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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0447

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Veidelbkrgtr Zrilimg.

Krcisverküudigmgsblatt für den Kreis Heidelberg und amtliches Berkündiguugsblatt für die Amts- und Amts-
Gcrichtsbezirke Heidelbcrg und Wiesloch und dcn Amtsgrrichtsbezirk Neckargemünd.

d!-- 102-

Dienstag» 2 Mai


» Auf dic „Heidelberger
Zeitung" kann man stch
noch sür die Monate
Mai und Znni mit 42 Kreuzer» abonniren bei
allcn Postanstalten, den Boten uud ZeitungS-
trägern, sowie der Erpekition ('Ächisfgasse Nr. 4).

* Politische ttmscha».

Der bisherige Viccprästdent der Vereinigten
Staaken Itordamcrika's, Zohnson, legte am 15.
MorgenS um 11 Uhr dcn Präsidenteneid in
dic Hände dcS OberrichterS Chase ab; Minister
M'Culloch, Attorncy-Gencral Specd und An-
derc waren zugegcn. Andrcw Zohnson sagte
u. A.: „Dic Pstichtcn deS Prästdenten stnd
jetzt die ineinigcn. Jch wcrde sie aussnhren.
Die Folgcn stehen bei Gott. Mcine Herren,
an Sie werde ich mich anlehnen. Jch fühle,
daß ich Jhrer Unterstützung bedürscn wcrde.
Jch bin tief durchdrungcii von der Feierlichkeit
dcS Anlasies und der Verantwortlichkeit des
AmtcS, welcheS ich antrete." Johnson trat
würdig aus und ließ bci den Anwesenden cinen
sehr günstigcn Eindrnck zurück. — Bezüglich
dcr Urhcbcrschast des AttentatS wird an eine
Anzeige erinnert, welche in eincr vor eini-
ger Zcit erschienenen Nummer der Selma
Dispatch, eines im Staate Alabama heraus-
gegcbcnen BlattcS, sich besand und folgender-
maßcn lautete: „Eine Million DollarS
wcrdcn verlangt, um bis znm 1. März
den Frieden zn erlangen. Wcnn die Bürger
der südlichen Conföderation mir cine Million
DollarS in baarem Gclde odcr in gutem Papier
liefern wollen, so wcrde ich A. Lincoln, W. H.
Ecward und A. Johnson bis zum 1. März
crinorden lassen. Dieß wird unS zum Fricden
verhelsen und dic Welt überzeugcn, daß Th-
rannen in einem freicn Lande nicht leben kön-
nen. Wcnn dieß nicht ausgesührt wird, so
wird nichts reklamirt werden, mit AuSnahine
einer Summe von 50,000 DollarS, die vor-
auSbezahlt werdcn mnß und di« nothwendig
ist, um die drci Schurken zu crschlagen. Zch
selbst werde 1000 DollarS zu dicsem patrioti-
schcn Wcrke beistencrn. Zcder, dcr sich an
dicscin Werke bctheiligen will, schreibe an daS
Fach X Cahaba, Alabama. Dczembcr 1.1864."
Der UmstaNd, daß der Meuchelmörder Booth
den Präsidenten mit den Worten: 8iv somper
t)-rsnni8! erschoß, scheint darauf hinzudcutcn,
daß diese Annonce mit den Mvrdthaten in Ver-
bindung steht.

Die TimeS glaubt, die Missethaten in Was-
hington würdcn für die Conföderation kcine
anders Fvlge habcn, als dcn Ruhm ihrcr
tapfcren Vertheidigung Nichmonds zu schwächen.
Brandstisiung in Newyork, Naub in Vermont
und Mord in dcr Hauptstadt verdunkelten den
Glanz ihrcr tapfcren Thatcn auf den Schlacht-
feldern VirginicnS. — Der Globe bedauert,
daß Amerika cincS Mannes beraubt wordcn,
der zu dcn besten und rcdlichsten Präsidenten
z-hlte, nnd crkennt es als ein Unglück an,
daß sein Rachfolger, dcr Vicepräsident, weder
Anstand noch Würde in seinem Bdnchmen
zeigte. (Di- neuestcn Nachrichten b-stätigc« daS
Gegentheil.)

