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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0099

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Utidklbkrgkr Zkillmg.

Kmsüerkündigungsblatt fiir den Kreis Hndelberg und nmtliches derkiindignngsblatt fiir die Amts- und AmtS-
Gerichtsbezirke Heidelberg uud Wiesloch unü den Amtsgerichtsbezirk Neckargemitud.


Zreitag, 27 Zauuar


23

— Die Encyetica und die gallika-
nifche Kirche.

Dje Aufnahme, welche dqs päpstliche Rund-
jchreibeu in Frankreich bei dcm Volke und der
Negierung gefunden hat, ist haupljächlich da-
Lurch merkmürdig, daß bei dieser Gelegenheit
die Rechte und Freiheiten der gallikanijchen
Kirche, die längst verschollen zu jeiu jchienen,
wieder auf's Reue belont wocden; und. man
jcheint wirklich mit dem Gedanken umzugehen,
die Unabhängigkeit des französijchen Clcrus von
dem unverbesserlichen und jedem Fortschritt
feindjelig widerstrebeilden Rom ernstlich anzu-
vahncn. Sogar ein nicht unbedeutcnder Theil
der Bischöfe verräth ein dcrarliges, von der
Regierung gern gesehenes Gelüste; und die
Crzblschöse von Paris, Rheims und Bordeaux
haben sich jogar erkühnt, dem Papste jchristlich
zu erklären, daß sie mit seinem Rundschreiben
nicht einverstanden sind. Dies ist eine bedeut-
same Auslehnung gegen die päpftliche Autorität
und gegen das Dogma von der Jnfallibilität;
und wenn im vorigen Jahrhundert, und jchon
früher im Mittclalter, hanptsächlich die deutjchen
Bischöse und Köuige es waren, welche das
römische Zoch abzujchütteln trachteten, so scheint
jetzl ein nachdrücklicher Versuch dazu von
Frankreich auszugehen, der aber auch auf die
deulsche katholische Kirche seinen Einfluß ver-
pflanzen wird. Vielen unserer Leser möchte es
daher nicht unerwünscht sein, von der nur noch
m der Geschichte existirenden gallikanischen
Kirche, die ihrer Auferstehung von den Todlen
entgegeuzusehen scheint, etwas Räheres zu er-
^sahren.

Das Christenthum hatte unter den wefteuro-
päischen LLndern am früheften im jüvlichen
Gallien (Frankreich) Wurzel gefaßt. Schon
in der Mittc dcs zweiteu Jahrhundertö, als
die Christenversolgung uuler M. Aurclius
stattfand, kommt eine zahlreiche christliche Ge-
meiude zu Vienue und Lyon vor, die mit
klcinasiatischen Gemöinöen in Verbindung stand.
Hur Zeit Constantins vermchrte sich schnell die
Zahl'der'Gemeindcn, und im Anfange des 4.
Zahrhunderls ware;i die Städte Cöln, Rheimö,
Roucn und Bordeaux schon Bischofösitze. Gegen
daS Ende des genannten Jahryundertö schritt
man schon zur Einführung einer Metropolitan-
vcrfassung; und der Bischof der Metropolitan-
oder Multerkirche wuroe nach den Bejchlüssen

Vas Vante)ubiläum.

DaS Nationalfkst, weiches die Italiener ihrem
großen Dichter zu Ehren in Florenz feiern (Dante
ilt im Mai 1265 geboren), wird am Sonntag,
den 14. Mai, beginnen und 8 Tage lang währen.
Am rrsten Hauptfesttage wird die von dem Bild-
haner Pazzi auS Ravenna gefertigte Coloffal-
Statue Dante's auf dem Platze von Santa Croce
feierlich enthüUt werden. Daran schließt sich ein
großer Galacorso mit historischcn Triumphwagrn.
Auf dcm Platze selbst Musikaufführung, Abends
Illnmination der Stadt und Festball. Am 15. Mai I
feicrltche Eröffnung des Dante-Lehrstuhls, auf wel- !

