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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0461

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Utidelberger Ztitmig.

Kreisverkündigmlgsblatt für den Kreis Heidelberg und aintliches Serkündigungsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbczirkc Hcidelberg nnd Wicsloch Md den Amtsgerichtsbezirk NeckargemünS.

R


Freitag, 3 Mai


18«S

» Auf die „Heidelbergei
Zeitung" kaun man sich
noch für die Monate
Mai und Zuni mit 42 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten, den Boten und Zeitungs-
trägern, sowie der Exxedition(SchiffgasseNr.4),

* Politische Umschali.

Aus Berlin wird berichtet, am Montag
Nachmittag habe der G-sandte der Vereinigten
Staaten von Amerika, Hr. Judd, die Depu-
tation des AbgeordnetenhauseS, die Hcrren:
Prästdcnt Grabow, v. Unruh, Bocknm-Dolffs:
Dr. Löwe-Bochnm u. s. w. cmpfangcn, welche
die Beileidsadrcsse des Hauses nberreichte. Abg.
Löwe hielt die Ansprache. Die Adrcsfe ist von
238 Abgeordneten unterzeichnet.

Dänemark hat nu» anch die provisorijche
schlcswig-holsteinische Flagge anerkannt.

Dcr Pariser Gemeinderath hat in seiner
letzten Sitzung znr Vollrndung. der projectirten
städtischen Bauverbesserungen eine neue An-
leihe von 3lX) Millionen beschlossen, die in
Obligationen auSgsgebcn werden soll.

Nach der „Köln. Ztg." beruht der Wider-
stand, den die Reise des KaijerS nach Algier
bei den Ministern fand, aus dcr vagen Kennt-
niß eines Complotts, das in Lyon zum Aus-
brnch kommc» sollte. Die Verschwornen (Jta-
liener und cinige Polcn, wie man sagt) wollten
stch am engen Eingang dcr Rue Bourbon aus-
stellen, und dort, ctwa 80 an der Zahl, über
den kaijerlichen Wagcn herfallen. Vor einigen
Tagen ist nun eine Menge der Verschwornen
verhastet worden, und darauf hin wurden die
Hindernisse, die der kaiserl. Reise iui Wege
standen, als gehoben betrachtet. Die ganze
Sache wird ziemlich gcheim gehalten. — Ge-
nanntes Blatt schreibt gleichzcitig auS Paris,
I.Mai: „WLHrend derAnwesenheit deSKaiserS
Napoleon in Lyon trug sich ein eigeuthümlicher
Vorsall zu. Jn der Nacht voin Sanistag auf
den Sonntag, die der Kaiser bekanntlich in
Lyon zubrachte, ertönte plötzlich in der Rue
Madame eine furchtbare Exploston, und ein
ganz mit Blut bedecktcr Mann stürzte aus dem
Hanse herans, wo dic Explosion Statt gefun-
den. Obgleich er schwer vcrwnndet war, konnte
er doch Erklärungen abgcben. Er behauptete,
er sei ein ehemaligcr Fcncrwcrker; er fabricirc
nnschuldige Kuiistfeuerwcrke, welche er an die

Kinder auf der Straßc verkanfc. Bei der Fabri-
kation habe er sich nicht in Acht genommen,
und AllcS sei in die Luft geflogen. Man drang
in'» Jnnere der Wohnnng dc» Mannes. Alles
war dort zertrünimert. Die Ursachen, welche
der Aiann der Polizei über dieseS Ercigniß
angab, schienen ihr nicht bcfriedigend, und er
wurdc verhaftct. Dicser Vorfall crrcgt hier
um so größereS Aufschen, als man schon mehrere
Tage vor der Abreise dcs KaiscrS davon ge-
sprochen, daß stch in Lyon etwas zutragcn
sollte.

