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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0233

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Kreisverküiidigungsblatt sür ben Kreis Heidelberg und amtliches Verkiindiguagsblatt für die Amts- md Amts-
Gerichtsbczirkc Heiüelberg unü Wiesloch und dm Aaitsgerichtsbezirk Neckargcmiiiiü.

M »Z


«onntag. 3

März

«8SL.

An unsere Mitbürger!

Die Beweguilfl, welche durch mäncherlei Umtriebe und uamentlich unler dcm Vorwande, daß die Religion gefahrdet jei, gegen daS Gesetz
übcr die Schulaufstchr hervorgerufcn und untcrhalten wurde, ist in neuester Zeit in eine Bahu getreten, welche feden Staatsbürger, ohne
Unterschied des GlaudenSbekenntnisses, verpflichtet, seine Stellung zu der vorliegendcn Frage zu prüfen und feine Ansicht darüber unumwunden
auszufprechen. Nachdem nämlich die Gegner des Gesetzes die Ueberzeugung gewonnen, daß sie den Vollzug dessetben zu hemmen außer Stande
seien, wagten sie nichts Geringcres, als deu Versuch, Se. Königl» Hoheit den Großherzog zu einer Verfasfungsverletzung zu veranlasfen. Ob-
gleich nun, wie es anders nicht zu erwarten war, diefes Ansinnen von unferem hochherzigen Fürsten mit aller Entschiedenheit zurückgcwiefen
worden, fo ist es dadurch doch klar geworden, welche Ziclc mit der gegnerischen Bewegung verfolgt wkrden sollen.

Die Unterzcichneten haben sich deßhalb zu einer Adresse an das Großherzogliche ^Dtaatsminifterium vereinbart, welche den Dank für die
auf's neue bewahrte Verfassungstreuc unferes erhäbenen Fürsten darbringen, die Großh. Regierung des Vertrauens nnd der Zustimmung der
Bewohner Heidelbergs zu ihrem Verhalten versichern und die Uebcrzeugung ausfprechen foll, daß in dem Gcsetze vom 29. Juli 1864 über die
Aufsichtsbehördeu der Schule Gefährdung der Religion durchaus nicht zu finden fei, daß man dagegen solche weit mehr in dem Widerstreben
eines Theiles der Geiftlichkeit gegen den derfclben gesetzlich eingeräumten Äntritt in den Ortsschulrath erkenne und diefc Weigerung mit deren
Pflichten als Staatsbürger ebenfowenig, als mit ihrem Berufe, welcher ftttlich - religiöse Jngendbiloung ihrer befondercn Aufmerksamkeit und
Fürforge empfiehlt, vereinbar erachte, daß man endlich die Störungen des Friedens in Familicn und Gemeinden, welche aus der Bewegung
gegcn daS Schulgesctz hervorgingen, auf's Ticfste beklage.

Alle diejeuigen unserer Mitbürger, welche mit Achtung vor dem Gesetze erfüllt, mit uns in der Heilighaltung dcr Verfaffung die sicherste
Gewähr für das Wohl des Landes und dessen freiheitliche Entwickluug erblicken, und wclche die Aufrechthaltnng des confessionellen Friedens
aufrichtig wünschen, laden wir daher ein, sich dem von uns beschlossenen Schritte anzuschließen uno zu diesem Behufe an der

Somitag, den 5. ü. M., Nachmittaüs 3 Uhr, im großen Saale dcr Harmonie hier

stattfindenden Versammlung, in welcher die Adresse vorgelegt, erläutert und unterzeichnet werden soll, so zahlreich sich zu betheiligen, wie es
bei der Wichtigkeit der Sache die Ehrc der Stadt gebietet.

Heidelberg, am 1. März 1865.