Dichters erläutert und volksverständlich gemacht !
werden sollen. An demselben Tage Nennspiele
nach italicnischer Sitte. Am 16. Mai wissenschaft-
licher Congrrß, Besuch an Galilei's Grabe in
Santa Croce, Regattas auf dem Arno. Am 17. !
Mai Preispertheilung an die Künstler, großes
Tournier auf. dem Platze Santa Maria Novrlla,
Ball im Theater Pagliano, Volksfest auf dem

eines späteren Conciliums vom Jahre 538 von
den Bischöfen der Provinz unter Mltwirkung
der Gelsttlchen und der Bürger gewähit. Von
einer besonderen Autorilät des römischen Stuh-
leS in Gallien finden sich im fränkischen Zeit-
alter keine Spuren. Erst seit ves Bonlsacius
und Karls des Großen Zeit wurde vie Ver-
bindung der gallikanischen Kirche mit dem
römischen Stuhle besestigt, obgleich auch später
noch die oberrichterliche Gewalt des weltlichen
Fürsten über die Bischöfe anerkannt wuroe.
Sclbft dem allgewaltigen Gregor VII.. gelang
es nicht, das Band der Abhängigkeit, welches
den sranzösischen Clerus an den Thron sesselte,
völlig zu zerrcißen. Als die Päpste Jnnocenz
IV. (1246) und Clemens IX. (1269) sich
Eingriffe in die weltliche Gewalt anmaßten,
so erließ Ludwig IX. eine 'unter dem Ramen
„pragmatische Sanction" bekannte Ver-
ordnung, dic den Prälaten und Patronen der
Kirchen ihre seitherigen Rechte, insbesondere den
Metropolitan- und Cathedralkirchen die unge-
schmälerte Ausübung ihres Wahlrechtes sicherte.
Diese Verordnung, die im Jahrc 1438 eine in
gleichem Geiste verfaßte neue pragmatische
Sanction zur Rachsolgerin hatte, wurde die
Grundlage der Freiheiten der gallikanischen
Kirche, die erft durch die berühmten 4 Propo-
sitioncn, welche der obwohl bigolte Ludwig XIV.
im Jahre 1682 durch die von ihm versammelte
Geisllichkeit aussetzen ließ, ihre gcschichtliche
Bedcutung erhielten. Diesc vier Artikel der
gallikanischen Kirche, die zur. Grundlage ber
französischen Kirche gemacht wurden und, nach
längerer Beseitigung, heute wieder, den An-
maßungcn RomS gegenüber, zur Geltung ge-
bracht werden sollen, sind solgenden Jnhalts:
1. Könige und Fürsten sind in welllichen Din-
gen der Kirchengewalt nicht unterworfen und
können weder direct noch indirect von ihr ent-
setzt, auch ihre Unterthanen nicht vom Gehor-
jam gegen sie entbunden werden; 2. der Papst
ist den Beschlüffen der allgemeinen Kirchenver-
sammlung unterworsen; 3. jeine Macht regu-
liren die von der ganzen Christenheit ange-
nommenen Oanooes und die in Frankreich von
Alters her giltigen Grundsätze, Gebräuche und
Einrichtungen; 4. auch in Sachen des Glau-
bens ist das Urtheil des Papstes nicht unfehl-
bar und unabänderlich, weun die Kirche nicht
beistimmt.

Diese Artikel, zu denen alle Behörden des

St. Marcusplatze zu Ehren Michel Angelo's. Ain
18. Mai Revue und Manöver der Truppen, Corso
und Volkssptele. Am 19. Mai Musikfest, dessen
Ertrag für arme Künstler bestimmt ist. Am 20.
Mai Nationalschützenfest und Feuerwcrk, wobei
die Eroberung von Ancoua dargestellt wird. Am
Sonntag, 21. Mai, allgemeines italicntscheS Dante-
Jubelfest, Revue der Nationalgarde, Huldigung
auf der Piazza della Signoria, ländlichcs Fest zu
Boboli; zum Schlusse allgemeine IUumination der
Stadt und großer Chorgesang vor der Dante-
Statue. 'Man erfieht aus diesem Programme
deutlich, bemerkt die Köln. Ztg., daß die Italie-
ner nichts weniger als gesonnen sind, ihren großen
Dichter alS den summo teoIoAo und den Sänger
cineS poems ssero zu fciern. Dante ist ihncn der
Jnbegriff aller ihrer nationalen Bestrebungen, und
daö Jubelfest hat für fie einen wesentlich politischcn
Charakter. Von einer kirchlichen Feier ist in dem ;
Programme gar keine Rede.

