Undtlbkrgkr Ieilung.
Kreisverküiidiguilgsblatt für oeii Kceis Heidclberg uild aiutliches Berkündiguigsblatt für die Amts- und Amls-
- Gerichtsbezirke Heidelbcrg miü Wiesloch uud dcn Auitsgcrichtsbezirk Neckargemünd.
N- 8 Di-nstag, 10 Ja-.»ar «1SSK?L>"""' 18VS.
Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Fumilienblätter" füc dns mit 1.
Januar 18lSS begounene 1. Quartal
werden fortwälirend angenommen.
Die Expedition
* Politische Umschau.
Wie der „KarlSr. Atg." aus Wien gemeldet
wird, hat das österr. (Labinet aus Veranlassuug
dor Depesche des Herrn v. Bismark an Herrn
v. d. Psordten Veraulassung genommen, sowohl
seine übrigen deutschen Bundesgcnosseu, alS
auch Preußen selbst zu verständigcn, daß diese
Depesche einer Auffassung deL BundesrechlS
und der Rechte und Pslichlen der Bundesgtie-
der Raum gebe, welche Oesterrrich sich nicht
allein nscht aüzueignen vermoge, soudern welche
es entschieden abweisen müsse. Es sollen übri-
gens seildem bereits von Berlin cinlentende und
mildernde Erläuterungen abgegangcu sein.
Aus Veranlassung der Feier des 30. Dezbr.
in Holstein verbanden die meisten Vereine damit
Proteste gegen die Einverlcibungsadresse; in
Marne wurde sie geradezu Landesverrath ge-
nannt; in Pinneberg und an andern Ortcn
wurde die Erwartung ansgesprochen, daß die
Ständeabgeordneten zusammentreten werden.
Die Bundesversammluug hielt am 5. d. ihre
erste Sitzung im eben begonnencn Jahre. ES
wurde in derselbcn eine Neihe 'vou Formalicn
undVerwaltungsgegenständen erlcdigt, die jedoch
kein allgemeineres Jnteresse bieten.
Das so ebeu erschienene Zanuarheft der
preußischen Jahrbücher enthält in Sylvcster-.
betrachtungen von Pros. Häusser einen Rnck-
blick auf das Jahr 1864 und bci dieser Gele-
genheit manches Neue über die Plane der Mit-
telstaaten. Hausser steht in dem Kampfe zwi-
schen Oefterreich, dem Bunde und Preußen auf
preußischer Seite, spricht sich übrigeus sür den
strengen bundesstaatlichen Auschluß Schlcswig-
Holsteins an Preußen aus und gegen die An«
nexion, von welcher er eine Zerreißung Deutsch-
lands nach der Mainlinie zu sürchlen scheint.
Die politische Correspondenz der preußischen
Zahrbücher dagegen behandelt die Annexion als
offene Frage.
Die „France" meldet gerüchtweije, daß Prinz
Napoleon nach Turin gehen und im Februar
Die Säulen auf der piazetta gu Venedig.
An dem äußersten Ende drr Piazetta in Vencdig
welchen die eine den Löwen von St. MarcuS, die
andere den St. TheodoruS trägt. Dcr Löwe ist
auch vadurch merkwürdig, da er das erste Opfer
(so fern es Kunstgegenstände betrifft) ber franzö-
fischen Revolution war. Von dem Buche, welches
er hält, wurdrn die Worte der Bibel ausgelöscht
und dagegen folgendc Worte; „vroit 6e l'domme
et äu eitox«»" eingefügt. DieS gab einem Gondr-
lier zu der Brmerkung Anlaß, daß St. Marcus
nun gleich aller Welt gezwungcn worden sei, sein
Blatt zu wenden. Der Löwe wurde später nach
dem Znvaliden-Hotel in Paris gebracht, aber nach
dem Fall ber Hauptstadt wieder an seiner alten
Stelle aufgerichtet. Die Kapitäle der Säulen be.
kunden ihren byzantinischen Ursprung. Drei solcher
wurden von Konstantinopel gebracht. Eine tavon
im Schlamme, die beiden andern brachte man
glüMich an'S Ufer; jedoch wird erzählt, daß Nie-
mand im Stande war, fie aufzurichten. Sebastiano
Ziani, Doge von 1172 bis l180, machte bekannt,
mit Victor Emanuel nach Paris zurückkommen
werde.
