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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 April
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Mittwoch, 26 April


18«L.

* Politische ttmfchau.

Jm Verlage der k. Geh. Ober - Hofbuch-
druckerei in Berlin ist eine staatsrechtliche Unter-
suchung über „Preußens altes Recht an Schles-
wig-Holftein" erschienen.

Die „Flensb. Nordd. Ztg." erhält aus Ber-
lin, 22. April, folgende Privatdepesche: „Die
Differenz über die Angelegenheit des Kieler Ha-
fens ist ohne Bedeutung. Den preuß. Schiffen
ist nicht befohlen, die Bucht zu verlaffen. Preu-
ßen bleibt im Hafen."

Wiener Nachrichten stellen es außer Zweifel,
daß Preußen Oesterreich vorschlug, die Volks-
vertretung der Herzogthümer zum Behuf der
Berathung des künftigen Schicksals des Landes
einzuberufen.

Der belgische Senat hat in feiner Sitzung
vom 24. April daS Gesetz bezüglich der An-
leihe von 60 Millionen genehmigt.

Mach einem Bullettn des „Moniteur belge"
vom 23. April, AbendS Uhr hat die Bes-
ferung in dem Befinden Könjg der Belgier
während des ganzen Tages Fortschritte gemacht.

Ueber die Katastrophe in der nordam. Union
werden noch folg. Einzelheiten mitgetheilt: Gen.
Lee hat nach zweitäg. Unterhandlungen mit Ge-
neral Grand capitulirt. Die Bedingnngen sind:
Dic Waffen werdcn abgeliefert, die Mannschaf-
ten genießeik gegen Parole freien Abzug. Die
Reste des Lee'schen Heeres werden auf 25,000
Mann geschätzt. Ein Unionscorps hat Lynch-
burg besetzt. Die Generale Forrest und Roddy
sind angeblich durch Wilson zu Selma (in
Alabama) gefangen genommen worden. Die
Belagerung von Mobile schreitet befriedigend
fort. Die Legislatur Virginiens beräth mit Er-
laubniß der Union demnächst in Richmond
über die Mittel zur Wiederherstellung des
Friedens. Die Proclamation Lincoln's, welche
die Haupthäfen dcs Südens vorerst für ge-
schlossen erklärt, verlangt vom Auslande die
Aufhebung der bisherigen Ausnahme-Vorschrif-
ten sür die Kriegsschiffe der Union. Die Jour-
nale betrachten dic Rebellion als beendigt.
Staatssccretär Seward ift auf der Genesung
begriffen.

Hr. Lincoln sagte in einer Rede, die letzten
Erfolge gäben Hoffnung auf einen nahen und
gerechten Frieden. Die Reconstituirung sei voll
von Schwierigkeiten, dic durch die Verschieden-

* Vorträge im Museum.

Heidelberg, 23. April. (Schluß.) Jm wei-
teren Verlaufe seines Vvrtrags ging dann Häuffer
auf eine nähere Charaktcristik ihrer Correspondenz
ein, von der er mannichfache Proben vorlas. Sckon
dte Briefe an ihre Tante in Hannover füllen 22
Foliobände, von denen einige 1000 Blätter ent-
halten, dies beweist die Rastlosigkeit ihrer episto-
laren Thätigkeit. Der Styl der Briefe ist nicht
streng correct, wie es das damalige Deutsch über-
haupt nicht war, aber er bekundet selbst nach dem
N.rtheil eines Leibnitz viel Originalität, Reichthum
im Ausdruck und Leichtigkeit in der Verbinduug
der Gedanken. Die Correspondenz bekundet den echt
deutschcn Sinn der Fürstin nach allen Richtungen
hin. Ein Dcutscher ist der Fürstin mehr wcrth als
„alle Engländcr zusammengenommen". Die deutsche
Küche, die deutsche Trackt, die deutscken Lieder
ffnd ihr am liebsten; der Pfälzerwein fteht ihr weit
über dem Burgunder. In Heidclberg speciell ist
die beste Luft, daS beite Wasser, find die besten
Kirschen. Jn Frankreich kennt man nicht einmal
Sauerkraut, braunen Kohl und die Pfannkuchen.
Jhr deutscher Jagdrock ist ihr Lieblingskleid. Jn
Betreff dcr Bastardwirthsckaft und der Polygamie
am Pariser Hofe thut sie scbarfsinnige prophetische
Blicke tn die Zukunft. Die Frömmlerin Maintenon
haßt fie gründlich und beehrt fie mit drn derbsten
Namen. Zhr ist die höchstc Religion die „der ehr-
lichrn Leute", das Dogmatische erkennt fie tn seiner

