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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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Utidtlberger Ieilung.

KreisiieÄndigungSblatt fnr den Kreis Heidclberg und amtliches Berkiindigungsblatt für die Amts- und AmtS-
Gerichtsbezirkc Heidelbcrg Md Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neekargemünd.

Nk 112


Samstag, IS Mai


» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann n,an sich
noch für" die Mouate
Mai und Iuni mit 42 Kreuzern abonniren bci
allen Postanftalten. den Boten und ZeitungS-
trägern, jowic der Erpedition(SchiffgasseNr.4).

* Politische llmschau.

Dem Vernehmen nach soll ill der Kürze ein
Maiüfest des Herzogs von Nassau an sein
Volk zu erwarten sein, von dem man sich einen
günstigen Eindruck verspricht.

Die von der „Neuen Freien Presse" ge-
brachte Nachricht, wornach Oesterreich in Verlin
den Vorschlag gemacht hätte, für die Verlegung
eines Thcils der preußischen Marine nach Kiel
eine entsprechende Reduction der Landtruppen
eintreten zu lassen, ist unbegründet; von Wien
aus ist ein derartiger Vorschlag nicht gemacht
worden. Preußen hat sich vielmehr schon am
17. April in seiner ersten Beantwortung der
Beschwerde Oesterreichs vom 11. April wegen
Verlegung der preußischen Flottenstation nach
Kiel bereit erklärt, nach der Verlegung der
MarnMation eine entsprechende Verminderung
des Lanoheeres eintreten zu lassen.

Hr. v. Persigny isr von seiner Neise nach
Rom, Neapel und Florenz heute Morgen in
Paris wieder eingetroffen. — Die Armonia;
das Specialorgan des piemontesischen Clerus,
hal in Erfahrung gebracht, daß der Papst sich
mit Hrn. v. Persigny in keine poli'tischc Unter-
haltung einlassen wollte und daraus mit Car-
dinal Antonelli eine hestige Verhandlung ge-
habt habe.

Wie der Pariser „Moniteur" vom 15. März
meldet, sei in Panama eine Militärrevolution
ausgebrochen.

Präsident Johnson hat auf den 25. Mai
einen allgemeinen Trauer- und Bußtag aus-
geschricben.

D e u t s ch L a n d

Karlsruhe, 6. Mai. (Fortsetzung der 29.
öffentlichcn Sitzung der 1. Kammer.) Freiherr
v. Dtotzingen: Durchlauchtigste, hochgeehr-
teste Herren! Der geehrte Herr Vorredner hat
in seinem Vortrage von der Commission ge-
sprochen, die diesen Antrag gestellt hätte. Es
ist dies ein kleiner Jrrthum, und cs wäre rich-

