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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0455

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tidrlbergkr Zrilmlg.

Krcisverküiidigungsblatt für den Kreis Heidclberg und amtliches Perkündigungsblatt für üie Amts- und Amts-
Gcrichlsbczirke Heidelberg und Wiesloch und den AintsgerichtSbezirk Neckargemünd.



Donnerstag» 4 Mai


» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
Mai und Iuni nrit 42 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten, den Boten und Zeitungs-
trägern, sowie der Expedition(Schiffgasse Nr.4).

* Politische Nmschan.

Die „Köln. Ztg." mcldet aus Riga: Der
Kaiser Alexander hat den Zwang, daß alle
Kinder aus Ehen mil Persoucn griechischer
Confeffion diesem Glauben angehören müffen,
aufgehoben und unsägliche Freude in weitern
Kyeisen verbreitet.

Die lctzicn Nachrichten über einen beunru-
higendcil Zustand des Königs der Belgier sind
unbegründet. Dcr König wohnte gestern dem
Gottesdienst in der Capelle voil Laeken bei.
ES erscheinen keine Bulltins mehr.

Die neuestcn Berichte aus Mexico melden,
daß der Staat in 50 Departemenle und in 8
Militärdivisionen (Toluca, Puebla, San Luis
de Potosi, Quad»laxara, Montercy, Durango,
Merida und Culiacah) eingctheilt worden ist.

Aus Paraguay wird berichtet, daß der Con-
greß den Gcneral Lopez zum Generalissimus
ernannt und cin Anlehen von 25 -Millionen
Piastcrn votirt hat. 20.000 Mann paraguaya-
nischer Truppen drohen mit eincm Einfalle in
das Gebiet der argentinischen Republik. um
nach Brasilien vorzudringen. — Jn Buenos-
Ayres macht man sich auf Krieg gefaßt.

Rapoleon HI. hat sich am 1. Mai Morgens
neun Uhr von Marscille auf der Aacht l'Aigle
nach Algier eingeschifft.

Lafayette Forfter ist der Nachfolger John-
son's als Vicepräsident der Vereinigten Staaten
geworden.

D e u t s ch l a n d

Karlsruhe, 1. Mai. 28. öffentl. Sitzung
der 1. Kammer. Vorsitzender: Se. Großherzogl.
Hoheit der Prinz Wilhelm, später Graf v. Hen-
ukn. Am Ministertische: Staatsrath Dr. Vogel-
mann und Ministerialpräsident Frhr. v. Rog-
genbach. Nach Mittheilung über Eiagänge aus
der 2. Kammer durch das hohe Präsidium zeigt
das Secretariat den Einlauf von Petitionen
an, worunter auch wiedcr Fidel Gantert von
Birkcndorf erscheint; aus Salem rc. kam eine
Petition um Eisenbahnbau nach Friedrichshafen
eiu, aus verschiedenen Landestheilen etwa 184
Bittschriften gegcu die neue Schulordnung; auch
Frhr. v. Stotzingen legt 17 solcher Bitteu mit
etwa 1200 Unterschristen auf dcn Tisch des
Hauses. Prälat Holtzmann bemerkt Namens
der Petitionscommission, daß diese wegen der
großen Zahl und der hohen Wichtigkeit dieser
Petitionen um 2 Mitglieder vermehrt werden
sollte und stellt darauf den Antrag. Die Kam-
mer stimmt zu und wird der Vorsitzendc vor
Schluß dcr Sitzung die Wahl vornehmen laffen.
Nach Anzeige druckfertiger Berichte wird der
Tagesordnung gemäß die Verhandlung über die
Zoll- und Handelsverträge eröffnet und crstattet
Geh. Rath Bluntschli mündlichen Bericht, an
deffen Schluß er dcn Antrag stcllt: 1) in ab-
gekürzter Form zu berathen, '2) sämmtlichen
Verträgen, Tarifen rc. die Zustimmung zu er-
theilen. Der Vorsitzende, Graf v. Hennin, er-
öffuet die allgemeine Berathung. Es sprechen
nur Herr Faller und Staatsrath Dr. Vogel-
mann. Bei der «Lwnderberathung der verschie-
denen Verträge erklärt Frhr. v. Stotzingen,
daß er gegen den Vertrag mit Frankreich stim- !

