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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Groller, Balduin: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0238

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Jahrgimg.

Öciträgc

^danvr.C.V.LÜlww

^ien.Thcresianuingasse
^ »d.nndieVerlagsh.
Königsftr. S).
zu richten.

7. Mai

Nr .M
Inscratc

u 25 Pf. für die drei
Mal gefpaltene Petitzeile
werden von jeder Bnch-
und Kunsthandlung an-
geuonnnen.

1875.

Btililatt znr Ztilsthrisl sür bildtndt Knnst.

Dies Blatt, jede Woche am Freitag crfcheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildeude Kunst" gnalis; sür sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 9 Mar? fvwohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österrSichischen Poslaustalten.

^^^alt: Die Iahresausstellung im Wiener Künstlerhause. I. — Die Herstellung des Vieruugsthurmes am Straßburger Münster. (Mit Abbildung.) —
Englische Uebersetzung von Lessing's Laokoon; Laxlri.^, 8paiu. — Jahresbericht des Germanifchen Mufeums. — Münchcuer Kunstverein. —
Archäologische Gesellschaft in Berlin. — Auktion de la Motte-Fouquet. — Zeitschrifteu. — Auktions-Kataloge. — Jnserate.

^ie Zahresausstellung im WienerKünstlerhause.

I.

Die Erwartungen, welche an die Eröffnung der
^'chsten „großen" Ausstellung iin Wiener Künstlerhause
^knüpst wurden, waren nicht geringe. Man wußte,
^st die neue Leitung der Wiener Künstlergenoffenschaft
^vn, besten Willen erfüllt sei, das im Abnehinen be-
^'iffene Jntereffe des großen Publikums für die Schick-
i^le hxg Künstlerhauses wieder frisck zu beleben; man
^üßte auch, daß es den neugewählten Ausschußmitgliedern
^ dem Sinnc der Jnitiative und an Energie zur
^urchführnng ihres Vorhabens nicht fehle, und man
dkaubte sich schon aus diesen Gründen auf etwas Be-
stnderes gefaßt machen zu dürfen. Dazu kam noch,
^uß die Eröffnung, dem ursprüuglichen Programm ent-
i^gen, um volle zwei Wochen verschoben wurde, wodurch
^ie Meiuung verbrcitet wurde, daß erst Schwierigkeiten
äu überwinden scien, wclche cin oinlmrrim cks rlollsssss
3^schaffen habe. Kein Wunder daher, wenn die Aus-
lstllung, so gefällig uud gewinnend sie sich auch auf
^u erßxn Anblick präsentiren mag, in dem Besucher
^ach pem ersten Rundgang durch die Säle weit eher
^as Gefühl einer Enttäuschung, als das der vollen Be-
^iedigung hervorruft. Weder ist dieselbe überhanpt
^ich an Ausstelluugsobjekten, noch insbesondere an Werken
^vn großer räumlicher Ausdehnung, die ihre Unter-
iuüiiguug zu ciner schwierigen und zeitraubenden hätten
^uchen können. Da also ein augenfälliger Grund für
^ie hinausgeschobene Eröffnung durchaus nicht vorliegt,
wärc es unter allcn Umständen ein Gebot der Klug-

heit gewesen, die Höflichkeit der Köuige zu üben, d. h.
pünktlich zu sein.

Besonders glücklich war der Eindruck des Gauzcn
am Tage der Eröffnung, da das Künstlerhaus in reichem
Laubschmiick prangte, und die Skulpturcn sich eines
wohlthuenden grünen Hintergrundes von hochragendcm
Blätterwerk zu erfreuen hatten. Seither ist's freilich
etwas kahler geworden, denn Ler grüne Schmuck war
nur erborgter Glanz, der ani nächsten Tage schon wieder
dem „Zier- und Handelsgärtner" hat abgeliefert werden
müssen. Dennoch ist die Ausstellung auch jetzt noch
vielleicht die am geschicktesten arrangirte, die wir in
Wien überhaupt gesehen haben. Dic Disposition zeugt
von Geschmack und von etwas — Schuldbewußtsein.
Wir haben von leichter Mittelmäßigkeit die schwere
Menge, allein sie ist so glücklich auseinaridergesprengt,
daß man es nur mit einigen Plänklern zu thun zu
haben glaubt, währeud es doch ein Heer ist, wenn auch
ein aufgelöstes. Es ist der Häugekommissioii geluugen,
mit wenig Mittcln viel zu erreichen.

Nicht ganz zweihundert Künstler sind rnit vierhun-
dertundsechzig Kunstwerkeu vertreten. Das ist nicht viel
für eine große Jahresausstellung, und thatsächlich waren
auch die früheren Jahresausstelluugen (mit Ausnahme
der vorjährigen) nicht nur reicher beschickt, sondern sie
hatten auch den Vorzug für sich, der Welt die Bekannt-
schaft init ueuen Erscheiuungeu zu vermitteln, während
wir uns jetzt faßt ausschließlich unter alten Bekannteu
bewegen. Jahr um Jahr stehen im Pariser Salon
einige Ruhmeswiegen, und auch die großen Ausstelluugen
in Berlin haben begonnen, Geburtsstätten zu werden
für das Glück und den Rulnn jugendlicher, strebender
 
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