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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 April
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Kreisverkjiilüiguilgsblatt sür den Kreis Hcidelberg und aintliches Äerkündigungsblatt für die Amts- und Aints-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wicsloch md dcn Amtsgerichtsbezirl Neckargemünd.

R» ?» » Sonntag, 23. April


L8«S

Deutschland.

Karlsruhe, 21. April. DaS heute cr-
schienene Regbl. Nr 18 enthält Bekanntmachun-
gen des großh. Ministeriums des gr. Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten: Den
Staatsvertrag mit Würtemberg und Großher-
zogthum Hessen über die Herstellung einer Eisen-
bahn von Meckesheim über Sinsheim, Rap-
penau, Wimpfen nach Iaxtfeld betr. d) Die
Staatsverträge mit Würtemberg über die Her-
stellung einer Eisenbahn von Lauda-KönigS-
hosen - Mergentheim, und von Jaxtfeld über
Neudenau, Möckmühl, Adelsheim nach Oster-
burken - betrcffend.

Karlsruhe, 21. April. 27. öffentliche
Sitzung der Ersten Kammer.

Unter dem Vorsitz des durchlauchtigsten Prä-
sidenten, Sr. Großh. Hoheit des Prinzen W i l-
helm von Baden.

Regierungscommiffäre: Sc. Exc. Staatsmi-
nister Dr. Stabel, Se. Exc. Generallieute-
nant Ludwig, und Staatsrath Dr. Vogel-
m a n n.

Der durchlauchtigste Präsident eröffnet die
Sitzung mit folgender Ansprache:

Durchlauchtigste. hochgeehrteste Herrcn!

Daß die großh. Staatsrcgierung Veranlas-
sung genommen hat, den Landtag vor dessen
Schluß noch einmal um sich zu versammeln,
haben wir Alle freudig begrüßt. Wäre es uns
doch schmerzlich gewesen, wenn auf einen so
wichtigen und bedeutungsvollen Landtag ein den
Verhältnissen weniger entsprechender Schluß gc-
folgt wäre, als wir ihn jetzt erhoffen können.
Wir sind, durchlauchtigste, hochgeehrteste Herren!
in der angenchmen Lage, constatiren zu können,
daß der erstc Theil dieser Session nur günstige
Ergebnisse gcliefert und daß ein einträchtiges
Zusammenwirken des Landtags und der hohen
Staatsregierung dem Lande wahre Segnungen
gebracht hat. Wir sind ferner in der Lage,
es aussprechen zu können, daß das verfaffungs-
mäßige Recht in jüngster Zeit cinen bedeu-
tungsvollcu Sieg davongetragen hat über die
einseitigen Ansichtcn der Parteien sowohl, als
auch übcr die Leidenschaften des Tages.

Möchte es immcrhin der großh. Staatsregie-
rung gelingen, untcr Aufrechthaltung der ver-
faffungsmäßig erlaffencn Gesetze dcn Frieden
wieder herzustellen, der uns Allen wünschens-
werth erscheint, zugleich aber das ganze Volk

Turin, 10. April. Zu Castrogiovanni,
einer im Mittelpunkt der Jnsel gelegenen Kreis-
stadt von 14,000 Einwohnern, ist man einem
sonderbaren Verbrecken auf die Spur gekommen.
Sckon seit Monaten hauften fich nächtliche Dieb-
stahle, Uederfälle, Raubangriffc und sogar Mord-
thaten, ohne daß es den emfigen Nachforschungen
der Gensdarmerie und der Polizei möglich gewesen
wäre, auch nur einc Spur von den Verbrechern
zu entdecken. Endlich in ber Nacht vom vergange-
nen Z. gelang es einer nächtlichen Gensdarmerie-
patrouille, fick zweier verdäcktigen Jndividuen zu
bemächtigen, die, vor die Behörde gebracht, der
etne als der Gefangenwärter des Kreisgefängniffes,
der andere als einer seiner Gefangcnen erkannt
«urden. Dieser kostbare Gefangenwärter machte 1n
der Ueberzeugung, daß nimmrrmehr ein Verdacht
auf ihn uttd srine Gefangeuen fallen könne, mit
diesen nächtliche Ercurfionen auf Diebstahl, Raub
und Mord und lebte deS Tags hindurch mtt seinen
Spteßgesellen in Florlbus, so daß eS keinem von
diesen zu entfliehen einfiel. — Nach einer officiellen
Statistik saßen Ende December v. I. in sämmt-

die Ueberzcugung gewinnen, daß das feste Band,
welches den Landtag an die hohe Staatsregie«
rung knüpft, in Nichts gelockert worden ist
und voraussichtlich auch nicht gelockert werden
wird.