Der„Berliner G.-Ztg." entnehmen wir folgrnde j
Geschichte, die wir nichtverbürgen wolleu: Ein junger ^
lebenslustiger Referendar suchte eine möblirte Woh- >

L8«S

RcichS fich ftierlichst bekannte» und die nach
einem bis jetzt noch nicht aufgehobenen könig-
lichen Edicte auf allen Uniuerjikälen mid Prie-
fterseminarien gelehrt werden follten, verstoßen,
wie inan siehl, in akleu Bcziehungen gegen daS
römischc Dogma; und wenn wir mit ihnen die
neuefte päpftliche Encyclica verglcichcn, so wer-
den wir es begreiflich sindcn, daß nicht allein
die sranzösijche Rcgicrung, sondern anch der
iiberalcre Theil der Bischöfe derselben die An-
erlennung verjagt.

* Politische Umschau.

Die Wiener „Generalcorrespondenz" stellt
aus das Entschiedenste das Gerücht von Be-
rathungen polilischer oder militärischer Natur,
welche nach auswärligen Blättcrn während des
Besuches des preußischen Prinzen stattgefunden
haben sollen, in Abrede.

Einer Nachricht der „Auftria" zufolge ift
die Anzahl der arbeitenden Baumwollspindeln
in Oesterreich jeit ein paar Jahren von 580,000
äuf 20,000 herabgejunken und ist in demjelben
Verhältniffe auch die Arbeiteranzahl vermindert
worden.

Das frühere Mitglied der provisorischen Re-
gierung, Cremieux, richtet an den Avenir Na«
tional ein Schreiben, worin er die neue Preß-
gesetzgebung der Türkei als einen wejentlichen
Fortschritt rühmt und meint, die Preßverhalt-''
niffe in Frankreich jeien jetzt jchlechter, als unter
dem Sultan.

Der spanische Ministerrath hat beschloffen,
aus dem Gesetz über die Steuervorauszahlung
cine Cabinetsfrage zu machen.

Nachrichten auö Tunis vom 18. Januar
zufolge hat der dortige Prinz Ali-Bey die Jn-
surgenten vollständig geschlagen.

Zu Livorno hat Guerraci einer VolkSver-
jammlung präsidirt, welche sich sür Abjchaffung
der Todesstrase, Aufhebung der Klöster und
allgemeines Stimmrecht aussprach.

Die Versammlung des Adels von Moskau
hat mit 270 gegen 36 Stimmen die Abfassung
einer Adresje an den Kaiser bejchlossen, worin
die Herstellung zweier Repräsentativkammern
gefordert wird.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 24. Jan. Wegen Ablebens
Sr. Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Ludwig

nung und fand auch bald in dr^Charlottenstraße
einen setnem Wunsche entsprechenden Zettel auS-

Dame öffnete, bet deren Anblick er an die von
AeneaS verlasseuc Dido dachtr, tndem es ihm vor-
kam, als wenn sie etwaS verweint^ Augen hätte.

freundlichen Lächeln aufgenommen wurde; er fragte
nach dem Pretse der WohnUng^ und die Antwort,
von einem Händedruck begleitet, war, daß sich das
schon finden würde. Ietzt wollte er die Wohnung
sehen, aber sie hatte den Schlüssel verlegt. Zärt-
licher Gefühle voll, ergriff er seinerseitS die zter-
liche Hand her Dame und drückte einen Kuß dar-
auf, und wie Feuer flammte es in ihren Augen
auf. Er erkundigte sich nach ihrem Kummcr, den
er bei seinem Eintritt glaubte bemerkt zu haben;
es war nichts, sie hatte blos Kopsschmerzen. Mit
süß flötendem Munde und einem neuen Händedruck

die ihm gewiß gefallen würbe, zeigen werde. Betm
Abschied wagte er sogar, einen Kuß auf den rofi-
 
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