
geneigter zu machen, sci ein verfassungswidri-'
ges, weil es das constitutionelle Princip unter-
grabe."

Berlin, 24. Jan. Die heutige Sitzung
des Abgcordnetenhauses wurde um 10^/^ Uhr
durch den Präsidenten Grabow eröffnet. Am
Ministertische siud die Minister dcs Jnnern, der
Justiz, des Cultus und der Finanzen. Unter
anderen geschäftlichen Mittheilungen macht der
Präsident auch die, daß der Abgcordnete Nei-
chenspergcr heute durch Unwohlsein verhindert
sei, der Sitzung beizuwohuen. Der Präsident
verliest demnächst das von ihm an den Abge-
ordneten von Saucken - Iulienfclde gerichtete
Schreibcn, durch welches derselbe von der An-
nullirung der Wahl des Hrn. v. Tettau und
von dem Beschlusse deö HauseS, daß Hcrr v.
Saucken als der l te Gewählte in das Haus
zu berufcn, in Kenutniß gesetzt und zu der
Erklärung übcr die Annahme der Wahl auf» '
gcfordert wird. Diescs Schreibcu ist dem Mi-
nister des Innern zur Kenntnißnahme in Ab-
schrift mitgetheilt und von demsclben hierauf
an das Präsidium cin Schreiben gerichtet wor-
den, in welchcm die Staatsregierung auöführt,
daß sie das Haus zu dcm Beschlusse, den Hrn.
v. Saucken einzuberufen, nicht für befugt er-
achten könne. Nach den bestehenden gesetzlichen
Bestimmungen sei es nicht Sache des Hauses,
sondern des Wahlcommissärs, eim erfolgte
Wahl zu proclamiren und den Gewählten zu
der Erklärung über die Annahme der Wahl
aufzufordern. Die Vcrfassung lege in die
Hände des Hauscs die Prüfung dcr Legitima-
tion seiner Mitglieder. Als Mitglied des
HauseS sei abcr der Gewählte erst dann zu
betrachten, wenn er eine vorläufigc Lcgitimation
durch die Proclamation des Wahlcommissärs
und durch scine eigene Erklärung, er sei gewillt,
Sitz und Stimme anzunehmen, gefunden habe.
 
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