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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0321

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Hki-tlbtrglr Zrilung.

KreisuerkÄudigungsblatt für den Krcis Heidelberg und amtliches Ferküudiguugsblatt für die Amts- und A stts-
Gerichtsbczirkc Heidclbcrg nnd Wicsloch wid den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünü.

7L


Dienstag, 28 März

Jnserlionsgebährea sür die Zspalstae Petir- M

zeile werdrn mit 3 kr. berechaek. M

Einladung zum Abonnemcnt.

Auf das mil dem 1. April beginnende zweiie
Quartal der „Heidelberger Zeitrnrg"
laden wir anmit zum Abonnement ergebenst cin.
Die Heidelberger Zeitnng ist durch Beichluß
Großh. Ministeriums des Jnncrn vom 24. No-
vember v. I., Nr. 14,731, als Kreisver-
kündigungsblatt für den Kreis Heidelberg
und als amtlicbes Verkündigungsblatt
für die Amts- und Amtsgcrichtsbezirke Heidel-
berg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk
Neckargemünd erklärt worden, in Folge dessen
alle Bekanntmachungen der betreffenden Staats-
stellen darin zu erscheinen haben.

Jndem wir uns im Uebrigen auf das mehr-
fach veröffentlichte auSführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß das viertel-
jahrliche Abonnement in hiesiger Stadt 1 fl.
3 kr., durch die Post bezogen 1 fl. 24 kr. be-
trägt. Znserate, welche durch unsere Zeitung
die ausgedehnteste Verbreitung finden, werden
mit 3 kr. die dreispaltige Petitzeile oder deren
Raum berechnet.

Heidelberg, im MLrz 1865.

DLe Expedirion.

(Schiffgasse Nr. 4.)

^ Die Mediatifkrung des römischen
Pontlficats

Daß in unserer Zeit der allgemeinen Bil-
dung und des Fortschritts noch unzählige Men-
schen in Deutschland, Belgien und andern Län-
dern iu den Papst und in das Papstthum ver-
narrt stnd, ist gewiß eine merkwürdige psycho-
logische Erscheinung. Sie erblicken in dcmselben
den Statthalter Christi auf Erden, obgleich diese
angemaßte Würde wie das Patrimonium Petri
und so manches andere auf einer Fiction
beruht, auf einer Erfindung und Erdichtung,
die als solche nicht nur von protestantischen,
sondern in erster Linie von katholischen Schrift-
stellern nachgewiesen wurde. Es hat auch gar
keine Schwierigkeit, den Beweis zu führen, daß
die meisten Päpste der katholischen Kirche mehr
geschadet als genützt haben. Für Rom und sich

selbst wußten sie trefflich zu sorgen, der übrige
Erdkreis warv mit ihrem apostolischeu Se-
gen abgespcist. Dieselbe Regierungsweisheit,
dieselben VerwaltungSmarime befolgte man im
altcn zuerst republikanischen und dann kaiser-
lichen Rom, welches seine habsüchtigen Procon-
sule als Statthalter in die unterworfenen Pro-
vinzen sandte, deren Einwohner nur dazu vor-
handen waren, um ausgebeutet zu werden, um
dic berühmte unersattliche Weltstadt an der
Tiber mit ihrem Verinögcn, mit ihren Arbeits-
kräften, mit ihren Schätzen zu bereichern. Es
verhielt sich unter der Regierung der Päpstc
gewissermaßen gerade so und ein mittelalter-
licher Pontifex, der allerdings eine hervorragende
Persönlichkcit war, hat es geradezu ausgespro-
chen, die Länder der Barbaren seien nur deß-
halb vorhanden und müßten es sich auch zur
Ehre rechnen, Rom zu verherrlichen und groß
und mächtig zu machen.

