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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0045

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Ukidelbkrgtr Ikituilg.

KreisverkiiiiaigUllgsblatt siir üen Kreis Heidelberg und amtliches ^erkiiiidigungsblatl fiir die Amts- und Amts-
Gerichtsbezirlc Heidelbcrg und Wiesloch und dcu Amtsgerichtsbezirl Neckargemünd.

M L1. Kreitag. »»- Za»uar


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beiluge „Heidelber-
ger Kamilienblatter" fur das mit 1.
Januar 186S begonnene L. Quartal
werden fortwährend angeuommen.

Die Vxpedition

W Der vreußische Landtag

wird, wie bekannt ist, auf dcn 14. d. M. ein-
berufen werven, uno die inneren potilijchen
Zerwürfnisje in Prcußcn, die scit dem Schtujse
der vorigen Sejsion einigermaßcn ruhten, wer-
den nun wieder in den Loroergrund treten.
Leider darf mau sich, wie die Dinge jeyl stehen,
keine bejondere Hosfnungen zu Gunjten der
tiberalen Sache machen. Nach den bisherigen
Nachrichtcn sotl unler den verjchiedenen Frac-
tionen der tiberaten Partei eine gcwisse Unklar-
heit und Zerfahrenheit, im miniftcrictten und
feudaten Lager dagegen viel Zuversicht yerrfchen.
Man gcht in tetzterem bavon auö, daß die Re-
gieruugöpotilik fejt genug begrnndel jci, um
gegen atle etwaige Oppojition der Kammer
dehauptet werdcn zu können. Der König setbst
jotl zu Cvnccjsiouen in der Üirititärfrage weni-
ger atö je geneigt sein, und es soU der Krieg
gegen Länemark, die Ertedigung dcr Zottver-
einsfrage und die nach Außen m Anspruch
gcnommene Machlstellung — wie man jagt —
jclbst eine Art Umschtag in der allgcmeinen
Stimmung zu Slande gebracht habcn. Die
Regicrung wirb nun dicsen (wirttichen oder
schembaren) Umschtag zu conjotidiren lrachten.
Um diescS zu bcwcrkstelligen, wird sic haupt-
sächtich ihre spezifijch preußijchcn Znteressen in
der schteswig-hotflelnischen Frage fejthatlcn und
in der deutjchen Potltik das Zict energijch vcr-
solgcn. den Mittctjtaaten jcde Gettcndmachung
ihrer Stellung durch den Bund abzujchneiden.
Dagcgen wird sie sich den Anjchein geben, ats
wolle sic durch Vortagen in Bezug auf die
innere Polilik (z. B. durch ciue jotche auf
Einführuug der voUcn Gewcrbefreiyeit), das
materiellc Wohtbefinden deS VotkeS fcjt im
Auge haben, und jedcn vcrnünfligcn Horlschritt
auf dicjem Gcbicte begünsligen. Hwrzu
lommt, daß jich daS Ministerium in der Lage
bestndct, wcder eincr Anteihe, noch einer neuen
Steuer zu bedürfen, und daß eS deShalb im
Wejentticheu dic frühercn EtatS einbringcn

