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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Aus dem Wiener Künstlerhause, [2]: Nordpolbilder - Führich-Ausstellung - Maria-Theresia-Monument
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0209

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Korrespondeiiz.

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Zeit (Daun, Laudon, Traun und Khevenhüller). Der
Sockel ist in Granit, alles Andere in Bronze gedacht
und für dieses Material gut berechnet. Das Wirkungs-
vollste an der ganzen Komposition sind jedenfalls die
vier, auf stolzen Rossen dahersprengenden Reiter, ebenso
lebendig wie echt plastisch bewegte Gestalten. Aiu
wenigsten entspricht die Hauptfignr den Ansprüchen an
eine fcincre Charakteristik und ideale Würde der Auf-
fassuug Das eigentlich Persönliche, blitzartig Zündende
fehlt überhaupt dem ganzen Entwurf. Darau mag doch
wohl die Thatsache schuld sein, daß es eben nicht das
Werk eines Einzelnen, der Erguß eiuer frei waltenden
Küustlerphantasie, sondcrn vielmehr eine durch die Um-
stände hervorgerufene Kompagnie-Arbeit ist, was wir
hier vor uns haben. Dem tüchtigen Streben der be-
gabten und rührigen Meister soll vadurch ihr Verdienst
nicht geschmälert werden. Wir fürchten jedoch, daß ein
wirkticher Erfolg ihr Werk nicht krönen wird.

Ueber die Preisbewerbung der drei ofsiziellen Kon-
kurrenten läßt sich noch nicht berichten, da die bereits
tagende Jury dieselben dcm Publikum noch eifersüchtig
vorenthält. Also ein anderes Mal davon!

U. U.

Lolltspoiidc»).

Paris, Mitte März 1875.

Die Jurh für die Prüfung dcr im „Salon" dieses
Jahres auszustellenden Werke hat sich an die Arbeit
gemacht. Es ist fürwahr keine geringe Mühe für die
Herren Preisrichter, 8000 Gemälde, Aquarelle, Zeich-
nungen u. s. w. mit scharfem Auge zu prüfen, zu klassi-
ficiren und sich über deren Annahme auszusprechen,
ohne gar viel Proteste hervorzurufen. Proteste giebt
es immer und wird es immer geben, so lange eine Jury
besteht, die sich nicht bequemen will, Alles mit ge-
schlossenen Augen anzunehmen, was ihr angeboten wird.
Daß jeder Künstler überzeugt ist, daß die paar Fuß oder
Ellen Leinwand, die er auf dem RLcken des stämmigen
Auvergnaten nach den Champs Elysses geschickt hat,
ein Meisterwerk enthalten, wird Niemanden wundern,
ebensowenig wie die Ausbrüche des Unmuthes, welche
das Retourschreiben begrüßen, mit welchem der Be-
treffende höflichst aufgefordert wird, besagtes oüsk
ä'oonvro zurückzunehmen. Glückticher Weise haben die
„verkannten Genies", die Opfer des „Koteriegeistes"
sich selbst gerichtet, indem sie vor einigen Zahren die
Unvorsichtigkeit begingen, eine Extra-Ausstellung ihrer
Gemälde zu unternehmen, die sie ohne viel Ziererei
l'oxpomtion äos rokusss, die Ausstellung der Abge-
wiesenen, nannten und die ihren Sitz in einer Holzbude
gegeuüber dem Jndustriepalast aufgeschlagen hatte. Eine
Wanderung durch diese ungeweihten Hallen zeigte, daß

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vielleicht mit einigen Ausnahmen, die ja nur die Reg^
bestätigen, die Strenge der Jury vollständig gereckst-
fertigt war. Der Versuch, eine solche Anti-Expositivn
vor zwei Jahren wieder in's Leben zu rufen, mißglückte
und stimmte den Ton der allgemeinen Entrüstung t>et
Refusos nach um etwas herunter. Jch möchte aber'
deshalb, weil die meisten Reklamationen der Maler um
gerechtfertigt sind, durchaus nicht zu einem Panegyrikus
der „Juroren", wie man in Wien sagt, mich hinreißeu
lassen. Es ist unleugbar, daß in manchen Fällen die
Jury sich in ihrem Urtheil über die ihrem GutachteU
uuterzogenen Werke viel mehr auf den Standpunkt einer
gewissen Schule als auf den Standpunkt der Kunst
stellte. Die Leidenschaft, mit welcher in Frankreich jeder
Maler die Richtung, welcher er angehört, zu verthei-
digen Pflegt, jeue Leidenschaft, die immer zur Exklusivität
führt, sobald die verschiedenen Schulen einander ent-
gegenstehen, muß auch im Geiste der Preisrichter eimge
Spuren hinterlassen haben. Man begreift cs, daß sie
Mühe haben, sich gcgen diese Anfälle glühender Partei-
sucht zu vertheidigen, aber das ist ja eben ihre Pflicht.
Die Parteilichkeit, die sc oft zu konstatiren ist, als in
dem Preisrichterkollegium eine Schulrichtung entschicden
vorherrscht, äußert sich jedoch vielmehr durch unbefugtt
Zulassungen als durch ungerechtfertigte Abweisungen.
Wie oft mag nicht in den Besuchern — und sie zählen
nach Tausenden, — die durch den „Salon" wandern, bei
manchem Gemälde, welches weit hinter den Schranken
der Mittelmäßigkeit zurückblieb, die Bemerkung aufge-
stiegen sein: „Du gehörst nicht hieher, sondern viel-
mehr -in den Salon der Refusos". Und hätten die
schlecht hingeworfenen Farben die Gabe der Sprache
besessen, so hätte das bekrittelte GemLlde antworten
dürfen: „Jch bin kein Meisterwerk, habe nichts Beson-
deres an mir, aber ich bin ü 1n inoäo und gehöre z»r
Schule des Herrn Zi, dcs Herrn N, des Herrn Z." Auf
die Gefahr hin, vielleicht einige der vielen Säle des
xaluis äo l'inäustrio zu sperren oder an den Wänden
einige Lücken bestehen zu lassen, sollte die Zahl der Er-
wählten noch mehr beschränkt, sollten abgesehen von der
Modefrage nur solche Bilder zugelassen werden, welche sich
wirklich der Vollkommenheit nähern. Es gehört aber zur
Ueberlieferung, die größtmöglichste Anzahl Bilder zuzu-
lassen, um der Welt durch die quantitativen Leistungen
der französischen Malerei zu imponiren.

Eine andere Frage, die fast alle Jahre aufgeworfen
wird und nur Unzufriedenheiten erzeugt, ohne daß man Allen
ganz gerecht werden kann, ist die Frage der „Moralität"
der zuzulassenden Bilder. Es ist schwer, diese heikle
Frage zu lösen. Jedesmal, wenn ein Bild, wie Manet's
„Frühstück auf dem Grase", wegen Jmmoralität zurück-
gewiesen wurde, gab es endlose Debalten über die Grenz-
Punkte, wo ein Bild unmoralisch zu werden begimit und
 
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