Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 78-101 April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0389

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Uttdelbtrger Zeitung.

Kreisverküliüiguilgsblatt für üeu Krcis Hcidclberg unü amtliches ^erkiliiüiguiigsblatt sür die Amts- unü Aiuts-
Gerichtsbezirke Heiöelberg unü Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünü.

N» 88. Freitag. I». April

Befieüungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebfl Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Äpril 1863 begonneue 2. Quartal
werden fortwährend angenommen.

DLe Expedition

* Politifche Nmschan.

DaS englische Parlament hat sich bis zum
24. d. M., die preußiichc Kammer bis zum
20. d. M. vertagt.

Nach dem „Botschafter" stehen umfassende
Maßregeln bevor, die das österrcichische Mini-
nisterium crgreist, um in allen Zweigen der
Verwaltung Ersparnifse herbeizuführen. Jnsbe-
sondere ist im Kriegsministerium eine Commis-
sion gebildet worden, die im Lieferungswesen,
dieser stets offenen Wunde der mcisten Militär-
verwaltungen, eine gründliche Regelung und
Besserung einführen soü.

Die italienische Abgeordnetenkammer faßte
in einer stürmischen und mehrmals völlig unter-
brochenen Sitzung den wichtigen Beschluß, vor
ihrer Trennung noch den Gesetzesentwurf über
die Unterdrückung der religiösen Körperschasten
in Verhandlung zu nehmen. Dieser Beschluß ist
gleich ciner Bombe in's.Lager der Clerikalen
niedergefallen, die bereits stcher zu sein glaub-
ten, daß das fragllche' Gesetz nicht allein ver-
schoben, sondern gänzlich bei Seitc gelegt sei.

Die Reise des Kaisers Napoleon
nach dcm südlichen Frankreich und Algerien,
welche bestimmt noch vor Ende dieses MonatS
stattstnden sollte, ist plötzlich aufgeschoben wor-
den. Man ergeht sich in Gerüchten über die
Veranlassung zu diesem überraschend schncllen
Wechsel, die man bald in politischen Motiven,
wie in der augenblicklichen Spannung zwischen
den beiden deutschcn Großmächten, bald in dem
Befinden des Kaisers (der jedoch täglich in
offenem Wagen spazieren sährt) sucht; bestimmte
Auskunft fehlt jedoch noch.

D e rr t s ch l a rr d.

Karlsrube, 12. April. Laut Allerhöchster
Ordre hat Garnisonsauditor von Reichlin-
Meldegg in Rastatt die Functionen des Au-
ditors bei dem dortigen Festungsgouvernement
zu übernehmen.

Karlsruhe, 12. März. Es soll uns nach
dem „Schw. M." cin neues Wehrgesetz mit
allgemeincr Wehrpflicht in Aussichl stehen. Nach
demselben wäre in Aussicht genommen, daß
von etwa 14,000 alljährlich vorhandcnen Män-
nern.von 20 Jahren 500 diensttauglich feien,
und es sollte neben den Forderungen der Bun-
deskriegsvcrsassung (fürBaden inrunder Summe
20,400 Mann) von den jährlich nach erfülltcn
Bundespflichten verfügbaren 1200Rekruten eine
besondcre Reservc mit ganz kurzer Dienstzeit
gebildet werden. Vpn den 9000 nicht zum
Soldatcndienst verwendeten jungen Männern
sollte durch eine Wehrsteuer der Pflicht für das
Vaterland genügt werden. Diese Steuer könnte
nach den Vermögens.verhältnisfen ziemlich an-
fehnlich steigen, jedenfalls die Kosten der neu
zu errichtenden Reserve, wahrscheinlich aber auch
noch einen Bruchtheil des Aufwandes für das
stehende Hecr decken. Alle diese Anhaltspunkte
seien natürlich,höchst lückenhaft, sie zielten na-
mentlich nicht auf eine eigentliche Miliz, aber
sie bcrührten den faulsten Fleck des gegenwär-
tigen Heerwesens, die enorme Belastung der
Einen, ohne irgend welche auch nur pecuniäre
Ausgleichung Seitens der Uebrigen.