Der spanische Abgesandte Pareja soll Jn-
structionen haben, der Regierung von Peru
vorzuschlagen.'daß sie die begangenen Gewalt-
thätigkeiten drsavouire und gegen deren Urheber.
Untersuchung einleite. Nach Eröffnung dieser
Untersuchung und ohne deren Resultat abzu-
warten, würde Spanien die Chinchasinseln
herauSgeben, Peru aber einen Bevollmächtigten
abschicken, um einen Handels- und Freund-
schastsvertrag mit Spanien zu negoziren.
Am 2. Januar sind die porlugiesischen Cor-
tes eröffnet worden. Der König erklärte in der
Thronrede, daß die Einkünfte zur Deckung der
Bcdürfnisfe vollständig ausreichten. Es sollen
dcr Versammlung Gesetzentwürfe vorgclegt wer-
den in Betreff deS Weinhandels und verschie-
dener Zollsragen. Der König drückle die Hoff-
nung auS, daß es dem portugiesischen Ge-
sandten zu London gelingen werde, den Zwist
zwischen England und Brasilien gütlich beizu-
legen.
Die türkischen Finanzen besinden sich in einer
nicht besonders befriedigenden Lage. Die Pforte
soll durch Geldmangel dahin gcbracht sein, einen
Theil ihrer Truppen äuf 6 Monate zu entlasseu,
und jede neue Auöhebung auf unbestimmte Zeit
zu vertagen.
D c » t s ch l a n V.
Karlöruhe, 7. Zan. Gestern Nachmittag
ist Se. Großh. Hoheit der Prinz Ludwig von
Hessen mit Seiner hohen Gemahlin, Jhrer
Königl. Hoheit der Prinzcssin Alice, gebornen
königlichen Prinzessin von Großbritannien, da-
hier zum Besuch der großherzoglichen Familie
eingetroffen, und gedenkt cinige Tage in hie-
siger Residenz zu verweilen.
F Vom Neckar. Die Ernennung des
Prinzen Napoleon zum Vicepräsidenten des
Geheimen Rathes gewinnt durch den Umstand
eine ganz besondere Bedeutung, daß durch De-
cret vom 1. Febr. 1858 dicser Nath, sofern
der Kaiser keine anderc Bestimmung treffen
sollte, im Falle der Thronerledigung die Regent-
schaft zu übernehmen hat, und daß somit der
Prinz zum eventuellen Chef der Regentschaft
berufen ist. Es ist ferner von Wichtigkeit, daß
laut einer Notc deS „Moniteur" der Geheime
Rath auch zu Lebzeiten des Kaisers unter dem
wrrden; um jcdoL den durch dic Erfüllung der
Bitte Barattiero'S hervorgerufenen Unwrsrn zu
steucrn, brfahl der Rath, daß die Hinricktungen,
wrlche früher auf dem Platze Giovanni Bragol-
stattgefunden hatten, nunmehr auf dem privile-
der Raum zwischen drn Säulen in solchrn Verruf
kam, daß spater selbst das bloße Betretrn desselben
alS rine schlimme Vorbedeutung angesehen wurde. l
Präsidium des Prinzen sich versammeln und
mit wichtigen Fragen internationaler Politik
beschäftigen kann. Endlich darf nicht vergessen
werden, daß während der Abwesenheit des Kai-
sers zur Zeit des italienischen Krieges der Kai-
serin die Präsidentschast des Geheimen Rathes
übertragen war.