hüt der Meinungen unter der Bevölkerung nur
vermehrt werden könnten. Es komme wemg
darcmf an, ob die Staaten innerhalb oder außer-
halb der Union gewesen seien; alle — sagt
Hr. Lincoln — müffen Antheil nehmen an
den nochwendigen Handlungen für die Wieder-
herstellung regelmäßiger Beziehungen zwischen
den Jnsurgentenstaaten und der Union. —
Hr. Lincoln hckt die Schließung der Mehrzahl
der Häfen des Südens angeordnet. Man glaubt,
daS Verfahren habe den Zweck, den Handel
in diesen Häfen bis zum Abschluß des Frie-
dens zu verhinoern.

Der Gerichtshof von Toronto (Canada) hat
die Plünderer von St. Albans freigesprochen.

D e u t s ch i a n

-j-* Karlsruhe, 22. April. Ueber die
Sitzung der zweiten Kammer vom 21. d. M.
tragen wir noch Folgendes nach. Die Erklä-
rung des Justizministers, daß das Gesetz über
die Unabhängigkeit des Richterstandes LeineS-
wegs aus Gründen, die im Gesetze felbft lle-
gen, fondern aus wohlerwogener Rücksichl auf
das öffentliche Jnteresse von Seiten der Regie-
rung bis jetzt zurückgehalten worden jei, und
daß dasselbe nun bald so wie es mit den Stäu-
den vereinbart worden, publicirt wordcn soll,
hat in und außer der Kammer große Befrie-
digung erregt. Denn von Seiten der ultra-
montanen Partei wurde auch dieser Punkt auf-
gegriffen, um Verdacht gegen die constituüouelle
Consequenz des jetzigen Ministeriums zu er-
regen. Der vollkommen rechtfertigende Grund
der Verzögerung liegt darin, daß die Regie-
rung über die Wirkungen unserer neuen Zustiz-
organisatton in snbjectiver Beziehung, na-
mentlich auch hinsichtlich der bei größeren Be-
zirksgcrichten zu verwendenden Zahl von Ein-
zelrichtern, ferner bezüglich der etwa erforder-
lichen oder entbehrlichen Substitute der Staats-
anwaltschaftu. s. w., nähere Erfahrungen machen
wolltc, um sichere Anhaltspunkte für das Ver-
fahren zu gewinnen. So viel wir wissen, stellt
sich jetzt schon die Möglichkeit heraus, im Etat
der Justiz manche Ersparungen durch Minde-
rung des Personalbestandes eintreten zu lassen,
und dadurch den außerordentlich gesteigerten
Aufwand in diesem Zweige unseres öffentlichen
Lebens etwas zu rednciren, und mit den Ein-
nahmen des Staates wieder in ein angemessenes

Verhältniß zu bringen. England, das uns
dock in so Vielem als das constitutionelle
Musterland gilt, ist seit Jahren fortwährend
bestrebt, seine Staatsausgaben zu mäßigen,
und durch ein weises Sparsyftem die Kräfte
des Landes und Volkes für eine Zukunft zu
sparen, die vielleicht in nicht weiter Ferne lie-
gend, jcne in sehr erhöhtem Maße in Anspruch
zu nehmen nöthigt zu Leistungcn, die das Land
ohne Gefahr nur dann tragen kann, wenn seine
Mittel nicht zum Voraus erfchöpft sind. Durch
diese staatskluge Politik war das gegenwärtige
liberale Minifterium in Stand gesetzt, die An-
griffe seiner Gegner wirksamer zurückzuweisen
und das Vertrauen der Mehrheit im Parla-
mente und im Volke sich zu erhalten, selhst
dort noch, wo Mißgriffe oder weniger popu-
läre Maßregeln seinen Bestand zu erschüttern
drohten. Als der Finanzminister Gladstöne
auch diesmal wieder mit einem Budget, das
durch verftändige Ersparnisse über 3 Mill. Pfd.
St. nachweist, vor das Parlament trat, fand
die Opposition für gut, ihre wegen deS däni-
schen, amerikanischen Krieges u. s. w. scharf
geschliffene Waffe wicder ruhen zu lassen.