Und nun empfangen Sie, durchlauchtigste,
hochgeehrteste Herren, den achtungsvollsten Gruß
Seitens Jhres Präsidentcn und gestatten Sie
ihm, den Wunsch auszusprechen, es möchte
diesem hohen Hause wiederum Gelegenheit wer-
den, jene volle Thätigkeit zu entwickeln, von
welcher es Eingangs dieser Session so schöne
Bewcise gegeben hat. (Forts. f.)

-j-* Karlsruhe, 21. April. Nach längerer
Vcrtagung hat die 2. Kammer heute um 10 Uhr
wieder ihre Sitzungen aufgenommen. Das
Hauptinteresse der heutigen Sitzung beschränkte
sich auf einige wichtige Vorlagen der großh.
Regierung. Es sind folgende:

Der Präsident des Finanzministeriums,
Staatsrath Vogclmann, legte vor:

1) einen Nachtrag zu dem schon früher der
Kammer mitgetheilten Handels - und Zollver-
trag zwischen Frankreich und den deutschen
ZollvereinSstaaten;

2) die verschiedenen Verträge und Vercin-
barungen der Staaten dcs deutschen Zoll- und
Handelsvercins;

3) eine Vorlage über die Einführung eines
neuen Vereinszolltariss;

4) den zwischen Oesterreich und den deut-
schen Zollvereinsstaaten abgeschlossenen Zoll-
und Handelsvertxgg.

Der Präsident deS Handelsministeriums,
Staatsrath Mathy, legte zwei Verträgc über
Eisenbahnanschlüsse vor; nämlich:

g) den zwischen Baden und der würtemb.
Regierung unter dem 18. Febr. 1865 abge-
schlossenen Vertrag über verschiedene Eisenbahn-
anschlüsse im Schwarzwald und Seekreis;

d) den Staatsvertrag zwischen Baden und
der königlich preußischen Negierung vom 3.
März 1865 über Eisenbahnanschlüsse im See-
kreis nebst Schlußprotocoll von gleichem Datum.

Alle diese Vorlagen werden an Commissio-
nen verwiesen; und wird dic Commission über
Erneuerung des deutschen Zollvereins um meh-
rere Mitglieder verstärkt.

Die im 4. Aemterwahlbezirk (Lahr) stattge-
fundenc Neuwahl eines Abgeordneten, welche
auf den Bürgermeister Bittmann von Lahr
fiel, wird von der Kammer nach dem Antrag

lichen Gcfängnissen des Königreichs nicht weniger
als 46,733 Individuen, die Galleoten nicht mit-

Aus Metternich's Briefen an Varnhagen ver-
dient eine historische Anekdote mitgetheilt zu wer-
den, die er Varnhagen am 27. März 1840 in
einem Briefe erzählte: „Dte erste Kunde der Ent-
fernung Napoleon'S von Elba habe ich, und zwar
auf dte folgende Weise erhalten: Eine Conferenz
zwischen den Bevollmächtigten dcr fünf Mächte hatte
fich in meinem Eabtnette in der Racht vom 6. auf
den 7. März bis nach drei Uhr früh erstreckt. Da
die Eabinette zu Wien vereint waren, so hatte ich
metnem Kammerdiener den Befehl ertheilt, mich,
wenn Eouriere spät Nackts ankämen, nicht im
Schlafe zu stören. Dieses Befehles ungeachtet
brachte mir derselbe gegen 6 Uhr früh eine mittelS
Estaffette eingelangte, „dringend" bezeichnete De-
pesche. Als ich auf dem Couvert die Worte: „Vom
k. k. General-Eonsulate zu Genua", las und kaum
zwei Stunden zu Bette war, legte ich die Depesche
uneröffnet auf den nebenstehenden Rachttisch und
überließ mich wieder der Ruhe. Einmal gestört.

ihrer Commission genehmigt, worauf der Neu
gewählte nach »geleistetem Eide sofort seincn
Sitz einnimmt,

Noch bemerken wir, daß Staatsminister
Stabcl beim Beginn der Sitzung die Erklä-
rung abgab, daß das Richtergesetz, welcheS die
Regierung aus schr achtenswerthen Gründen
bisher nicht publicirt habe, in nächsten Tagen
im Regierungsblatte erscheinen werde. Auch
seien die Arbeiten über Errichtung von Han-
delsgerichten im besten Gange.

