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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0111

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Ukidrlbkrgtr Irilmig.

KceiSiierküildlgMgSblatt für den Kreis Hndelberg und anitliches Berkündigungsblatt für die Amts- uud AmtS-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wiesloch und den Amtsgcrichtsbezirk Neckargemüild.

M- 2«. Dienstag, 3l Za-mar K8«S.

Auf die „Heidclberger
Zeitung" kauu man sich
noch für die Monatc
Fcdruar und Märg mit 42 Kreuzcrn abonniren
bci alsen Postänstalten, den Boten und Zci-
tnngsträgern, 'sowie der Expedition (Schisf-
gasfe Nr. 4),

* Poiitische ttmschau.

Wie oer „Frkf. Postztg." tclegraphisch ge-
meldct wird, erwiederte Prcuhe» auf das'An-
dringen Ocfterreichs wcgen Bcschlennignng der
rücksiändigen Antwort, dah dieselbe anf drr
Grundlage der nothwendigen Arbeiten der Fach-
ministcr der Bcendignng entgcgcnreift.

Eine untcr dcm Vorsitzc des verdicnswollen
Stadlrathes Herrn Classen-Kappelmau» abge-
haltene höchst zahireiche Versammlung oon
Wählern beschloß dem Präsidentcn dcS preuß.
'Abgcordnetenhauses Hrn. Grabow — uriter
Beisügung einer ZustimmuugSadresse zu seincn
bei Uebernahme des Vorsttzes ausgesprochenen
Wortcn — eine Bürgerkrone zu überrcichen.

Die Arbcitcrocreine in Haniiovcr' und in
Berliu sind vom Kaijer Napolcon eingciaden,
zum ArbcilcrvcreinStag am S. Fcbruar izach
Paris Äbgcoronete zu scnden, weichen von
Slraßbnrg ab freic Aahrt und Bcwirthung zu-
gejagt ist.

Ein officiöser Münchener Artikcl der „Allg.
Zeituug" vcrjichert, daß die Mitthcilung, ivo-
nach dic Regierungen »ou Baycrn und Sachscn
ihrc Zusiimmung zu der Politik Oesterreichs in
dcr Hcrzogthnmei - Singelcgenheit nach Wien
kundgegeben, welchem Schritlc sich jctzt auch
Würtcmdcrg angejchlossen hättr, — in die Ca-
tegorie jencr ZcitungSderichte gehöre, wclche
fabrikmäßig in die Wclt geschleudert werden,
um diese zu dupiren.

Die portngiesische Regierung hat in Betrcss
der päpstiichcn Enchclica dassclbe Versahren be-
obachtct, wic die französischej sie ha! bloß dic
Veröffcnllichuiig der auf das Jubilänm bezüg-
lichen Stlllen der Encpclica crianbt.

D e u t s ch L a n V.

Karlsruhe, 24. Jan. Die Anträge und
Wünjche bczügtich der Stellung des Prediger-
seminars in Heidelberg sind nichts weniger als
neu. Schon vor mindestens 12 Jahren war

der Wunsch ausgesprochen, das Jnstitut als
rein kirchliche Anstalt zu betrachten. Es ist
aber bisher, wie eS ost im Staatsleben geht,
nicht dazu gekommen. Faktisch hat indessen
die oberste Kirchenbehöroe, wie dies schon in
dem ältern Statut angeordnet ist, das Necht
der Mitwirkung bci allen wichtigeren Änlässen,
und nach den Anschauungen hat sich der Ein-
fluß der Kirchenbehörde, da es sich hier wesent-
lich um eine kirchliche Einrichtung handelt, noch
bedeutend vermehrt.

