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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Abrest, Paul d': Der Salon, [3]
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0313

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615

Korrespondenz.

616

Expedition gegen die Jnsel Rs, welche den ganzen bunt-
farbigen Generalstab des gefürchteten Kardinals uns
um das Wachtfeuer gruppirt zeigt, während die Flotte,
alle Segel ausgespannt, im Hafen kreuzt.

Paul d'Abrest.

korrespondenz.

Kassel, 20. Jum.

Jn den Kunstkreisen unserer Stadt beschäftigt
man sich seit einiger Zeit lebhaft mit der sich leider
immer noch hinschleppenden Reorganisation unserer Aka-
demie der bildenden Künste und hofft, diese Frage
in Kürze ihrer Lösung um einen Schritt näher gebracht
zu sehen. Wie dringend letztere zu wünschen, wurde
bereits in einem früheren Bericht angedeutet. Aber nicht
nur der Lehrkörper selbst bedarf mehrfacher Ergänzungen
(und dies um so mehr, als unser Altmeister, Prof. Fr.
Müller, demnächst in den wohlverdienten Ruhestand
übergehen wird), sondern vor allem ist auch die äußere
Lokalfrage in's Auge zu fassen. Jn dieser Hinsicht ist
der Zustand unserer Akademie geradezu ein unwürdiger
und unhaltbarer. Ursprünglich in einem der schönsten,
zur Gemäldegalerie gehörigen Gebäude der herrlich ge-
legenen Bellevue befindlich, mußte sich die Akademie,
einst der Ruhm der Stadt Kassel, seit den Tagen der
französischen Fremdherrschaft gefallen lassen, aus einem
Miethlokal in das andere zu wandern. Endlich unter
preußischem Regime trat wenigstens insofern eine Ver-
besserung ein, als die Malerateliers in ein anderes
Lokal verlegt werden konnten, während die Bildhauer-
schule und die Zeichensäle in dem alten, durchaus un-
genügenden Gebäude verbleiben mußten, wo sie, einge-
klemmt zwischen Schlosserwerkstätten und den Klassen
einer Elementarschule, auf die denkbar ungünstigste Weise
placirt sind. Aber auch für die Malerklassen reichen
die Lokalitäten in dem neuen Gebäude — einem ehe-
maligen Wachthaus! — nicht aus, ganz abgesehen von den
Nachtheilen, welche an sich die Trennung der Klassen
mit sich bringt. So hat z. B. Prof. Bromeis weder
für sich, noch für seine Schüler den nöthigen Rauni,
sodaß letztere nur in sehr beschränkter Anzahl zugelassen
werden können. Dasselbe gilt von dem Atelier und der
Bildhauerschule Prof. Hassenpflug's im alten Haus.
Es kommt hier aber noch der Uebelstand hinzu, daß
Fußböden und Wände des Gebäudes durch das vereinigte
Getöse der im Parterre gelegenen Schlosserwerkstätten
und der Schuljugend im oberen Stockwerk in ein fort-
währendes Vibrircn versetzt werden, sodaß an ein ruhiges
Schaffen mit sicherer Hand nicht zu denken ist. Also
nach allen Seiten hin ein höchst kläglicher Zustand, deni
so bald als möglich abgeholfen werden muß. Es kann
dies aber um so eher geschehen, als es für's Erste nicht

einmal eines Neubaues bedarf, sondern Gelegenheit ge-
boten ist, mit Aufwendung sehr geringer Mittel die
geeigneten Lokalitäten hier zu gewinnen.

Es ist zu hoffen, daß man in Berlin, wo ja in
neuerer Zeit so großartige Mittel für Kunstzwecke be-
willigt wurden, gern die Hand bieten werde, um auch
den in den Provinzen und namentlich bei uns sich
heransstellenden Bevürfnissen möglichst abzuhelfen. Unser
Land und Volk hat im Jahre 1866 beim Uebergang
in die neuen politischen Verhältnisse, anderen und, wie
uns scheint, mehr begünstigten Annektirten gegenüber,
eine so große Vertrauensseligkeit an den Tag gelegt,
daß man billiger Weise erwarten darf, die vitalsten Jn-
teressen unserer unter dem alten Regime verkümmerten
Stadt, zu denen auch die der Kunst zählen, gebührend
berücksichtigt zu sehen. Eine Reorganisation und Er-
weiterung unserer Akademie in ihren inneren und äußeren
Verhältnissen, nach einem umfassenden Plan und großen
Prinzip — denn nur mit einem solchen kann uns ge-
holfen werden, nicht mit Halbheiten, deren wir nach
allen Richtungen hin schon zur Genüge hier haben —
würde in der gesammten Kunstwelt mit Freuden begrüßt
werden. Wie schon früher bemerkt wurde, sind nicht
nur einige der hervorragendsten Künstler, sondern auch
eine große Anzahl von Kunsteleven auf der Stelle bereit,
hierher zu übersiedeln, in eine Stadt, die ihnen durch
bedeutende Kunst- und Naturschätze wie durch ihre Lage
inmitten Deutschlands die größten Vortheile bietet. Ja
die Borliebe für Kassel ist in den Kreisen der Künstler
eine so große, daß man nur für die nöthigen Ateliers
zu sorgen brauchte, um viele derselben zu bewegen, sich
aus freien Stücken hier niederzulassen- Jn dieser Be-
ziehung könnte auch die Stadt selbst aus eigenen Mit-
teln das Jhrige thun, leider aber hat man hier noch
nicht das nöthige Verständniß für die großen wirth-
schaftlichen Vortheile einer erweiterten Kunstpflege. Auch
hier ist im Lauf der letzten Jahre viel gebaut worden und
mehr als im Jnteresse des guten Geschmacks zu wünschen
gewesen wäre, — an die Errichtung von Ateliers haben
aber weder die Stadtbehörden, noch Privatbauunter-
nehmer im Entferntesten gedacht.

Auch in Betreff der Entwickelung unserer kunst-
gewerblichen Verhältnisse, die gleichfalls eines bedeutenden
Aufschwungs fähig wären, macht sich der Jndifferen-
tismus unserer Bevölkerung noch vielfach in störender
Weise geltend. Bei Gründung unserer neuen Gewerbe-
halle, in welcher auch jene Zweige die gebührende
Vertretung finden sollen, und für welche jetzt ein neues,
leider, wie uns scheint, etwas zu kleines Gebäude auf-
geführt wird, betheiligte sich die Regierung in bereit-
willigster Weise durch eine namhafte finanzielle Unter-
stützung, die auch ferner als jährlicher Zuschuß zu den
Kosten in Aussicht gestellt wurde, sobald von Seite
 
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