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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0027

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Uridklbtrgrr Irituilg.

Kreisverküiidigungsblatt für üen Kreis Hcidelberg und amtliches Berkündigungsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbezirkc Heidelbcrg und Wiesloch unü dcu Auitsgerichtsbezirk Ncckargemünd.


Sorrntag, 8 Za ruar


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Falnilienblätter" für das mit I.
Januar 186S begonnene 1. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition

* Politische Unischa«.

Des Ptinzen Friedrich Karl politisch-militä-
rische Sendung nach Wien betrifft, wie die
,,A. Z." vernimmt, die Feststellung der Grund-
züge einer Nevision deS Bunbesmilitärsystems
und die Fülle wie das Maß gegenscitiger äus-
sercr Hilseleistung. Die Oieije ist üvrigcns,
wie schon mitgetheilt, auf unbestimmtc Zeit
verschoben.

Die „Schleswig - Holsteinische Zeitnng"
meldet, daß daS Generalcommando der Alliir.
tcn (General von Bittenfeld) heute nach Kiel
verlegt wird.

Der französische „Moniteur" veröst'cnt-
licht das Decret, durch welches der zweite
daS Jubiläum belreffende Theil der päpstlichen
Encyclika zugelaffen und gestattet wird, den-
selben in der gewöhnlichen Form im ganzen
Reich zu veröffenllichen; jedoch erfolgt diese
Zulassung ohne irgend eine Billigung der Klau-
seln, Formeln und AuSdrücke des zugclassenen
Theiles, welche den Gesetzen des Reichs, sowie
Lcn Freiheiten und Grundsätzen dcr gallikani-
schen Kirche entgegen sind oder sein könnten.

Jn Frankreich mehren sich die Arbeitsein-
stellungen in verschiedenen Landeslheilen in
einer die Regierung etwas beunrnhigeuden Aus-
dehnung.

Das Parlament in Canada ist auf den 19.
Januar zusammenberufen.

Der Kriegshafen vofl Neapel wird zu
Zwecken des SeehandelS abgetreten. Eine vom
Geueral Valfre präsidirte Commission ist ab-
gereift, um einen Platz für ein anderes Arse-
nal auözuwählen.

Die Nachricht über den Untergang des spa-
nischen Admiralschiffes bestätigt sich. Es war
die Fregatte ,,Triuufo". Der Kohlenvorrath
soll zusällig Feuer gefangcn haben.

Deutschland.

Karlsruhe, 5. Jan. Die „Karlsr. Ztg."
theilt deu früh er in Aussicht gestellten Schluß-

bericht über die Wahlen für die Ortsfchulräthe
mit, woraus sich crgibt, daß die Zahl derjeni-
gen Schulgemeinden, welche die Wahl unter-
lassen haben, höchstens 95 beträgt.

Jn den meisten dieser Orte har man sich nicht
wegen des neuen Schulgesetzes, sondern wegen
einer ganz neuen Vorstellung von demselben (es
sollten Lehrer, Catechismen der andern Conses-
sion eingeführt, den Gemeinden neue Befol-
dungslasten aufgebürdet, der Religionsunterricht
verdrängt werden u. s. w.) der Wahl enthalten,
oder es erklärten auch wohl die Leute, es fei
ihnen des Friedens halber lieber, wenn die
betreffendcn Mitglieder von der Regierung er-
nannt würden.

Jedensalls bricht sich schon jetzt mit der
Einsicht in das Gesetz selbst überall die Be-
ruhigung der Gemüther Bahn. Die lokale
Vertheilung der Wahlenthaltungen läßt sich aus
folgenden Daten entnehmen:

Es hatte das Amt

Säckingcn12 Wahlenthaltungen nebenlbWahlen

HcidclberglO


,, K8 „

Mosbach 8


,, 58 „

Sinsheim 7


,, 51 „

Boxberg 6


,, W „

Buchen 4


„ 27 „

Ettlingen 4


„ 17 „

WaldShut 4


„ 52 „

Weinheim 4


„ 32 „

Wertheim 4



„ 26 „

Die Amtsbezirke Bonndorf. Konstanz, Do-
naueschingen, Engen, Gengenbach, Jestettcn,
Meßkirch, Neustadt, Oberkirch, Pfullendorf,
Radolfzell, Schönau, St. Blasien, Stockach,
Triberg, Uebcrlingen, Villingen, Waldkirch,
Wolfach sind untcr jenen 32 Bezirken, in
welchcn alle Ortsschulrathswahlen zu Stande
kamen. Eben jene fast ausschließlich katholische
Bevölkerung des (Dchwarzwaldes und Seekreises
hat auch die prozental stärkste Betheiligung an
den Wahlen ergeben.

Die geringste Betheiligung zeigte sich in den
kleinen Aemtern Walldürn und Baden.

Die evangelische Bevölkerung hat eine mehr
gleichmäßige und im Gesammtergebniß stärkere
Betheiligung gezeigt. Die Betheiligung der
Jsraeliten war die verhältnißmäßig stärkste;
sie ist jedoch wegen der geringen Zähl der
Schulen und der' Wahlbcrechtigten auf das
Gesammtergebniß fast ohne jeden Einfluß.

Das amtlich aufgestellte und nochmals durch

alle Bezirsämter besonders berichtigte Ergebniß
aller Wahlen stellt sich zahlenmäßig folgender-
maßen heraus: Es betheiligten sich imGanzen für
1106 kathol. Dchulen von 132.915 Berechtigten
35,996 od.er 27,Oü Proz. WLHler, 525 evang.
Schulen von 74,121 Berechtigten 27,152 oder
36,65 Proz. Wähler, 47 israel. Schulen von
2255 Berechtigten 1173 odex 52,02 Proz. WLH-
ler, zusammen 1679 Schulen von 209,291 Be-
rechtigten 64,321 oder 30,74 Proz. Wahler.

