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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Clauß, C.: Die Ausstellung älterer kunstgewerblicher Arbeiten in Dresden
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Die Ausstellung älterer kunstgewerblicher Arbeiten in Dresden.

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der königliche Hof in erster Reihe, sodann Behörden,
Korporationen, Vereine und Privatpersonen ihren kunst-
gewerblichen Besitz dem Ausstellungszweck überlassen.
Gegenstände der öffentlichen Sammlungen, die ebenfalls
zur Disposition gestellt waren, sind nur insoweit benutzt,
als zur Charakteristik einzelner Kunstperioden nothwendig
erschien.

Die Ausstellung findet im Kurländer Palais am
Zeughause stakt. Das Palais, nach dem Herzog Karl
von Kurland, der es einst bewohnte, benannt, ist 1729
erbaut und enthält in seiner großen Galerie mit Spie-
geln und Bildern, in Weiß und Gold, ein glänzendes
Beispiel der Renaissancedekoration. (Einen Spiegeltksch
hat v. Zahn in der Zeitschr. f. bild. Kunst, Jahrg.
1873, Heft 2, publicirt.) Jn den oberen Räumen
dieses Palais ist das gegen 900 Nummern enthaltende
Ausstellungsmaterial übersichtlich und gefällig, und, so
weit es die beschränkte Lokalität und das Material er-
laubte, nach Geschichte und Technik angeordnet. Auch
ein rechtzeitig ausgegebener Katalog kommt, als zweckent-
* sprechendes Orientirungsmittel, dem Genuß wie dem
Studium der interessanten, sehr beachtenswerthen Aus-
stellung entgegen.

Das Treppenhaus, durch welches man in die Aus-
stellungsräume gelangt, ist mit Rüstungen, Hellebarden,
einigen Möbeln und Schnitzwerken geschmückt.

Jm ersten Zimmer sind zunächst hauptsächlich die
mittelalterlichen Gegenstände vereinigt. Jhre Zahl ist
klein und es sind fast nur kirchliche Gegenstände; doch
befinden sich einige werthvolle Reliquiarien und Kelche,
wie ein reich ausgestatteter Speise- oder Ministerialkelch
aus dem 13. Jahrhundert darunter. Ebenso ist unter
den Paramenten das schöne Antependium mit der Krö-
nung der Maria und zwölf Heiligen hervorzuheben,
welches, aus der Stadtkirche zu Pirna stammend, gegen-
wärtig dem Museum des k. sächs. Alterthumvereins an-
gehört, und in seiner auf italienischen Einfluß deutenden,
zarten Zeichnung und kunstvollen Ausführung zu den
vorzüglichsten Stickereien des Mittelalters zählt. Ver-
hältnißmäßig zahlreich sind die Büchereinbände, Holz-,
Leder- und Metalleinbände, insbesondere aus der spä-
teren Blüthezeit der sächsischen Buchbinderei. Haupt-
sächlich ist die k. Bibliothek mit ihren Vorräthen hier
eingetreten; auch die Leipziger Stadtbibliolhek hat ein
interessantes Diptychon-Fragment frühromanischer Zeit
geliefert. Unter den Miniaturen findet sich ein Mem-
ling zugeschriebenes Blatt. Die oberen Theile der Fenster
des Zimmers zeigen gute mittelalterliche Glasgemälde.
Die Wände sind, wie die der folgenden Räume, mit
Teppichen und Gobelins dekorirt, darunter französische,
niederländische und sächsische Arbeiten. Letztere aus
einer in Friedrichstadt-Dresden zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts kurzeZeit bestehenden Gobelins-Manufaktur.

Ein Durchgangszimmer giebt einen guten Ueber-
blick über die kleineren häuslichen Geräthschaften der
beiden letzten Jahrhunderte.

Der Saal, welcher folgt, ist vorzugsweise der Re-
naissance gewidmet. Längs der Wände sieht man Möbel
mit Schnitzereien und Jntarsien, darunter den schönen
Schrank des Hanns Schieferstein aus dem k. historischen
Museum; ferner auf einigen Kredenztischen: Gläser,
Zinnkrüge, Fayencen, wie Delfter Geschirr, deutsche
Steingutarbeiten, darunter eine Anzahl niederrheinischer
weißer Pinten, sodann Apostelkrüge, Planetenkrüge u. dgl.
Arbeiten, die, im 17. Jahrhundert auftretend, gewöhnlich
als aus Creußen stammend, bezeichnet werden. Jn Glas-
kästen finden sich Schmuckgegenstände, Wand-, Stutz-
und Reiseuhren, Waffen, weiter ein dem Albrecht Dürer
zugeschriebenes Relief in Solenhofer Stein, die Begeg-
nung Kaiser Maximilian's von Oesterreich und König
Heinrichs VIII. von England vor ber Schlacht bei
Guinegat darstellend, wie solche unter dieser irr-
thümlichen Bezeichnung noch in einigen Sammlungen
vorkommen. Bon den verschiedenen Arten der Email-
technik ist hauptsächlich das sogenannte Maleremail ver-
treten, welches seine Blüthe im 16. Jahrhundert Hu
Limoges erreichte. Auch die Schmiedearbeit dokumentirt
ihre Tüchtigkeit während der Renaissancezeit durch eine
Reihe trefflicher Werke. Unter den Stickereien dieser
Zeit befindet sich eine bemerkenswerthe in Seide aus-
geführle Arbeit vom Jahre 1571, welche, als Behang
eines Kredenztisches dienenö, eine Satire auf die Kleider-
nachahmungssucht der Deutschen emhält. Noch ist, als
ein auch historisch interessantes Stück dieser Abtheilung,
die Feldapotheke Friedrich des Grvßen zu nennen; sie
soll in Hochkirch 1758 zurückgelassen worden sein.

Jn dem folgenden großen Saale und seinen Neben-
räumen hat schließlich die Rococo-Zeit eine glänzende
Vertretung gefunden, wozu die in liberalster Weise aus
dem königl. Garde-Meuble hergeliehenen Schätze nicht
wenig beitragen. Schränke, Tische, mit schön gearbeiteten
Metallbeschlägen und Einlagen von Silber, Perlmutter,
edeln Hölzern und kostbaren Steinarten, Standuhren
mit prächtiger Boulearbeit, zahlreiche andere Prunk-
geräthe und kleinere Schmucksachen zeugen von der
schöpferischen Kraft und der hohen Ausbildung der
Technik in jener oft so unverständig geschmähten Zeit. Na-
mentlich enthalten die Möbel belehrende, die verschie-
denen Phasen des Stils charakterisirende Beispiele, so
insbesondere auch für die Phase des Uebergangs in den
sogenannten Zopfstil. Weiter sieht man einige interessante
Stücke von dem immer seltener werdenden sogenannten
rothen Böttgerporzellan; auch Svvres ist durch einige
größere Gegenstände in sogenannter küts tonckrs (neuere
Ankäufe der k. Gefäßsammlung) vertreten. Hieran reihen
stch Kostume, Spitzen, Waffen, Larunter besonders java-
 
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