von Oesterreich legt der Eroßherzogliche Hof
von heute an die Trauer bis einschließlich den
31. dieses Monats nach der 4. Stufe der
Trauerordnung an.
KarlSruhe, 24. Zan. Dienftnachrichten.
«se. Königl. Hoheit der Großherzog haben
unterm 20. d. M. gnädigsl gcruht, den Be-
zirkS-Jngenieurpraklikanten Julius Cammerer
von Durlach zum Zngenieur zu crnennen;
serner unter gleichem Datum dem Eisenbahn-
Expeditor Ludwig Scheyrer in Weinheim die
StaatSdienereigenschast zu verleihen.
Heideiberg, 2b. Jan. 'Hinsichtlich dcr
unbesugten Veröftcnllichung der vielgenannlen
Depeschen durch die Wiener „Presse" isl eine
neue Bermuthung ausgelaucht, die nicht ganz
unwahrscheinlich klingt. Herr v. Bismarck
soll die'Veröffenllichung nämlich sclbft veran-
laßt haben, um Oestcrreich in Deulschland mil
seiner Forderung eines Acquivalents auf
deutschem Gebiele zu compromiltiren. Oester-
reichische Blälter sprechen sich uuumwunden in
diesem Sinne aus. Diese Annahme gewinnt
an Wahrscheinlichkeit durch die officiöscn Aus-
einandersctzungen, mil welchcn man in Wien
dieser preußischen Machination begegnel, uüd
nach denen Lie Anführung einer deutschen Ge-
dielsabtretung als eine Falle erscheint, dic in
Berlin dcr österreichischcu Diplomatie geftelll
wuroe. Hr. v. Bismarck soü nämlich in einer
Unterredung mit dem österreichischcn Gesandten
Grafcu Karolyi zucrst von einer solchen Ge-
bietsabtretung gesprochen haben, indem er be-
merkle, daß Preußen eiue solchc ablehuen müsse,
wenn sie je gestcüt werden sollte. Mit Be-
rusung auf diese Aeußernng soll dann der öster-
reichijche Minister in seincr Depesche bemerkt
haben, von einer Anncxion der Herzogthümer
könne schon deßhalb nicht die Rede sein, weil
Oesterreich dann. anch in Bezug auf sein deut-
sches Gebiet ein Aequivalcnt zu finden berech-
tigt wäre.
Freiburg, 22. Zan. Zn Turin wurde
ein Borschlag gemacht, der unsere volle Billi-
gung findet; man soll nämlich alle politi-
schen Eide aufheben. Wer cinem Staate
angehört, muß dessen Gesetze achlen, mag
er sie für gut halten oder nicht. Der politische
Eid ist für den braven Bürger nicht nöthig,
den schlechten macht er nicht beffer, bindet ihn
in Wahrheit nicht. Mit vollem Recht hat un-
sere neuere Gesetzgebung die unnöthigen Ver-
pstichtungen der Vormünder, Psteger u. s. w.
entfernt.
„Den Frevler bindet nicht der stärkste Eid,
Frankfurt, 24. Zan. Der Senat hat
heute der Frau Strobel aus Offenbach, welche
wcgen indirecter Betheiligung an der Ermor-
dung des Fürsten Felix von Lichnowöky am
19. Septbr. 1846 zu längjähriger Zuchthaus-
strafe verurlhcilt worden war, den Rest der
Strafe (uoch etwa drei Jahre) erlassen, jedoch
unter der Bedingung, daß dieselbe das Gebiet
der freien Stadt Frankfurt nicht mehr betreten
darf. Dcr Senat soll mit Rücksicht auf die
durch lange Haft geschwächte Gesundheit der
Bestraften biekn Gnadenakt geübt haben.
gen Mund zu drüSen, und wurde dafür mit den
strafenden Worten: „Sie Böscwicht!" cntlassen.
Wie Läsar, dachte unser Referendar, kam, sah
Ht/r erkundigte er fich nach der reizenden Dame und
hörte etwas verwundert, daß fie eine Wittwe von
kaum zwei Tagen war, und in drm Zimmer, wel-
cheS fie vrrmiethen wollte, die Leiche dcs Mannes
lag. NachmittagS svllte das Begrabniß sein. Also
Unb von Herzen lackend, dachte der muntere Re-
ferendar an Chamisso'S Lied von der Wcibertreue
und an drn lieben, lieben Landsknecht, aber zu-
rückgekehrt zu der leicht getrösteten Wittwe ist er
nicht mehr.