Nun ist es für Niemand ein Geheimniß,
welcher Antagonismus der Ansichten und welche
geringe Sympathieen zwischen der Kaiserin und
dem Prinzen vom Palais Royal bestehen, und
wie sorglich der „rothe Prinz" bisher von ge-
wissen Geschäften und insbesondere von den
Stufen des Thrones, für dessen mögliche Er-
ledigung hin, ferne gehalten wurde. Es ist
mithin für Zedermann auffällig, was dieser
plötzliche Beweis des Vertrauens zu dem kai-
serlichen Vctter bedeute. Die Einen weisen nur
auf das Datum des Decrets hin, den 24. Dec.,
den Tag der Veröffentlichung der unglücklichen
Encyclika, und sehen in jenem, dcm Schwieger-
sohne Victor Emanuels eingeräumten Einfluffe
ein Zusammensallen mit dcm Streben des Kai-
sers in Paris, des Königs in Turin, und dem
Circular des Hrn. Baroche an die Bischöfe,
eine Manifestation gegen Rom. Andere da-
gegen erblicken in der Heranziehung des demo-
kratischen Elementes» eine Anbahnung zu ver-
schiedenen liberalen Maßregeln in Bezug auf
die innern Verhältnisse, Maßregeln, denen der
Prinz zugleich mit Hrn. Morny stets das Wort
geredet hat. Eine dritte Version endlich geht
dahin, daß die überraschende Ernennung mit
dem Gesundheitszustande des Kaisers im Zu-
sammenhang stehe, der wahrend des Neujahrs-
empfangs selöft von einem, obwohl vorüber-
gehenden Unwohlsein, betroffen worden sein soll.
Zn politischen und finanzicllen Kreisen macht
das Gefühl sich geltend, daß diese Bescitigung
der Kaiserin durch den rothen Prinzen in
Wien, wie in Petcrsburg unangenehm berühren
und für Jtalien eine Ermuthigung sein müffe,
die Geschicke dieses Landes der völligen Einheit
zuzuführen.
§ Heidelberg, 8. Januar. Wir haben
in der jüngsten Nummer unserer Zeitung
ein merkwürdiges Berliner Actenstück mit-
getheilt, nämlich einen Erlaß des dortigen
evangelischen Oberkirchenraths an die könig-
lichen Consistorien in Betreff der Schenkel-
schen Angelegenheit. Veranlaßt wurde der-
selbe durch eine gedruckte Zuschrift, welche die
Man meint gewöhnlich, das oratorische PathoS,
die jnristische Blumistik werde nur vor der franzö-
fischen Barre cultivirt; nachstehend geben wir den
Schluß dcs Plaidoyers eines britischen Advokaten,
der bei den leytrn Assisen von Guildfort ein sehr
schönes Mädchen zu vertheidigen hatte, unter An-
k.age, zur Nachtzeit Waaren aus einem bewohnten
Hause gestohlen zu haben. ES wird fich zeigrn, ob
die Palme der Beredsamkeit dieffeits oder jenseits
niederfallen wird.
„Meine Herren Geschworenen! Jch bin zu Ende.
Werfe tch jetzt meine geblendeten Augen auf die
bewunderungSwürdige Schönheit dieser unvergleich-
ltchen Jungfrau, schwelge ich im Anblick dieser
verführerischen Reize, die niemalS ein Verdacht
entblättern konnte; so muß ich sagen, daß fie weit
ehcr uns Alle verführen, alS von irgend Zeman-
den, oder irgrnd etwas, namentlich diesen jäm-
merlichen Waarcn, vcrführt werden konnte. Sehe
ich sie im Schimmer ihrer Schönhett, welche die
Schönheit der Engel eher zu beneiden, als zu ver-
dunkeln vermag, sehe ich sie so strahlend, daß der
Abendstern vor thr erbleichen muß, daß der Dia-
mant von Brafilien sein Keuer vor ihr verliert.