Nach den Beschlüssen des Tridentinischen
Concils sollte jedesmal nach Verlauf von zehn
odcr fünfzehn Jahren eine allgemeine Kir-
chenversammlung berufen werden, um alles
zu besprechen, zu prüfen und gründlich zu er-
wägen, was den matericllcn und geiftigen Be-
dürsnissen dcr katholischen Cyristenheit föreer-
lich und heilsam sein könnte. Es ist jedoch seit
den Tagen von Trient, also seit dreihundert
Jahren, kein allgemeinrs Concilium mehr be-
rufen worden, und der Papst weiß sehr gut,
weßhalb er keines beruft. Ein Eoncilium würde
Seiner Heiligkeit gerade so angenehm sein, als
dem Herrn v. Bismarck das preußische Abge-
ordnetenhaus. Dem Auserwählten der ucker-
märkischcn und pommerischcn Junker ist es nur
dann wohl, wenn die Deputirten hcimwärts
ziehen und ihn ungeschoren lassen. Und in
Rom, der uralten Heimath schlauer, Pfiffiger
Staatskunst solltc man so thöricht sein, sich
zur Berufung cines Concils zu entschließen?
Nimmermehr! Eher überrascht man die er-
staunte Welt mit einer Encyclica, deren über-
schwänglich theokratischer Znhalt u. anmaßender
Ton an die Blüthezeit der römischen Hierarchie
erinnern, an die Tage eines Jnnocenz III.
und Bonifacius VIII. Beriesc der Papst ein
Concilium, so weiß er wohl, daß sich freisin-
nige, energische und unerschrockene katholische
Männer aller Zungen und Nationen erheben
würden, um dem Thronfolger Petri schonungs-
los die Leviten zu lesen, um dem päpstlichen

Stuhle sein ellenlanges und noch lällgeres
Sündenregister rücksichtsloS vorznhalten.
Was in Constanz und Bascl geschehcn ift,
könnte sich wiederholen, nur mit dem Unter-
schiede, daß freimüchige Sprccher nicht wie
dazumal zu befürchten hätten, dem Scheiter-
haufen überliefert zu werden. Man würde
auch, wie damals, ausdrücklich betonen und
cntschieden aussprechen, daß ein Concilium über
dem Papste steht, ihm demnach auch die Beftrg-
niß und das Recht verliehen ist, Päpste, die
ihre Schuldigkeit uicht thun, zur Rechenschaft
zu ziehen.

Daß der Ursprung der Concilien von der
Apostelwürde zu Jerusakem herzuleiten sei, ist
zweifellos, aber darüber sind die Theologen nn-
einig, ob die Concilien aus göttlicher oder
menschlicher Autorität eingesetzt seien. Mehrere
Canonisten sagen. die richtige Antwort auf
diese Frage sei wohl dic: sie sind eine aposto-
lische Einrichtung uno die Apostel haben dabei
im Auftrage Christi gehandelt; sie mußten
überzeugt sein, daß der Kirche liebevoller Herr
und Bcschützcr den Kirchenversammlungen seinen
Geist vcrheißen uud verliehen habe. Uebrigens
hat man schon auf dem Concil von Chalcedon
auS den Worten Christi: „Wo zwei oder drei
in meinem Namen versammelt stnd, da bin icb
mitten unter ihnen" die göttliche Einsetzung
der Concilien ableiten wollen. Bellarmin, einst
Cardinal der römischen Kirche und ein großer
Gelehrter, hat darzulegen versucht, daß auf dem
Apostelconcil zu Jerusalem nur die Apo-
stel eine entschiedene Stimme gehabt hätten,
das Volk sei zwar zugegen gewesen, habe aber
nicht viel abgestimmt, sondern nur mit einge-
stimmt. WaS der ebenso schlaue als gelehrte
Curialist mit dieser Distinction bezweckt, ist
offenbar; er will damit profanen Laien die
Pforten des Conciliumssaales verschließen.
Wenn aber heut zu Tage eine allgemeine Kir-
chenversammlung zu Stande kommen sollte,
könnte nach dcn heutigen Anforderungen und
Bcdürfniffcn so wie nach dcm jetzigcn Zustande
der Cultur und Bildung die Theilnahme von
Laien nicht zurückgewiesen werden. Der Wider-
ftand der Anhänger des päpstlichen Stuhles
würdc ein fruchtloser, ein vergeblicher sein.
Aus diesen Reihen begabter und deßhalb mit
Recht gefürchteten Laien würden unabhängige,
unerschrockene, geniale Redner auftreten, um
dem Papste frcimüthig zu sagcn, was die

