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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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Ueidtlberger Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt für den Kreis Heidelberg und amtliches Berkündigungsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbczixke Heidelberg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.


Mittwoch, 24 Mai


* Politische Umschau.

* Jm Jnteresse der geschichtlichen Ehre Der-
jenigen, welche an der Spitze der nun vernich-
teten südlichen Conföderation gestanden, ware
es zu wünschen gewesen, daß das Verbrechen
Booths lediglich dem Fanatismus eines Ein-
zelnen entsprungen wäre. Dies scheint aber
nicht der Fall zu sein. Booth hatte, wie sich
jetzt herausgestellt, nicht nur Mitschuldige, son-
dern auch Auftraggeber. Ein Zweifcl hierüber
ist kaum mehr möglich. Die amerikanischen
Behörden müssen sehr ernste Jndizien haben,
wenn sie es für zweckmäßig erachten, -auf die
Einlieferung des flüchtigen Jeffetson Davis
einen Preis von 100,000 Dollars zu setzen.
Auch auf die Einlieferung mehrerer Mitglieder
seines Cabinets und seiner hervorragendsten
Agenten sind Preise ausgefchrieben, und es
geht hieraus hervor, daß die Washingtoner
Regierung alle Fäden eines weitverzweigten
Complotts in Händen hält. Der Proceß gegen
die Mitschuldigen und Auftraggeber Booths
wird der Welt den Beweis liefern, welcher
Art der Feind war, den die Union mit loyalen
Waffen bekämpfle, und der ihr mit Meuchel-
mord, Brandstiftung, Gift nach dem Leben
trachtete. Jmmer enger schließt sich die Kette
des Beweises, welcher das Mordcomplott auf
die jetzt in Canada befindlichen Agenten der
ehemaligen südstaatlichen Regierung und auf
Richmond selbst zurückführt.

Der Gefälligkcit eines Freuudes verdankt die
„Freib. Ztg." folgendes Telegramm: „1882er
71^4, 70V», 70^; 1860er 86. Gold 129.
Der Präsident des rebellischen Sonderbundes,
Jcfferson Davis, ist gefangen. Es sind
Freischaaren nach Mexico abgegangen; aus
diesem Grunde sind obengenannte Papiere nicht
höher notirt." Da diese Nachricht, die wir be-
reits gestern unter Vorbehalt unsern Lesern
mitgetheilt, heute noch in keinem weitern Blatt
sich findet und auch keine weitere telegraphische
Depesche veröffentlicht wurdc, so ist die Be-
stätigung durch nächsten Dampfer abzuwarten.

Der „Courrier des Etats-Unis" veröffent-
licht ein Telegramm aus Washington. welches
meldet, wenn das Auswanderungsproject nach
Merico größere Dimensionen annehme, werde
der Präsident Johnson die Theilnehmer benach-
richtigen, daß sie die Gesetze der Ncutralität
verletzen.

** Der großc Todte.

Durchs ganze Land zieht eine Trauerkunde,
Columbia's Sterne, ach! find schwarz umflort,

Ein Schreckenswort, es geht von Mund zu Munde:
„Des Landes Retter fiel durch Meuchelmord."

Jhm, dem das großc hehre Werk gelungcn,

Und der dem Lande ein zweiter Washington,

Der sich zum Mann dcs Volkes aufgeschwungen,
Amerika! Dn gabfi ihm blutigen Lohn.

G b ^^Sk^^/tt^ " Bahre,

Es fiattert frei das alte Sternenbanner;

Denn jene Rebellion, fie ist nicht mehr!

Doch Rache! Rache schallt's im ganzen Lande
Der große Toete starb der Repnblik.

Amerikaner! Waschet ab die Schande,

Nach Lincoln's Sarge richtrt Euren Blick!

_ E.

K Heidelberg, 22. Mai. Der hiefig? Lieder-
kranz hatte gestern eine Landparthie veranstaltet,
an der fich fast sammtliche Mitglieder betheiltgten.

Wie das Fr. I. vernimmt, soll eine Ordre
des Kriegsministeriums die letzthin beschlossenen
Reductionen bei der österr. Armee in Venetien
unter Benedek's Oberbefehl bis auf Weiteres
sistiren. Ob die Politik, und spcciell die Ver-
hältnisse in Jtalien daran die Schuld tragen,
ist vorläufig noch unklar.

Der in Zürich erschicnene 7. Band der Tage-
bücher von Varnhagen v. Ense ist in Ber-
lin in Beschlag genommen worden.

Jn der Stadt Massa-Carrara fand ein Tabak-
aufstand in großem Maßstab statt. 400 Per-
sonen hatten sich vor der Sladt versammelt
und zogen mit fürchterlichem Geschrei vor die
Tabaksfabrik unter dem Ruf: „Nieder mit dem
Director!" Ohne Dazwischenkunft der Gens-
darmerie und der Natioualgarde hätte der Auf-
stand die bedenklichsten Folgen haben können.
Abends erneuerte sich jedoch der Tumult, so
daß Truppen ausgeboten werden mußten.