C. Abel, Ortsfchulrath. C. Abenheimer, Ortsfchulrath. G. Seiler, Ausschußmitglied. Silabel, Ortsschulrath. Sluntschli, Geheimcrath^
Sunsen, Gcheimerath. t)i. Cadenbach, Ortsschulrath. Desaga, Gemeinderath. v. Dusch, Staatsminifter a. D. v. Vusch, Professor
S. Frank, AuSschußmitglied. Friedreich, Professor. M. Groß, Gemeinderath. Häufler, Professor. Hoffmeister, Bürgermeist.i
Holtzmann, Ortsschulrath Hornung, Gemeinderath. Hundeshagen, Kirchenrath. C. Alingel, Ortsschulrath. Aolligs, Bezirksrath
Krall, Ortsschulrath. Arauß, Gcmeinderath. Arausmann, Oberbürgcrmeister. G. Arieger, Gcmeinderath. O. Arieger, Ortsschulrath
1?andfried, Ausschußmitglied. Lange, Gcheimer Hofrath. Mays, Ausschußmitglied. Mittermaier, Gehcimcrath. Mohr, Ausschuß
mitglied. Müller, Aussckußmitglied. vr. Oppenheimer, Ortsfchulrath. pagenstecher sen.. Bezirksrath. l>r. Neckendorss, Ortsfchulrath
Nenaud, Hofrath. F. A. Neiffel, Ausfchußmitglicd. I. Neiher, Ausfchußmitglicd. Niedel, Ortsschulrath. *) L. Nitzhaupt, Gemeinderath
Nosen, Ortsschulrath. Nothe, Geheimer Kirchenrath. Sachs, Rathschreiber. Schaaf, Gemeindcrath. Schellcnberg, Pfarrer und Orts
fchulrath. I. ph. Simon, AuSschußmitglied. Spitzer, Gemcinderath. Thiele, Gemeinderath Trau, Gemeinderath. Trübner, Aus
schußmitglied. v. Vangerow, Geheimerath. vi. Weber, Director der höhern Bürgerschule. *) vr. Weil, Ortsschulrath. öeller, Professor

* Politiscbe Nmscha».

Die Anschauungen über die verfassungsfcind-
liche Casinobewegung, namentlich deren kläg-
liches Fiasco in Mannheim, scheinen nun auch
in den diesen Bestrebungen nicht abholden Blät-
tern, wie z. B. der „Allg. Ztg.", einen Um-
schwung erlitten zu haben. Genannteö Blatt
läßt sich jetzt aus Mannheim schreiben: ...„Jch
bin in meiner Darstellung breitcr geworden,
als ein Straßencrawall verdiente, in welchcm,
außer der obenerwähnten leichten Verwundung,
nur noch eine/ die des Pfarrers von Dossen-
heim durch einen Steinnmrf, vorkam, und der
entscheidende Erfolg fast nur den Klapperjungen
zuzuschreiben war. Ein Urtheil über die Erccsse
abzugeben, dürfte einem Manu erlassen werden,
der immer auf oer Seite des Gesetzes zu stehen
gewöhnt ist; er muß jcde Gewaltthat, und so
auch die hier vorgefallene, beklagen, aber das
kann nicht abgeläugnet werden, daß das zweifel-
hafte^, Verdienst» dieselbe hervorgerufen und fast
geflissentlich gesucht zu haben, nicht dcr Stadt
Mannheim zuzuschreiben ist. Dieje hatte Tags
zuvor sich's verbeten, daß man ihren Namen
zu einer Demonstration benütze, welche an die
Gränze der Majestätsbeleidigung eiues geliebten
Fürsten und zur Revolutiou zu führen geeignet
war (und fügcn wir hinzu, wobei es von Seiten
einiger jungeu Fanatiker absichtlich darauf an-
gelegt war, durch Provocationen und persönliche
Beleidigungen die erregte Masse noch mehr zu
reizen). Die Obrigkeit hatte mit Hinweisung
auf das Gejetz das Verbot der Verjammlung
erlassen; wer diefelbe dennoch erzwingen uud
dadurch, bei dem Entschluß seiner Gegner, an
dcrselben Antheil zu nehmen, blutigen Hader
m die Kirche tragen, wer mit einer Garde von
Stockträgern und mit Beihülfe der hessijchen

Nachbarn aus Vicrnheim und andern Orten
— dcnn di"ß ist geschehen — dic badische
Schulfrage lösen wollte, kurz wer an die Mas-
sen appellirte, mußte auch die Folgen sich klar
machen."

