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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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Wdrlbergrr Zrilung.

KreiSverkünaigMgsblatt fiir üen Kreis Hcidelberg unü aintliches !8erkiinülgungsblatt für üie Amts- und Aints-
Gerichtsbczirkc Heidelbcrg und Wicsloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargenlünd.


Kreitag, 18 Mai

L8«r

* Politische Umschau.

Die Jahresversammlung des deutschen Pro-
testantenvcreins wird zu Eisenach in der Pfingst-
woche, den 7. und 8. Juni, stattstnden. Die
zur Verhandlung kommenden Gegenstände, ge-
wiß eines allgemeinen Jnteresses würdig, wer-
den folgende sein: 1) ein neuer Statutenent-
wurf. Referent: Geh. Rath Dr. Bluntschli in
Heidelberg. 2) „Durch welche Mittel können die
der Kirche entfremdeten Gliedcr ihr wieder ge-
wonnen werden?" Referent: Geh. Kirchenrath
Dr. Rothe in Heidelberg. 3) „Die Lehrfreiheit
und ihre Granzen." Referent: Oberhofpredigcr
Dr. Schwarz in Gotha. 4) „Wie hat sich die
protestantische Kirche bei Eingchung gemischter
Ehen den Forderungen der katholischen Kirche
gegennber zu benehmen?" Referent: Professor
Dr. Ewald in Göttingen. Der Protestantey-
verein will nach seinem Statut diejenigen deut-
schen Proteftanten unter eine Fahne cinigen,
welche „auf dem Grunde des evangelischen
Christenthums eine Erneuerung dcr protestan-
tischen Kirche im Geiste evangelischer Freiheit
und im Einklang mit der gesammten Cultur-
entwicklung unserer Zeit anstreben."

Jn Kiel hat es zwischen der Bcsatzung dor
österr. Corvette, größtentheils Jtaliener und
Dalmatier, bedauerlicher Wcise gleich bei der
ersten Begegnung mit preußischen Truppen zu
Reibungen und Raufereien geführt. Dieselbcn
entspannen sich vor der Hauptwache auf dem
Markt und in einem Locale der Fischerftraße
und pflanzten sich für längere Zeit durch ver-
schiedene Straßen fort.

Nach dem „Pays" wird der Kaiser am 26.
d. M. Algerien verlassen und am 8. Juni
nach Paris zurückkehren. Nach der „Patrie" ist
eine Gesandtschaft des Beys von Tunis in Al-
gier zur Begrüßung des Kaisers erwartet.

Eine Uebereinkunft zwischen Frankrcich. Jta-
lien, Spanien, Portugal und Rom, welche auf
der Grundlage der Septemberconvention eine
friedliche Lösung der römischen und der ita-
lienischcn Frage garantiren s^ll. befindet sich,
nach der "Frkf. Pztg.", im letzten Stadium der
Verhandlung.

Die Unzufriedenheit mit der Wendung, welche
die Unterhandlungen zwischen Rom und der
Regicrung Vict. Emanuels angenommen haben,
ist bei dem italienischen Volke eher im Zuneh-
men, als im Abnehmen begriffen. Man be-
schuldigt die Regierung, die Früchte des Sep-
tembervertrags leichtfertigweggeworscu zu haben.
Die Fortschrittspartci will Kundgebungen ver-
anlassen und zu diesem Zweck Volksversamm-
lungen veranstalten.

Rede Sr. Köniql. Hokeit des G ro H-
herzogs bei dem Schluß derStände-
verfammlung am 17. Mai 1863.

Edle Herrcn und liebe Freunde!

J ch sage Jhnen Meinen aufrichtigcn Dank,
daß Tie währcnd dieses LandtageS Meine Re-
gierung mit weiser Einsicht und unermüdeter
Thätigkeit in dem Bestreben unterstützt habcn,
die hochwschtlgen Reformen unserer Gesetzge-
bung weiter zu entwickeln.