(Krau Grobecker entführt.) Man erzählt
fich in Wiener Theaterkrrisen folgende pikante Ge-
schichte: Die „Dejazrt dcS CarltheatcrS", Frau
NachmittagSschläfchen. Plötzlich erwachte sie. Rings-
um finster, und daS gerufene Dienstmadchen erscheint
Stuttgart, 24. Zan. Unsere Abgeord-
netenkammer hat einen wichtigen Beschluß ge-
faßt; sie hat einstimmig, einschließlich ihrer
ritterschaftlichen Mitglieder, den wichtigcn letzten
Artikel oes sogen. Complexlastengesetzes ange-
nommcn, worin gesagt ist, daß dieses Gesetz
mit den früheren Ablösungsgesetzen ein un-
trennbares Ganze bildcn soll. Hierin liegt der
Verzicht des Aoelö auf jeben Gedanken, die in
ihrer Nechtsgiltigkeit hierdurch anerkannten Ab-
lösungsgeietze auch künftig noch durch Forde-
ruilg von Nachtragsentschädigungen anfechten
'zu wollcn. Man glauvl, daß die 1. Kammer
dem Beispiel der Ritlerschaft folgen werde, da
das beioerseitige Verhalten ohne Zweifel auf
Verabredung beruht. So wird denn in Bälde
eine Angelegenheit erledigt sein, die, weil tief
cinschneidend in dic materiellen Verhältniffe des
Landes, seit Zahren daffelbe nicht hatte zur
Nuhe kommen laffen.
Berlin, 24. Zan. Heute hat im Hcrren-
haus in Anwescnheit des Ministerpräsidenten
die Adreßdebatte stattgefunden. Ein Amende-
ment des Hrn. Blömer, die Abändcrung des
Alinea 8 (Betonung der rücksichtsvoll gebrauch-
tcn Ncchte der Lanoesvertretung) betreffcnd,
findet Unterstützung. Der Referent v. Gaffron
empfiehlt die Annahme der Aoresse, ebenso Graf
v. Arnim-Boytzenburg und Herr v. Krassow.
Beide verlangen, daß das Haus sich von den
Fragen der auswärtigen Politik fern halte und
der innercn Politik des Ministeriums seine
Zustimmung ertheile. DaS Letztere betont noch
besonders die Allianz mit Oesterreich nnd die
Eingriffe der Fortschriltspartei in die Rechte der
Krone, rügt, wie diese Partei alles Bestehende
erschüttere, billigt die Maßnahmen der Regie-
rung gcgen die Opposition, wünscht in dieser
Beziehung die kräftigste Unterftützung des Hau-
ses und empfiehlt Ablehnung d^s Amcndements
uno Annahme der Adresse. Hr. Blömer em-
pfichlt sein Amendemettt zu concreterer Fassung
der Stellen über die schleswig-holsteinische Frage
und das Budgetrecht. Hr. v. Bülow betont die
moralischen Eroberungen Preußens durch die
Vergrößerung Deutschlands und durch die Be-
scitigung der Augustenburgischen Opposition;
er empfiehlt, hierin die Regierung zu unter-
stützen. Hr. v. Waldow-Steinhöfel spricht gegen
das Amendement und sür Annahme des Adreß-
entwurfö. Hr. v. Senfft-Pilsach legt Verwah-
rung ein gegen die Vernnglimpfungen der heili-
gen Person des Königs und behauptet, die
Berliner Stadtverordnetenversammlung werdc
insgeheim durch die Fortschrittspartei beeinflußt.
