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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0339

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Hkidelbtrger Zeilung.

Kreisverküiidigimgsblatt für den Kreis Heiüelberg und a iitlichcs Äerküiidigungsblatt für öie Aiiikg- und A'iits-
Gerichtsbezirke Heidelberg unü Wiesloch md üen Amtsgerichtsbezirk NeckargeiiiüuS.

N 78


Samstag, I April


Beftellungen auf die „Heidelderger
Zeitung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
April 18<»S begonnene 2. Quartal
werden fortwäkrend angenommen.

Die Expedition

* PoLLtische Zlmschurr.

Nach der „Rh. Ztg." haben über die schles-
wig-holsteimsche Frage am Sonnabend Abend
verschiedeue Mitglieder der beideu liberalen
Fractionen unter sich berathen und beschlossen,
bei ihren politischen Feunden eine Resolution
vorzuschlagen, dnrch welche die Regierung aus-
gefordert werdeu soll, die schleswig-holsteinischen
Stände einzuberufen, um init diescn die künf-
tige Constituirung des Landes und die Zuge-
standnisse, welche fnr Preutzen gesordert werden
mützten, zu vereinbaren.

Ueber die schleswig-holsteinische Frage sagte
Ollivier in seiner Rede im gesetzgebenden Kör-
per: er finde, datz die Regierung sowohl in
ihrer auswärligen, als in ihrer inneren Politik
auf vernünftigen, und nicht auf gefährlichen
Rath gehört. Dieß habe sich namentlich durch
ihr Verhalten im deutsch-dänischen Conflict und
durch dcn Abschluß der September-Convention
bethätigt. „Durch einen Widersprnch, fuhr er
fort, den ich wahrlich nicht begreifen kann,
haben dieselben Personcn, welche von der Re-
gierung verlangten, sie solle den Römern das
Recht der Selbstbestimmnng znerkenncn, sie in
der Herzogthümerangelegenheit gedrängt, Däne-
mark in der Aufrechthaltung einer verabscheuten
Herrschaft über Bevölkerungen behülflich zu
sein, welche seit 1848 im Norden um ihre
Unabhängigkeit einen ähnlichen Kampf führen,
wie seit derselben Zeit die Jtaliener im Süden.
Die Regierung war vernünftiger als ihre Rath-
geber. Sie hat geglaubt, denselben Grundsatz,
den sie in Jtalien geachtet, in Deutschland nicht
verletzcn zu dürfcn, und sie hat, im Norden
wch im Süden, ihre Politik dem Grundsatz der
Nichteinmischung untergeordnet, wozu ich ihr
offen Glück wünsche." — Plichon ließ sich
sehr kategorisch zu Gunsten der weltlichen Macht
des Papstes vernehmen. nnd es ist nicht nnbe-
mcrkt geblieben, dasi er Abends in den Tuilerien
sehr ausgezeichnet wnrde.

Der neue franz. Minister des Jnnern, Mar-

quis von Lavalette, bekanntlich Gesandter
in Konstantinopel, London und zuletzt in Nom,
soll freisinnig sein, aber mit sehr viel Maß.
Seine Ernennung ist eine kleine Annäherung
an die Politik des Prinzen Napoleon, jeden-
falls aber cine Befestigung des Staatsmini-
stcrs Rouhcr, mit welchem Lavalette sehr ver-
traut ist.

Die englische Bank hat ihren Disconto auf
4 Proz. herabgesetzt.

Das officiöse „Brüsseler Journal" enthält,
wie die „Bayer. Ztg." schreibt, die wichtige aber
noch der Bestätigung bedürfende Nachricht, daß
die päpstliche Regierung dem Kaiser Napoleon
gegenüber die Erklärung lhrer Bereitwilligkeit
abgegebcn habe. über die September-Conven-
tion uud ihre Ausführung mit Frankreich ins
Benehmen zu trcten. Vorbedingung aber sei,
daß das italienische Parlament seine Erklärung
feierlich zurücknehme, daß Rom die Hauptstadt
Jtaliens sein soll. Man sagt, Napoleon III.
habe nicht bloß diese Vorbcdingung als ganz
statthast zugelassen, sondern auch erklärt, daß,
wenn das italienische Parlament das besagte
Votum nicht zurücknehme, er auch die Septem-
ber-Convention fallen lassen werde. Wie man
vernimmt, sollen der Kaiser und König Victor
Emanuel dicses Gegenstandes wegen im Laufe
des Sommers eine Zusammcnkunft haben.

Reuter's Telegraphen-Bureau bringt eine De-
peschc aus Rom, nach welcher in einer Ver-
sammlung der Cardinäle beschlossen worden,
die Armee nicht zu verinehren, da dies schon
aus finanziellen Gründen, indem der Peters-
pfennig immer weniger einbringe, unmöglich
sei; auch dem Ausbruch einer Nevolution da-
durch nicht vorgebengt werden würde. Ein An-
trag, die katholischen Mächte um Hülfe anzu-
rufen, wurde' auf Antonelli's Bemerkung, daß
keine Macht dazu gegenwärtig im Stande sei,
verworfen.

D e ri t s ch l a n d.

Karlsruhe, 30. März. Durch Allerhöchste
Ordre vom 28. d. M. wird dem Oberlieute-
nanl und Ordonnanzoffizier von Roeder vom
Feldartillerieregiment die unterthänigst nachge-
suchte Erlaubniß ertheilt, den ihm von Seiner
Majestät dem Kaiser von Rußland verlichenen
St.-Annen-Orden III. Klasse annehmen und
tragen zu dürsen.