Der neue amcrikanische Prastdent Andrew
Johnson ist nach der TimeS dcr Sohn armcr
Eltern; er hat nie eine Schule desucht, zeigte
aber von der srühesten Kindhcit an das Streben
sich zu unterrichten; sogar daS Alhhabet lehrte
cr sich selbst und daS erste Buch, das er laS,
ward ihm geschenkt. Später alS Lehrling bei
einem Schneiber arbcitend, »erwendete er die

s Nächte zu scinen Studien, und wanderte im
Altcr von zwanzig Jahren nach Tenncssee auS,
wo er in Grcenville ein Gcschäst crrichtetc;
dort heirathete cr und seine Frau lehrtc ihn
schrciben und rechnen. Bald wurde er zum
Alderman crwahlt, 22 Jahre alt zum Mahor
und schon 1841 trat -r in den Senat von
Tennessec, 1843 in den Congrcß und 1857
in dcn Senat der Vereinigten Staaten. —
Nach den neuesten Berichten hatte man für
ScwardS Erhaltung die besten Hofsnungen.

Die ncuesteu Nachrichten aus Newyork mel-
den den ruhigen Verlauf des Regierungswech-
sels und den ungestörten Fortgaug der KriegS-
opcrationen.

Die österrci^ische AutwortS - Dcpeschc auf
den Vorschlag PreußenS, die Einbcrufung der
schleswig-holstcinischen Ständc betreffcnd, ist
am Donnerstag abgcgangen. Wesentlich zustim-
mcnd bedingt sich dic östcrrcichische Rcgierung
nur auS, daß die Compctenz der Staiide nicht
ausschließlich auf die Erörlerung der preußi-
schcn Forderungen beschränkt werde.

Der Unterrichtsministcr Duruy Lußerte bei
der Vertheilung von Anerkennungen und Be-
lohnungen an die Mitglieder dcr gelchrtcn Ge-
sellschasten: „Der unentgcltliche Unterricht wird
alsbald in Frankreich herrschen." Alle Anwe-
sendrn brachcn darüber in lauten Bcifall auS.

Ein Zug von Pariser Studenten nach dcr
amerikauischen GesandtschastSwohnung, um ihre
Sympathien dort auszudrücken, wurde von der
Polizei angehaltcn und auSeinandergctrieben.
Widcrstand Seitens der Studcnten fand nicht
Statt.

Ueber das Befinden des KönigS der Belgier
lautcn Privatnachrichlen ungünstig. Er habe
cine schlcchte Nacht gehabt; Zenncr sei zurück-
bcrufen; der Professor Deroubaix auS Brüssel
zu Rath gezogcn.

Deutschland
Karlsruhe, 29. April. Das heute er-
schienene Rcgbl. Nr. 19 enthält eine Bekannt-
machung dcs großh. Ministeriums deS Jnnern,
die Wahlordnung für die Krcisversammlungcn
betreffcnd.

7* Karlsrube, 29. April. Sitzuug der
2. Kammer. Auf der Tagesordnung st-hen die
von dcr Regierung vorgelegten HandelS- und
Zollverträge. Vor dcm Beginn dcr Verhand-
lungen wird von deni Sccretariate der Kammer
dcr abermalige Eiulauf einer großen Anzahl
von Petitionen (über 150) gegen das Schul-
gesetz angezeigt. Sie deuten wie die frühern
durch ihrc sast fast ganz gleichlautende Abfas-
sung auf dicselben Urhebcr hin, die bei dieser
ncuen clericalen Agitation die HLnde im Spiel
haben. Roch charakteristischer für den Ursprung
und Werth dicjer Petitionen ist dic Thatsachc,
daß bei einigen derjclben zwar Unterschriften
vorhanden sind, aber Ort und Datum f-hlen,
was die ultramvntanen Wühler im übergroßen
heiligen Eifer überjehen und beizusetzen ver-
gesscn haben.

Dcr Abgeordnete Moll trägt hierauf Na-
menS dcr Commisston seinen Bericht über die
verschiedcnen von der Regicrung vorgelegten
Handels- und Zollverträge vor. Dcr unisang-
reiche Bericht konnte wegen dcr Kürze der Zeit
— am 5. Mai muß der neue Tarif schon pu-
blicirt sein — nicht «orher dem Drnck übcr-
geben wcrden, waS bci der hohen Wichtigkcit
der Sache mit Rccht bedauert wird.

