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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0207

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Heidtlbtrger Ztilung.

Krelsverküiidigungsblntt für den Kreis Heidelberg und amtliches Verküudigungsblatt für die Aints- und Amts-
Gerichtsbezirke Heibelbcrg und Wicsloch und üen Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

N» 4». Sonntag, 26 F-ebruar


18G».

* Politische Nnischau.

Dir Frankfurter Bank hat ihren Disconto
auf Proc. herabgesetzt.

Der baycrische Landtag ist auf den 27. Marz
einbcrufen.

Die „Unita italia" veröffentlicht cinen eilf
Seiten füllenden, angeblich von Mazzini ge--
schriebenen Brief an den Papst, welcher zu be-
weisen iucht, daß die letzle Stunde für daS
Papstthum gekommen sei, daß der Papst als
Kirchenoberhaupt wie als weltlicher Fürst am
bestcn thun werde, vom Schauplatz abzutreten
und seinen Frieden mit Gott zu machen.

AuS Spanien melden die Berichte. daß es
daselbst schr bedrohlich aussehe und daß das
von der Königin gebrachte Opfer die Ereignisse
kaum aufzuhalten im Stande fein würde.

Deutschland.

Karlsrnhe, 24. Febr. Der „Bad. Beob."
ichreivt: Da heute in diessritigem RedactionS-
lokalc, svwie in der Wvhnung des verautwort-
lichcn Redacteurs durch den grvßherzoglichen
Untersuchnngsrichter de« KrcisgerichtcS da-
hier einc Durchsuchung dcr Papicre und Weg-
nahme derselbcn stattgesunden hat, müssen
wir unsere gechrten Lcjer billeu, den mangel-
haste» Jnhalt unserer heutigen Rumincr zu
entschuldigen und b-mcrkcn wir dabci nvch,
dah gcgen den verantwortlichcn Redactcur und
dcn Drucker deS Blattes wegen dcS ArtikclS:
„An dic Kathvliken" in der mit Beschlag be-
legten Nummer 44, dcr Artikcl „dic Partei-
herrschast und dic Cvnjervativen" und „AuS
Baden" in den nicht bcschlagnalnntcn Num-
mcrn 38 d. I. und 302 dcs v. Z. gerichlliche
Unterjuchung wcgcn Gcfährdung dcr ösjcntli-
chen Ruhe nnd Ordnung und MajestätSbclei-
digung eingeleitet ist.

cs Hcihelberg, 24. Fcbr. Die bckanntc,
cben so wvhlwvllend.c als entschicdenc Ansprache
unjereS GroßhcrzogS hat auch im wcitercn
dcutschen Vatertande großen Anklang gesundcn,
und man stellt Vcrglciche a» mit der kürzlich
veröffentlichtcn Thronredc RapoleonS tll. —
Man gewahrt in jener die schlichte Sprache
eineS dcutschcn Fürsten, der dcn schlecht ver-
hülltcn Rath eincS BcrfassungSbruchS zurück-
weist und seiner unwürdig crkläpt, an die
Stufen deS Thrones gcbracht zu werden. Jn
diescm Actcnstücke liegt in dcr That eine StaatS-
schrift pon ganz andercm Geprägc vor uns, alS
die sranzöstsche Thronrede. Zn edler Einfach-
hcit spricht sich der Großhcrzog über die Grund-
sätze der bürgcrlichcn Frcihcit aus, und jedcs
sciner Wvrte hat eincn bcstimmteren Znhalt,
als die schönrcdncrischen L-cntenzcn d-r sran-
zösischen Thronrede, dic doch nur dcn Weg zu
willkührlichen Unterscheidungen offen halten und
die Hörer am Ende nur mit schöncn Phrasen
abjpeisen. Die Sprache des dcutschen Fürsten
dagegen ist nicht darauf berechnet, das Ohr zu
bestechcn, sonderu dic Marimcn eineS verfas-
sungSgetreuen und gcjctzachtenden Regcnten dar-
zulegcn. DeShalb erhebt stch dieseS Schriftstück
von selbst zur Höhc cincs Protestc» gcgen die
faljchcu Lehren, welchc hcut zu Tage an so
vielen Orten mit großem Bchagcn vorgetragen
werden. Auch der strengste Demokrat wird dcm
Haudschreibcn des Großherzogs die ungeheu-
chelle Anerkennung nicht versagcn können. Dic
conjtitutionellc Gcsinnnng gcht darin Hand in
Hand mir der constitulionellen That, und das
ch cinc srohc und inhaltreiche Erschcinung.
TaS badischc RegierungSsystcm ist dadurch wic-

der glänzcnd i» den Vordergrund der StaatS-
zuständc DeutschlandS gcstellt.

