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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0353

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695

Zur schweizerischen Kunstgeschichte.

696

Gespräche desselben mit Melanchthon entnommen (Campe,
Reliquien, S. 8l und 96; Thausing, Dürer's Briefe rc.,
S. 83 und 95). Dürer berichtet in seiner „Nieder-
ländischen Reise": „Mein Wirth führte mich in die
Werkstätte der Maler im Zeughaus zn Antwerpen,
wo sie den Triumphbau herrichten, durch welchen man
den König Karl einführen soll." Und erzählt dann
später: „Jch habe einen Stüber gegeben für das ge-
druckte „Einreiten zu Antwerpen", wie der König mit
einem köstlichen Triumph empfangen wurde —> da waren
die Pforten gar kostbar verziert — mit Schauspielen,
großer Freudigkeit und so schönen Mädchengestalten,
dergleichen ich wenig gesehen habe." Als Melanchthon
1526 in Nürnberg sich aufhielt, sagte ihni Dürer bei
einem seiner Besuche: Er habe damals die Mädchen
„sehr aufmerksam und etwas unverschämt in der Nähe
betrachtet, weil er ein Maler sei." - „Diese Mädchen"
(fügt Campe a. a. O. hinzu) „waren die schönsten der
Stadt Antwcrpen, beinahe ganz nackt und nur mit dem
dünnsten Flor bedeckt. Nackte Mädchen waren nichts
Seltenes bei solchen Festen; ja es war noch eine Ehre
für die, welchen zu Theil wurde, sich so öffentlich sehen
zn lassen, denn das Loos fiel nur auf die schönsten."

Der Stoff ist wie geschaffen für Makart. Er giebt
ihm Gelegenheit, blühende Schönheit und Prachtent-
faltung uns im vollen Glanze seiner koloristischen Vir-
tuosität vorzuführen- Die Komposition zeigt uns auf
langgedehnter Fläche die zum Empfange des Monarchen
reich geschmückte Stadt. Links an der Straße, von dem
jubelnden Volke nmringt, steht Dürer, den Blick auf
den Zug gerichtet, dessen Spitze der Kaiser bildet, die
Reihen der blühenden Mädchengestalten zu beiden Seiten.
Bannerträger, wehende Fahnen und der ganze prunkende
Festapparat füllen den Hintergrund. Ein glühendes
Roth, wie Makärt es liebt, bildet den Grundton des
farbenprächtigen Bildes. Möge es dem Meister gelingen,
dasselbe so gediegen auszuführen, wie er es geistvoll
entworfen hat! 0. v. i6.

Zur schweyerischen Kunligeschichte.

* Ueber Gregorius Sickinger, Maler, Knpfer-
stecher und Formschneider von Solothurn, erhalten wir
von Herrn F. A. Zetter dortselbst die nachfolgenden
Mittheilungen:

„Ein Solothurner Künstlername, welcher mehr als
250 Jahre verschollen war, ist wieder aufgefnnden
worden.

Jn den Wappenbüchern der hiesigen St. Lucas-
Bruderschaft trifft man Anfang des 17. Jahrhunderts
mehrere Federzeichnungen, welche, ihrer geschmackvollen j
Ausführung nach zu schließen, auf einen talentvollen

> Künstler der damaligen Zeit hinweisen. Es sind im
Ganzen sechszehn Blätter und einige davon tragen das
Monogramm 6l -s- 8.

Als Schaffner der obgenannten Gesellschaft forschte
ich schon über 20 Jahre dem wirklichen Namen des
Künstlers nach, ohue irgendwie ein günstiges Resultat
erzielt zu haben. Jn einigen öffentlichen Sammlungen
der Schweiz, sowie in der Albertina in Wien, traf ich
Holzschnitte mit obigem Monogramm bezeichnet. Füßli's
Lexikon der Schweizer Künstler und das große Werk
von Nagler kennen wohl das Monogramm, jedoch ist
ihnen der Name Sickinger nnbekannt.

Erst vor wenigen Tagen gelangte ich unverhofft
in den Besitz von einigen ältern Kupferstichen, unter
denen sich fünf Radirungen in Folio befanven, welche
sogleich mein Jnteresse erweckten. Bei genauer Unter-
suchung faud ich auf dem Titelblatte folgenve Worte:
„Gemeiner Löblicher Eydgnoßschafft der Dryzechen
„Ortte Panner, sammt eines Jeden Namen auch für-
„nemsten Schlachten, die sye in Jhrn Lanven gethan,
„so vyl müglich, uff dz flyszigste Contrafctct und
„durch Rymen, wann, und in welchem Jar „Jede
„geschechen sey erklärt" auch Zwölff Glaubens Ar-
„tikel, sammt zwölff Prophetischen darzugehörigen
„sprüchen, auch den fürnemsten Stucken der Passions
„darzugethan. Deszglychen nie uszgangen, denselben
„zu Lob und Ehren gestelt in Kupfer Gradirt und
„getruckt zu Fryburg in üchtland anno NOXOI.
„Durch Gregorium Sickinger von Solothurn."

Und auf dem Blatte Solothurn steht das Mono-
gramm 6 -s- 8. Somit war die Jdentität der Buch-
staben 6 -si- 8 mit Gregorius Sickinger nachgewiesen.

Jch forschte nun weiter und fand durch oie gütige
Vermittlung des Herrn Pfarrer Lambert in den hiesigen
Pfarrbüchern verzeichnet, daß sich Gregorius Sickinger
am 6. Hornnng des Jahres 1595 mit Elisabeth Theithrich
verehelicht hat. Der Geburtstag des Künstlers war
nicht zu bestimmen, da unsere Taufbücher le^der nicht
bis in diese Zeit hinaufreichen. Weitere Mittheilungen
über unsern Künstler. verdanke ich dem Herrn Staats-
schreiber I. I. Amiet, welcher in den Rathsprotokollen
vom Jahre 1593 fand, daß der Rath von Freyburg
eine Forderung Sickinger's von den hiesigen Behörden
verlangte, und im Jahre 1594 kaufte die damalige
Regierung für die Rathsstube ein Gemälde auf Holz
von Sickinger, das jüngste Gericht darstellend, welches
auch Hafner in seiner Chronik erwähnt, ohne deu Namen
des Malers zu kennen.

Nach den vorhandenen Zeichnungen zu urtheilen,
i zeigt sich, daß Gregorius Sickinger ganz nach dem Ge-
schmack derdamaligeu Glasmaler arbeitete, und es ist wohl
j anzunehmen, daß derselbe seine Entwürfe zur Ausführung
von Glasgemälden geliefert habe.
 
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