Wir heben zunächst auS dem allgemeincn
Theile, der des Znteressanten so Viel enthält,

folgendeS herauS. Der Bcrichterstattcr gibt zu-
nächst einc Ueberstcht über die schwierigen Vcr-
handlungcn zur Erneuerung dcS dcntschen Zoll-
»ereins, desscu Früchte und Wirkungcn für den
ganzen Umfang dcr volkSwirlhschastlichen Jn-
tcressen d-S deutschen VolkeS glücklichcr Weise
der Art scien, daß selbst den Eiscrjüchtclcien
dcr Rcgicrungen und dem Acrger polilischer
Parteien cine Sprcugung deS Zollvercins zur
Unmöglichkeit gcworden jei. Die Hersiellung
und Fortdaucr des Zollvcrein» ist eine uatio-
nale Nothwendigkeit geworden, vor dcr Vorur-
theil und ParticulariSmnS zuletzt dic Waffcn
strecken mußten.

Was die weitere Entwicklung und das fernere
Gedeihen dcs VereinS betrifft, so hänge dies
dermalen gcgenübcr der mächtigcn Concurrenz,
mit welchcr deutsche Jndustrie und deutscher
Handel dcn Kampf aufzunehinen und zu be-
stchen HStten, hauptsächlich von zwei Punkten
ab, dcrcn Beachtung der Regicrung dringcnd
empfohlen wird:

1) müßte man dahin wirken, daß der deutsche
Markt sortwährend erwcitcrt werde, namentlich
der übcrseeische;

2) müsse dem Zollverein eine entsprechende
Machtftellung zum Schutz dcutscher Schifffahrt
und deutjchen HandelS im AuSland verschafft
werdcn; hicrzu jei vor Allcm cinc einheiiliche
Organisation nothwendig, dercn Abgang der
empfindlichste Mangel des Zollvereins sei.

Fernsr mnßtcn dic VerkehrSmittel innerhalb
der Vcrcinsstaaten mehr u. mehr erlcichtert wcr-
den; namentlich sei dieS hinsichtlich deS sür den
Handel immer noch wichtigsten Vcrkchrsmiltcls,
dcr Schifffahrt aus unseren Flüssen uothwendig;
denn bis heute noch sei jcne mit ungebührlichcn
Abgabcn belastet und habe mit Hindernisscn
aller Art zu kämpscn. Jm großcn Nachtheil
stehe Deutschland uud scin Handel gegeuüber
von England und Frankreich durch dcn Mangel
cineS auch nur einiger Maßen vcrständigen
KanalsystemS. Auch dcr Transport auf den
Eisenbahnen lassc viel zu wünschcn übrig; mög-
lichstc Billigkcit der Tarise und größcre Gleich-
sörmigkeit ihrer Anjätze scien dringend zn
wünschen.

Die Adschlüffe der neuen Vcrträge mit Oester-
reich, Bclgicn und der Schweiz, die bercits auf
Grund des französtschcn HandelSvcrtrags zu
Stanbe gekommen, feien mit Dank auszuneh-
men, wiewohl der östcrrcichische Vcrlrag in vicl-
sacher Bcziehung fnr den Zollvcrein ungün-
stiger crjchcine als der jrühcrc. Vor Allcm
wünschenswcrth abcr sei eine baldige Vcrcin-
barung mit Jtalien und Rußland; hier dürfe
der Vcrein ciuem günstigen Absatz mit Zuver-
stcht entgegen sehen.

Zugleich ivird gegen die Negicrung die
Erwariung ausgcsprochen, daß sie, soviel an
ihr licgt, mit alleu Mi'tcln dahin wirken Iverde,
daß sür die Zukunft Zoll- und Handelsvcrträgc
einer rcchtzeitigen vorbergehendcn Bktheiligung
der Volksvertretung unterbreitet werden, und
daß dieS jedenfalls auch hinstchtlich der Gesctze
deS Vercins geschehe. Der Bcrichtcistatkcr geht
nun zu eincr kurzen Beiirtheiliing der eiuzclnen
Verträge übcr, worüber wir morge» das Wich-
tigere bringen wcrden.

Wir bemerken noch, daß die Anträge der
Commission aus Gcnehmigung sämmllicher Vor-
lagen der Rcgierung über die Handels- und
Zollvcrträge dei namentlichcr Abstiminung mit
allen Stimmen angenoinmen wcrdeu. Nächste
Sitzung künstigen Mittwoch am 3. Mai, iu
der die Mit Würtcmberg und Preußen »erein-
 
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