Prinz Boguslaw Radziwill protestirt gegen die
factische Beeinfluffung der Abstimmungen der
Berliner Stadtverordnetenversammlung. Der
Ätinisterpräsident dankt für das der Regierung
in der Adresse ausgesprochene Vertrauen und
bcmerkt weiter: Die Basis aller constitutionel-
lcn Verfaffungen sei ein Compromiß, dies sei
um so mehr in Preußen der Fall, als hier drei
gleichberechtigte Factoren neben einander be-
stehen. Daö System der Verstärkung deS
Herrenhauses als Wall gegen das Abgeordne-
tenhaus sei verwerflich, weil es vom Beruse des
Herrenhauses ableite, das eine von der Tages-
nicht. Von Seelenangst ergriffen, fie habe die Thea-
Hausthor steht ein Wagen, und ein junger Mann
öffnet die Wagenthür mit den Worten, „Wir
warten schon lange auf Sie!" Frau Grobccker fieht
thre schreckliche Ahnung erfüllt, sie hat dte Thea-
terstunde versäumt. Sie springt in den Wagen.
Der junge Mann setzt sich zu thr und crgießt sich
sofort in einen Redestrom von „Schmcrzen —
Wehen — Lage des KindeS". — Der Wagen lenkt
zur Nordbahn. „Um Gottcswillen, ich bin die
Grobecker und will ins Larltheater!" schreit die
Künstlerin verzweifelnd. Der Wagen hält an,
Frau Grobeckrr stürzt aus demselben und läuft,
waS sie kann, inS Theater — eS war erst 6 Uhr
Abends. Der verstörte Ehemann aber mußte sich
Verden, l8. Iänuar. Einc unter der hiesigen
Thratergesellschaft befindliche Schauspirlerin, Frln.
Friedland, hatte dirfer Tage das Unglück, eine
Nadel, welche fie zur Befestigung eines Kleidungs-
stückeS zwischen den Ltppen hatte, gerade in dem
politik unabhängige glänzende Körperschaft sein
solle, und zum Einkammersystem führe. Dcr
Weg des Compromiffes sei vom Abgeordneten-
hause durch deffen Beschluß vom September
1862 verlaffen worden; die gegenwärtige Rr-
gierung habe den Conflict vorgefunden und
wollte sie denselben nach dem Verlangen des
anderen Hauses lösen, so müßte sie die Heeres-
organisaNon ausheben, was unmöglich sei.
Darauf spricht der Minister seinen Dank aus
für die Zustimmuug zur Lußeren Politik der
Regieruug und bcmerkl dazu: Kein practischer
Geschäflsmann könne vorzeitig schwebende Pro-
jecte veröffentlichen; und so könne er jetzt nur
versichern, daß die preußischen Jnteressen auf's
Beste würden wahrgenommen werden, und daß
preußisches Blut nicht umjonsl würde geflossen
sein. — Die liberale Prcffe habe der Regierung
das Bündniß mit Oesterreich zum Borwurf
gemacht; das andere Haus werde dieS noch
thun. Die Zukunft werde ein helleres Licht
als die bisherigen Ereignisse und die gegen-
wärtige Erklärung verbreiten. Wenn die Re-
gierung nicht den von ihr eingehaltenen Weg
belreten hätte, so wäre nur der Bunveskrieg
übrig geblieben, und zwar hätte ihn Preußen
neben Oesterreich als Präsidialmacht führen
müssen; hätte man ihm auch die Kriegsführuug
anvertraut, so hätten doch unsere Pläne in
Bcziehung auf die Gestaltung der Herzogthümer
nicht die Berücksichtigung 'gefunden, die ihnen
von dem wohlwollendcn und besreundeten
Oesterreich zu Theil geworden. Der Gedanke,
dcr Krieg hätte für Preußen g?führt werden
müssen, führe zur Conjecturalpolitik und sei
nicht disculirbar. Zedenfalls würde man fich
nur auf preußische Truppen, nicht auf sonstige
Hilfskräfte, haben stützen müssen. Die Oeffent-
lichkeit des Vortrages gebiete Beschränkung auf
das bisher Geäußerte. — Schließlich wird die
Adresse mit 84 gegen 6 Stimmen angenommen.
Berlin, 24. Zan. Bezüglich der heutigen
Sitzung deö Abgeordnetenhauses ist noch nach-
zutragen, daß die Abgeordneten Schulze-Delitzjch
und Faucher beantragten, das Haus wolle nach-
stehendem Gesetzesentwurf zustimmen: „Die Be-
stimmungen der §§ 181 und 182 der Gewerbe-
ordnung vom 17. Zanuar 1845, betreffcnd das
Coalitionsrecht der Arbeitgeber und Arbeiter,
werden aufgchoben." Der Abg. v. Rönne
richtete die Znterpellation an das Ministerium:
Ob und wann die Staatsregierung den könig-
lichen Erlaß vom 20. Juni 1864, betreffeno
die Genehmigung des Prisenreglementes durch
die LandeSvertretung, zur Genehmigung vorlegen
werde?"