Kreisverküiidiguilgsblatt für oeii Kceis Heidclberg uild aiutliches Berkündiguigsblatt für die Amts- und Amls-
- Gerichtsbezirke Heidelbcrg miü Wiesloch uud dcn Auitsgcrichtsbezirk Neckargemünd.
N- 8 Di-nstag, 10 Ja-.»ar «1SSK?L>"""' 18VS.
Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Fumilienblätter" füc dns mit 1.
Januar 18lSS begounene 1. Quartal
werden fortwälirend angenommen.
Die Expedition
* Politische Umschau.
Wie der „KarlSr. Atg." aus Wien gemeldet
wird, hat das österr. (Labinet aus Veranlassuug
dor Depesche des Herrn v. Bismark an Herrn
v. d. Psordten Veraulassung genommen, sowohl
seine übrigen deutschen Bundesgcnosseu, alS
auch Preußen selbst zu verständigcn, daß diese
Depesche einer Auffassung deL BundesrechlS
und der Rechte und Pslichlen der Bundesgtie-
der Raum gebe, welche Oesterrrich sich nicht
allein nscht aüzueignen vermoge, soudern welche
es entschieden abweisen müsse. Es sollen übri-
gens seildem bereits von Berlin cinlentende und
mildernde Erläuterungen abgegangcu sein.
Aus Veranlassung der Feier des 30. Dezbr.
in Holstein verbanden die meisten Vereine damit
Proteste gegen die Einverlcibungsadresse; in
Marne wurde sie geradezu Landesverrath ge-
nannt; in Pinneberg und an andern Ortcn
wurde die Erwartung ansgesprochen, daß die
Ständeabgeordneten zusammentreten werden.
Die Bundesversammluug hielt am 5. d. ihre
erste Sitzung im eben begonnencn Jahre. ES
wurde in derselbcn eine Neihe 'vou Formalicn
undVerwaltungsgegenständen erlcdigt, die jedoch
kein allgemeineres Jnteresse bieten.
Das so ebeu erschienene Zanuarheft der
preußischen Jahrbücher enthält in Sylvcster-.
betrachtungen von Pros. Häusser einen Rnck-
blick auf das Jahr 1864 und bci dieser Gele-
genheit manches Neue über die Plane der Mit-
telstaaten. Hausser steht in dem Kampfe zwi-
schen Oefterreich, dem Bunde und Preußen auf
preußischer Seite, spricht sich übrigeus sür den
strengen bundesstaatlichen Auschluß Schlcswig-
Holsteins an Preußen aus und gegen die An«
nexion, von welcher er eine Zerreißung Deutsch-
lands nach der Mainlinie zu sürchlen scheint.
Die politische Correspondenz der preußischen
Zahrbücher dagegen behandelt die Annexion als
offene Frage.
Die „France" meldet gerüchtweije, daß Prinz
Napoleon nach Turin gehen und im Februar
Die Säulen auf der piazetta gu Venedig.
An dem äußersten Ende drr Piazetta in Vencdig
welchen die eine den Löwen von St. MarcuS, die
andere den St. TheodoruS trägt. Dcr Löwe ist
auch vadurch merkwürdig, da er das erste Opfer
(so fern es Kunstgegenstände betrifft) ber franzö-
fischen Revolution war. Von dem Buche, welches
er hält, wurdrn die Worte der Bibel ausgelöscht
und dagegen folgendc Worte; „vroit 6e l'domme
et äu eitox«»" eingefügt. DieS gab einem Gondr-
lier zu der Brmerkung Anlaß, daß St. Marcus
nun gleich aller Welt gezwungcn worden sei, sein
Blatt zu wenden. Der Löwe wurde später nach
dem Znvaliden-Hotel in Paris gebracht, aber nach
dem Fall ber Hauptstadt wieder an seiner alten
Stelle aufgerichtet. Die Kapitäle der Säulen be.
kunden ihren byzantinischen Ursprung. Drei solcher
wurden von Konstantinopel gebracht. Eine tavon
im Schlamme, die beiden andern brachte man
glüMich an'S Ufer; jedoch wird erzählt, daß Nie-
mand im Stande war, fie aufzurichten. Sebastiano
Ziani, Doge von 1172 bis l180, machte bekannt,
mit Victor Emanuel nach Paris zurückkommen
werde.