kann. Wenn nun selbst das Abgeordnctenhaus
von jenem angeblichen Umschlag der öfsenttichen
Meinung nicht berührt ist und seine früheren
Beschtüsse hinsichttich deö BudgctS wiederhoten
wird, so gtauben die Anhängcr oer Negierung,
deren Stellung habe sich so sehr befeftigt, um
sogar einc einfache Schlicßung der Kammer
und eine Fortregicrung ohne Budgel wagen zu
können (!). Jm schtimmflcn Fall, so denkl
man, wäre dann wicder ein Zahr sür die Be-
sestigung der Regierung im Znnern und sür
jcnc Verfolgung der preußischen Interessen nach
Außen gewonnen, wetcher Hrn. v. Bismarck all-
mätig einen Anhang im Lande sctbst vcrschaffen
joll. Zn den Kreisen der Opposition soll man
diescS auch durchaus nicht verkenncn, und —
wic die Sache nun leidcr einmal tiegt — auch
weit davon entfernt scin, die cigcucn Kräfte zu
überschätzen. Die Führcr dcr Fortschrillöpanei >
sehcn, daß die Stimmen sich vcrmehrcn, wetche
'einer AuSgleichung geneigt sind, und, würdc
die Ncgierung ihrcrseits vou ihrcu Coujequenzen
ctwas abgehen und sich z. B. zu cinem kteinen
Zugcstänoniß in der Militärfrage bequcmen, so.
wärc ein Compromiß nichl mnmögtich. Setbjt
hicrzu scheinl aber daS Minifterium Biömarck
durchauS nicht geueigt zu sein, und würde —
wie cs heißt — nicht ciumat dcn Versuch
machcn, die annexionistische Stimmung eines
TheilS der Kammer ats Hebct zu einem Aus-
gteiche deS Couflictes zu benützen. Gerade in
Bezug auf diejen Gcgcnstand, zuuächst die
schteSwig-hotfteinische Frage betrestcnd, wird
nämtich, allcm Anjchein nach, in der ivtajorität
der zweiten Kammcr keine völlige Einigkctt
herrschcn. Die bisherigen Verhandlungen zwi-
jchcn dcn verschiedenen Führcrn haben dics
saltsam gczeigt: Einc Vereinigung war bisher
unmöglich, und man kounte zu keiuem andern
Rejultatc getangen, als dcm, von allen Seiten
eine möglichft lanzc Passivität iu dieser Ange-
lcgenheit bcobachleu zu wollcn. Wcnn nun
avcr die Regierung in irgend einer Wcise den
Partcien eS unmöglich machcn wollte, in diescr
Passivität zu beharrcn, jo liegt cine Sprcuguug
dcr Majorität und ein parlamentarijchcr Sieg
nicht außer dem Bcreichc der Möglichkeit. 9kach
Aeußcrung der offiziösen Organc soll übrigens
dcrselbcn nicht einmal damit gcdicnt scin: Sie
will dic Fortschrittspartei nicht nur sprengen,
sondern völlig beseiligen!

Untcr allen diescn Umständcn sind dic jetzi-

gen Aussichten für die liberale und deutsch-
nationale Sache in Prcußen düster genug.

* Politische Umschau.

DaS „Dresdener Journal" verkündigt, daß
dae neue bürgerliche Gesctzbuch mit dem ersten
März d. Z. in Kraft treteu wird.

Der „Constitutionnel" äußert in bemerkens-
werther Weije: „Die Gcschichle der Vcrgangcn-
heit zcigt, daß die von deu Mittelstaalen ge-
machten Verjuche, sich von der austro-preußi-
jchen Suprematic zu befreien, niemalS vom
Erfolge gekrönt wurdeu, und dics weniger
wegcn dcr matcriellen Uebcrlegenheit der bciden
Großmächle, als bejonders weil den Mittel-
staalSrcgierungen die votksthümlichen Sympa-
thien feylten. — Die klcincn deutschen Slaalcn
umfassen mchr als eiu Drittheil dcr Gesammt-
bcvölkerung DcutschtandS; sie haben also alles
Recht zu vertaugcn, daß ihre Wünschc bcachlet
werden. So lange aver die Opposition der
klesnjtaatlichcn Höfe keincn andern Zweck hatle,
als die reiudynastischeu Zutercsscn zu bcfricdi-
gen, hiclt sich dic ösienlliche Meinung von
ihnen cnlfernt. An dem Tage, an welchem
dieje dyuaftljchcn Zutcresicn sich mit den all-
gemeincn Znlercsseu des VolkeS vcreinbarten,
würde es wohl anders sein."

Die Berliner „Provinzial-Corresp." äußcrt
bczüglich der öslcrreichijcheu Politik: „Oester-
reich stimmt mit Preußcn darin übereiu, daß
irgend ein Vcrnehmen mit den übrigen deut-
schen Regicrungen nichl eher stattzusiuden hat,
bis darüber eine Verständigung zwischen dcn
deutschen Großmächten erziclt ist."

Die Bcrlincr „Rational-Zeitung" ift wegcn
Miuistcrbeleidigung durch eincn Artikcl, in
welchcm sie dic regclmäßige Nichtbestäliguug
dcr Wahl frcisinnigcr Gemeindebeamlcn be-
sprach, zu 100 Rthlr. Geldbuße verurtheilt.