Wien, 23. Jan. Zn der. heutigen Sitzung
des Abgeordnetenhauses gab der Polizeiminister
v. Mecsery bei der Debalte über oen AusschuH-
antrag, betreffend die Freilassung des Exdicta-
tors Langiewicz, die Erklärung ab, daß dik Auf-
hebung aller Jnternirungen überhaupt schon
Seitens der Regierung beschloffene Sache sei,
und daß es sich dabei nur noch um die Er-
ledigung einer Geldfrage, etwa um die Kosten
zur Heimreise oder zu andern Zwecken, hanole.
(N. F- Z )
Wien, 23. Zan. Rector Hyrtl hat einen
Augenblicke hinunterzuschlucken: als sic, durch ihr
Stichwort gerufen, alS „Mathilde" in der „Zu-
rücksetzung" auf die Bühne treten mußte. Lrotz
der Angst, welche fich in Folge dessen der jungen
Schauspielcrin bemächtigte, spielte fie dennoch mit
voller Geistcsgegenwart thre Rolle durch, so daß
das Publikum nichts von dem Nnfall bemerkte.
Erst später wurde Frln. Friedland von stärkerem
Arzt die Nadel nicht wieder hervorholen konnte,
so hofft er dennoch, die junge Künstlertn vom Tode
zu retten.
(Der Münchener „Punsch"), welcher be-
kanntlich nicht unter die Fortschrittsorgane zählt,
kennzcichnet die allgemeine Stimmung über die
Encycltca turch folgendes Wortspiel: „Auch das
päpstliche Rundschretben hat zu orthographischen
llnrichtigkeiten geführt; Encyclica, Enzyklika, En-
cyklica rc. Nur die Schreibart „Entzücklica" habe
ich noch ntrgenbs, nicht einmal tn katholisch ge-
finnten Blättern gelesen.
von heute an die Trauer bis einschließlich den
31. dieses Monats nach der 4. Stufe der
Trauerordnung an.
KarlSruhe, 24. Zan. Dienftnachrichten.
«se. Königl. Hoheit der Großherzog haben
unterm 20. d. M. gnädigsl gcruht, den Be-
zirkS-Jngenieurpraklikanten Julius Cammerer
von Durlach zum Zngenieur zu crnennen;
serner unter gleichem Datum dem Eisenbahn-
Expeditor Ludwig Scheyrer in Weinheim die
StaatSdienereigenschast zu verleihen.
Heideiberg, 2b. Jan. 'Hinsichtlich dcr
unbesugten Veröftcnllichung der vielgenannlen
Depeschen durch die Wiener „Presse" isl eine
neue Bermuthung ausgelaucht, die nicht ganz
unwahrscheinlich klingt. Herr v. Bismarck
soll die'Veröffenllichung nämlich sclbft veran-
laßt haben, um Oestcrreich in Deulschland mil
seiner Forderung eines Acquivalents auf
deutschem Gebiele zu compromiltiren. Oester-
reichische Blälter sprechen sich uuumwunden in
diesem Sinne aus. Diese Annahme gewinnt
an Wahrscheinlichkeit durch die officiöscn Aus-
einandersctzungen, mil welchcn man in Wien
dieser preußischen Machination begegnel, uüd
nach denen Lie Anführung einer deutschen Ge-
dielsabtretung als eine Falle erscheint, dic in
Berlin dcr österreichischcu Diplomatie geftelll
wuroe. Hr. v. Bismarck soü nämlich in einer
Unterredung mit dem österreichischcn Gesandten
Grafcu Karolyi zucrst von einer solchen Ge-
bietsabtretung gesprochen haben, indem er be-
merkle, daß Preußen eiue solchc ablehuen müsse,
wenn sie je gestcüt werden sollte. Mit Be-
rusung auf diese Aeußernng soll dann der öster-
reichijche Minister in seincr Depesche bemerkt
haben, von einer Anncxion der Herzogthümer
könne schon deßhalb nicht die Rede sein, weil
Oesterreich dann. anch in Bezug auf sein deut-
sches Gebiet ein Aequivalcnt zu finden berech-
tigt wäre.