F Heidelberg, 28. Jan. Unserer Be-
merkung vom Gefrrigen haden wir Folgendes
anzusügen: Es steht außer allem Zweifel, daß
die jetzige preußische Negierung den sesten Ent-
schluß hat, die den Dänen entrisseilen Elbher-
zoglhümer zu annexiren oder mindesteuö in
cin sotches Abhängigkeitsverhältniß zu bringen,
welches den spätern gänzlichen Ansall an Preu-
ßen vorbereitet. Bei Allösührung dieses Ent-
schlusses sieht sich nun Prcußen völlig isolirt,
ja in Opposition gegen alle Welt. Sämmt-
liche Großmächte widerstreben demselben, jede
aus einem andern Gruude. Sollen nun trotz
alledem die Plane des Ministerinnls Bisinarck
ausgeführt werden, so ersordert dies eiue Politik
der Kühnheit, welche dem preußischen Staate
leicht schwere Opser ausLrlegen, ihn großen
Gesahren preisgeben kann. Eiue solche Politik
ist selvstverständtich ohne die Bereitwilligkeit der
Kammern, dcm Minifterium die fiuanziellen
'Dkittel, die hiezn nothwendig sind, zur Ver-
sügung zu stellen, nicht durchsührbar, da die
Ersparnisse des Staateö erschöpst sind und neuc
Steuern und Abgaben ohne die Bewilligung
dcs Hauses nicht erhoben werden können. Deß-
wegen auch, und sicher aus keiliem andern
Grunde ertönen die Syrenengesängc der Äii-
nister, entrollend das verlockende Bild ver-
schärster constitutioueller Zustände, wenn die
2. Kammer nur einen anvern Probirstein, als
die Militärorganisation an ihr Budgetbewilli-
gungörecht antegen wolle; dagegen hal sich so-
gar Bismarck im Herrenhause constitutionell
geberdet. Uebrigens werden, wie schon des
Abgeordneten Twestens Vortrag annehmen läßt,
die preußischen Volksvertreter, trotz der ver-
lockenden Worte ihrer Minister, aus ihrer Hut
sein, und ihre Rechte nach wie vor mit allem
Ernste wahren.

Ö Auö dem Seekreis, 25. Januar.
Jean Paul schrieb im Jahr 1816 sotgende

denkwürdige, in unserer Zcit sehr beherzigens-
werthe Worte: „Der philosophische Streit
scheint sich immer mehr in einen theologischen
ausznlösen; denn wir haben jetzt neben den
sreien Christen Mittelchristen, A'lchristen, Ueber-
christen und Nomchristen. Ucbcrhaupt scheint
— wenn der gut gemeintc Ausoruck nicht zn
kühn ist — der Dentsche ein geborner Christ
zu sein; und nie kann die Neligion aller Ne-
ligionen das ehrliche, treue, warme, ruhige
Herz der Deutschen verlassen, welche ihren
Ernst weder durch Glulh der Phantasie dür-
stend verflüchtigen, noch die Andacht durch
bloßen Verstand vereisen. Unsere allseitige
Milte in Allem, in Klima, Geift und Herz
eignet sich ja zum Mittelweg, wetchen Tugend
und Christenthum foroern." Diesen Mittetweg
zu gehen ist die Absicht und das Streben der
Männcr des Fortschruts, welchen die Ucber-
christeu und die-Nomchrlsten nül Unrecht den
Vorwurf machen, daß sie die kalholische Neli-
giön unterbrücken oder wohl gar auSrotten
wollen. Dieser Dorwurf ktingt elwas mehr
als naiv; denn wozu die Besorgniß, weun
selbst „die Psorten oer Hölle jcne Kirche nicht
überwältigen können?" — Dann sind Furcht
und Angst überflüssig und ftehen im enlschie-
denen Wideripruch mit der großen Zuversicht,
die jeden Sonntag von den Kanzeln gcdonnert
wird. Nein, der Vorwurf ist ungcgründet; die
katholischen Mäuner deS Fortjchritts verlaugen
nur Pftichtersüllnng von ihrcn kirchlichen Be-
hörden, sie fordern Anordnung gemischter
Synoden. Sie sind überzcugt, daß die Be-
höroen gar wohl wifsen, es sei ihre Pflicht,
dieser Forderung Geilüge zu teisten, und daß
sie es nur deshalb unterlassen, weil sie die
Lämmer nicht blos weiden wollen, wic Christus,
sondern beherrschen, wie die Päpste deS Mittcl-
alters. Diese Beherrschung wollen sich die
katholischen Männer des Fortschrittes nicht
wiever gefallen lassen; daher ihr Slreit mit
dcn nach mittelalterUcher Herrschaft strebenden
Kirchenbehörden. Dicsen Slreit kann kein
päpstlicheS Rundschreiben hcben, vielmehr hat
daö neuestc die Gemüther der rcformireunolichen
Katholiken in Deutschland mit noch größerer
Abneignng gegen die herrschsüchtigen Tendenzen
Rom's erfüllt, dcnen sie sich nimmermehr un-
terwerfen werden. Das ift die sefte Gesinnung
der Neformfreunde.

