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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0143

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KreistierKndigungsblatt für den Kreis Heidelberg und amtliches Verkündigungsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbezirkc Heidelberg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

M.- k t


Domierstag, S Februar


Auf die „Hcidelberger
Zeiturrg" kann mair sich
noch für die Monate
Februar und März mit 42 Kreuzern abonniren
bei allen Postanstalten, den Boten mrd Zei-
Lungsträgern, sowie der Expedition (Schiff-
gasse Nr. 4).

^ Zur päpstlichen Encycliea.

Unsere Zeit crinnert in mancher Hinsicht an
daS Zeitalter der Resormation, mit welchenk sie
viel Achulichkeit hat, obgleich sie unS ost gera-
dezu die Kchrseite der damaligen Erscheinungen
zeigt. Wenn Nom damals seine srevelhafte
Anmaßung so meit tricb. daß eS Ablaßzettel
sür vergangene und zukünftige Sünden durch
ganz Europa vcrkaufen ließ, um die Kosten der
stolzen Pcterskirche aus dem Erlös zu bestrci-
ten: so zeigt sich jetzt sein dünkelhaftcr Ueber-
mulh darin, daß es die ganze Bildung der
Neuzeit sanunt ihren Schöpfungen alS sündhaft
verdanunt und noch einmal hinter einem lächer-
lichen Machtspruch seine zunehm<* *nde Ohnmacht
zu verbergen sucht; nebenbei aber seinen er-
schöpftcn Finanzen mit erbettelten Peterspfen-
nigen aufhilft. Wcnu damals die von Dr. Lu-
thcr an die Schloßkirche zu Wittenberg ange-
schlagencn 95 Thesen eö waren, welche den
Krieg gegen daS Papstthum eröffneten: so sind
es jetzt die von bem Papste selbst in dic Welt
hinausgcschleuderteu 80 Verdammungsjätze, wo-
durch er die ganze katholische Kirche — denn
die protestanlifche lacht darüber — gegen sich
in die Schrankcn gerufcn und sich um dcu Rest
seines Ansehens gebracht hat. Wenn Luther
damals, zum Zeichen, daß Roms Macht ge-
brochen sei, die gcgen ihn erlasfene Bulle des
Papstes untcr Zujauchzen der studirenden Ju-
gend öffentlich verbrannte und durch diesen Act
dem Oberhaupte der Kirche seinen Gehorsam
kündigte: so haben in unsern Tagen die Stu-
denten von Palermo dic päpstliche Encyclica
auf dem Erzbisthumsplatze verbrannt, um an-
zudcuten, daß sie in keiner iunereu Gemeinschaft
mit Rom mehr stchen, worauf die Auflösung
der Lußercn Gemeinschaft von selbst folgen
wird. Und wenu endlich im sechzehnten Jahr-
hundert die Kirchenrcformation zugleich zur
politischen Umgcstaltnng DeutschlandS führte,
und die von dem römischcn Alpdruck befreiten
Fürsten in das Erbe der Bischöfc traten: so

hängt auch die politische Wiedcrgeburt ItalienS
mit dem Untergang des Papstthums innig zu-
sammen; und das habcn die Studenten von
Palermo richtig crkannt, weShalb sie das Auf«
lodern der Encyclica mit dem Rufe begrüßteu:
„Es lebe Jtalien!" So ist denn nichl zu
zweifeln, daß das Papstthum in ein sehr ver-
hängnißvolleS Stadium getreten ist; und was
Deutschland im 16. Jahrhundert begonnen hat,
wird Italien im 19. Iahrhundert vollenden.
Die Wiege dcs Papstthums wird auch sein Grab
werden; das alte Rom wird in dem jungen
Jtalien aufgehen, und der Erbe dcs letzten PiuS
wird Victor Emanuel sein. Ob dicser Fall
schon unmittelbar nach dem Tode des jetzigen
Papstes einlretcn, oder ob das Papstthum noch
eine Zeit lang ein Scheinleben fortsühren werdc,
wird die Zukunft lehren.

* Politische ltmscha«.

Zwischen Ocsterrcich und Rußland sind Ver-
handlungcn über Zurückerstattung der österr.
Jnternirungskosten im Zuge.

Der Wiener „Preffe" geht aus Bcrlin die
Mittheilung zu, daß der Kronprinz bei dem
Könige sich für die Berufung cineS liberalen
Ministeriums verwendet habe, um welchen PreiS
das Abgeordnetenhaus in der Militarfragc nach-
geben werde. Als der König hierauf mit
Hrn. v. Bismarck gesprochen, habe dieser sich
bcreit erklärt, zurückzutreten; doch habe er nicht
untcrlassen können, dem Könige zugleich die
Perspcktive der Verhältnissc unter einem andern
Ministerium zu zeichncn und da habe der Kö-
nig nicht widerstehcn können. — So bleibt es
also beim Alten und hat wahrschcinlich darauf-
hin Hr. v. Bismarck in sein Leiborgan ge-
schrieben: Es gäbc Niemand in Preußen, der
ernstlich den Gedanken hegen mochtc, daß es
möglich sei, die Thatsache der Armee-Reorga-
nisation zurückzunchmen, ohne cinerseits die
äußere Sicherheit des Staates der größten Ge-
fährdung auszusetzen, und andererseits, ohne
das Königthum tief unter die Macht des Abge-
ordnetenhauses gebeugt zu haben. Aber das
erste sei Landesverrath, und das zweite die
Revolution.

