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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Abrest, Paul d': Der Salon, [2]
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Woltmann, Alfred: Der neue Katalog der Suermondt'schen Sammlung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0288

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Der neue Katalog der Suermondt'schen Sammlung.

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^rselben, dm günstigm Mommt abwartend, um dm
gefahrvollm Schritt oder Sprung zu thun. Der Offizier,
ein simpler Unterlimtmant, steht am Eingang der Bresche
und überwacht den Vormarsch seiner Mannschaft. Dieser
^ieutmant ist kein St. Cyrianer, kein verzärteltes Fa-
dnlimsöhnchen. Die gelblichen Flecken an seinm Stie-
feln, die bcstaubte Uniform zeigen, daß er an Ort und
^telle war, als die Sappeurs die Bahn mit der Hacke
durchbohrten, unter dem Uniformrock zeigt ein rothes
Äanellhemd seine rothgestreiften Aermel. Aus der Tasche
^r Tunika blickt das höchst ärarische Schnupftuch heraus,
und der Stock, den er in der Rechtm hält, währmd
sein Säbel in der Scheide steckt, würde gewiß die Lmden
des widerspänstigm oder ausreißungslustigm Troupiers
^earbeiten. Er heftet auf die drei Soldatm jenm kalt-
^lütigm cisernen „Kasernenblick", der keiue Widcrrcde
^nldet. Die drei Heldm, die im Gänsemarsch heran-
riicken, haben jeder eine andere Positur. No. 1 steht
lnst schon halb jenseits der Mauer und wirft einen miß-
lranischen Blick hinaus, während beide Hände nervös
^nit dem Chassepot spielm. No. 2, ein kleines Kerlchen
'N kurzer Jacke, duckt sich beinahe bis zu Boden nnd
Nerräth durch Lie Beugung des Körpers alle Geheim-
nisse seiner Leibwäsche. „Mag da kommen, was will,
Norwärts muß ich doch" ist scin Motto. No. 3 ist be-
dächtig, vielleicht gar zu bedächtig für einm Soldaten.
Das Gesicht zeigt eine Spannung, die schon stark an
Ängst grenzt. Wenn Jemand dazu geeignet ist, die
^hpen der Vaterlandsvcrtheidiger aus den 70er Jahren
Zn verewigen, wie Charlet den Grmadier und den rei-
lenden Jäger des prsmisr empirs, so ist es Berne-
^ellecour.

Sein stärkster Konkurrent auf diesem Felde ist
nnzweifelhaft Detaille. Sein Bild rsAi-

Nisut ^ui xusse", zeigt die nämliche Fülle soldati-
scher Mustergcstalten. Die Komposition nimmt sich
^ei einem ziemlich vulgären und abgegriffenm Stoffe
^echt originell aus. Detaille 'läßt sein Regiment bei
einern abscheulichen Thauwetter in schmelzmdem Schnee
nnd fußhohem Koth über den Boulevard waten. Der
Verkehr stockt. Die Omnibusse stehm und die fröstelnden
Passagiere erheben sich von den Holzbänken der Jm-
beriale, um das Defils besser zu sehcn. Die Passanten,
^auter auf frischer That weggemalte Pariser Typen,
^eiben zu beiden Seiten des Trottoirs stehen und
tnuschen ihre Bcinerkungen über daS Aussehen der Mann-
schaft und die Stadien der Heeresorganisation aus.
^ic obligatorische Schaar Gastmbuben und kleiner
^tiefelputzer wälzt sich mit der Musik fort, nnd die
kleinen Knirpse blickcn mit Bcwunderung auf den Tam-
lwur-Major, einen höchst unpoetischen Tambour-Major ^
"hne den üblichen Federbusch, dessen Stab mit goldmem
^nopf sich wie ein simpler Spazierstock ausnimmt. I

Und durch das ganze Gemälde, wie treu es jst, weht
ein humoristischer Zug, der von der guten Laune und
dem gesunden Talent des Malers Zeugniß ablegt. Es
muß recht burschikos zugehen im Atelier des Herrn
Detaille. Erwähnen wir noch, um mit den Erinnerungm
an den letzten Krieg Abrechnung zu haltm, die „Letzte
Stunde der Schlacht von Nuits", ein Chassepot-Dnell
in den weltberühmtcn Rebgeländen ohne besonderen
Charakter, das sich vielmehr durch die anmuthige,
von der Eisenbahn, wie durch einm gelben Streifen
durchzogene Landschaft, wie man sie nur in der Bour-
gogne findet, auszeichnet, als durch die Reproduktion
der eigentlichm Schlacht. Vergessen wir auch nicht den
„Sturm der päpstlichcn Zuaven auf Loigny" (Dczember
1870)! Das Dorf, tief in Schnee um> Nebcl gehüllt,
wird von einer preußischen Abtheilung mit großcr Zähig-
keit vertheidigt und von den Zuaven mit großer Wuth
angegriffen. Diese habm sich soebm zweier Kanonen
bemächtigt, aber nach vielm Opfern. Der Massacre
bietet dem Maler, Castellain, Gelegenheit, zahlreiche
Bariationen auf dem beliebten Thema des Kontrastes
rother Blutspuren auf weißem Schnee auszuführen.
Auch der Effekt der hell in den Dezembernebel hinein-
leuchtcndcn Flintcnschüsse wird nicht verschmäht. Ca-
stellain macht im Ganzen seinem Lehrer Avon, dem
Meister der modernm Schlachtenfresken, große Ehre, er
ist bereits im Besitze der Methode des Lehrers und wird
wohl mit der Zeit sich auch dessen Energie in der Zeich-
nung und Lebhaftigkeit im Kolorit aneiguen. Die päpst-
lichen Zuaven können sich übrigens nicht beklagm, man
hätte sie im heurigen Salon vernachlässigt. Noch anf
wenigstens zehn anderen Bildern finden wir cinzeln odcr
in bunten Gruppen die hechtgraue Montur und die
weißen Gamaschm der aufgelösten Vertheidiger Pio
Nono's, die ihrem Vaterlande zu Hilfe geeilt waren.

Paul d'Abrcst.

Der neue Äatalog der Luermondt'schen
Sauunlung.

(Schluß.)

Die vom kunstwissenschaftlichen Kongreß in Wien
im Jahre 1873 angmommme Resolution über die wissen-
schaftliche Katalogisirnng von Gemäldegalerien cnthält
in Absatz 1 Folgmdes: „Diese Bmennung der Bilder
hat als keine von der obersten Verwaltungsbehörde der
betreffenden Galerie offiziell eingeführte zu gelten, son-
dern der wissenschaftlich gebildete Fachmann, dem die
Abfassnng des Verzeichnisses anzuvertrauen ist, hat die-
selbe persönlich zu verantworten." Borher aber geht
die Stelle: „Der Name des Meisters, oder, wenn dieser
riicht ermittelt werden kann, die Schule und die Ent-
stehungszeit des Gemäldes, ist so zu bestimmen, wie
 
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