Karlsruhe, 29. März. Bezüglich der
künftigen Tarordnung für die Anwälte schcint
man für sich das System der Bauschtaxen für
die gesammte Proceßführung vor einer einzelnen
Jnstanz entscheiden zu wollen. Dtes System
führt wohl eine raschere Erlediguug der Nechts-
streite herbei, weil keinerlei pekuniäres Jnteresse
für die Verschleppung vorliegt, bedingt aber
zugleich die größten Härten. Wenn man z. B.
für eine Sache mit einem Streitwerth zwischen
50 und 100 fl. als Bauschtaxe 10 fl. gewährt,
so ist bei irgend welcher Schwierigkcit das
Aequivalent der aufgewendeten Mühe kaum
nenncnSwerth. Doch verdient bemerkt zu wer-
den, daß in den entscheidenden Kreisen darüber
kein Zweifel herrscht, daß die Taxverhältnisse
der Anwälte entsprechend den neuen Anforde-
rungen an den Sland bedeutender Verbesserung
gegenüber dem Zustand vor 1864 bedürfen.
Es wird sich also nur um die praktisch richtige
Verwirklichuug dieser Ansicht handeln können.

(S. M.)

* Heidelberg, 30. März. Der heutige
„Leiter" des hiesigen Journals nimmt Veran-
lassung aus einer — uns selbst unangenehmen—
Verwechselung mit unserer Zeitung, bezüglich
einer Angelegenheit, worüber die Acten auch
bei uns für geschlossen zu betrachten sind, jener
nicht gerade freundlich zu gedenken. — Wenn
wir anch unserer geehrten Concurrentin solches
vurchaus nicht verargen, so können wir aber
wohl von einem liberal sein wollenden Blatte
verlangen, daß es — wenn auch in sich sclbst
überschätzcnder Weise — mit ehrlichen Waffen
gegen uns kämpfe. Allein unser Blatt, welches
schon länger die Fahne der Freiheit und des
Fortschrittcs hoch hält, wie unsere Gegnerin —
in Verbindung zu bringen mit der als reac-
tionär und ultramontan gefärbten „Fraukfurter
Postzeitung", können wir für. nichts anderes
halten, als für die Absicht, unscre Tendenzcn
zu verdächtigen und in ein zweideutiges Licht
zu stellen. Jndem wir uns gegenüber unserer
Concurrentin zum crsten und letzten Male gegen
derartige Seitenhiebe die akademische Zugend
nennt sie Sauhiebe — entschieden verwahren,
hoffen wir, bei wiederholtcr Begegnung mit dem
Journal, solches nicht nochmals auf Schleich-
wegen zu ertappen, und einen ähnlichen Vor-
wurf wie dießmal erheben zu müssen.

)( Hcideiberg, 30. März. Mit Recht
wird in den Protestanten-Versammlungen, welche

Schwurgerichtsverhandlungen.

Mannheim, 28. März. Gcgenstanb der heu-
tigen Verhandlung war die Anklagc gegen Eugen
Schiemer von Allfeld und Genoffen wegen Fäl-
schung einer Privaturkunde. Auf der Bank der
Angcklagten fitzcn:

1) Eugen Schiemer von Allfeld, 26 Jahre
alt, lediger Dienstknecht, wegen Diebstahls im
Iahre 1854 und im Iahre 1858 wegen Fälfchung
seines Paßbüchleins bestraft.

2) Ignaz Streckfuß von Allfeld, 32 Iahre
alt, lediger Taglöhner, bereits wcgen Widersetz-
lichkeit mtt 3 Wochen Gefängniß bestraft.

3) Elisabeth Speicher, ledige Wäscherin von
Wieblingen, 37 Iahre alt und im Befitze eineS

4) Ernst Hofmann von HeinSheim, 25 Jahre
alt, lediger Taglöhner, stand ebenfallS in gutem
Ruf.

Der Angeklagte Eugen Schiemer war bis zum
4. Dec. v. I. bei Benjamin Sohn, Thetlhaber
der Firma Stern und B. Sohn dahier, als Haus-
knrcht im Dienst und wurde hierbei öfterS dazu

Nach seinem Austritt zog er zu seinem Landsmanne
Ignaz Streckfuß. Dieser befand fich am Samstag,
den 7. Ianuar l. I., bei seincr Geliebten Elisa-
beth Spetcher in deren Wohnung, als gegen 9 Uhr

hiermit

Mannheim den 8. Ianuar 1865

Stern und B. Sohn für 3,500 fl."

Die Handschrift des Benjamin Sohn suchte er
dabei so täuschend als möglich nachzuahmen und
sagte darauf zu den Anwesenden, daß er auf dieseS
Papier morgen viel Geld bekommen wcrde, womit
er nach Amerika auszuwandern get;enke.

Nachdem er die Urkunde in dte Tischschublade

dcr Speicher gelegt hatte, entfcrnte er fich und be-
ftellte noch in der Nacht einen Dienstmann auf den
l andcrn Morgen 9 Uhr in die Plauken, in die Nähe
! dcs Schncebergs, Am folgendcn Morgen holte Schie-

^ Herrschaft, die Handlung Stcrn und B. Sohn; er
! mögc 1500 fl. in Gold, den Rcst in Papicrgeld
^ verlangen, doch dürfe auch Silber dabei sciu. Dcr
! Dienstmann begab fich hierauf in das Comptoir
! von Ladenburg und wies dem Cassier den Empfangs-
schein vor, der anfänglich Zwrifel in deffen Aecht-
j hcit setzte und ihn deßhalb andcrn auf dem Comptoir
l bcschäftigten Personen vorzeigte, dic aber die Un-
I terschrlft für ächt hielten. Nun fragte der Casficr
den Dienstmann, welchc Geldsorten er wünsche,

aufforderte, bei Stern und B. Sohn nachzufragen,
welche Sorten ausgezahlt werden sollten. Als dies
der Dicnstmann hörte, bemerkte er, er wolle selbst
 
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