tiger gewesen, wenn er von der Mehrheit der
Commission gcsprochen hätte. Jch habe nämlich
auch die Ehre, bieser Commission anzugehören,
und habe aber eine ganz andere Ansicht in der
Sache, bin daher auch zu einem ganz andern
Ergebnisse gekommen. Jch bitte um die Erlaub-
niß, meine Minderheitsansicht zu begründen.
Es ist also die Mehrheit, welche den Antrag
aus Tagcsordnung stellt. Jch habe nur sehr
kurze Zcit gehabt, mich mit der L-ache zu be-
sassen; erst gestern erhielt ich Kenntniß von
dem Commissionsantrag, und ich bitte deßhalb,
die MLngel in meinem Vortrage mit der Kürze
der Zeil zu entschuldigen. An Das anknüpfend,
was der Herr Bcrichterstatter ausführte, daß
es nämlich überrascht habe, daß das Gesetz
einen so großen Wiverftand im Lande gefun-
den habe, erlaube ich mir an Dasjenige, was
ich im vorigen Jahre bei der Verhaudlung des
Gesetzes gesagt habe, zu erinnern. Jch erlaubte
mir hort, auszusührcn, daß ich den Jnhalt dcs
Gesetzes nicht billigen könne, es uicht sür ge-
lungen halte. Jch habe auch darauf hingewiesen,
wie die Stimmung im ganzen Lande gegen
das Gesetz sein werde. Jch habe gesuchl, diese
Nachweisung zu liefern durch den Protest des
katholischen Clerus, den Erzbischof an der L-pitze;
allein es wurde keine Rücksicht daraus genom-
men. Dicse allgemeine Mißftimmung war da,
und die Herren, welche für die Reform Peti-
tionen aufzubringen suchten, haben sehr wenig
Anklang gefunden. Es waren nur sehr wenige
gegenüber oen Mittelu, die angcwendet wur-
den, um mehr Unterschriften zu erhalteu. Auf
meine Worte wurde damals kein Gewicht gc-
legt und auf die Stimmc des Volkes auch
nicht. Dic Regierung erlicß das Gesetz und
so wurde es verkündet. Bei den Wahlen der
Ortsschulräthe fand man aber einen Widerstand,
der in den Annalen der badischen Geschichte
noch nicht da war. Erlauben Sie. mir, Sie
kurz daran zu erinnern. Es waren 1474 Ge-
meinden; von dicsen haben 95 nicht gewählt.
Jn einzelnen Orten wurden nur 1 bis 2
Stimmcn abgegeben, sehr viele nahmen nur mit
2 bis 3 Stimmen Theil, und überall fanden
nur Minderheitswahlen statt. Dagegen sehen
wir, daß die Gemeinde- und Staatsbehörden
alle Mittel angewendet haben, Zusprechungen
u. dgl., um eine möglichste Betheiligung an
den Wahlen zu erlangen. Man hatte in ein-
zelnen Orten, um eine Mehrheit zu erhalten,

Das Begräbnrß Lincoln's.

Washington, 19. April. Heute in aller Frühe
drängte sich bereits die Menschenmenge in den
Straßen. Tausende waren aus vcr Ferne herbei-
gekommen, die ganze Bevölkerung war auf den
Beinen. Um 10 Uhr war bercits jeder Platz be-
setzt, von dem aus man den Zug zum Leichen-
begängniß Lincoln's am besten übersehen
konnte. Jm Ostzimmer des weißen Hauses war
eine für 600 Personcn bestimmte Platform errichtet.
Der Leichnam lag im Mittelpunkt des Zimmers.
Der den Katafalk umgebende freie Platz war mit
Ketten umzogen, um nur der Familie des Ver-
ftorbenen unmittelbaren Zutritt zu gestatten. Um
11 Uhr fanden fich etwa 60 Geistliche aus allen
Theilen des Landes ein. Nach und nach erschienen
die ChefS deS Regierungsdepartcments, die Staats-
gouverneure, die Mitglieder der Municipalbehör.den,
hervorragendc Officiere der Armee und Flotte, das
diplomatische Corps in vollcr Uniform, die Mit-
glirder dcr beiden Häuser dcs Congreffes. Um
Mittag erschien der Präsident der Ver. Staaten

Präfident Iohnson nahm Abschieb von ber Leiche

^uf den für ihn bestimmten Platz. Nach 12 Uhr
begannen die gottesdienstlichen Gebräuche, die gegen

ten Capitol. Zuschauermassen besetzten die Dächer,
die Balkone und die Fensternischen. Die Batterie
bei dcr St. Iohnskirche feuerte in gemcssenen Zcit-
räumcn Kanonensalven ab. Cbcnso die Batterien
an der City Hall und am Capitol. Die Glocken
allcr Kirchcn wurden geläutet. Die Proccssion wurde
von eincr Abtheilung farbiger Truppen cröffnct,
dann folgten weiße Regimenter, dann'Flotten-,
Marine- und Armee-Ofstciere zu Fuß, die Kutschen, ,
der Leichenwagen, gezogen von sechs milchweißen
Rossen. Der Sarg war mit weißen Blumen über-
deckt. Hinter dem Sarg her zogen der Präsident