Von Seitc des Secrctariats der Kammer
wird eine ziemlich große Anzahl eingegangener
Petitionen angezeigt; darunter befinden sich 37
Petitionen auS verschiedenen Gegenden des Lan-
des wider die Schulreform.

Hierauf sprichl der Präsident die Vertagung
der Kammer bis zum Samstag, 29. April aus,
um den Commissionen Zeit zu lassen, ihre Be-
richte über die neuen Vorlagen der Regierung
zu fertigen.

Heidelberg, 21. April. Die Rede,
welche Thiers im gesetzgebenden Körper zu
Paris über die italienische Frage gehalten hat,
gilt vort sür ein Tagesereigniß. Die Urtheile
darüber sind natürlich sehr verschieden, je nach
der politischen Parteistellung. Aber auch die-
jenigen, welche es ihm nicht verzeihen können,
datz er, der von der liberalen Partci gcwählte,
gegen die italienische Einheit und für die welt-
liche Macht des Papstes gesprochen, müssen zu-
gestehen, daß seine Rede immerhin bedeutend,
und Manches darin vom Standpunkte der all-
gemeinen Politik Frankreichs, wie sie ist, und
wie sie nach dem Wunsche fast aller Parteien
sein soll, schwer zu widerlegen sein wird. Der
Gedanke, von welchcm Thiers ausging, war
der, daß ein großer Staat keinen andern großen
neben sich aufkommen lassen darf. Dies spe-
ciell auf Kosten der italienischen Einheit dar-
zuthun, war hauptsächlich dic Aufgabe der Rede
von Thiers. Thiers war gegen den italieni-
schen Krieg von 1859, weil er aus demselben
das Bestreben nach der Einheit Italiens her-
vorgehen sah, und weil er diese Freiheit für
Frankreich durchaus nicht, ja nicht einmal für
Jtalien selbst wünschenswerth erachtete. Ita-
lien, meint er, werde nie für Frankreich eine
nützliche und ergebene Macht sein. Allerdings
ist es heute noch Frankreich getreu, weil es
deffen bedarf, und ohne daffelbe nicht 1>estehen
kann. Allein die Treue dauert nur so lange,

wolltc dieselbe mir jedoch nicht recht zu Gebote
stehen. Gegen 7Vr Uhr entschloß ich mich, die
Schrift zu erbrecken. Sie enthielt in sechs Zeilen
die Anzeige, der englische Commissar Eampbel sei
so eben in dem Hafen erschienen, um fich zu er-
kundtgen, ob fick Napoleon zu Genua nicht habe
erblicken laffen, denn von Elba sei er verschwun-
den, worauf in Kolge der verneinenden Antwort
die englische Fregatte ungesäumt wieder in die See
gestochen fti. In wenigcn Minuten war ich ange-
kleidet und vor 8 Uhr berctts bei dem Kaiser.
Derselbc laS den Bericht und sprack ruhig und
gefaßt, wie er dies in allen großen Gelegenheiten
«ar, die folgenden Worte zu mir: „Napoleon
schetnt den Abenteurer spielen zu wollen; dtes ist
seine Sache. Die unsere ist, die Ruhe, welche er
Iahre lang störte, der Welt zu fichern. Gehen
Sie ohne Verzug zu dem Kaiser von Rußland und
dem Könige von Preußen und sagen Sie ihnen,
daß ich bereit bin, meiner Armee alsbald den
Rückmarsch nack Frankreich zu befehlen. Ich zweifle
nicht, daß die beiden Monarchen mtt mir einver-
standen sein werden." llm 8V» Uhr war ich bei
d-m Kaiftr Alerander, welcher mich mit denselben
 
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