Ueber cinigc nähcre Umstände von der Er-
mordung Lincoln's theilt dcr Courrier dcs
Etats-UniS noch folgendeS mit, Vor der Er-
öffnung deS Schauspielhauses (Ford'S Theater)
hatte der Mötzdcr Einlaß zu stndcn gcwnßt,
und traf Vorbercitungeii, die jedenfallS längexe
Zeit in Anpruch nahmcn. Dies erklärt die Ver-
haftung vcrschiedcner bei dcm Theater angc-
stellteii Personen. Zn der Loge deS Präsiden-
ten führt ein enger, düsterer Gang, dcr' von
dem vordercn, für das übrige Publikum bc-
stimmten Gang durch eine kleinc Thüre abge-
schlossen ist. Dicie Thüre hatte der Mörder vor-
hcr mit cinem Stücke Holz fcst perricgelt, sv
daß man sie von anßen nicht össnen noch ein-
stoßen koiintc. Dann machte cr mit cinem
Bohrcr ein kleincs Loch in die Logenlhüre, um
ansspShcn zu köniien waS in dcr Logc vor-
ging; und damik man die Logenthürc nicht
von inncn zuschlicßcn könne, hatte cr an dcrcn
Riegeln die Schraubcn halb aufgeschraubt. Auch
hattc der Mörder die Borstch« gebraucht, die
Sitze in der Loge so zn stellen, daß er ohnc
Hinderniß bis an d-n Präsidcnten gelangcn
konnte: den Schaukelstuhl Lincoln's vorn, den
Sessel dcr Frau Lincoln neben an, einen Stnhl
in die andere Eckc vorn, und daS Sopha seit-
«ärts an dcr Logenwand. So blicb in der
Mitte, zwischen der Logenthür und dem Sessel
Lincoln'S, dcr Platz gänzlich frci; und wirkiich
setztcn sich die Eintrctenden gerade so wie die
Stühlc gcstellt waren. Der Mörder war übri-
genS so dreist, cine Stunde vor dcr That die
Logcnthüre zu öffnen; er blickte hinein und
verschwand wieder. Man achteti nicht darauf,
wcil man annahm, eS habe sich Jcmand zu-
sallig in diese Loge verirrt. — Es ist jetzt
bewicscn, daß ein Mitvcrschworener von Booth
c§ übernommen hatte, auch Johnson zu morden.
Zcfscrson Davis soll bcabstchtigen, nach dcr

Habana zu flüchten. Er hat schön seit längerer
Zeit dort für eine bequcme Zuflnchtstätte ge-
jorgt, indcni er eincm Bankhanse in jener
Stadt 160,000. Dollars zur Aufbcwahrung
übergab.

Deutschland

Karlsruhe, 3. Mai. Laut Allerhöckster
Ordre vom 1. d. M. treten^die durch aller-
höchsten Befehl vom 28. Marz 1864 auf die
Dauer eines Jahres zur Dienstleistung als Or-
donnanzofficiere Sr. Königl. Hoheit des Groß-
herzogs befehligten Oberlieutcnant v. Röder
vom Feldartillerie - Regiment und Lieutenant
Stabel vom (1.) Leibgrcnadier-Regiment in
ihre Abtheilungen zurück. Dagegen werden die
Oberlieutenante: Sigmund von Göler vom
(1.) Leib-Dragonerregiment und Mohl vom
Feldartillerie - Regiment zur Dienstleistung als
Ordonnanzofficiere Sr. Königl. Hoheit deS
GroßherzogS auf die Dauer eines Jahres be-
fehligt.

Dem Rcgiments-Quartiermeister Koch im
Feldartillerieregiment wird dic Dienstauszeich-
nung erstcr Klasse für Officicre und Kriegs-
beamte verliehen.

Karlsruhe, 3. Mai. Das heute erschie-
nene Negierungsblatt Nr. 20 enthält das Gcseh,
die Einführung des neuen Vereins - Zolltarifs
betreffcnd.

