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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Allmers, Hermann: Das italienische Kopistenübel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0030

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Jahrgang.

Nr. 4.

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Mal gespalte,re Petitzeile
werden von jeder Bnch-
nnd Knnsthandlung an-
genommen.

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1874.

Beiblatt zar Zeitschrift sür bildende Kunst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalien die Abonnenren oer „Zeitschrift für bildende Kunst" xratl«; für sich allein bezoaen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

halt: Das italienische Kopistenübel. — Die akademische Ausstellung in Berlin. III. — Korrespondenz: Wien. — Biographie Michelangelo's. — Erpe-
dition nach Ehaldaa. — Der Vorhang für das Dresdener Hoftheater. — Kunstschule zu Karlsruhe. — Kostümausitellung in Paris; Ausstellung in
Boston. - Aus Tirol. — Alma Tadema; Michelangelo's vierhundertjähriger Geburtstag; Fresken im Conciliumssaale zu Constanz. — Eine neue
Kaulbach-Galerie; Lh. Lichtenberg's Gemälde-Auktion; Alexander Bida's Jllustrationen zu den vier Evangelien. — Berichtigung. — Jnserate.

Das italienische Kopiltenütiel.

Die kleinliche Engherzigkeit und großartige Um-
üändlichkeit so mancher deutschen Galerie-Verwaltung
^at kopirenden und studirenden Künstlern wohl schon
diele Seufzer ausgepreßt. Jn verschiedenen Kunstsainm-
^Ngen war es sogar gänzlich verboten, zu kopiren, in
^ri meisten die Erlaubniß dazu mit den größten Weit-
iäufigkeiten und Beschränknngen verknüpft, und Schreiber
^eses wurde in einer der ersten Sammlungen Deutsch-
lands sogar einmal barsch angefahren, als er sich nur
^irie flüchtige Bleistiftskizze und ein paar Notizen machcn
ivollte.

Das ist, Gott sei Dank, in den letzten Jahren
anders und besser geworden, und man sieht so ziemlich
äberall ein, daß Statuen, Bilder und andere Kunst-
N^genstände doch nicht blos zum Ergötzen reisender Tou-
risten da sind. Andererseits aber kann auch eine zu
^veit getriebene Liberalität in der Benutzung der Gale-
rien dem wahren Kunstleben und Streben zum Nach-
iheil gereichen. Und dies ist in den meisten Gemälde-
lammlungen Jtaliens der Fall.

Welchen kunstsinnigen Reisenden hätte es dort nicht
lchon mit Unwillen und Aerger erfüllt, wenn er ein
hervorragendes Werk, dem er so gern sein tiefstes Stu-
diuin zuwenden wollte oder auf dessen innigsten Genuß
schon so lange Zeit sich gefreut hatte, — wenn er ein
solches Ziel seiner Sehnsucht, so oft er kam, rings von
den Stafseleien der Kopisten unnahbar verbarrikadirt
fand; so in Venedig und Mailand, so in Florenz und
Nom. Auch der Schreiber dieser Zeilen vereiut seine
^lagen mit denen seiner Freunde darüber, mehrere der

bedeutendsten Werke theils gar nicht, theils nur höchst
flüchtig und unvollkommen genossen zu haben, nur weil
sie stets massenhaft kopirt wurden.

Nun aber kommt noch ein Umstand hinzu, der
solche Klagen doppelt gerecht und solche Uebelstände
doppelt ärgerlich macht.

Wären nämlich die Kopirenden noch wirklich Künst-
ler und bildeten jene Meisterwerke entweder sich selbst
zum ernsten Studium oder der Kunstwelt zu wahrem
Nutz uud Frommen nach, würde man sich schon darauf
hin einige Unbequemlichkeit gefallen lassen. Von Solchen
indeß hat man am allerwenigsten zu leiden, sondern was
sich auf's Unverschämteste vor den Perlen der Galerien
breit macht, ist vor Allem das freche Volk jener seichten
handwerksmäßigen Dutzendkopisten, welche bekanntlich
die berühmtesten und beliebtesten Bilder auf den ober-
flächlichsten rohen Effekt hin im Auftrage der soge-
nannten Kunstlädenbesitzer oder für wohlhabende Tou-
risten als Andenken kopiren-

Abzuhelfen wäre der Kalamität auf zweierlei
Weise. Entweder dürfte das Kopiren nur in gewissen
Stunden erlaubt sein und zwar in solchm, da die
Galerie ohnehin geschlossen wäre, denn der Genuß der
Bilver soll ja eben nicht dadurch beeinträchtigt werden;
oder auch die Eigenthümer oder Galerievorstände ließen
von den beliebtesten Bildern gediegene Musterkopien
anfertigen, nach denen dann wieder die obigen Dutzend-
maler ihre Fabrikarbeit zu jeder Zeit beschaffen könnten,
und nur dem sich als wahren Künstler Legitimirenden
dürfte es gestattet sein, vor dew Originalen selbst zu
malen.

Für die deutschen Akademien und Gesandtschaften
 
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