Der spanische Abgesandte Pareja soll Jn-
structionen haben, der Regierung von Peru
vorzuschlagen.'daß sie die begangenen Gewalt-
thätigkeiten drsavouire und gegen deren Urheber.
Untersuchung einleite. Nach Eröffnung dieser
Untersuchung und ohne deren Resultat abzu-
warten, würde Spanien die Chinchasinseln
herauSgeben, Peru aber einen Bevollmächtigten
abschicken, um einen Handels- und Freund-
schastsvertrag mit Spanien zu negoziren.
Am 2. Januar sind die porlugiesischen Cor-
tes eröffnet worden. Der König erklärte in der
Thronrede, daß die Einkünfte zur Deckung der
Bcdürfnisfe vollständig ausreichten. Es sollen
dcr Versammlung Gesetzentwürfe vorgclegt wer-
den in Betreff deS Weinhandels und verschie-
dener Zollsragen. Der König drückle die Hoff-
nung auS, daß es dem portugiesischen Ge-
sandten zu London gelingen werde, den Zwist
zwischen England und Brasilien gütlich beizu-
legen.
Die türkischen Finanzen besinden sich in einer
nicht besonders befriedigenden Lage. Die Pforte
soll durch Geldmangel dahin gcbracht sein, einen
Theil ihrer Truppen äuf 6 Monate zu entlasseu,
und jede neue Auöhebung auf unbestimmte Zeit
zu vertagen.
D c » t s ch l a n V.
Karlöruhe, 7. Zan. Gestern Nachmittag
ist Se. Großh. Hoheit der Prinz Ludwig von
Hessen mit Seiner hohen Gemahlin, Jhrer
Königl. Hoheit der Prinzcssin Alice, gebornen
königlichen Prinzessin von Großbritannien, da-
hier zum Besuch der großherzoglichen Familie
eingetroffen, und gedenkt cinige Tage in hie-
siger Residenz zu verweilen.
F Vom Neckar. Die Ernennung des
Prinzen Napoleon zum Vicepräsidenten des
Geheimen Rathes gewinnt durch den Umstand
eine ganz besondere Bedeutung, daß durch De-
cret vom 1. Febr. 1858 dicser Nath, sofern
der Kaiser keine anderc Bestimmung treffen
sollte, im Falle der Thronerledigung die Regent-
schaft zu übernehmen hat, und daß somit der
Prinz zum eventuellen Chef der Regentschaft
berufen ist. Es ist ferner von Wichtigkeit, daß
laut einer Notc deS „Moniteur" der Geheime
Rath auch zu Lebzeiten des Kaisers unter dem
wrrden; um jcdoL den durch dic Erfüllung der
Bitte Barattiero'S hervorgerufenen Unwrsrn zu
steucrn, brfahl der Rath, daß die Hinricktungen,
wrlche früher auf dem Platze Giovanni Bragol-
stattgefunden hatten, nunmehr auf dem privile-
der Raum zwischen drn Säulen in solchrn Verruf
kam, daß spater selbst das bloße Betretrn desselben
alS rine schlimme Vorbedeutung angesehen wurde. l
Präsidium des Prinzen sich versammeln und
mit wichtigen Fragen internationaler Politik
beschäftigen kann. Endlich darf nicht vergessen
werden, daß während der Abwesenheit des Kai-
sers zur Zeit des italienischen Krieges der Kai-
serin die Präsidentschast des Geheimen Rathes
übertragen war.