Eine R-ihc wichtiger und umfassender Ge-
setzc zur Durchführnng dcr Gerichts- und Ber-
waltungSorganisalion haben Sic nach sorgfäl-
iger Berathung zum Abschlnß gebracht und
mit Bereitwilligkcit haben Sie dic sür die ver-
bessertcn Einrichtungen erforderlichen Mittel
Meiner Regiernng zur Versügung gestelli.

So ist eS möglich gcworden, noch im Lgzife
dieser LaudtagSpcriode, währeud Zhre THLtig-
keit eine Zeit laug ruhte, oiefe bedeutsame Um-
gestaltnng in's Leben zu rnfcn, uud Jch kann
heutc mit Besriedigung aussprcchen, daß dic
neuc Gesctzgebung in der kurzen Zeit ihreS
Bestehens die von ihr gehegten Hoffnungen ge-
rechtfertigl hat. Mit besouderer Freudc erkeuue
Zch es au, daß dieje Gcsctze bci Mcinem
Bolke die Ausnahmc und Mitwirkung gefnn-
den habcn, welchk ihrer Bcdeutnng cntsprechen
und ihre segcnSreichcn Erfolgc bedinge».

Auch das Gesetz über die Aufsichtsbehörden
für die conscssioncllen Volksschulcn ist in Boll-
zug getreten. Zn opferbereiter Theilnahine und
treuer Pstichtcrfüllung haben die Ortsschulräthe
unter theilwcise schwierigen Verhältnissen sich
dcs werthvolleu Rechtes würdig gezeigt, wel-
chcs das Gesctz den Vätern und Bürgern ver-
liehen hat.

Wo noch Bcsorgnisse obwalten, wird es
Mciner Rcgierung hoffcntlich gelingen, die-
selbcn zu zirstreuen und beängstigte Gemüthcr
zu bcruhigen.

Dic mit deutschcn Nachbarregieruugcn abge-
schlossenen Staatsverträge über zahlreichc Eisen-
bahnanschlüssc haben Zhre Genehmigung er-
halten. Dieselben werden in Verbindung mit
dem AuSban inländischer Linien durch crlcich-
tcrten Verkehr dem Wohlstand des Landes neuen
Aufschwung bringe».

Durch Erneucrung des Zollvereins ist die
Gefahr glücklich beseüigt, welche dieser wichtig-
sten nationalcn Schöpfung drohte, und die
Handelsvertragc, dencn Sie Jhre Zustimmung
ertheilten, lassen für Handel nnd Jndnstrie
bei gestcigertcr Thätigkeit cine ausgedehntc Ent-
faltung erwarten.

Seit Erösjiiung des Laudtags bildeten die
Gcschicke der Hcrzogthümcr Schleswig-Holstein
den Gcgenstand unscrer erhöhten Theiluahme.
Durch die ruhmvollcn Waffenthaten der bcidcn
dcutschen Großmächte stnd diesclbeu für Deutfch-
lano gewonncn. Zch halte die Hoffnung sest,
daß deren Zukunft cinc dem Rechic des Lan-
dcs wie dcu Zntereffcn Deutschlands entspre-
chende Gestaltung findcn werde.

Edlc Hcrreu und liebe Freunde! Nach langcr
mühcvoller THLtigkeit kehren Sie in Jhrc Hei-
math zurück Wirken Sie dort dazu mit, das
Vertrauen und das Verständniß für die neuen
Schöpfungen unscrer Gesetzgebung zu wecken
und zu fSrderu. Untcrstützen Sic Meinc Rc-
gicrung auch serncrhi» bci dem Beharren auf
dcm als richtig erkannten Wcge nach dcm ge-
ineinsamen Zielc — dem Wohlc dcs Landcs.