men werde, weil er durch Abschluß desselben
einen Schritt zur Mediatisirung Deutschlands
unter Frankrcich und eine Entfernung Deulsch-
lands von dem alten Bundesgenoffen Oesterreich
erblicke. Bei namentlicher Abstimmung werden
die Verträge mit allen gegen eine Stimme
(v. Stotzingen) genehmigt und sofort zur Wahl
der Verftärkung der Petitionscommission ge-
schritten. Diese besteht bis jetzt aus den Herren
Holtzmann, Bertheau ünd Faller; dazu werden
noch gewählt die Herrcn Frhr. v. Stotzingen
mit 13 und Artaria mil 12 Slimmen. (B.L.)

Kartsruhe, 2. Mai. Der von dem Abge-
ordneten Kirsner erftattele Bericht der Eisen-
bahncommisiion über die mit Würlemberg und
Preußen abgeschloffenen Staatsverträge über
den Bau und Anschluß verschiedener Eisen-
bahnen im Schwarzwald und Seekreis ist im
Druck erschienen. Da oieser wichtige Gegen-
stand morgen in der 2. Kammer zur Ver-
handlung kommt, so theilen wir aus dem Be-
richte hier vorläufig cinige allgemeine Bemer-
kungen mit. Die disherigen Hinderniffe, be-
merkt der Bericht, welche dem Zustandckomnien
eines Uebereinkommens wegen Führung von
Anschlußbahnen auf dem Schwarzwald und im
Seekreis entgegenstanden, seien durch die jüng-
ften Unterhandlungen endlich beseitigt worden;
dadurch den dringenden Wünschen und berech-
tigtcn Jntereffen der bci diesen Verbindungs-
bahncn betheiligtcn Bevölkerungen iu Würtem-
berg, Hohenzollern und Baden Rechnung gc-
tragen. Wenn auch die beiden erstcren Staaten
dieser Anschlüffe in wcit höhercm Grade be-
dürfcn als Baden, weil Würtemberg sonst in
südlicher Richtung nur eine Reihe von Sack-
bahnen und die hohenzollern'schen Lande viel-
leicht gar keinen Schienenverkehr bekommen
hätten. während für das badische Eisenbahnnetz
zu seiner Vervollständigung diese Anschlüffe viel
weniger nöthig wären, so sei doch nicht zu
verkennen, daß dieselbcn auch bei uns in den
betreffenden Laudestheilen zur Hebung des
Ver^ehrs und folglich des Wohlstandes nicht
unerheblich beitragen und auch die Rentabilität
unserer bestehenden und im Bau begriffenen
Schienenwegc im Allgemeinen erhöhen werden.

Möge man auch bezüglich der durch die An-
schlüffe der Nagoldbahn bei Pforzheim und
der damit in Verbindung kommenden Ober-
neckarbahn bei Tuttlingen entstehenden Con-
currenz einige Besorgniß haben (sie ist nur
allzu begründet), so stehen diesem eventuellen
Nachtheil doch wieder so vicle volks- u. staats-
wirthschaftliche Vortheile gegenüber, daß uach
Ansichk der Commiffiou die Stände die Vor-
lage der beiden StaatSverträge doch mit Be-
ruhigung begrüßen können. Alle Wünsche und
Jntereffen, sowohl des Staals als der bethei-
ligtcn Bcvölkerungen, finden selbstverständlich
bei Verträgen fast niemals ihre volle Befric-
digung, und es wäre nicht zu billigen, wenn
man solchen Uebereinkommen nur deshalb ab-
hold wäre, weil die Vortheile für den einen
Contrahenten noch größer erscheinen, als für
den andern.

Außer den materiellen Jntereffen, fährt der
Bericht fort, dürfe mnn aber auch die Rück-
sicht auf das freund - nachbarliche Verhältniß
mit unserem deutschen Bruderstaate iu's Auge
faffen, welchcs durch die zahlreichen Berührungs-
punkte des Eisenbahnverkehrs von der Tauber
bis züm Bodensee zuverläffig gewinncn müffe.
Eines der wirksamsten Mittel zur allmähligen
Beseitigung des schroffen Particularismus, die-
ses krankhaften ProzesseS in unserem großen
Vaterlande, sei unstreitig die stets zunehmende

s Verschmelzung volkswirthschaftlicher Jntereffen.