— Mnnilkcim, 24. Febr. D>c neueste
Rr, deS siidd. cv.-prot. Wochcnblattes knüpft
in dcr Rudrik „Badischc Ehronik" an dic Nach-
richt übcr daS Freiburger Cajino einen Bericht
über eine Neuigkeit aus dcr prot. LandeSkirche
an, wo die onboeore Pariei dckannllich mit der
ultramvntanen wetteifert, in Kirchen- undSchul-
sachen fortdauernd zu agitiren. Es svll näm-
lich diesclbe cine ncne Art von Protest, d. h.
eine Erklärung an re» Obcrkirchrnralb über-
gcben haben oder zu übergcbcn im Bcgriffe
stehen, deren erster Theil dcnselben für alle
schlimmen Fotgen. die aus dem oon ihm cin-
gchaltcnen Vcrfahrcn cntstchen, vcrantwortlich
macht, der andcre aber dic Frage au ihn richtct:
in welchcn Puukten der Oberkirchenrath bczüg-
lich seines Erlasscs nach seiner AuSsagc miß-
»erstanden worden sci. Sehen wir reu der
Unbcscheidenheit nndiArroganz ah, die sich auch
hier wieder in der bckannten Weisc an den Tag
legt, so sängt dic Sache nachgerade an, ziem-
lich abgeschmackt zu wcrdcn ; denn es wird eine
allzu sichtbarc Mühc und Knnst angewendet,
an den uuergicbig gcwordenen Strcitgegenstand
wieder etnen neuen Faden anzujpinnen, um
ihn in die Länge ziehcn zu können. Fnr die-
jenigcn Folgen, welche nach einem Natur- und
Vernunftgesetzc stch an die Handlstngsweisc des
Obcrkirchenraths knüpsen, braucht dcrsclde nicht
erst v°» der Protestpartet verantwortlich ge-
macht zu werdcn; denn diese Verantwortlichkeit
ist selbstverständlich, und dcr Obcrkirchcnrath
würde auch ohne. den »on dicscr Seite her cr-
haltencn Wink nicht daran gedacht haben, stch
dersclbcn entziehen zu wotlc», Wozu also dicje
lächerlichcn Rodomontadcn, dic gar kcincn ver-
ȟnstigcn Zwcck habcn, sondern blos darauf
auSgchcu, sich wichtig zn machcn. Oder will
man ctwa de» Oderkirchenrath auch sür allc
zusälligcn und willkürlichcn Folgcn, die sich an
sein Vcrsahren anheften, für alle Unbcsonnen-
heiten und Thorheiten, dic sich dagcgen auf-
tehucn, zur Verantwortung ziehen? Das wäre
frcitich cin fciner Kniff, wonstt die Protestler
ihre cigenen Sündcn lcichten Kauses los wer-
den und ste Andercn aufladen könnten, —
WaS aber die an den Oberkirchenrath gerichtete
Frage bctrifft, die offcnbar nichts weiler bc-
zweckt, alS nur wiedcr einc neuc Seite zu fin-
dcn, an welchcr dcr Streitpunkt angefaßt wer-
den kann: so wird ohncZweifel der O--K,-R.
die Antwort schuldig blciden und diese neue Art
von Protest cinfach zu den Aclen legen. Deun
einem bekannlcn Sprichworte zum Trotz hc-
hauptcn wir, daß nicht auf jede Frage einc
Anlwort gehört.

Hicran knüpsen wir dic Mitthcilung, daß
das gestcrn unS zugcdacht gewescue „wandcrnde
Castno", dessen Iragikomischer AuSgang bereits
bckannt ist, von dem VolkSwitze das „auS-
rcißende" Casino getauft wurde, — eine Be-
zeichnung, die uns treffend schcint, wetl die
„Wanderung" hier an der baherisch-heffischen
Grcnzc vermuthlich ihr Ziel und Ende gefun-
den hat.

Freiburg, 22. Febr. Das hter getagt ha-
bcndc wanderndc Kasino hat auch manchc Licht-
sciten odcr Vorfälle g-licf-rt, wclche nicht oer-
schwiegen werden sollen, da sie zur Verständi-
gung dcr ultramoutonen Umtriebc wcjentlich
beitragen. Jn der St. Martinskirchc hatte man
ansänglich nicht beabsichtigt, die Kanzel zur
Rednerbühne zu mißbrauchen; crst die tobende
Mcnge, welche den ersten Redner »icht zn hören
vorgab, rief: Auf die Kanzel l auf die Kanzcl!