-ß* Karlsruhe,24.April. DieinderSitzung
vom 21. d. M. von den Präsidenten des Han-
delsministeriums, sowie der auswärtigen Ange-
legenheiten der zweiten Kammer vorgelegten,
mit Würtemberg und Prenßen abgeschlossenen
Staatsverträge enthalten die genauen Beftim-
mungen über den Bau und Betrieb von 8
neuen Verbindungsbahnen und Anschlüffen.
Wir behalten uns vor, auf das Einzelne dieser
für unseren Verkehr aber auch für unsere
Finanzen sehr bedeutsamen Vereinbarungen bei
den Debätten in der zweiten Kammer, welche
schon in nächster Woche bevorftehen, zurückzu-
kommen. Für jetzt begnügen wir uns, diese
umsangreichen neuen Eisenbahnprojecte zur
Kenntniß unscrer Leser zu bringen. Es sind
folgende:

1) eine Eisenbahn von Calw durch das
Nagoldthal nach Pforzheim, zum Anschluß an
die badische Durlach-Mühlacker Bahn;

2) eine Eisenbahn von Wildbad durch das
Enzthal, zum Anschluß an dicselbe Bahn;

3) eine Eisenbahn von Rottweil über Schwen-
ningcn nach Villingen, zum Anschluß an die
badische Schwarzwaldbahn;

4) eine Eisenbahn von Tuttlingen über
Möhringen nach Jmmendingen, zum Anschluß

Gefährlickkeit und Nutzlofigkeit. So zeigt fie in
jeder Beztehung Adel der Gcfinnung und einen
von Vorurtheilen nickt befangenen Geist. Jn den
letzten Tagen Ludwig XIV. tritt fie diesem, von
echt weiblichem Mitgefühl gedrängt, plötzlich näher,
fie tröl^et den unglucklichen Monarchenund er

ohne darübcr zu frohlocken, und ein^ruhige? ^r-
gebener Heimgang in's Ienseits schließt ihr Leben
harmonisck ab. Ihr Andenken, fchloß Häusser,
wird der Erinnerung aller Deutschen und nament-
Uch der Pfälzer immer theuer sein; denn wohl nie
hat eine Fürstin auf fremdem Boden deutsches
Wesen so treu und unversehrt bewabrt als fie.
Dies erwirbt ihr ein unzerstörbares Anrecht auf
unsere Liebe. Zugleich hat fie, wie selten ein
Mensck, die Wahrheit deS Wortes dewährt^ daß
unser Glück in unserem Innern, nicht in dcn äuße-
ren Lebensverhältntffen, die uns umgeben, be-
gründet ist.

Heidelberg, 20. April. Mit Vergnügen haben
wir gelesen, daß Herr vänden Berghe, deffen
Vorlrsungen clasfiscker Werke schon in Stuttgart
etne verdiente Anerkestnung fanben,^üch hter am
26. d. M. eine dramatische Vorlesung, uud zwar
die des „Richard 1U." veranstqltrn wird.

Shakespearc hat in dem geschichtlichen Cha-
rakter Rickard lll. einen gewaltigen Unhold ge-
zeicknet, wie deren zum Glück bte Geschtchte nur
wenige bietet, welcher aus blutdürstiger Politik
die beiden schuldlosen Prinzen Eduard uud R i-
chard im Tower ermorden, seine besten Freunde
enthaupten und feine eigene Mütter dcr Blutschuld
bezeihen ließ, in drssen blutigcr Zeit die Sckreck-
niffe jenes über 30 Jahre währenden Krieges
zwischen der weißrn und rothen Rose durchgekämpft
wurden und welcher endlich (1485), der Letzte der
Plantagenets, als er seine Macht gebrochen sah,
in den Kampf stürzte und mit unzähligen Wunden
bedeckt, beinahe unkenntlich auf dem Schlachtfelde
aefunden wurde.

IeneS große dramatische Werk, welches ein
lebendtgeS Spiegelbild jener geschicktlichcn Zeit
bietet, wird Herr van den Berghe mit bekannter
Meisterschaft vortragen, weshalb wir nicht zwei-
feln, daß derselbe anch hier einen auserlesenen
Zuhörerkreis erhalten wird. R. W.

Der „Anzeiger für Lobenstein-Ebersdorf" Nr. 27
! entbält nnter Tagesgcschicbte:

„Zur Ebersdorfer Ausstellung. Se. Durchlaucht
der gnädigste Erbprinz haben eincn kostbaren filber-
nrn Pokal mit Widmungstnschrift versehen, alS
ersten Preis für inländtsches Rindvieh dem
Vereinsdirektorium zustellen lassen."
 
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