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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Clauß, C.: Die Ausstellung älterer kunstgewerblicher Arbeiten in Dresden
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Neue Bilder von Makart
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0352

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Neue Bilder von Makart.

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nische, wie verschiedene andere Arbeiten Ostasiens,
niellirte und emaillirte Vasen u. dergl. Ebenso hat
noch der seiner Zeit viel und auch in diesem Blatte
besprochene, sogenannte Regensburger Fund einen Platz
in diesem Saale erhalten. Die Sammlung, aus ver-
goldeten Silbergeräthen der Renaissancezeit, größtentheils
Augsburger Arbeit, bestehend, befindet sich im Besitz des
Herrn Eugen Felix zu Leipzig.

Aus der Menge des Schönen und Jnteressanten
wäre noch Manches hervorzuheben, doch wird schon Vor-
stehendes genügen um wenigstens eine Andeutung von
dem mannigfachen Znhalt der Ausstellung zu geben.
Dieselbe hat das Jnteresse nicht nur ber einheimischen,
sondern auch auswärtiger Kunstfreunde lebhaft in An-
spruch genommen. Es dürfte sich sobald nicht wieder
Gelegenheit bieten, die Gegenstände in Augenschein nehmen
zu köunen, da sie meistens im Privatbesitz befindlich sind.
Jndem diese Schätze ausschließlich sächsischen Besitzern
angehören, bekunden sie, welch warmer Kunstsinn noch
in Sachsen lebt. Möge bie Ausstellung zu erhöhtem
Sammeleifer anspornen, aber hauptsächlich auch iu weite-
ren Kreisen, dem Kunstgewerbe, Früchte tragen!

C. Clauß.

Reue Silder von Makart.

Wien, 26. Juli 1875.

Hans Makart hatte letzte Woche dic prächtigen
Räume seines Ateliers zum Besten des Künstlerhauses
vem Publikum geöffnet, und darin zwei seiner neuesten
Schöpfungen: „Bacchus unb Ariadne" und „Dürer
beim Einzuge Karl's V. in Antwerpen" ausgestellt.

Die Komposition des erstgenannten Bildes war
ursprünglich iu etwas anderer Fassung als Vorhang
für bie Komische Oper bestimmt. Da dieses Unter-
nehmen vorläufig in die Brüche gegangen, hat sich der
Künstler nicht bestimmt gefunden, das Bild, bei dessen
erster Herstellung ihm ein technisches Malheur passirt
war, für den gleichen Zweck noch einmal auszuführen,
sondern hat ein selbständiges, als Dekoration einer Saal-
wand gedachtes Oelgemälde daraus gemacht, welches
kürzlich um den Preis von 3000 ^ in den Besitz des
Herrn Duncan in London übergegangen ist.

Das Bild muß, nicht nur wegen seiner bedeutenden
Dimensionen — es mißt etwa 25 Fuß Länge und l5
Fuß Höhe, — sondern auch an koloristischer Kraft und
Virtuosität der Behandlung zu den Hauptwerken des
Künstlers gezählt werden- Makart hat hier wieder einmal
sämmtliche Register seincr Kunst gezogen, und abgesehen
von dem blendenden Gesammteffekt auch im Einzelnen
einige so reizende und originelle Klangwirkungen erzeugt,
daß Niemand sein Bild ohne Staunen und Entzücken
wird betrachten können. Aber diesen großen und sel-

tenen Eigenschaften stehen leider auch wieder die alten,
tief greifenden Mängel gegenüber. Der Komposition
fehlt es an Einheitlichkeit und Verständlichkeit; die meisten
Gestalten würden uns die Antwort schuldig bleiben,
wenn wir sie strcng nach Charakter und Borhaben in-
quiriren wollten; unb gerade bie Hauptfiguren, Bacchus
und Ariadne, sind in Erfindung und Ausführung mit
die schwächsteu des Bildes. Nur der weinselige Aus-
druck des jugendlichen Gottes entspricht einigermaßen
dem Wesen des Dargestellten; im Uebrigen entbehrt die
Figur jedweder Bedeutung. Ariadne aber ist cine ganz
gewöhnliche Ballerina, die ihre keineswegs tadellosen
Reize mit wiberlicher Koquetterie zur Schau trägt. Von
der Gefolgschaft des Baccchus ist nur der seiste Silen,
gleich links neben dem Tigerwagen der Ariadnc, ganz
das, was er sein soll: dcc Falstaff des Alterthums, eine
Gestalt von ungeheurer Lebensfülle und schlagender Cha-
rakleristik, dabei gemalt, wie nur ein großer Meister
der Farbe es vermag, namentlich der Kopf ein wahres
Prachtstück. Allen übrigen Satyrn, Kentauren, Panisken,
Bacchantinnen u. s. w., die sich da schäkernd und musi-
cirend herumbewegen, fehlt es entweder an der rechten
Lebenswahrheit odcr sie sind, wie eiuige der nackten Ge-
stalten des Vordergrundes, derart reizlos und selbst roh
in der Malerei, daß keine dauernde Freude an dem
Ganzen aufkommen kann. Makart hat den Schauplatz
an den Strand des Meeres verlegt. Aus den Wogen
tauchen am unteren Rande des Bildes Tritonen unb
Najaden empor, welche mit dem Gefolge des Weingoltes
ihr Spiel treibeu. Links gegcn ben Hiutergrund breitct
sich Waldesdickicht aus, gegen dessen tiefe Schatten der
blaue Himmel und die zahlreichen nackten Gestalten sich
leuchtend abhebeu. Die großen Massengegensätze von
Licht und Dunkel, von dem dominirenden Blau der
Meereswogen und des Himmels zusammengehalten, machen
die Wirkung des Bildes aus. Von einer strengeren Archi-
tektonik der Anordnung, von einem wohlthueuden Rhyth-
mus in der Bewegung der Komposition sucht man jede
Spur vergebens. Man könnte ein gutes Stück von ver
linken Seite des Bildes wegschneiden, ohne demselben
in der Hauptsache wehe zu thun. Es sind also auch
bei diesem Werke wieder nur Einzelheiten, die uns voll
befriedigen können, es ist die stupende Beherrschung der
malerischen Mittel, welche unsere Bewunderung erweckt:
aber zum ungetheiltcn Genuß, wie ihu das wahrhafte
Kunstwerk erzeugt, in welchem Geistiges und Sinnliches
zur vollen Schönheit sich vereinigt haben, gelangen
wir nicht.

Als Skizze ungemein reizvoll und vielversprechend
ist dcr Entwurf zu dcm zweiten Bilde, den Makart auf
der Staffelei stehen hat: „Dürer beim Einzuge Karl's V.
in Antwerpen" (1520). Die Jdee ist einigen Stellen
in Dürer's Tagebüchern und einem uns aufbewahrten
 
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