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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Herr Alfred Michiels und die Kasseler Galerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0230

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X. Jahrftcml;.
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tu>d k>»vr. C.V.LÜtzoW
lNien.Thcresianumgasse
°d. au die Verlagsll.

^Vipzig, Kvnigsstr. 3).

M Äpril

Nr. 29.
Znserate

L 25 Pf. für die drei
Mal gespaltene Petitzeile
werden von jeder Buch-
und Kunsthandlung an-
genommen.

1875.

Bcibllitt znr Aeitslhrist sür bildcnde Knnst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag crscheinend, crhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" grati8; für sich alleiu bezogen
kostel oer Jahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.

^uhalt: Herr Alfred Michiels und die Kasseler Galerie. — Die neue Venus des Kapitol. — Wachsmuth, Die Stadt Athen im Alterthum. — Skovgaard f.

— Personalnachrichten. — Münchener Kunstgewerbe-Verein; Ausstellungen in Düsseldorf. — Nheinifche Provinzial-Musecn; Das Judenbad zu
Friedberg; Crrichtung eines kunstwissenschaftlichen Jnstituts in Prag. — Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels. — Zeitschriften. — Auktions-
Kataloge. — Jnserate.

Herr Älfrcd Michiels und die Lajfeler Galerie.

Aus Anlaß der Besprechung eines Vortrages von
Prof. G. Kinkel übcr Rubens weist Prof. Woltmann
>n diesem Blatte mit größtem Rechte darauf hin, welchen
geringen Werth das weitläufige und anspruchsvolle Werk
don Alfred Michiels: Histoirs äo in pointnrs üninnnäs
(bis jetzt 8 Bde.) besitzt, und daß es besonders zu be-
dauern ist, wenn deutsche Gelehrte sich eines solchen
Äachwerkes annehmen.

Diese Bemerkung brachte uns ein kunstliterarisches
Teschichtchen in's Gedächtniß, welches sich in einem
belgischen Fachblatte abspielte und daher in Deutsch-
land wohl kaum bekannt geworden ist. Es ist dies
Teschichtchen nicht nur für Herrn Michiels bezeich-
Nend, sondern charakterisirt überhaupt eine ganze Zahl
sogenannter Forscher, deren buntscheckiges, flitterndes
Gewand Schuld daran ist, daß die Wissenschaft noch
urit bedenklichem und oft verächtlichem Blick auf die
Kunstforschung herabblickt. Für diese Art der Kunst-
forschung im Gewande des zudrmglichen, stutzerhaften
Feuilletons der schlechtesten Gattung bietet Herr Alfred
Diichiels ein ächtes Prototyp, so daß uns die Erzäh-
lung des angekündigten Geschichtchens hier um so mehr
an seiner Stelle zu sein scheint. Sie besteht in einem
Strauß, welchen dieser Biedermann (bekanntlich jetzt ein
cbenso wüthender Deutschenfresscr wie früher Schwärmcr
fiir Deutschland) iu dem Brüsselcr llouriml äos Louux-
-^rks vor etwa einem Jahre mit unserem Mitarbeiter
Or. W. Bode ausgefochten hat.

Jn seiner oben genannten Geschichte der vlämischen
Malerei hatte H. Michiels zwei Landschaften von Franyois

Wouters als in der Galerie zu Kassel befindlich und
zwar angeblich nach dem Augenschein ausführlich be-
schrieben und danach die Charakteristik des ihm sonst
unbekannten Meisters gegeben. Herr Ph. van der Kellen
konnte bei einem Besuche der Kasseler Galerie die Bilder
weder in der Galerie noch im Kataloge derselben auf-
finden uud erlaubt sich daher, iu einer Zuschrift an das
llouruuk äss I>6Uux-tLrt8 gelinde Zweifel an der An-
gabe des Herrn Michiels zu erheben. Dieser erwiedert
darauf fast entrüstet: nicht einmal, sogar zweimal habe
er die Bilder gesehen und das letzte Mal (im Jahre
1865) sich davon genaue Notizen gemacht, die er noch
besitzc. Aber zwischen den Jahrcn 1865 und 1867
liege das Jahr 1866, licge die preußische Annexion,
und diese habe die Kasseler Galerie uicht nur um jene
beiden Wouters, soudern um 569 Gemälde erleichtert,
wie der neue Katalog ausweise, der nur 836 Bilder
aufzähle, während er selbst im Jahre 1865 noch 1405
Bilder gesehen habe; -für die Ausführung dieses Dieb-
stahls Liete preußische Art mannigfache Vermuthungen:
am Nächsten liege die Plünderung durch die Berliner
Galerie; diese erscheine ihm jedoch unwahrscheinlich, da
die Herren Direktoren denn doch wohl gleich das Beste
genommen haben würden. Wahrscheinlicher sei es,
daß der Raub durch die Kasseler Galeriebeamten be-
gangen sei oder durch eine förmlich organisirte Diebs-
bande; am Wahrschcinlichstcn sei wohl die Einverleibung
in die bekannten Tornister der preußischen Offiziere!

Auf diesen Artikel war unser Mitarbeiter Or. Bodc,
der stch als Beamter der Berliner Galerie verpflichtet
halten mochte, jene sonderbaren Verdächtigungen abzu-
weisen, da er noch nicht zur Genüge mit dem Charakter des
 
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