Nach Toulou sind von Paris Befehle abgc-
gangcu, welchc auf ernslliche Entwaffuung hin-
dculcn. Sechszehn Schiffe jeden Rangcs sind
bercits in der Äbtakelung begriffen, daruntcr
die Fregatten „Gomcr" und „Labrador", was
hcrvorgchoben zu werden verdient, weil diesc
bciden die größten uud besten Transportschiffe
Frankreichs, gewöhnlich für außergewöhnlichc
Truppeusenduugcn in Bereilschaft gehaltcn
wurdcn.

Die „Times" widcrlcgt die Nachricht, daß

tteber den Srand der Lorenzerkirche inNürnberg.

Unter dem 7. Zanuar schretbt der „Nürnb. A."
writrr:

vollr Dachung biS zum Kranz herab gcstrrn vom
Feucr verzehrt wurde, ist der ältcre drr bridrn an
dtrsrm Dom brfinblichen, um daS Aahr t283 rr»
baut und auf Bcfehl des RathS am 4. Auli 1498
grrüstet und mit vergolbetem Blrch brlcgt. Voll-
rnbet wurde rr am 14. Srptcmber 1498. Zum
Vrrgolden brauchte man 9i)0 st. Gold. Der gcstern
heruntrrgrstürzte Knopf hat einen Durchmcsscr von
fast 4 Fuß unb rin Gcwicht von viellcicht 80 Psund,
dic Stange 6 Lcutner Eistn; auch drr Hahn tst
von grwaltiger Größe. Dte Trümmer dieser Dtnge
wurdcn hrute vom Dachboden der Kirche herab in
den Pfarrhof grschafft. Auffallend ist, daß in
diesrn Thurm so gar oft fchon der Blitz cinschlug.
So im Aahrr 1363, 1400, 1504, 1505, 1535,
1582, 1669, !687, 1690; rr wurdc in allen diesrn
Fallen theitS gar ntcht, theilS nur unbrdeutend
hrschädigt. Am Aahrr 1712 zündrte der Blttz, daS

Keucr konntc jrdoch dald gelöfcht werden. Und so
geht es herab biS 10. Aanuar 1863 und aus unserc
Tage — wo baS Unglück srine thcilweise Pernich-
tung wollte. Die Höhe des ThurmcS brtrug 264
Kuß und er war eines der schönsten und merkwür-

Schaben tst daher nicht bloS ein materieller.

1 Heidelberg, 10. Aan. Die Herstellung und
V»?größrrung deS SchutzhauseS auf dem König-
stuhle kostet die hiesige Gemeindeverwaltung 2000 fi.,
wie wir auS dem kürzltch veröffentlichten Rcsum«
deS Hrrrn BürgermeisterS rrsehcn. Häufigc Beschä-
digungen am Thnrme auf dem Königstuhle und
in dem benachbarten Thetle deS WalbeS machten
den ständigen Aufenthalt ctner vertrauten Pcrson

daselbst vorhandene Häuschcn war abcr, abgesehen
von seincr höchst mangelhaftcn Einrichtung, so
baufällig gcworden, daß eine burchgrcifende Hcr-

so zahlrcichen Besucher deS Königstuhls finden jrtzt
einrn behaglichen Ruheplatz, stärkende Erfrtschung

und ein wirklichcS SchutzhauS gegen etwaige
Ungunst deS WrtterS. Ncuerlich haben Manche die
Behauptung auSgcsprochen, nach Ablauf von fünf
oder sirben Aabrcn werde fich auf diesem Rigi deS
OdenwaldcS ein stattlicher Gasthof erhrbcn.
tzui vivra verrs! — Heute früh fand man eincn
sonst lebcnssrohen hiesigen Flaschnermeister, der
durch seinc Gabc, scherzhafte Anekdoten zu crzäh-
len, bcsondcrS in WirthSlocalen allgemein bckannt
und belicbt war, in seincr Werkstätte erhängt, nach.
dcm derselbc gestern Abend noch das Lheatrr
bcsucht hatte.

(Ein tragischer Vorfall) hat sich am 29.

Corps angehörcnd, Namens Wladomir Sabanin,
machte die Bckanntschaft ciner jungen Aübin von
außerorbentlichcr Schönheit, der 17jährigen Tochter
eines gcwiffcn Landstcin, unb machte ihr dte Lour
in einer Wcise, die den Eltrrn deS MLdchens,
 
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