Freiburg, 22. Zan. Zn Turin wurde
ein Borschlag gemacht, der unsere volle Billi-
gung findet; man soll nämlich alle politi-
schen Eide aufheben. Wer cinem Staate
angehört, muß dessen Gesetze achlen, mag
er sie für gut halten oder nicht. Der politische
Eid ist für den braven Bürger nicht nöthig,
den schlechten macht er nicht beffer, bindet ihn
in Wahrheit nicht. Mit vollem Recht hat un-
sere neuere Gesetzgebung die unnöthigen Ver-
pstichtungen der Vormünder, Psteger u. s. w.
entfernt.
„Den Frevler bindet nicht der stärkste Eid,
Frankfurt, 24. Zan. Der Senat hat
heute der Frau Strobel aus Offenbach, welche
wcgen indirecter Betheiligung an der Ermor-
dung des Fürsten Felix von Lichnowöky am
19. Septbr. 1846 zu längjähriger Zuchthaus-
strafe verurlhcilt worden war, den Rest der
Strafe (uoch etwa drei Jahre) erlassen, jedoch
unter der Bedingung, daß dieselbe das Gebiet
der freien Stadt Frankfurt nicht mehr betreten
darf. Dcr Senat soll mit Rücksicht auf die
durch lange Haft geschwächte Gesundheit der
Bestraften biekn Gnadenakt geübt haben.
gen Mund zu drüSen, und wurde dafür mit den
strafenden Worten: „Sie Böscwicht!" cntlassen.
Wie Läsar, dachte unser Referendar, kam, sah
Ht/r erkundigte er fich nach der reizenden Dame und
hörte etwas verwundert, daß fie eine Wittwe von
kaum zwei Tagen war, und in drm Zimmer, wel-
cheS fie vrrmiethen wollte, die Leiche dcs Mannes
lag. NachmittagS svllte das Begrabniß sein. Also
Unb von Herzen lackend, dachte der muntere Re-
ferendar an Chamisso'S Lied von der Wcibertreue
und an drn lieben, lieben Landsknecht, aber zu-
rückgekehrt zu der leicht getrösteten Wittwe ist er
nicht mehr.
(Krau Grobecker entführt.) Man erzählt
fich in Wiener Theaterkrrisen folgende pikante Ge-
schichte: Die „Dejazrt dcS CarltheatcrS", Frau
NachmittagSschläfchen. Plötzlich erwachte sie. Rings-
um finster, und daS gerufene Dienstmadchen erscheint
Stuttgart, 24. Zan. Unsere Abgeord-
netenkammer hat einen wichtigen Beschluß ge-
faßt; sie hat einstimmig, einschließlich ihrer
ritterschaftlichen Mitglieder, den wichtigcn letzten
Artikel oes sogen. Complexlastengesetzes ange-
nommcn, worin gesagt ist, daß dieses Gesetz
mit den früheren Ablösungsgesetzen ein un-
trennbares Ganze bildcn soll. Hierin liegt der
Verzicht des Aoelö auf jeben Gedanken, die in
ihrer Nechtsgiltigkeit hierdurch anerkannten Ab-
lösungsgeietze auch künftig noch durch Forde-
ruilg von Nachtragsentschädigungen anfechten
'zu wollcn. Man glauvl, daß die 1. Kammer
dem Beispiel der Ritlerschaft folgen werde, da
das beioerseitige Verhalten ohne Zweifel auf
Verabredung beruht. So wird denn in Bälde
eine Angelegenheit erledigt sein, die, weil tief
cinschneidend in dic materiellen Verhältniffe des
Landes, seit Zahren daffelbe nicht hatte zur
Nuhe kommen laffen.
Berlin, 24. Zan. Heute hat im Hcrren-
haus in Anwescnheit des Ministerpräsidenten
die Adreßdebatte stattgefunden. Ein Amende-
ment des Hrn. Blömer, die Abändcrung des
Alinea 8 (Betonung der rücksichtsvoll gebrauch-
tcn Ncchte der Lanoesvertretung) betreffcnd,
findet Unterstützung. Der Referent v. Gaffron
empfiehlt die Annahme der Aoresse, ebenso Graf
v. Arnim-Boytzenburg und Herr v. Krassow.