Der „Jtalia" wird aus Rom geschrieben,
was die Nachricht anbelange, daß Hr. Vegezzi
in Rom eine Wohnung habe miethen lassen,
um dort einige Zeit sich aufzuhalten, so sei
nichts unbegründeter als dies; ebenso ungereimt
sei das Gcrücht, Herr Vegezzi weroe zum offi-
ciösen Geschäftsträger bei dem päpstlichen Stuhle
ernannt werdcn.

Die Fr. „P.-Z." meldet telegraphisch: Hcrr
Vegezzi hat die Weiterführung der Verhand-
lungen mit dem Papste abgelehnt; statt seiner
hat sich Graf Revel nach Rom begebcn. Dagegen
wiverlegt die „Tur. Ztg." das Gerücht, daß
der Graf Reoel mit einer Misfion betraut sei
Der Graf von Revel habe sich in Familien-
angelegenheiten nach Rom begeben.

» Die Madrider „Epoca" sagt, die Negierung
erwarte das Nesultat der zwischen Rom und
Jtalien angeknüpften Unterhandlungen, um sich
zu entschließen, ob sie das Königreich Jtalien
anerkennen dürfe oder nicht.

Der internationale Telegraphenvertrag ist
am 17. Mai zu Paris unterzcichnet worden.
Der Vertrag fft geschloffen zwischen Oesterreich,
Baden, Bayern, Bclgien, DLnemark, Spanien,
Frankreich, Griechenland, Hamburg, Hannover,
Jtalien, Niederland, Portugal, Preußen, Ruß-
land, Sachsen, Schwedcn u. Norwegen, Schweiz,
Würtemberg, Tüikei.

Das „Pays" meldet, daß kürzlich in der
Türkei ein Decret erlassen worden ist, demzu-
folge dcr Unterricht der französischen Sprache

tigen Laubdächern der Bäume lagerten zahlreiche !
Gruppen von Herren und Damen auf dem Rascn,
dem Weine und Biere tapfer zusprechend. Gleich-
wohl beeinträchtigte diese Sphäre der Lustbarkeit
durchaus nicht die präciseste Ausführung der Ge-
sangsvorträge. Zum Tanzplatz diente ein Seiten-^
weg, der in der Nähe der zum Generalquartier
gewählten Stelle fich mit der Hauptstraße verbin-
det. Wiewohl der Raum etwas beengt war, hin-
derte dies dock nicht die lebhafteste Betheiligung
an den Quadrillen und Walzern. Landparthieen
kennzeichnen sich im Allgemeinen durch die urwüch-
fige Friscke des bei ihnen üblichen Humors, der sich
im Verhältniß der größeren Zahl stetig zu steigern
Pflegt. Gestern — die Zahl der Anwesenden belief
sich auf mehrere Hunderte — war die Hetterkeit
wirklich „ungeheuer", ohne jedoch in'S „Maas-

in sämmtlichen Schulen der Regierung obliga-
torisch ist.

Jm französischen gesetzgebenden Körper hat
die Mehrheit der betreffenden Commission sich
gegen das proponirte neue Anlehen von 300
Mill. Frs. erklart.

Das Journal de Petersbourg veröffentlicht
bisher noch nicht gedruckte polnische Actenstücke,
die es erweisen, daß dcr jüngst kanonisirte
Erzbischof von Plock, Kuncevic, sich im 17.
Jahrhundert durch grausame Verfolgungen An-
dersgläubiger ausgezeichnet hatte und nur in
Folge dessen ein Opfer der Volkswuth gewor-
den war.

Dcr Vorstand des Nationalvereins, dic HH.
Bennigsen, Fries und Dr. Müller, haben die
Einberufung des Gesammtausschusses auf den
8. Juni nach Frankfurt beschlossen.

D eu tsch l a n V

Karlsruhe, 6. Mai. 29. öffentliche Sitzung der
1. Kammer (Fortsetzung.) Geh.-Rath Dr. v. Mobl:
Der ganze unerquickliche. nach meiner Anficht unsclige

die Freude einen „schönen Götterfunken", und wo
Vtele beisammen sind, entwickelt fich dieser Funke
leicht zu einem reichen Brillantfeuer der Fröhlich-
keit. Der Liederkranz beabsichkigt noch meh.rere ähn-
liche Ausflüge im Laufe deS Sommers zu veran-
stalten.

Das Theatercomite in Mannhcim hat jüngst eine
Uebersickt dcr Ergcbnisse der letzten 2b Iahre ver-
öffentlicht. Diese Kunstanstalt, welche sich ihren
guten Ruf von früher auch unter veränderten
Verhältniffen zu bewahren verstand, arbeitcte bei
35,000 fl. Zufchuß von Stadl und Staat 18 Iahre
mit Ausfall und 7 Iahre mit Ueberschuß. Ienrr
belief sich auf 101,373, dieser auf 16,365 fl., von
denen 9172 fl. aus den letzten 5 Iahren herrühren.
Das Theatereigentbum weist jetzt 149,360 fl. mehr
als 1840 nach. Der Etat der ständigen AuSgaben
für Oper, Schauspiel und übriges Personal stei-
gerte fich seit 1839 von 66,375 auf 88,246 fl.,

die GesammtauSgabe von 90,661 (1849 —1850)
auf 135,208 fl.
 
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