Fi ankfurt, 27. Zan. Jn der geftrigen

fert, von vrnen woyl die Bestunt>rrichteten, außer
den bei der dunklen Affaire nächftbethriligten Per-
sonlichkeiten, nichts ahnten. Es hat sich eine Menge
neuer Incidenzpunkte herausgestellt, wodurch der
.objrctive Thatbestand hervortritt. Der Pionier No-
wak bat den Sachverhalt folgendermaßen crzählt:
„Um Uhr Nachmittags deö ö. October beauf-
tragte thn Lieutenant Krause, er solle Brenumate-
rial holcn, und um r/,2 Uhr machte cr das Feuer
an. Dann holte er Ungarwein, 4 Portionen But-
terbrov mit kaltem Aufschnitt und führte noch ver-
fchtedcne Belorgungen aus. Um Uhr hakte er
die Osenklappe zugemacht, nachdem er sich über-
zeugl, daß ble Kohlen bis aus kleine Gluthstücke
auögebrannt waren. Die vorhandenen Rcste wur-
ben von ihm vollständig zerschlagcn. Ls war AlleS
so dnrchgebrannt, daß nur die reine Ascbe übrig
blieb." Auf die Vorhaltung, inwicfern seine hcu-
tigen Angaben von den srüheren, wonach er das
Kcuer erst zwischen 2 und 3 Uhr angemacht rc..
abweichen, crwieberte Zeugc, er habe vorigesmal
ebenso auSgesagt. Demnach wurde ein Mißverständ-
niß constatirl. Die Ofenthür ist nicdt hermetisch
vcrschließbar; sie befteht aus einer eiscrnen und
messingenen Dvppelthür. — Zeugin Antonie Dro-

miffarisch vernommenen Lieutenant Krause wurde
verlkskn, von ber Verlesung der Richthofcnschen
Aussage dagegen abgeschen. — Bei der Vcrneh-
mung der militärärztlichen Obducenten mußte Ba-
taillonsarzt Dr. Rawicz einräumcn, oaß das Ob-
ductionS-Protocoll in mancher Hinsicht lückenhaft
ist. Kreiephysikus Dr. Hoffmann, welcher bieß
näher oarlegte, erklärte, die Möglichkeit, daß die
Agncs Sander bei der ungewöhnlichen psychischen
Aufrcgung, die sich ihrer bemächtigt, in Folge dcr
Einathmung oes Kohlendunftes gestorben, set wohl
vorhanden, keineSweges aber dte absolute Gewtß-

heit dieser TodeSursache dargetban. Der Staats-
anwalt Heinkc sagte in^scinem Plaidoyer, es hanble

d>r öffentlichen^Mcinung Viechnung gctragen werde.
Er sei weit entfcrnt, bie öffentliche Meinung alS
eine berechtigte Macht anzuerkennen; doch liege rs
im öffeiillichen Interesse, daß die irregeleitete Mei-
nung auf ven rechten Weg gcsührt werde. DieS
sei die Antwort auf die vielfach ergangenen Fragcn,
warum die alte und, wie auch gesagt, swmutzige
Geschichte noch einmal gerichtltch verhandelk wird.
Er hielt die Anklage aufrecht und motioirte bte
bereits gemeldeten Strafanträgc. Iustizrath Koerte
stützte seine Vertheidigungsrede auf die Eindrücke,
wlttche^das Ereigniß s. Z. hervorgebracht, die rnan-

steUnngen ergebem^nvkm die Staatsanwaltschaft
replicirte, räumte sie ein, dciß der Belastungs-
beweis in vielen wesentlichcn Punkten lückenhaft
gcblic-ben und somit die Ankiage'theilS erschüttert,
theils widerlegt sei.

(Schiffbrüche an der englischen Küste.)
Nach der „Shipping Gazette" sind in dritter Woche
d. M. an ber eiiglischen Kü'te 85 Schiffbruche vor-
gesallen; seit dem 1. Ianuar biS jetzt 212.
 
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