Wer immer die zahlreichcn Behinderungen
für die Betheiligung der Einzelnen an solchen
Wahlacten.übcrhaupt erwägt und sodann auch
nur Einiges von den ganz besondcrn und
schweren Hemmnissen gerade für dicse Wahlen
in Erfahrung gebracht hat, wird eingcstehen
müsscn, daß die Betheiligung des badischen
Volkes an den Ortsschulrathswahlen sich als
eine über alle Erwartung hinaus starke erwie-
sen hat.

-s- Vom Neckar, 1. Jan. WaS von
bevorstehenden Armeereductionen in Europa
seit einigcr Zeit wiederholt gesagt wurde,
scheint sich jetzt zu bestätigen, und auch aus
Wien und Turin wird gemeldet, daß die beiden
Cabinette entschlossen seien, ihren Armeen einen
den friedlichen Tendenzen der leitenden Politik
von Europa entsprecheuden Umfang zu geben.
Es gcnügt aber noch lange nicht, daß England
und Fraukreich nur durch gute Rathschläge ihre
Licbe zum Frieden bethäligen, sie müssen vor
allem durch gutes Beispiel wirken. Das Ca-
binet der Tuilerien scheint auch ganz geneigt
dazu, und in Englaud wird man uothge-
drungen diese Bahn bctreten müssen. Wir
begrüßen sreudigst diese Wendung der Politik,
denn so wenig aufrichtig man es auch anfäng-
lich mit dem Frieden meincn mag, so wird man
durch die Gewalt der nach dieser Nichtung hin
arbeitenden Jnteressen bald belehrt und bekehrt
sein. Für Frankrcich würde dieL eine doppclte
Errungeuschaft sein, eine ökonomische zuuächft
und eine politische, indem die Sicherstcllung
des Fricdens allein dem Lande Muße verschaf-
fen kann, sich für die Erweilerung der Freiheit
im Jnnern, der die Schwnngfedern gemaltig
gestutzt wurden, mit einer AuSsicht auf Erfolg
zu bemühen. So lange die freisinnigen Zei-
wngen und Zcitschriftcn in dieser Bezichung
die öffentliche Mcinuug aus ihrer Glcichgillig-
keit herauszustachcln haben, statt der öffenllichen
Meinung als Widerhall ^u dicnen, wird ihre

So rächt sich eine beleidigte Gattin.

Ein Ehescheibungsproceß, der soeben in Lyon
verhaudelt wird, bietet folgende pikante Episode:
Der Gatte, ein wahrer Herkulcs, führt Klage,
daß cr von seiner Frau geprügelt worden sei. Die
Thatsache ist wahr, aber man muß gestehen, daß
Madame nur eine Achuld abgetragen hat. Herr X
ist nämlich etwas lebhaften Temperameuts. Er
schlägt oft, sicher und stark, und genießt hiefür
in dcr ganzen Nachbarschaft ein gewiffes Renom-
mee. Seine Gattin hatte unter seinen Mißhand-
lungen viel zu leiden, und beschloß, sich zu rächen.
Der Frau Wille ist Gottes Wille. Eines Abends
kam Herr L von einer anstrengenven.Iagdpartie
ganz erschöpft nach Hause. Er war müde und hung-
rig. Nackdem er ein sehr copiöseS Mal zu sick ge-
nommen und es auch an starker Befeuchtung nicht
fehlen ließ, war er mit einem Satze vom Tisck im
Bctte, wo er sosort den Schlaf des Gerechten schlief.
AUein die Rache brütende Gattin schlummerte nicht.
Sie bcwaffnete sich mit einer Packnadel, und ohne
ihren Gatten zu wecken, verwandelte fie die Bett-

Dienstbote in der Nähe war. Sie setzte ihre Hand-
arbcit so lange fo.rt, bis fie nicht mchr konnte,
dann apostrophirte sie den Delinquenten mit fol-
genden Worten: „Mein theurer Gemahl! Bcvor
wir uns trennen, wollte ich Ihnen einen Theil
deffen zurückerstatten, was Sie mir so verschwen-
dcrisch zu Thetl werden ließen. Leider kann ich
dies nicht thun und bleibe Jhre Schuldnerin und
gehorsamste Dienerin. Leben Ste recht wohl., ich
zirhe nnch zurück zu meinen Eltern." Sprach's und
verschwand. Am andern Morgen fand man Herrn
L eingenäht tn setner Bettdecke unb jämmerlich zer-
bläut. Er schLumte vor Wuth, und sobald er seine
Gliedmaßen nur einigermaßen bewegen konnte,
rannte er zur Polizei, um die Anzeige zu machen.

Seine Frau antwortete auf Stempelpapier mit ihrer

(Demonstration.) Aus Wien vom 30. De-
cember schreibt man dem Pesther Loyd: „Das po-
litische Ereigniß des Tages bildet ein Vorfall im
Burgtheater. Gestern ward nämlich Goethes„Faust"
gegeben, und nls Dawison mit Aplomb die Worte
vortrug:

Die Kirche hat einen guten Magen,

Hast gai^e Länder ^ufgefresftw

Das Publikum im Parterre und in den Logen
erhob fich von den Sitzen und applaudtrte stehend
mtt. Das ist bie Antwort auf die Encyclica, sagt
man in Wien."
 
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