5-mal wählen lassen und dennoch nur 'eine
Mindcrheit erhalten, man hat Flugschriften
verbreitet, hat die Wahl des Ortsschulrathes
zusammengeworfen mit anderen Gemeindeange-
legenheiten, hat die Gemeindemitgliedcr zusam-
menrufen lassen, um so Wahlen zu Stande zu
bringen. Außerdem hat man die Wahlberech-
tigung als Wahlpflicht betrachtet und darge-
stellt, und hat durch Dtrgfen die Leute dazu
gezwungen, und zwar nicht nur einfache Bür-
ger, sondern auch Gemeinderäthe und Bürgcr-
ausschüsse. Jch glaube, daß der §. 23 des Ge-
meindegesetzes dies nicht crlaubt. Nach diesem
könnte man als Ungehorsamsstrafe, was doch
eigentlich hier vorliegt, nur Verweise oder Dienst-
entlastung verfügen, denn Geldstrafen sind dariu
nicht vorgesehen. Trotz allen diesen Mitteln ist
das Ergebniß für die Regierung nicht günstig
gewesen, es haben kaum 27 Prozent gewählt.
Rechnet man die durch Strafe Gezwungesteu
davon ab, so wäre kaum die Hälfte übrig, und
dieses ist gewiß kein günstiges Ergebniß. Ein
weiterer Beweis, daß daß Ergebniß sich ver-
kleinere, wenn die Gezwungenen nicht gewählt
hätten, wird darin gefunden, wenn man die
Prozcntsätze in den Städten und auf dem Lande
vergleicht. Auf die Städte kommen in vieser
Hinsicht 2Y. Proz.. auf das Land 30 Proz.
Der Landmann hatke natürlich wenig Kennt-
niß von diesem Gegenstande und ließ sich durch
Strafen zur Wahl bcwcgen. Die Regierung
ist nun noch wciter vorgeschritten in der Ein-
führung dcs Gesetzes und hat die Ortsschul-
räthe eingesetzr. Ob der Zwang zur Ortsschul-
rathswahl durch Strafen gerechtfertigt ist, habe
ich schon voriges Jahr auseinandergesetzt; daß
aber mehrere hintereinander bestraft wurden,
bedarf einer weiteren Motivirung. Sodann hat
die Regierung einseitig oas Gcsetz modifizirt.
Das Gesetz. wie es vorliegt, kennt keine octroyir-
ten Ortsschulrathc, sondern nur gewählte; allein
in ven 95 Orteu, wo nicht gewählt wurde,
hat die Regierung die Ortsschulräthc octroyirt.
Dies ist eine Movification des Gesetzes, auf
die wir nicht gefaßt waren. Nachdem die Sache
so weit gediehen war, hat man von zwei Rech-
ten Gebrauch gemacht, um dem Gesetze gegen-
überzutreten, von dem Petitionsrecht und dem
Versammlungsrecht. Was das Pctitionsrecht
betrisft, über deffen Schmäle'rung geklagt wird,
habe ich nicht im entferntesten den Gedanken,
die Person unseres durchlauchtigsten Landesherrn

> und dte Mitglieder seincs Cabinets, das diplo-
matische Cbrps, dte Congreßmitglieder, die Staats-
! gouverneure, vie Abordnungen der verschiedrnen
! Staaten, Vereine und Körpcrschaften, und den
! Sckluß machten eine große Menge von Negern.

Die Leiche wurde nach dem Capitol gebracht und
! in der Rotunda niedergelegt. Es war der größte
, Leichenzug, der je in W'ashington stattgefunden
! hat. Viele tausend Herzen fühlten sich tief ergriffen
! von dem feierlichen Traucrmarsch der versckicdenen
! Musikchöre. Der Tag war schön und warm, bie
Geschäfte gänzlich suspekdirt. Von hier werdcn die
sterblichrn Ueberreste des Präsidenten nach Balti-
more, Harrisburg, Philadelphia, New-Uork, Al-
bany, Buffalo, Cleveland, Columbus, Indiana-
polis, Lhicago und von dort nach Springfield
geführt wrrden.

(Scheintodt.) Der Wiener Großhändler M.,
dessen einzige Tochter Karoline, ein I8jähriges,
sehr schöneS Mädchen, an einer langwierigen Krank-
heit litt, hatte auf ärztlichen Rath mit ihr etne
Villa in Böslau vollzogen. Vor einigen Tagcn
hielt cr fich in Geschäftsangelegenheiten in der Stadt
 
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