Beide verlangen, daß das Haus sich von den
Fragen der auswärtigen Politik fern halte und
der innercn Politik des Ministeriums seine
Zustimmung ertheile. DaS Letztere betont noch
besonders die Allianz mit Oesterreich nnd die
Eingriffe der Fortschriltspartei in die Rechte der
Krone, rügt, wie diese Partei alles Bestehende
erschüttere, billigt die Maßnahmen der Regie-
rung gcgen die Opposition, wünscht in dieser
Beziehung die kräftigste Unterftützung des Hau-
ses und empfiehlt Ablehnung d^s Amcndements
uno Annahme der Adresse. Hr. Blömer em-
pfichlt sein Amendemettt zu concreterer Fassung
der Stellen über die schleswig-holsteinische Frage
und das Budgetrecht. Hr. v. Bülow betont die
moralischen Eroberungen Preußens durch die
Vergrößerung Deutschlands und durch die Be-
scitigung der Augustenburgischen Opposition;
er empfiehlt, hierin die Regierung zu unter-
stützen. Hr. v. Waldow-Steinhöfel spricht gegen
das Amendement und sür Annahme des Adreß-
entwurfö. Hr. v. Senfft-Pilsach legt Verwah-
rung ein gegen die Vernnglimpfungen der heili-
gen Person des Königs und behauptet, die
Berliner Stadtverordnetenversammlung werdc
insgeheim durch die Fortschrittspartei beeinflußt.
Prinz Boguslaw Radziwill protestirt gegen die
factische Beeinfluffung der Abstimmungen der
Berliner Stadtverordnetenversammlung. Der
Ätinisterpräsident dankt für das der Regierung
in der Adresse ausgesprochene Vertrauen und
bcmerkt weiter: Die Basis aller constitutionel-
lcn Verfaffungen sei ein Compromiß, dies sei
um so mehr in Preußen der Fall, als hier drei
gleichberechtigte Factoren neben einander be-
stehen. Daö System der Verstärkung deS
Herrenhauses als Wall gegen das Abgeordne-
tenhaus sei verwerflich, weil es vom Beruse des
Herrenhauses ableite, das eine von der Tages-
nicht. Von Seelenangst ergriffen, fie habe die Thea-
Hausthor steht ein Wagen, und ein junger Mann
öffnet die Wagenthür mit den Worten, „Wir
warten schon lange auf Sie!" Frau Grobccker fieht
thre schreckliche Ahnung erfüllt, sie hat dte Thea-
terstunde versäumt. Sie springt in den Wagen.
Der junge Mann setzt sich zu thr und crgießt sich
sofort in einen Redestrom von „Schmcrzen —
Wehen — Lage des KindeS". — Der Wagen lenkt
zur Nordbahn. „Um Gottcswillen, ich bin die
Grobecker und will ins Larltheater!" schreit die
Künstlerin verzweifelnd. Der Wagen hält an,
Frau Grobeckrr stürzt aus demselben und läuft,
waS sie kann, inS Theater — eS war erst 6 Uhr
Abends. Der verstörte Ehemann aber mußte sich
Verden, l8. Iänuar. Einc unter der hiesigen
Thratergesellschaft befindliche Schauspirlerin, Frln.
Friedland, hatte dirfer Tage das Unglück, eine
Nadel, welche fie zur Befestigung eines Kleidungs-
stückeS zwischen den Ltppen hatte, gerade in dem
politik unabhängige glänzende Körperschaft sein
solle, und zum Einkammersystem führe. Dcr
Weg des Compromiffes sei vom Abgeordneten-
hause durch deffen Beschluß vom September
1862 verlaffen worden; die gegenwärtige Rr-
gierung habe den Conflict vorgefunden und
wollte sie denselben nach dem Verlangen des
anderen Hauses lösen, so müßte sie die Heeres-
organisaNon ausheben, was unmöglich sei.