c5 Heidetberg, 12. April. Jn den regie-
renden Kreisen zu Berlin scheint man fortwäh-
rend der Meinung zu sein, daß sich die schles-
wig-holsteinische Angelegenheit im Lrande ver-
laufen werde. Von Oesterreich erwartet man
keinen thatsächlichen Eingriff in die preußischen
Organisationsarbeiten jenseits der nördlichen
Elbe, selbst auf die kategorische Erklärung des
Ministers v. Roon hin, daß Preußen den Kieler
Hafen für alle Fälle behalten werde. Die
Mittelstaaten, so meint man ferner in Berlin,
werden sich mit dem Beschlusse vom 6. April
als einer Ehrenrettung begnügen, und der Bun-
destag sich nach der ungewohnten Anstrengung
von Neuem schlafen legen. Wenn daher den-
noch ein Theil der officiösen preußischen Presse
fortwährend mit dem Säbel raffelt, so ist diesem
Gebahren nach den Anschauungen in den höhern
Derliner Kreisen selbst wciter keine erhebliche
Bedcutung beizumessen.

. . Vom Rhein, 9. April. Der Abend-
moniteur, dessen neueste Nummer vor uns
licgt, hat zu dem guten Willen der römischen
Curie jetzt plötzlich das rosigste Vertrauen, nach-
dem cr crfahren hat, daß die päpstliche Re-
gierung mit der Vermehrung ihrcr Gensdar-


merie sich ernstlich beschäftige, dcren vorzüglichste
Bestimmung sei, die Ordnung im Jnncrn auf-
recht zu erhalten. Ob diese kirchenstaatliche
Gensdarmerie, diese Häscher und Landjäger
dcs heiligen Stuhls auch im Stande sein
werden, des Papstes schwer bedrohte weltliche
Macht vor ihrem Verfall und Untergang zu
bewahren, möchte mchr als zweifelhaft seiu.
Nach derselben französischen Zeitung hat der in
Rom commandirende General Montebello
mehrere Compagnicn seiner Truppen zur Ver-
folgung der Näuberbanden entsandt, die einen
Einfall und Raubzug in die italienische Proviuz
Aguila machen wollten. Jn eincm Gefechte
hatten die Franzosen drei Todte und fünf und
zwanzig Verwundete. Den neuesten Nachrichten
zufolge ist eine andere Bande von vicrzig
Mann aus dem römischcn Gebietc in die
Abruzzen eingedrungen und hat dort einen
Gutsbesitzer arg gebrandschatzt. Der Räuber
Tamburini, welcher zu Ncapel im Gefängniffe
sitzt, hat vor dcm Richter auSgesagt, der Graf
Aquila habe ihn bewogen, noch einmal sein
Mück auf dem Kampfplatze zu versuchen; er
sei von den Leuten des Pallastes Farnese ge-
opfert worden. Der Dienst der Franzosen ist
ein höchst beschwerlicher. da der Nachwmter in
den Bcrgen ftreng und eisig ist; als cinheimische
Söhne, welche von Schule, Schulbesuch und
Ortsschulräthen nie etwaS wußten, sind diese
Banden der Geb irge und GcbirgSpässe selbst-
verständlich kundiger als die Fremden, haben
auch zweckmäßigere Fußbekleidung und sind mit
vortrefflichen Waffen aus englischen Fabriken
versehen. Dieses Räuberwesen, das am hellen
Tage frech seinen Unfug treibt und einsam
liegende Höfe plündert, wird auch die verstärkte
päpstliche Gensdarmerie sobald nicht überwin-
den und bewältigen können, indem diese Ban-
denführer und Bandenmitglieder bei einem
großen Theil des Landvolks als tapfere Kerls
beliebt sind und deßhalb überall gute Freunde
und Beschützer stnden.