Nun ist es für Niemand ein Geheimniß,
welcher Antagonismus der Ansichten und welche
geringe Sympathieen zwischen der Kaiserin und
dem Prinzen vom Palais Royal bestehen, und
wie sorglich der „rothe Prinz" bisher von ge-
wissen Geschäften und insbesondere von den
Stufen des Thrones, für dessen mögliche Er-
ledigung hin, ferne gehalten wurde. Es ist
mithin für Zedermann auffällig, was dieser
plötzliche Beweis des Vertrauens zu dem kai-
serlichen Vctter bedeute. Die Einen weisen nur
auf das Datum des Decrets hin, den 24. Dec.,
den Tag der Veröffentlichung der unglücklichen
Encyclika, und sehen in jenem, dcm Schwieger-
sohne Victor Emanuels eingeräumten Einfluffe
ein Zusammensallen mit dcm Streben des Kai-
sers in Paris, des Königs in Turin, und dem
Circular des Hrn. Baroche an die Bischöfe,
eine Manifestation gegen Rom. Andere da-
gegen erblicken in der Heranziehung des demo-
kratischen Elementes» eine Anbahnung zu ver-
schiedenen liberalen Maßregeln in Bezug auf
die innern Verhältnisse, Maßregeln, denen der
Prinz zugleich mit Hrn. Morny stets das Wort
geredet hat. Eine dritte Version endlich geht
dahin, daß die überraschende Ernennung mit
dem Gesundheitszustande des Kaisers im Zu-
sammenhang stehe, der wahrend des Neujahrs-
empfangs selöft von einem, obwohl vorüber-
gehenden Unwohlsein, betroffen worden sein soll.
Zn politischen und finanzicllen Kreisen macht
das Gefühl sich geltend, daß diese Bescitigung
der Kaiserin durch den rothen Prinzen in
Wien, wie in Petcrsburg unangenehm berühren
und für Jtalien eine Ermuthigung sein müffe,
die Geschicke dieses Landes der völligen Einheit
zuzuführen.
§ Heidelberg, 8. Januar. Wir haben
in der jüngsten Nummer unserer Zeitung
ein merkwürdiges Berliner Actenstück mit-
getheilt, nämlich einen Erlaß des dortigen
evangelischen Oberkirchenraths an die könig-
lichen Consistorien in Betreff der Schenkel-
schen Angelegenheit. Veranlaßt wurde der-
selbe durch eine gedruckte Zuschrift, welche die
Man meint gewöhnlich, das oratorische PathoS,
die jnristische Blumistik werde nur vor der franzö-
fischen Barre cultivirt; nachstehend geben wir den
Schluß dcs Plaidoyers eines britischen Advokaten,
der bei den leytrn Assisen von Guildfort ein sehr
schönes Mädchen zu vertheidigen hatte, unter An-
k.age, zur Nachtzeit Waaren aus einem bewohnten
Hause gestohlen zu haben. ES wird fich zeigrn, ob
die Palme der Beredsamkeit dieffeits oder jenseits
niederfallen wird.
„Meine Herren Geschworenen! Jch bin zu Ende.
Werfe tch jetzt meine geblendeten Augen auf die
bewunderungSwürdige Schönheit dieser unvergleich-
ltchen Jungfrau, schwelge ich im Anblick dieser
verführerischen Reize, die niemalS ein Verdacht
entblättern konnte; so muß ich sagen, daß fie weit
ehcr uns Alle verführen, alS von irgend Zeman-
den, oder irgrnd etwas, namentlich diesen jäm-
merlichen Waarcn, vcrführt werden konnte. Sehe
ich sie im Schimmer ihrer Schönhett, welche die
Schönheit der Engel eher zu beneiden, als zu ver-
dunkeln vermag, sehe ich sie so strahlend, daß der
Abendstern vor thr erbleichen muß, daß der Dia-
mant von Brafilien sein Keuer vor ihr verliert.