Darauf spricht der Minister seinen Dank aus
für die Zustimmuug zur Lußeren Politik der
Regieruug und bcmerkl dazu: Kein practischer
Geschäflsmann könne vorzeitig schwebende Pro-
jecte veröffentlichen; und so könne er jetzt nur
versichern, daß die preußischen Jnteressen auf's
Beste würden wahrgenommen werden, und daß
preußisches Blut nicht umjonsl würde geflossen
sein. — Die liberale Prcffe habe der Regierung
das Bündniß mit Oesterreich zum Borwurf
gemacht; das andere Haus werde dieS noch
thun. Die Zukunft werde ein helleres Licht
als die bisherigen Ereignisse und die gegen-
wärtige Erklärung verbreiten. Wenn die Re-
gierung nicht den von ihr eingehaltenen Weg
belreten hätte, so wäre nur der Bunveskrieg
übrig geblieben, und zwar hätte ihn Preußen
neben Oesterreich als Präsidialmacht führen
müssen; hätte man ihm auch die Kriegsführuug
anvertraut, so hätten doch unsere Pläne in
Bcziehung auf die Gestaltung der Herzogthümer
nicht die Berücksichtigung 'gefunden, die ihnen
von dem wohlwollendcn und besreundeten
Oesterreich zu Theil geworden. Der Gedanke,
dcr Krieg hätte für Preußen g?führt werden
müssen, führe zur Conjecturalpolitik und sei
nicht disculirbar. Zedenfalls würde man fich
nur auf preußische Truppen, nicht auf sonstige
Hilfskräfte, haben stützen müssen. Die Oeffent-
lichkeit des Vortrages gebiete Beschränkung auf
das bisher Geäußerte. — Schließlich wird die
Adresse mit 84 gegen 6 Stimmen angenommen.
Berlin, 24. Zan. Bezüglich der heutigen
Sitzung deö Abgeordnetenhauses ist noch nach-
zutragen, daß die Abgeordneten Schulze-Delitzjch
und Faucher beantragten, das Haus wolle nach-
stehendem Gesetzesentwurf zustimmen: „Die Be-
stimmungen der §§ 181 und 182 der Gewerbe-
ordnung vom 17. Zanuar 1845, betreffcnd das
Coalitionsrecht der Arbeitgeber und Arbeiter,
werden aufgchoben." Der Abg. v. Rönne
richtete die Znterpellation an das Ministerium:
Ob und wann die Staatsregierung den könig-
lichen Erlaß vom 20. Juni 1864, betreffeno
die Genehmigung des Prisenreglementes durch
die LandeSvertretung, zur Genehmigung vorlegen
werde?"
Wien, 23. Jan. Zn der. heutigen Sitzung
des Abgeordnetenhauses gab der Polizeiminister
v. Mecsery bei der Debalte über oen AusschuH-
antrag, betreffend die Freilassung des Exdicta-
tors Langiewicz, die Erklärung ab, daß dik Auf-
hebung aller Jnternirungen überhaupt schon
Seitens der Regierung beschloffene Sache sei,
und daß es sich dabei nur noch um die Er-
ledigung einer Geldfrage, etwa um die Kosten
zur Heimreise oder zu andern Zwecken, hanole.
(N. F- Z )
Wien, 23. Zan. Rector Hyrtl hat einen
Augenblicke hinunterzuschlucken: als sic, durch ihr
Stichwort gerufen, alS „Mathilde" in der „Zu-
rücksetzung" auf die Bühne treten mußte. Lrotz
der Angst, welche fich in Folge dessen der jungen
Schauspielcrin bemächtigte, spielte fie dennoch mit
voller Geistcsgegenwart thre Rolle durch, so daß
das Publikum nichts von dem Nnfall bemerkte.
Erst später wurde Frln. Friedland von stärkerem
Arzt die Nadel nicht wieder hervorholen konnte,
so hofft er dennoch, die junge Künstlertn vom Tode
zu retten.
(Der Münchener „Punsch"), welcher be-
kanntlich nicht unter die Fortschrittsorgane zählt,
kennzcichnet die allgemeine Stimmung über die
Encycltca turch folgendes Wortspiel: „Auch das
päpstliche Rundschretben hat zu orthographischen
llnrichtigkeiten geführt; Encyclica, Enzyklika, En-
cyklica rc. Nur die Schreibart „Entzücklica" habe
ich noch ntrgenbs, nicht einmal tn katholisch ge-
finnten Blättern gelesen.