Dic Wiener „Gen.-Corresp." weist die An-
schuldigungen der Parifer „France" über neuer-
liches streuges Vorgehen der österreichischen Re-
gierung in Galizien und über den Wieder-
beginn politischer Prozesse und Verhaftungen
politischer Perjönlichkeiten entschieden zurück.

Ein bemerkenswerther Artikel aus Hamburg
im Constitutionnel bcfürwortet die Einverleibung
Schleswig-Holsteins in Preußen und die Rück-
gabe des uördlichen Schleswigs an Dänemark.

Die aus Mexico in Brüssel eingetroffcnen
Berichtc lauten nichts weniger als befriedigend.
Maximilian I. befindct sich in der peinlichsten
aller Lagen. Die Gegenwart ist düster, denn
überall erheben die Juaristen das Haupt, wo
die Franzojen sich zurückzichen, und die Zukunft
Angesichts der Haltung Nordamerikas ist noch
weit drohcnder. Dazu kommt jetzt noch der
Haß des katholijchen Clerus, dessen Rachfucht
keine Gränzen kennt.

Die Staatcn Minnesota, Kansas u. Jndiana
haben das Amendement zur Verfassung rati-
ficirt, so daß bis jctzt fechzehn Staaten sich
für dic AbschaffuNg der Sclavcrei auSgesprochen
habcn.

D e rr t s ch l a n d.

Karlsruhe. 3. März. Wegen Ablebens
Jhrer Majestät der vcrwittweten Königin Anna
der Niederlande legt der Großherzogliche Hof
von hcute am die Trauer auf 14 Tage an,
und zwar nach der 4. Stufe dcr Trauerordnung.
Karlsruhe, 3. Mrz. Nach einer Mit-

theilung des Bad. Bcob. wnrde der von <großh.
Bezirksamt uuterm 20. v. Mts. auf Nr. 44
des genannteu Blattes vom 21. v. Mts. gelegtc
Beschlag aufgehoben, mit dem Vollzug dieses
Erkenntniffes gemäß Erlaß großh. Kreis- und
Hofgerichts dahier (Raths- nnd Anklagekammer)
jedoch cingehalten, nachdem der Slaatsanwalt
RekurS angezeigt hat.

<5 Heidelberg, 2. März. Die Verhand-
lungen dcs preußijchen Abgeordnetenhauses sind
abermals an einem critischen Weudcpunkte an-
gelangt. Wie früher beim Militäretat, so strebt
jetzt das Ministerium Bismarck, mit Umgehung
des gewöhnlichen Budgetrechts für andere wich--
tige Ausgaben, insbesondcre zur Erbauung
größerer Eisenbahnstrecken (wodurch eS zugleich
einen großen Theil dcs Volkes für sich zu ge-
winncn sucht) die Geldmittel von der Kammer
zu erlangen. Hiedurch wäre es in dcn Stand
gcfctzt, dcn budgetlosen Zustand zu verlängern,
die Steuern einzulreiben und die Kammern
hcimzuschicken. Dieser Machination hat sich
jedoch ein in den Zeitungen viel besprochener
Antrag deS Abgeordneten Michaelis als Hin-
derniß entgegengestcÜt; und bei der großen
Tragweite deffelben beantragte der ehemalige
StaatSminister Graf Schwerin, die Verhand-
lung hierüber auf 14 Tage auszusetzen: Das
HauS müffe sich vor Uebcreilung hüten und
erst Alles zur Prüfung jencr Gefetzentwürfe
erforderliche Material in Händen haben. Diese
Meinung schlug durch und Schwerins Antrag
wurde mit großcr Mehrheit angenommen. Mög-
lich wird. daß ein Thcil dcr Kammer dem letz-
tcrn Antrage nur zugestimmt hat, um dem
Erstern noch länger aus dem Wege zu gehen.
Sei dem wie immer. Wolltö die Majorität
hier nachgeben — sie würde alles Anfehen im
Jn- und Auslande verlieren. Der Augenblick
 
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