-j-* Karlsruhe, 3. Mai. Sitzung der 2.
Kammer. Beim Beginn dcr heutigen Sitzung
ergriff derPräsident derKammer, Hild ebrand,
das Wort, um die bekannten Vorgänge in
Washington nach dem Vorgange anderer Volks-
vertrctungen zur Sprache zu bringen. Scine
Worte sittlicher Entrüstung übcr den ruchlosen
Mord, sowie der gefühltesten Theilnahme für
den edlen, wahrhaft großen Mann, der die Ge-
schicke der großen amerikanischen Republik mit
ebenso weiser als festcr Hand zu leiten ver-
stand, machten auf die Versammlung den tiefsten
Eindruck, die durch Erhebung von ihren Sitzen
zu den Worten ihres Präsidenten ihrc Znstim-
mung gab. Jn glcichem Sinne sprach auch
der Präsidcnt des Answärtigen, v. Roggen-
bach, der zuglcich mittheilte, daß die großh.
Regierung durch ihren Consul der Regierung
der Vereinigten Staaten ihre Theilnahme und
Sympathien werde mittheilen lassen.

Auf der Tagesordnung stand der von dem

Die Frühlingsnacht.

Es trennte fich der Freunde Kreis,

Ich aber schreite noch die Runde,

Und es umspinnt mich lind und leis'

Der wunderbare Reiz der Stunde.

Es blüht die Flur, ihr Frühlingsglück
Entstand wie durch ein Zauber-Werde,

Und liebend senkt der Sterne Blick
Sich aus die jungfräuliche Erde.

Und Ruhe ringS — es athmet kaum
Die Fülle heimlich-trauten Lebens,

Und leis' und träumend wiegt der Baum
Sein Blüthenhaupt — und nicht vergebens.
Es klingt daS Lied der Nachtigall
So zauberreich in stillen Nächten,

Und hell und heller tönt ihr Schall,

Wie wenn die Töne Segen brächtcn.

Und weit und weiter wird daS Herz
Und Duft und Weihe nah und ferne,

Des Schlosses Festen, Glück und Minne,

Und murmelt leise — „gute Nacht".

Strathmann.

Ändrew Iohnson, Präsidenl der Vereinigten
Staaten.

Kraft der Verfaffung der Bereinigten Staaten
tritt bei dem vorzeitigen Ableben oder freiwilligen
Austritte des Präfidenten der Vice-Präfident an'
defien Stelle. Abraham Lincoln tst ermordet; An-
drew Iohnson hat wenige Stunben nach dessen
Htnscheidcn den vorgeschriebenen Huldigungs-Eid

außerordentliche Ereigniffe etntreten, während der
nächsten vier Iahre das Haupt des mächtigen Frei-
staates der Erde setn. Amrrikanische Blätter haben

uns erzählt, daß er bei einer feierlichen Gelegen-
heit im Senate vor Kurzem stark angetrunken war
und fich in einer ungeziemenden Wcise benommen
hatte, daß der Versammlung darob die Sckamröthe
ins Gesicht stieg. Sie haben unS ferner erzählt,
daß er ein leidenschaftlicher, hitziger Mann sei, der
fich durch Jmpulse leicht hinreißen lasse, das Ge-
gentheil deS milden Lincoln, dem sich eine Unzahl
schnurriger Geschichten und humorreicher Anekdoten,
aber keine einzige übelmeinende, rachsüchtige Aeuße-

Es ist nothwendig, dem vielverbreiteten Vorur-
theile entgegenzutreten, daß Iemand Präfident oder
Vice-Präfident der Vereinigten Staaten werden
könne, ohne irgendwie früher bedeutende Posten
bekleidet zu haben, oder gar, daß Unbedeutendheit
eine Haupt-Eigenschaft aller jener sei, die zu den
höchsten Würden der großen Republik berufen
werden. DieS ist eine schlechterdingS unrichtige An-
schauung, entstanden aus der richtigen Erfahrung,
daß die hervorragendsten Führer der bei der Wahl
einander gegenüberstehenden Parteien selten noch
als Präfidcntschafts-Eandidaten Erfolg hatten.
Der Grund ist bekannt; er liegt in der Natur der
 
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