D e « t s ch l a » k>

Karlsruhe, 16. Mai. Das großh. bad. Negbl.
Nr. 22 eiithält außer berciis Mitgetheiltem^ 1) die Er-

uom 20., 20 , 26.,^27. April, 1. und 6. Mai, die Er-

ihm erfuudenm Appara^ zur Cvntrole der Belastung der
Lokvmotiv-, Tender- und Wagenachsen; Maschinenfabri-
kanten Schäffer und Budenberg in Bnckau bei^ Magde-

nnd Seck in Mnnchen sür die von ihnen erfundene Ge-
treideschälmaschine; Sales Ehinger in Arlen bei Singen

-j-* KarlSruhe, 16. Mai. 81. Siyung der
ll. Kammer. Fortsetzung der Verhandlungen
über die gegen das Schulgesctz eingelangten
Petitionen. Der Abg. Friedrich bringt die
Führung dcr bürgerlichen Standesbücher znr
Sprache. Es seien Fälle vorgekommen, daß
Pfarrer selbst staatlichen Behörden die Mitthei-
lung von AuSzügen aus den Kirchenbüchern
verweigert hätten. Dieser Zustand fordere drin-
gende Ubhilfe. Staatminister Stabel aner-
! kennt das Bedürfniß; nur sei die Sache nicht
l so leicht auszuführen, als es scheine. Uebrigens
^ fei die Negierung damit beschäftigt, und werde
das Geeignete verfügen, sobald die neue Or-
l ganisation der bürgerlichcn Derwaltung ganz
! durchgeführt sei. Friedrich drückt hierüber
^ seine Freude aus, und nennt die Bürgermeister
z als geeignete Personen für die burgerliche Stan-
^ desbeamtung. — Beck: Seine Freude würde
! eine vollkommene sein, wenn der Hr. Staats-
minister auch die allgemeine Einführung der
Civilehe in Aussicht gestöllt; denn dadurch würde
dem-Conflict mit den kirchlichen Organen von
vornherein manche Spitze abgebrochen werden.
Unser Landesgesetz habe die Civilehe überall
zur Voraussetzung, und seit selbst Jtalien hierin
vorangegangen, seit die Civilehe im italienischen
Parlamente ourch ancrkannt würdige katholische
Geiftliche, unter ihnen ein hochgeachteter Bi-
schof, empfohlen und durchgesetzt worden sei,
sollte man wohl auch in Baden mit Einführung
eines Jnstituts kein Bedenken mehr tragen,
das aus dem Grundsatz der sreigegebenen
Kirche mit Nothwendigkeit folge. Zur Sache
selbst übergehend, fährt Beck fort: Er sei ein
Mann des FriedenS, und habe, seit er selbst-
ständig zu denken und zu fühlen begonnen,
jederzeit sür Erhaltung friedlicher Beziehungen
zwischen Staat und Kirche gewirkt. Er ver-
stehe aber den Frieden nach der altbewährten
Regel: Willst du Frieden haben, belium para,
d. h. sei kampfbereit und schaffe die Mittel, um
Ungebührliches zurückweisen zu können. Diese
Regel gelte für die Ächaltung dcs Friedens im
privaten Leben, wie im großen Gesammtleben,
im Staate. Jn gewissem Sinne sei der Skaat
in sortdauerndem Kriegszustand, weil seine fort-
schreitende Entwicklung ohne Conflicte der man-
nigfachen Jnteressen, die er in sich schließe,
nicht möglich sei.

Der Staat in der Wirklichkeit beruhe auf
der sittlichen Gesinnung seiner Bürger; diese
wurzle, wenn sie naturwüchstg ünd nicht bloß
Schein sei, in 8er religiösen Ueberzeugung. Es
sei daher eine heilige Wahrheit, daß der Staat
wie allcs menschcnwürdige Leben, die Neligion
zur letzten Grundlage habe. Es sei dies so sehr
eine Naturwahrheit, daß das gesammte Alter-
thum, das in solchcn Dingcn gleichsam instinkt-
mäßig versahren, das Religionswesen zu eincm
Hauptbestandtheil der Politica, d. h. der Staats-
fürsorge gemacht habe. Dadurch habe das reli-
giöse Leben in den alten Staaten cinen vor-
zugswcisen politischen Charakter angenommen.

Es sei das große Vcrdienst des Christen-
thums, hicr das Richtige vom Unrichtigen ge-
schieden, und die Religion in das Jnnerc des
Menschen, als seinem eigentlichen Heiligthum,
zurückgeführt zu haben. Das Reich Gottes ist
inwendig in euch, und ist nicht von dieser Welt,
sei die ncue große Lehre des christlichen Glau-
bens.
 
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