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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0131

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Kreisverkiindigimgsblatt fiir den Kreis Heidelberg und aintliches Berkiindigungsblatt fiir die Amts^ und Amts-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemiind.

Nli Lonntag. S Z-ebruar


L8«S.

Auf die „Heidclberger
Zeitung" kaun mau sich
uoch jür die Monate
Februar und März mit 42 Kreuzeril abonniren
bei allen Postanstalten, den Botcn und Zei-
tungsträgern, sowie der Expcdition (Schifs-
gasse Nr. 4).

^ Zur napoleonischen Politik.

Nachdem Kaiser Napoleon in seiner diesjah-
rigen Neujahrsrede der Wclt keine besondere
Ueberraschung bereitet hat, so warten nun wie-
der Diejenigen, welche durchaus nicht daran
glauben wollcn, daß derselbe es übe^'s Herz
bringen sollte, mehr denn 6 Jahre — denn so
lange ist es seit der berühmten Neujahrsrede des
Jahres1869 — zu pausircn, nun wicdcr mit
größtcr Spannung auf die Eröffnung der
Kammer in Paris und auf die Thronrede,
wom't Napoleou dieselbe begrüßen wird. Sehr
möglich, daß sie sich abermals getäuscht finden.
Ja cs ist sogar wahrscheinlich, daß der Kaiser
bei dieser Gelcgcnhcit hauptsächlich nur von
inneren Neformsn, von dem angeblich glückli-
chen Stande der Finanzen und ihrer weiteren
Aufbefferung durch Reduction der Armee, von
den großartigen öffentlichen Bauten und ähn-
lichen Anzeichen und Werkcn des Friedens
spricht, vhne eine dcr wnndcn Stellen d.er
curopäischen Gesammtlage, hinter denen die
Gefahr der Slörung dcs Friedens lauert, zu
berühren. Wollte man daraus nun den Schluß
ziehen, daß er sich um diese Fragen nicht küm-
mere. daß er vertieft wärc in die Pläne zur
Beglückung Frankreichs durch innere Reformen,
und daß der Friede Europas deshalb auf lange
Zeit gcsichcrt sei, — so dürfte cine solche
Schlußfolgernng und einc solche Erwartung
mindestens etwaS übereilt scin. Napoleon kann
recht wohl mehr als einen Grund haben, im
gegenwärtigcn Augenblicke ganz stillzusitzen und
jedcn Schein einer Beunruhigung Europas zn
vermeiden, ohne daß man deShalb schließen
kann, er sehe die europäischen Dinge ganz
-glatt und klar an, mid sei für seine Person
entschlossen, eine Friedcns - Störnng um jeden
Preis zü vermeiden. Napoleon III. versteht sich
auf die politischc Pathologie vicl zu gut, um
nicht zu wissen, daß cs gewisse Crisen oder
Krankheitsprocesse in dem ctwas altersschwachen
Körper Europas gibt, die man, um das Resul-

tat zu erhalten, welches man davon wünscht,
nichl stören darf. — Er wartet daher gan;
ruhig ab und läßt die Dinge ihren Berlauf
haben, sich verwickeln und eutwickeln, wie sie
nach sciner sichereu Boraussicht. thun müffen,
ohne daß er sich auch nur entfernt einmengl.
Daourch gewinnt cr nicht nur für sich selbst
den Schcin dcr Uneigennützigkeit, Unparteilich-
keit und Friedeuslicbe, sondern auch den weitcrn
Vortheil, daß die andern Politiker sich vielfach
vcrrenncn und verstrickcn, und zuletzt auf dic
einc oder andere Weisc ihm in die Hände
laufen. Hätte z. B. Napolcon sich vorzeitig
in den Streit um die dänische Beure einmischeu
wollen, so wnrde das Bündniß zwischen OestKr-
rcich und Preußen, das jetzt sich von selbst
gclockert hat, sehr wahrscheinlich wieder cin
festeres geworden und es würde die öffentlichc
Meinung gegen ihn, 'statt gegen Hrn. v. BiS-
marck in Erregung gebracht worden sein. Nichl
minder hat seine Zurückhaltung in den italic«
nischen Din'gen ihm bereits Früchte gctragen.
Während er sich alle Mühe gab, die Römischc
Curie über dieTragweitc der Convenlion vom
15. September zu veruhigcn, uud zugleich mit
Oesterreich in Verhandlungen trat, welche dieses
sicher machten, bricht die Curie mit ihrer Ency-
clica wider ihn los uud setzt ihn durch Ton
unc- Jnhalt derselhen vollkommen in's Recht,
mit dem, was cr gethan, sich selbst aber in's
Unrecht. Alle besounencn Katholiken müsscn
jctzt eingcstehen, daß Napoleon Recht hatte,
wcnn cr die Anwesenheit der päpstlichen Trup-
pen in Rom für einc Unmöglichkcit erklärt, die
immer größer werde, da dic politischen Maximen
der päpstlichcn Regierung mit denen des auf
der Grundlage der Rcvolution von 1789 stehen-
den französischen Kaiserreichs vielfach unver-
träglich seien. Zwei große Triumphe hat somit
Napoleon im vergangenen Jahre errungen, ohne
dafür zur Zeit irgend etwas Bestimmtcs lcislen
zu müsscu. Der Encyclica gegcnüber steht er
da als Vertreter des allein lebcnsfähigen,
nämlich des mit deu berechtigtcn Fortschrittcn
der Zeit pactirenden, des toleranten und auf-
geklärten Katholrcismus. Jm dänisch-deutschen
Kriege hat er neben der großen Mäßigung
uud Fricdensliebe, die er gezeigt, durch die
einfache'Betounng des Prinzips des Selbstbc-
stimmungsrechtcs der Völker sich von Neuem
einen großen Nimbus in dcr öffentlichen Mei-
nung Europa's, als Vertheidiger diescs Prin-

zips und als lctzter Hort unterdrückter NLtio-
nalitäten geschaffen, dcr ihm frühcr odcr spätcr
einmal Nutzen bringen wird.