Und da konnte man von einigen würdigen äk-
teren Geistkichen dic Worte vcrnehnien: Es ist
einc Schandc, die Kanzel so zu entwcihen. —
Und znletzt, al« die Sache auscinanderging
und e>» gepreUter Bauer nach Hausc wvlltc,
aber jcin Rückbillet vcrloreu hattc, betteltc er
daS Reisegeld zusammen, »orgebend, sein Pfarrcr
hätte ihm zu dieser Exkursion nicht mchr Eeld
gcgeben, als zur Hin- und Herfahrt nöthig
war. Und da derufen stch die Hcrren der kläg-
lichen Partei noch auf Abstimmung nach Jdccn:
— Geid, Bicr, Käsc und Brod/ daS sind die
bestimmcndcn Jdcen diescs TroffeS (B. L.-Z.)

Freiburg, 23. Febr. Von eincr größeren
Änzahl hiestger katholischer Bürger und Ein-
wohncr ist »ach der „F. Z." an die kathol.
Vcrtrcter unserer Stadtgemcindc cine Zuschrist
gerichtetwordcn, worin dieselben ihre Entrüstung
über da» Gebahrcn dcr ultramontane» Parkci,
wclche linserc Stadt zum vorzugsweiscn Schau-
platz ihrcr Umtriebc macht nnd mit in dieselben
zu verwickcln Irachtet, und inSbesondcre über
die bekanntcn Vorgängc vom 14, d. aussprechen
und es für einc sittliche und politische Noth-.
wendigkcit crklärcn, daß dcr unabhängige und
intelligcnte Bürgerstand FrciburgS seinc gksktzes-
treue, jcncm finstern und vcrderblichen Treiben
entschieden abgeneigte Gesinnung offen und un-
nmwunden kundgcbc. Von den Unterzeichnern
hierzu aufgcsordert, haben die katholischen Mit-
glieder der beiden engern Gcmcindecollegien auf
morgcn Abcnd eiue Versammlung dcr katholi-
sche» Bürger und Einwohner FreiburgS im
Kaushaussaale auSßejchrieben, damit dieselbe
sich über dic Casinoversammlung in der S».
Martinskirche vom 14. d. ausjprecke, das Fest-
halten am Gesetzc unter vertrauenSvoller Aner-
kcnnung der Verdicnste dcr großb. StaatScegic-
rung bckräftige u»d sich über eine an die Kir-
chcnobrigkeit zu richlende Vorftellung um Ge-
staltung dcS EintrittS der Geistlichen in die
Ortsschulräthe zur Wiedcrhcrstellung deS der
Kirchc gcsctzlich gcwährten EinfiusscS auf den
Schuluntcrricht u»d dcs Frikden« unter der
kathol. Bcvölkerung des Landc» berathc.

o Bom See, 18. Febr. So cben lcse
ich in dem Kreuzlingcr Blättchen, welche» aus
einem cinsachcn „Anzeiger" zu einer „frcicn
Stimmc vom Sec" sich verstiegen hat, unb
auch bc> un» die Herzen der Lctchtaläubigen
erquickt, solgcnde erbauliche Leilen: „Von li-
beralcr Seitc gib! man stch vicle Mühe, einen
Thcil der katholijchc» Geistlichen gegen den Erz-
bischof nnd sein Ordinarial aufzureizen, und
so einc Trennung zu bewirken." DaS ist —
gelindc auSgesxrochcn — einc Unwahrhcit. Fürs
Erstc: Wen verstcht dcnn die „freie Stimme
vom See" nnter dem „Theil dcr kathol.
Geistlichen?" doch gewiß nicht die St. Petria-
ner, denn dicsc sind römischer als Rom und
seiii Rundschreibcn, und c« wäre ihnen der
ständige Aufcnthalt in der großen Stadt ihrcr
Sehnjucht wohl zu gönnen Nein, diesc können
nicht gemeint sein. Also die Anderen? Welche
Andcrn? Hierkber schweigt die »erstimmte
L-eestöte, abcr zwischeu den Zeilen kann man
lescn, daß ste und ihrc Partei diejenigen Geist-
lichsn darunlcr verstcht, die man früher „Weßen-
bergianer" genannt hat, und unter welchem
ehrcuvollcn Namen man hentc noch die An-
hänger einer freiern Richtung verstehi, dic von
dcn wcltlichcn Refornifreniidin angestrebt
wird. Diese Männer „auszureizen" habcn
dic freigestnnten.Katholiken nicht nothwendig,
dasür forgt die ultramonlane Partei selbst weit-
auS hinreichend vom römischen Oberhaupt herab,
bis zum letztcn Meßner. Gegen den ehrwür-
 
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