Der italienischc Gesandte am Hofe zu Berlin
ist ermächtigt worden, Jtalien auch am deut-
scheu Bunde zu vertrcten.

Jn Belgien hat die Repräsentantenkammer

das Militärbudget mit 64 gegen 29 Stimmen
genehmigt. 8 Abgeordncte cnthielten sich der
Abstimmung und ift die erzielte Majorität für
die Ausgaben des Kriegshandwerks kcine große
zu nennen.

Uebcr den „Staatsstreich" desKaisers Maxi-
milian in der Kirchenfrag e wirdder Allg.Z.
aus Meriko geschrieben: „Hiemit ist dcr folgen-
schwerste Schrilt gethan, der Bund mit den
Fortschrittsideen ist bcsiegelt, und eine starke
Partei wird sich zum unversöhnlichen Kampf
rüsten. Hoffen wir, daß der kaiferlichen Regie-
rung der endliche Sicg verbleiben wcrde. Unter
diesen Umständen dürfte der 9tuntius Mexiko
bald wieder verlassen. Sollte sich Nom etwa
bis zur Exkommunikation versteigen, so wären
jene der Verwirklichung ihrer Absichten nicht
gar zu sern, die von eiucr unabhängigen Na«
lionalkirche mil dem Kaiser als Oberhaupt
schwärmen. Man sagt, diesc Ansicht sci felbft
untcr den Ministern nicht ohne Vertreter.
Nun wird ein hübsches Geheul losgehen in
den klerikaleu Blättern und Kreisen diesseits
und jenseits des großen Wassers. Der Schritt,
wclchen die kais. Regierung mit diesem Brief
vorwärts gcthan hat, wäre in jedem europäi-
schen Lande wichtig und folgenreich, hier ift
er eö zehnfach, und wenn der Kaiser über
diese Angelegenheit glücklich hinaus ist, darf
er sich schmcicheln, das Schwerste vollbracht
und cine große geschichtlichc That gcthan zu
haben."

Lant einer auf dem amerikanischen Gencrcrl-
konsulat in Frankfurt eingetroffenen Privatde-
pcschc ist General Mac Clellan mit dem Stea-
mer China in England eingctkoffen, um sich
zum Zwecke militärifcher Studien 2 Jahre lang
in Europa aufzuhalten. — Alle Forts am
Cape Feer River sind von den Unionstruppen
genommen.

D e u t s «H l a u d.

Z' Heidelberg, 7. Febr. Ueber den in
der gestrigen Nummer dieses Blattes angedeu-
teten Plan, den Napoleon für die Erhaltung
seiner Dynastie gefaßt haben soll, hört man
noch Folgendes: Der Kaiser, so heißt eS, sei
entschlossen, in 2 Jahren dem Throne zu ent-
sagen, seinen Sohn als Napoleon IV. zu pro-
clamiren und den Prinzcn Napoleon als Re-
genten einzusetzen. Er sclbst, der Kaiser, würde

* Das vierte Abonnements-Concert

unseres Instrumental-Vereins wird soeben in den
hiesigen BlLttern angekündigt. Letder (in diesen
Ausruf dcs Bedauerns wrrden atle Kunstfreunde
mtt uns einstimmen) ist das vierte zOgleich auch
das letzte drr dirSjährigen Symphonie-Concerte.
In der Tbat waren die Lcistungen des Orchesters
in dieser Saison so vorzüglich, die Zusammenstel-
lung dcr Programme so kunstsinnig und gcschmack-
voll, die Wahl der Solisten eine so überauS glück-
liche, daß wir nur mlt lebhaftestem Bedauern von
den unö so lieb gewordenen Concerten Abschied
nehmen können.

Das Programm dcS Schlußconcertes reiht sich
dem des vorhergegangenen würdig an. Der Violi-
nist Singer aus Stuttgart nimmt untcr den
Geigenspielern rincn eben so hohen Rang rin, wie
Herr Hill untcr den Sängern, und baS Auftreten
auch dieses berühmten Gastes tst nur durch bcson-
dere Verwcndnng ermöglickit worden. Daß uns zum
Scklusse die nicht hock genug zu preisende „Achte
Symphonic" Beethovens dargeboten wird, freut

Erschlaffung in geistigrr Beziehung zu erblicken und
fie ist bis zu Ende voUer Geschmack, Phantafie und

sammenstellung den Totaleindruck. Der erste Satz,
melodische Wendungen, in denen die Hauptgedanken

bald liebende Sehnsucht, bald ungetrübte Freude in
ihren lebhaften Bewegungen kund geben. Was man
äuch dagegen sagen mag, so steht dicser Satz eben-

ist auch bczüglich seincr Ausdehnung größer als tn
der ersten und zweiten Symphonie. Die ernsten Ge-
danken eineS Tonwerkes sind nicht allemal der Maß-
stab seiner Großartigkeit. Ieder erfahrene Tonsetzer
wird beistimmen, daß die Jdeen zu tragischen und

leitung, welche nach den ersten vier Takten von den
BlaSinstrumcnten weiter fortgesetzt wird und nach
weiteren vier Takten mit dem ganzen Orchester fich
abschließt, zugleich aber aus der Schlußnote im
zwölften Takte dcr Anfang einer neuenHauptperiode
fich gestaltet, welche fich bis zum 32. Takt» ausdehnt.
Ein finnreicheS Mittel, einen Hauptgedanken an
einen anderen zu knüpfen, benutzte Beethoven auch
hier, daß er die Schlußakte rineS Hauptgedanken
 
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