43 regierende Häupter, auSgenommen die, welche
nur den Titel führen. Von biesen 43 bekennen
sich 9 zur katholischen Religion (einer davon ist
ercommuntcirt), 31 find Protestanten, einer gehört
zur orthodoren gricchischen Kirche, einer ist Moha-
medanrr und der 43. ist der Papst. Katholisch sind
zwei Kaiser, der von Oesterreich und Frankrcich —
4 Köntge nnd Königinnen, Bayern, Spanien,
Portugal und Sachsen — zwei Fürsten, Liechten-
stein und Monaco. Der excommunicirte Fürst ist
der König Vickor Emanuel. Von den 31, welche
sich zur protestantischen Kirche bekennen, find 9
Könige oder Königtnnen — England, Preußen,
Schweden, Dänemark, Holland, Belgien, Han-
novcr, Grtechenland und Würrtemberg; 6 Groß-
herzöge — Baden, Heffen - Darmstadt, Mecklen-
burg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg,
Sachsen-Wetmar. — 7 Herzöge — Anhalt, Braun-
schweig, Naffau, Sachsen-Meiningen, Sachsen-
Altenburg, Sachsen-Eoburg, Schlrswig-Holstetn;
9 Kürsten — Lippe-Detmold, Lippe-Schaumburg,
Reuß-Grriz, Rruß-Schleiz, Schwarzburg-Rudol-

! stadt, Schwarzburg-Sondershausen und Waldeck;
1 Kursürst — Hessen-Kaffel; 1 Landgraf — Hessen-
Homburg. — Der orthodor grieckische Fürft ist der
Kaiser von Rußland und der Muselmann der Sul-
tan. Außerdem find tn Guropa noch 7 Republiken,

! zwei ausschließlich katholisch, San Marino und
i Andora, und 5, deren Einwohner überwiegend
protestantisch find — die Schweiz, Hamburg, Bre-
mcn, Frankfurt und Lübeck.

griffenen politischen BlattcS war anfangs auf sein
Gesuch vom Mtntster des Jnnern, Herrn Boudet,
abschlägig, und zwar in der trockensten Weise be-
schieden worden. Derselbe wendete fich hterauf an
den Prinzen Napoleon Bonaparte, und dteser ver-
schaffte ihm eine Audienz betm Kaiser. Letzterer
empfing den Bittsteller sehr liebenswürdtg, bemerkte
ihm aber, in Betreff der Grmächtigung neuer Iour-
nale laffe er seinem Minister den größten Spiel-
raum. „Sonderbar bletbt es tndeß, daß Herr
Boudet Ihr Gesuch kurzweg abgeschlagen. Was
kann er gegen Ste haben?" sragte dcr Kaiser.
„Zch konnte es nicht in Erfahrung brtngen," «ar !

! die Antwort. „Jch erinnere mich nur, daß unter
! der Republtk Herr Boudet, welcher damals cdef
! 6« öivisioll in demsrlben Ministerium war, deffen

! sten der Candidatur deS Generals Cavaignac schrteb.

> Ich habe das Schretben aufbewahrt. Hier ist es."

> Der Kaiser nahm ven Brief, las ihn und sagte
! dann lächelnd: „Gehen Ste nochmals zu Herrn
! Boudet und sagen Sie ihm, daß ich ihn ersuchen

> ließe, Ihnen die gewünschte Autorisation zu er-

> theilen. Er wird wohk einwilltgen, wo nicht, so
setzen Sie hinzu: er möge doch weniger streng mit
Ihnen sein, als er es mit mir zur Zeit war, alS

! ich nach der Ehre strebte, Präfident der Republik
! zu werden." Der vorfichtige Autographensammler
erhielt denn auch denselben Tag noch dte Ermäch-
tigung, sein neues politisches Organ zu grünben.

* Soldatenplage.

Diese kann man länger haben, als ächte Sol-
daten, so wie Zahnfchmerzen länger als Zähne.

(Iean Paul.)
 
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