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen ftellt
die Commission den Antrag, die vorgelegten
Staatsverträge mit Würtemberg und Preußen
über die Eisenbahnanschlüffe auf dem Schwarz-
wald und im Seekreis zu genchmigen.

<5 Heidelberg, 30. April. Jn der baye-
rischen Kammer hat der bekannte Abgeordnete
! Freiherr v. Lerchenfeld neulich prophezeien wol-
! len, daß dic nachste Erneuerung des Zollver-
cins in 12 Jahren entweder durch ein deutscheS
^ Parlamcnt geschehen müffe, oder daß sic zur
vollständigen und förmlichen Mediatisirung der
deutschen Mittel- und Kleinftaaten durchPrenßcn
führen werde; Preußen aber sei von genialen
Königen als ein Musterstaat des Abso-
lutismus gegründet worden, und das
werde es auch bleiben. — So herb diese
Aeußerung auch klingeu mag, so ist dennoch
nicht zu läugnen, daß ein Körnchen bitterer
Wahrheit in ihr cnthalten ist. Einmal stammt
! die Gründung des preußischen Königreichs aller-
dingS aus den Zeiten des sog. aufgeklärten
Despotismus, in dcren Geiste auch diese Grün-
dung geschehen ift. Das uoch lange nicht ver-
wundene Königthum von Gottes Gnaden und
die stcts noch rortbestehende Militärhcrrschaft
sind hievon unwidersprechliche Belege, ja noch
gar manche anderwcitc Anzeichen sind heute
hervorgetreten, auf welchc das Prädikat „auf-
geklärt" nichl einmal mehr paßt. Eine völlig
liberale Regierungsmaximc ist iu Preußen ei-
gentlich nur etwa 7 Jahre lang, zu Zeiten deS
unvergeßlichen Stein, cingehalten worden. Die
heut zu Tage mit Macht hervorgctretenen reac-
tionären Bestrebungen und die.in Folge deren
cingctretenen Kämpfe beweisen aber sattsam,
daß jene althergebrachte Regierungsmethode nichc
beim Junkerthum allein seine Anhänger findet,
sondern noch mit einem großen Theile des son-
stigen preußischen Volkes ourch die Macht der
Gewohnheit politisch und social verwachsen ist.
Es wird noch harte Kämpfe kosten, noch viele
und heftige Stürme werden über das preußische
Staatsleben hinwchen, bis der von der libe-
ralen Partei angcbahnte Läuterungsproceß voll-
ständig durchgeführt sein wird.

Aus Baden, den 25. April, schreibt der
„Sch. M.": Es darf als unbestreitbar ange-
sehen werden, daß die Curie in den letzten
Wochen vielleicht in höherem Maß noch als
der Staat das Bcdürfniß ciner Einigung über
die Schulfrage gefühlt hat. Der Staat kann
doch wenigstens seincr verfassungmäßigcn Sen-
dung getreu den Kampf durchführen und ge-
winnt an allseitig freier Anschauung; die Kirche
dagegen verfällt ans ihrer Miffion des Frie-
dens in ein Gewühl des Haders und der Jn-
trigue, deren Ergebniß, das verhehlen sich die
Männer im Ordinariat sicher nicht, nnr eine
empfinvliche Schädigung dcs kirchlichen Ein-
flusses sein kann. So viel uns bekannt, hat
auch die Curie den Wunsch nach einer Ver-
einbarung vor etwa 5—6 Wochen schon. und
zwar nach einer Vereinbarung wesenllich auf
Grund dcr 60-er Gcsetze deutlicher als je kund-
gegeben. Ob die Regierung in ihrer vor den
Augen des Volkes z. Z. vollkonimen günsti-
gen Lage aus ein solchcs Anerbielen eingehen
kann, so lange der Casinokampf und der Preß-
krieg, beide von der Curie direct durch die
Pfarrer geleitet und durch Jesuitenmisiionen
nebenbei unterstützt, in bisheriger Weise fort-
gesetzt wird, muß dahingestellt bleiben. Wenn
in der That auch die Curie, wie der Staat
selbst, den Frieden will, so ist der schlechteste
Weg dazu der, die Regierung in einem Maße
 
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