Aus Baden, 11 April schreibt der Schw.
M.: Jch glaube, gegeuüber den mancherlei Aus-
lassungen der klerikalen Parteiblätter, mit aller
Bestimmtheit versichern zu könncn, daß ein Ver-
bot dcr Casinos von Seiten des Ministeriums
des Jnnern niemals ergangen ist. Die Bezirks-
ämter haben von sich aus die Bestimmungen
des Vereinsgesetzes anzuwenden, und es steht
ihnen zumal nach den Mannheimcr Erlebnissen

* Frühling.

Frühttng! jubcln taufend Lieder
Aus der Vög'lein heller Kehle;
Frühling, Frichling! tönt es wieder
Jn der frohbewegten Seele.

Fort des Winters trübe Sckleier,
Naht der Lenz mit seinen Kränzen,
Ha, wie reich des MorgenS Feuer
Schon iiy Thau des ThaleS glänzen!
Und der Himmel sieht so lachend
Auf den Schmelz der Erde njeder,
Und die Erde giebt erwachend
Jhm den Blick der Liebe wieder.

Wie das frische FrühlingSwehen
Süß des Wandrers Brust erweitet!
Freudig staunend bleibt er stehen:
Wie fich rings der Teppich breitet.
Wie das Blättchen fick gestaltrt
Zm geheimnißvollen Weben,

Wie die Knospe sich entfaltet,

Alles athmet Frühlingsleben!

Seinem menschlichen Gemüthe —

Dort, das Köpfchen voll Geschmeide —
Schon der ManVelbaum in Blüthe!
Frühling! Schöpferisches Werde

Dick begrüß' ick, dich der Erde
Süßes, bräutliches Entzücken!

(Anonyme Verleumdung.) Das Correctio-
nell-Gfricht von Aurerre (Ionne) hat einen alten
Wüstlmg etner gerechten Strafe unterzogen. Der
69jährige Rentier L. hatte sein Auge auf zwei
junge Mädchen geworfen, die ihn mit Abscheu
zurückwiese«. — Jn Folge deffen erschienen bei den

Zeit fortgesetzt die schändlichsten anonymen Briefe;
sogar öffentliche Pl^kate des nämlichen Znhalts
wurden nächtlicher DKile angeschlagen. Die Unter-
fuchung ergab biS zur Evidenz den verschmähten
alten Gecken alS Vcrfaffer und Verbreiter. Sein
Zweck war offenbar gewesen, die Mädcken aller
Rrffourcen zu berauben und fie so zu zwingen, fich
ihm in dte Arme zu werfen. Die halbe Stadt

wohnte der Verhandlung bei, in welcher L. zu
einem Iahr Gefängniß, 500 Fr. Geldbuße und
6000 Fr. Entfchädigung an die Verleumdeten zur
allgemeinen Befrtedigung verurtheilt wurve.

Um einen beruhmtcn leichten Jockry, Jemmy
Grimshaw, haben sich seit längerer Zeit die eng-
lischen Sportsmänner fast gerissen. Der Marquis
v. Hastings glaubte ihn schon alS seine Acquifition
betrachten zu können, als Lord Stamford ein höhe-
res Angebot machte, auf welcheS Zemmy schließlich
eingegangen ist. Die Summe von 1000 Pfd. St.
hat der pferdeliebende Lord dem Iockey als Iahres-
gehalt bewilligen müffen.

(Verluste im amerikanischen Kriege.)
Sorgfältig im Kriegsdepartement zusammengestellte
Ermittelungen zcigen, daß die Zahl der seit dem
Beginn des Krieges im Dienst gestorbenen Sol-
daten fich auf 240,000 Mann belaufen wird. Von
dirsen starben an erhaltenen Wunden oder an
Krankheiten im Feld und den Hospitälern 220,000,
während die übrigen 20,000 nach ihrer Entlassung
starben.
 
Annotationen