* Politische Ltmschan.

Der Ton der preußigen Antwort ist, nach
dcr „Bohemia", frcundschaftlich. Vorangcstellt
ist dic Erkläruug, daß cinc Durchführung ohne
Oesterreich unmöglich sei, abcr die Staatenbil-
dung an dcr Grenze Preußens berechtige dicses
zu Forderungen militärischcr und maritimcr
Jnteressen. Vor der OrdnuNg dieses Punktes
könne keine Besitzübertragung, nicht einmal eine
provisorische, stattfinden; wegen Mangels an
Materiai sei jetzt die Präcisirung der Forde-
rungen uumöglich. Angedeutct wird: keine
Annexion und kein Sonverbund, sondern die
Herzogthümer gleichbcrechtigt, wic anderc Län-
der des deutschen BundcS. (?)

Die preußische Antwort hat in Wien zunächst
eine diplomatische Correspondenz mit den Cabi-
nctten von Münchcn und Dresden veranlaßt..
Erst nach dem Abschlnß derselben wird die
Nückäußernng Oestcrrcichs jcstgestellt werdcn,
welche Graf Karolyi, der sich jetzt in Wien
befindet, abzuwarten hat.

Ein Wiener Privattelegramm der „Schlesw.-
Holst. Ztg." sagt: Oesterrcich, von der Ant-
wort PreußenS unbcfricdigt, wird in einer
demnächstigcn AntwortSdepcsche, am Vorschlage
der Bcsitzübertragung an den Augustenburgcr
festhaltcnd, peremptorisch die Festsetzung präcise
formulirter Forderungen Betrcffs der Znkunft
der Herzogthümcr vcrlangen.

Jn der letzten Sitzung des Consistoriums
der Wiener Universität ist über die Frage der
Zulassung der diichtkatholiken zu den akademi-
schen Würden abgestimmt worden, und die
Mehrhcit hat dahin cntschieden, es habe auch
künftighin dabci zu verbleiben, daß nur Katho-
liken Rectoren und Decane der Universität
werdcn dürfen.

Dcr Gouvcrncur von Canada verlangt in
seiner Botschaft an das Parlament größere
Gewalten um Einfälle von diescU Proviuzen
aus in die Union zu verhindern.

Der schweizerische Bundesrath macht bekannt,
daß in Folge neulich cingelangter Berichte von
compctentester und zuverlässigster Seite aber-
mals auf's Entschicdcnstc gewarnt werdcn muß,
nicht nach Nordanwrika auszuwaudern, so lange

x Vorlesungen im Museum.
(Fortsetzung.)

Lcidrr ist man anderwärts nicht auf dies Aus-

Redncr geht nun ein auf die Fragr nach dem
Ursprung dcs H cr e n a b erg la u b ens.

Jakob Grimm. bat in seincr deutschen Mytho-
logic den Zusammenbang des Herenwesens mit drn
althcidnischcn Ueberlieferungen nachgewicsen. Jm
altgcrmanischen Götterglauben und Geisterwcsen
finden wir manchc Spur wicder von dem buntcn
Bciwerk, welches in den Acten der Herenprocesse
drn düstcrn Mittelpunkt deS Teufelsbündnisses so

Saatcnvcrdcrb, Hägclschlag, Seuchcn dgl. Bis
in die älteste Zcit znrück rcicht dcr Glaube, daß
dic Frauen Zckuberinnen scien. Man ahnte etwas

gen. Der festgewurzclte Volksglaube - crhielt sich
bis wcit in die christliche Zeit hinein. Mit dem
finkcndcn Hcidenthum'verwandcltc sich allmälig,

arabischcn Magie znsammen, um im Bnnde mit

dungskraft dcr Massen einen Einfluß zu üben,
dcm sich auL die obersten Kreise nicht entziehcn
konnten. AuS der anfänglichen Bewnnderung ver-

! des" Bündnisscs mit dem Bösen hervor, vor der
! unter Umständen selbst ein Papst nicht sicher war.

Geisteskrankhcitcn äußerte, bewieS dem Aberglau-
! ben daS Wirken menschenfeindlicher Mächte, gegen
! die unerbittlich zu Felde zu ziehen eine Pflicht der
^ Selbsterhaltung ebcnso wie der Rcligion schien.

Die Kirche entzog sich dieser Richtung des Zeit-
! -geistes um so weniger, als sie in dem Umsichgrei-
fen gcfährlicher Ketzcreien nur eine andere Wirkung
! derftlben Ursache sah. Jm13. und 14.Jahrhundert,
wo sie in Jtalien, Frankreich, Spanien dic Ketzer-
 
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