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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Allmers, Hermann: Ein noch unverfaßtes Buch
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Das Schicksal der Kunstwerke Unteritaliens
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0040

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' Das Schicksal der Kunstwerke Unteritaliens.

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^mstweisen aller Zeilen und Völker; svdann aber die
^aunenswerthe und mannichfaltige Ausbildung in der
^chnik, Kunstwerke zu vervielfältigcn. Jn Beidem
^ keine Zeit auch nur entfernt mit der nnseren vcr-
I^ichbar. Wieder aber von den vervielfältigenden Kunst-
^isen giebt es keine, die an Verbreitung, Volksthüm-
1'chkeit und Bedeutsamkeit als Bildungsmittel cine so
k>ohe Stelle im Kulturleben einnähme, wie die Holz-
''hneidekunst.

Um so auffallender ist es, daß es noch gänzlich
^inigstens in Deutschland) au einem Werke fehlt, das
^ns in gcnügender und anschaulick^r Weise dic Ent-
'nicklungsgeschichte dieses hochwichtigen Zweiges vorführte,
^nhrend doch alle übrigen bildenden und vervielfäl-
"genden Künste die umfassendsten und eingehendsten
^krbeiten hervorgerufcn haben. Und gerade eine gut
^kustrirte Geschichte desHolzschnitts würde schondarin
^kke übrigen kunstgeschichtlichen Werke übcrtreffen, daß
he eben, statt Nachbildungen anderer Kunstschöpfungeu,
k'ke ihrigen selbst dem Beschaucr vorführte. Ferner
'uuie noch hinzu, daß ein solchcs Werk durch die vielen
^)on vorhandenen Holzstöckc oder Clichcks verhältniß-
^Eßig mit wenigem Kostenaufwand herzustellen wäre
UUd endlich, daß es sicherlich dic größte Thcilnahmc und
^drbreitung finden dürfte, wcnn Text und Wahl der
^Uldproben nur irgenwie mit Umsicht, BerstLndniß und
^eschmack behandelt würden.

Das Fehlen eines solchcn Wcrkes in unserer sonst
ku reichen Kunstlitcratur ist, wie schon gesagt, höchst
uuffallend, und der Grund dicses Mangels liegt vielleicht
'u nichts Anderem, als daß cben noch Niemand dazu
^ugeregt hat. Jst aber dies der Fall, dann sei diese
^uregung vor Allem dcr Zweck dieser Zeilen.

Schon ein daumendickes Handbuch der Geschichte
^'s Holzschnitts dürfte zunächst genügen, das einem
örößeren Werke dann als Grundlage dienen könnte.

Wie dasselbe einzurichten wäre, liegt auf der Hand.

Jllustrationen müßten die Hauptsache sein, der Text
^eschränke sich nur darauf, dieselben zu verbinden und
äu erläutern, welcher Zeit, welchem Meister und welchem
^erke sie angehörten, auch, wenn nöthig, den Gegen-
lland ihrer Darstellung zu erklären. Notizen über das
kkeben und die Kunstweise der verschiedenen Meister
^urften endlich cbcnso wenig fehlen wie Fingerzeige sür
^aien in Betrefs der Vorzüge und Fchler der einzelnen
Hvlzschnittweisen.

Die Bildproben begönnen mil getrcuen Nachschnit-
ten dxx primitivsten Jncunabeln vieser Kunst (mittel-
alterlichen Heiligenbildcrn, Spielkarten und Jnitialen
^r ersten Druckwerke); führten darauf die kernigen
Schnitlweisen der Mcistcr des fünfzehntcn und sech-
zehnten Jahrhunberts vor; nach diescm sodann die
^ntwicklung und Entartung bcs Holzschnitts, dic bas

siebzehente Jahrhundert zeigte, Proben traurigen Ver-
falls im achtzehnten (z. B. zopfige und kraftlose Büchervig-
netten); hiernach aber wieder Beispiele der Wiederauf-
nahme dieser Kunst in den dreißiger Jahren (Gubitz's
Kalenderbilder; Pfennigmagazin u. s. w.) und endlich
ihre herzerfreuende Höhe in unseren Tagen, vertreten
durch die ersten Meister, wie durch die verschieden-
artigsten Schnittmanieren, stets auch mit Seitenblicken
auf die Leistungen anderer Völker, namentlich der Fran-
zosen und Engländer; nicht zu vergessen die der alten
Jtaliener, deren Blätter freilich eben so unbekannt und
selten wie hochbedeutend sind.

Die meisten Proben alter Holzschnitte müßten wohl,
wie gesagt, durch eigens angefertigte facsimilirte Nach-
bildungen zur Anschauung gebracht werden, doch auch
derartige Holzstöcke sind bereits in ziemlicher Anzahl
vorhanden, und selbst einige echte alte sind auf uns ge-
kommen, von denen Clichä's leicht zu erlangen wären, was
bei Werken der Gegenwart erst vollends keine Schwierigkeit
haben dürfte. Voraussichtlich würden die Verleger der-
selben für solchen Zweck Stöcke wie Clichs's bereitwilligst
zur Verfügung stellen, da solches für sie ja nur Ehre
wie Nutzen brächte. Wir dürften hoffen, ein noch so reich
ausgestattetes Buch zu auffallend geringcm Preise zu
haben. Das alte kunsterfüllte Nürnberg und darin
wieder das germanische Museum wäre vor Allen der
passende Ort, solch' ein Werk in's Leben zu rufen.

Mag es denn vorläufig mit diesen wenigen Be-
deutungen sein Bewenden haben! Sie reichen hin, um
darzuthun, wie interessant, fördernd, bildend, lohnend
und leicht in's Werk zu führen ein solches Unternehmen
sein müßte.

Welch' eine Aufgabe, dem deutschen Volke die
Geschichte seiner volksthümlichsten Kunst anschaulich
vorzuführen!

Wer ist der Erste, ihr sein Wissen, seine Kraft,
seine Mittel zu weihen?

Hermann Allmcrs.

Das Zchicksal der Kunstwerke Unteritaliens.

Die Kontraste socialer Verhältnisse sind vielleicht
in keinem Lande Europa's so groß, wie die zwischen dem
Norden und Süden Jtaliens gegenwärtig bestehenden.
Die Erscheinung ist eine um so auffälligere, als sie mit
einer allerdings geraume Zeit hinter uns liegenden Ver-
gangenhcit in Widerspruch steht. Süditalien umfaßte
die wichtigsten Sitze des Longobardenreiches. Apulien
war der Lieblingsaufenthalt der Hohenstaufenherrscher,
das wilde Cap Gargano, ein Athos des Westens, bildete
das Wallfahrtsziel von Fürsten und Völkerkarawanen,
die reichen Hafenstädte der Ostküste einen Sammelplatz
der Kreuzfahrer, nicht zu gedenken der längst entschwun-
 
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